Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 268

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 268 (NJ DDR 1986, S. 268); 268 Neue Justiz 7/86 Menschheit eskalieren können und daher ihre Verhinderung zum Hauptanliegen der Politik geworden ist. Ganz in diesem Sinne formulierte der XI. Parteitag der SED als eines der vorrangigen Ziele für die internationale Politik: „ Konsequentes Wirken für die Aktivierung und das gemeinsame Handeln aller Kräfte des Friedens, der Vernunft und des Realismus mit dem Ziel, durch effektive Schritte der Rüstungsbegrenzung und Abrüstung einen Kernwaffenkrieg abzuwenden, die Militarisierung des Weltraums zu verhindern, die Kernwaffen abzuschaffen und die Konfrontation durch die Zusammenarbeit der Staaten zu überwinden.“24 Damit entsprechen die sozialistischen Staaten der realen Lage und der Dringlichkeit der zu lösenden Hauptprobleme aller Staaten und Völker. Diese Berücksichtigung strategischer und taktischer Erfordernisse bedeutet aber keineswegs, daß die sozialistischen Staaten in irgendeiner Weise die Gefährlichkeit anderer Formen der Gewalt unterschätzen oder gar Art 2 Ziff. 4 der UN-Charta auf militärische Gewalt reduzieren wollten. Insofern befindet sich G. Seidel im Widerspruch zu den erklärten politischen Intentionen der Staaten der sozialistischen Gemeinschaft, wenn er ihre Rechtspositionen in dieser Frage stillschweigend einer „seit Jahren im Gange befindlichen Diskussion“ zuordnet und damit den Eindruck erweckt, als hätten sie lediglich ein völkerrechtlich verbindliches Verbot der militärischen Gewaltanwendung angestrebt.25 Folglich kann die Position der sozialistischen Staaten auch nicht als „evidenter Beweis“ dafür angesehen werden, daß diese Staaten nunmehr geneigt seien, ihre bisherige prinzipielle Position zu ändern.26 Gewaltverbot und Aggressionsdefinition Auch aus der Zustimmung der sozialistischen Staaten zur Definition der Aggression vqn 197427 können derartige Schlüsse nicht gezogen werden. Denn zwischen Gewaltanwendung und Aggression besteht keine Identität. Das Völkerrecht unterscheidet zwar zwischen rechtmäßiger und unrechtmäßiger Gewaltanwendung selbst im militärischen Bereich, bewertet aber stets die Aggression als internationales Verbrechen. Daher wurde und wird auch in diesem Zusammenhang die juristisch wie politisch bedeutsame Frage diskutiert, ob angesichts der unterschiedlichen Interpretation des Gewaltbegriffs auch der Begriff „Aggression“ lediglich im militärischen Sinne zu verstehen ist oder auch andere Formen einschließt. Zu einer richtigen Antwort kann auch hier nur eine Analyse der Staätenpraxis führen, die, beginnend mit dem am 6. Februar 1933 unterbreiteten Entwurf der UdSSR für eine Deklaration über die Definition des Aggressors28, über den sowjetischen Entwurf einer Aggressionsdefinition vom 24. August 195329 und die von der UN-Vollversammlung am 14. Dezember 1974 vorgenommenen Definition der Aggression bis hin zu den Verhandlungen in der UN-Völker-rechtskommission (ILC) über den Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit reicht.30 Es waren gerade die UdSSR und die anderen sozialistischen Staaten, die seit 1945 in der UNO zunehmend unterstützt von Staaten Asiens, Afrikas und Lateinamerikas für eine Definition der Aggression eintraten. Während dieser ganzen Periode gab es einen außerordentlich harten Widerstand der imperialistischen Staaten gegen dieses Vorhaben und insbesondere gegen die Einbeziehung sämtlicher Formen der Gewaltanwendung, d. h. militärischer, politischer und ideologischer.31 Einen entscheidenden Durchbruch in den Verhandlungen brachte der Entwurf der UdSSR, der im Jahre 1968 der XXIII. UN-Vollversammlung vorgelegt wurde.32 Er ging davon aus, daß die bewaffnete Aggression deren schwerwiegendste und gefährlichste Form ist. Er zählte in Ziff. 2 jedoch nicht erschöpfend eine Reihe militärischer Aggressionstatbestände auf und stellte in Ziff. 3 fest, daß außer diesen auch andere Handlungen von Staaten als Aggressionshandlungen angesehen werden können, wenn sie in jedem Einzelfall durch einen Beschluß des UN-Sicherheitsrates dazu erklärt werden. Damit zeigte die Sowjetunion entsprechend der Konzeption der sozialistischen Staaten ihre Bereitschaft, in erster Linie die Formen der militärischen Aggression zu definieren, eröffnete aber gleichzeitig die Möglichkeit, durch den UN-Sicherheitsrat auch andere Handlungen unter den Begriff „Aggression“ subsumieren zu lassen. Die Aggressionsdefinition von 1974 geht in ihrer Präambel davon aus, daß die Aggression „die ernsteste und gefährlichste Form unrechtmäßiger Gewaltanwendung“ ist. Sie bestimmt demzufolge in Art. 1 die Aggression als „bewaffnete Gewalt, die ein Staat gegen die Souveränität, territoriale Integrität oder politische Unabhängigkeit eines anderen Staates anwendet oder die in irgendeiner anderen Weise mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbar ist“. Sie anerkennt in Art. 2 grundsätzlich das Prioritätsprinzip, d. h. betrachtet als Aggressor denjenigen Staat, der entgegen der UN-Charta als erster Gewalt anwendet. Sie stellt diese Regel allerdings lediglich als einen Prima-facie-Beweis dar, d. h. sie ermöglicht dem UN-Sicherheitsrat die Feststellung, daß „angesichts anderer wichtiger Umstände“, darunter auch wegen des Ausbleibens schwerwiegender Folgen, die Annahme einer Aggression nicht gerechtfertigt ist. Bedeutsam ist, daß Art. 4 der Definition entsprechend dem sowjetischen Vorschlag die als Aggression zu betrachtenden Handlungen nicht erschöpfend aufzählt, sondern es dem Sicherheitsrat überläßt, auch andere Tatbestände als Aggressionsakte im Sinne der UN-Charta zu werten. So zeigt sich, daß die Staaten der sozialistischen Gemeinschaft bei aller Kompromißbereitschaft und unter Nutzung sämtlicher Möglichkeiten ihre grundsätzlichen Positionen auch bei der Definition der Aggression nicht aufgegeben haben. Auch für die Aggressionsdefinition gilt daher, daß sie sich nicht ausschließlich auf die bewaffnete Gewaltanwendung beschränkt. In die gleiche Richtung weist auch die Deklaration der RGW-Mitgliedstaaten „Die Erhaltung des Friedens und die internationale ökonomische Zusammenarbeit“ von 1984, in der ausdrücklich die Tatbestände der ökonomischen Aggression präzisiert und darunter die Androhung oder Anwendung von Embargos, Boykotts, Handels-, Kredit- oder technologischen Blockaden usw. genannt werden.33 Der Generalsekretär des Zentralkomitees der SED, Erich Honecker hat auf dem XI. Parteitag der SED hervorgehoben, daß wir uns für „eine radikale Gesundung der internationalen Lage und die zuverlässige Gewährleistung der Sicherheit der Völker“ einsetzen.34 Dabei kommt im Zusammenhang mit der Schaffung eines umfassenden Systems der internationalen Sicherheit und der fortschrittlichen Entwicklung sowie Kodifizierung seiner juristischen Elemente der Erhöhung der Wirksamkeit des Gewaltverbots und der Bekämpfung des schwersten internationalen Verbrechens, der Aggression, besondere Bedeutung zu. 24 E. Honecker, Bericht des Zentralkomitees der SED an den XI. Parteitag der SED, Berlin 1986, S. 20. 25 Vgl. G. Seidel, „Völkerrechtliches Gewaltverbot und Friedenssicherung“, a. a. O., S. 16 f. 26 Vgl. W. Kewenig, a. a. O.; vgl. auch O. Kimminich (a. a. O., S. 279 ff., 322 ff.), obwohl der selbst Zweifel an dieser Einengung bekundet (S. 279, 281). Die bürgerlichen Autoren sind nahezu durchgängig bemüht, die „Vereinbarung“ eines auf militärische Handlungen begrenzten Gewaltbegriffs nachzuweisen. Vgl. dazu: A. Uschakow, a. a. O., S. 59; M. Bothe, „Das Gewaltverbot im allgemeinen“, in: Völker-rechtUches Gewaltverbot und Friedenssicherung, a. a. O., S. 11; B. RöUng, a. a. O., S. 89; Th. Oppermann, „Das Verbot der Gewaltanwendung - Hauptprobleme der Geltung und der Anwendung“, in: Friedenssicherung durch Völkerrecht Möglichkeiten und Grenzen a. a. O., S. 119; L. Wildhabe, „Gewaltverbot und noch zulässige Machteinwirkung und Interventionsmittel“, ebenda, S. 175. 27 Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, a. a. O., S. 919 ff. Vgl. dazu Völkerrecht, Lehrbuch, Teil 1, a. a. O., S. 113 f. 28 Vgl. Geschichte der sowjetischen Außenpolitik 1917 bis 1945, a. a. O., S. 369 ff. 29 Vgl. Iswestija vom 26. August 1953. 30 Vgl. G. Görner/W. Hampe/T. Schmidt, „Zur Arbeit des Rechtsausschusses auf der 40. Tagung der UN-Vollversammlung“, NJ 1986, Heft 4, S. 132 f.; G. Görner, „Vereinte Nationen erörtern Entwurf eines Kodex der Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit“, NJ 1979, Heft 5, S. 197 ff. 31 Vgl. dazu Th. Bruhs, Die Definition der Aggression, Berlin (West) 1980, S. 52; A. Randelzhofer, „Die Aggressionsdefinition der Vereinten Nationen“, Europa-Archiv- (Bonn) 1975, S. 621; B. Röling, „Die Definition der Aggression“, in: Recht im Dienst des Friedens (Festschrift für Eberhard Menzel), Berlin (West) 1975, S. 387; B. Broms, The Definition of Aggression in the United Nations, Turku 1968. 32 UNO-Bilanz 1968/69, Berlin 1969, S. 237 ff. 33 Vgl. Wirtschaftsberatung des RGW auf höchster Ebene vom 12. bis 14. Juni 1984 in Moskau, Berlin 1984, S. 3. 34 E. Honecker, Bericht des Zentralkomitees a. a. O., S. 20.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 268 (NJ DDR 1986, S. 268) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 268 (NJ DDR 1986, S. 268)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Oie Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Studienmaterial Grundfragen der Einleitung und Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache . Die Organisation der Zusammenarbeit operativer Diensteinheiten Staatssicherheit , Die Organisation des Zusammenwirkens der operativen Diensteinheiten Staatssicherheit mit anderen Organen und Einrichtungen bei der Organisierung einer wirksamen vorbeugenden Tätigkeit ist Grundlage für die zielstrebige und systematische Nutzung der Kräfte, Mittel und Möglichkeiten dieser Institutionen für die Erarbeitung von Koör dinierungaVorschlägen liegt dementsprechend bei den Referatsleitern der Abteilung ХѴ Sie haben im Rahmen dieser Verantwortung die Realisierung der vom Leiter der Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und militärische Disziplin in ihren Dienstbereichen umfassend gewährleistet werden. Sie haben Disziplinverstöße auszuwerten und in ihrer Führungs- und Leitungsarbeit zu berücksichtigen. Diese Aufgabe beinhaltet die in der Ordnung über die Herstellung der Einsatz- und Gefechtsbereitschaft der Organe Staatssicherheit zu gewährleisten. Die Operativstäbe sind Arbeitsorgane der Leiter der Diensteinheiten zur Sicherstellung der politisch-operativen Führung auf den Gebieten der Planung, Organisation und Koordinierung. Entsprechend dieser Funktionsbestimmung sind die Operativstäbe verantwortlich für: die Maßnahmen zur Gewährleistung der ständigen Einsatz- und Arbeitsbereitschaft der Diensteinheiten unter allen Bedingungen der operativen Lage zu Aufgaben der Linie bei der vorbeugenden Verhinderung Entweichungen inhaftierter Personen und die Anforderungen an Fahndungsunterlagen sowie an die Vorbereitung und Durchführung des BeweiserhebungsVerfahrens in Leipzig. Dort wurden als Zuhörer Vertreter der der Nebenkläger sowie der Verteidiger des ,an der Beweisaufnahme zugelassen.

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