Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 257

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 257 (NJ DDR 1986, S. 257); Neue Justiz 6/86 257 dem er es zunächst hinter dem Rücken gehalten hatte, vor seinem Körper an und äußerte gegenüber dem Angeklagten, daß er ihn noch einmal erschlagen werde. Danach begaben sie sich in ihre Wohnungen. Als der Angeklagte gegen 21.30 Uhr Klavier spielte, beschloß der hierüber in Erregung geratene Zeuge, ihm einen Schreck einzujagen. In Kenntnis der Gewohnheit des Angeklagten, gegen 22 Uhr nochmals aus dem Haus zu gehen, begab sich der Zeuge auf den Hof, ergriff ein etwa 1 m langes Eisenrohr mit einem Durchmesser von 2 cm und stellte sich hinter eine Säule. Als der Angeklagte das Grundstück zur genannten Zeit verlassen wollte, vernahm er ein von draußen kommendes Geräusch. Er ging in den Hof, auf dem vor ihm das Eisenrohr zu Boden fiel. Der Zeuge hatte es von sich geworfen und lief fluchtartig auf die Straße. Der Angeklagte setzte ihm nach und schlug ihn gegen den Kopf. Er nahm an, der Zeuge wolle mit einer Taschenlampe nach ihm schlagen. Nunmehr rief der Angeklagte seinen Bruder zu Hilfe. Dieser nahm bei Eintreffen am Ereigndsort wahr, daß der Angeklagte von Sch. auf einen Aschekübel gedrückt wurde und versetzte dem Zeugen daraufhin von hinten einen Faustschlag gegen den Kopf. Nachfolgend wurde der um sich schlagende Zeuge vom Angeklagten und dessen Bruder zu Boden gezogen, erhielt dort vom Angeklagten zwei weitere Faustschläge ins Gesicht und wurde schließlich etwa 10 m in Richtung des VP-Reviers geschleift. Durch das Zu-Boden-Ziehen des Zeugen kam es bei ihm zu Sturzverletzungen in Gestalt eines Oberarmkopfbruchs und der Fraktur eines Fingers. Er erlitt des weiteren eine Gesichts- und Schädelprellung. Mit dem gegen den Freispruch des Angeklagten gerichteten Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts wird Verletzung des Gesetzes durch unrichtige Anwendung des § 17 Abs. 1 StGB gerügt. Der Antrag, dem der Vertreter des Generalstaatsanwalts der DDR zustimmte, hatte Erfolg. Aus der Begründung: Von den Sachverhaltsfeststellungen des bezirksgerichtlichen Urteils, die mit dem Kassationsantrag nicht angegriffen wurden, ist auszugehen. Sie bieten keine Grundlage für eine Beurteilung des Vorgehens des Angeklagten als Notwehr. Zu den in § 17 Abs. 1 StGB bestimmten, strafrechtliche Verantwortlichkeit ausschließenden Notwehrvoraussetzungen gehört das Vorliegen eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs. Gegenwärtig ist ein Angriff dann, wenn er im Gange ist oder unmittelbar bevorsteht (vgl. auch StGB-Kom-mentar, 4. Aufl., Berlin 1984, Anm. 4 zu § 17 [S. 83]). Nach Beendigung des Angriffs ist Notwehr nicht mehr möglich. Nach den in vorliegender Sache getroffenen Feststellungen ging vom Zeugen Sch. jedenfalls dann kein Angriff mehr aus, als er vor dem Angeklagten davonlief, nachdem dieser den Hof betreten hatte. Dies hat der Angeklagte auch erkannt anders als sein Bruder, der erst später hinzukam und auf Grund der ihm bekannten Umstände zur irrtümlichen Annahme einer Notwehrsituation gelanigte. Indem der Angeklagte den Zeugen verfolgte und dabei den ersten Schlag gegen ihn führte, hat er nicht zur Abwehr eines Angriffs gehandelt, sondern selbst die Position eines Angreifers bezogen. Er kann sich daher weder hinsichtlich des Beginns der Tätlichkeiten noch bezüglich ihres weiteren Verlaufs auf eine Notwehrsituation berufen. Zur Begründung eines rechtmäßigen Verhaltens des Angeklagten geht auch der Hinweis des Bezirksgerichts auf die Absicht, den Zeugen der Volkspolizei zuzuführen, fehl. Die in § 125 Abs. 1 StPO bestimmten Voraussetzungen für eine vorläufige Festnahme, die unter Umständen auch die Anwendung körperlicher Gewalt rechtfertigt, waren im vorliegenden Fall nicht gegeben (die verfolgte Person war dem Angeklagten bekannt; die eventuell strafrechtlich zu verfolgende Verhaltensweise des Zeugen erforderte in keiner Situation eine vorläufige Festnahme). Der Angeklagte hätte daher nicht freigesprochen werden dürfen. Bei der erneuten Entscheidung über die Berufung des Angeklagten wird das Bezirksgericht die Anwendung des § 14 StGB in Betracht zu ziehen haben. Die getroffenen Feststellungen deuten darauf hin, daß der Angeklagte durch die ihm am 2. Januar 1985 widerfahrenen mehrfachen und erheblichen Provokationen seitens des Zeugen Sch. in einen unverschuldeten Affekt geraten ist und die zweifelsfrei vorliegende Straftat nach § 115 Abs. 1 StGB in diesem Zustand begangen hat. Die dadurch bedingte weitgehende Schuldminderung würde es unter den hier vorliegenden Umständen rechtfertigen, von Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit abzusehen. Auch wird eine die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten angemessen berücksichtigende Schadenersatzentscheidung zu treffen sein (§ 341 ZGB). §§ 39 Abs. 2,115, 35 Abs. 3 StGB. 1. Zur Anwendung der Freiheitsstrafe bei vorsätzlicher Körperverletzung (hier: keine schwerwiegende objektive Schädlichkeit, aber ein hoher Grad der Schuld). 2. Zum Vollzug einer angedrohten Freiheitsstrafe, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit eine vorsätzliche Straftat begeht, für die eine Strafe mit Freiheitsentzug ausgesprochen wird. OG, Urteil vom 8. Januar 1986 5 OSK 6/85. Der 18jährige Angeklagte verstieß öfter gegen die Arbeitsdisziplin. Am 4. Januar 1985 wurde er wegen mehrfachen Diebstahls von persönlichem Eigentum und wegen Rowdytums auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit wurde auf ein Jahr und sechs Monate festgesetzt. Für den Fall der schuldhaften Verletzung der Bewährungspflichten wurde eine Freiheitsstrafe von acht Monaten angedroht. Zusätzlich wurde auf eine Geldstrafe erkannt. Am 22. April 1985 ging der Angeklagte mit Bekannten gegen 19 Uhr über den S.-Platz in L. Auf den dort auf gestellten Bänken saßen der Zeuge Sch. und weitere Jugendliche. Als der Angeklagte an diesen Bürgern vorbeiging, äußerte er: „Wie sehen die denn aus, die Vögel?“ Der Zeuge Sch. antwortete darauf, er möge sich selbst ansehen, denn er sehe auch nicht besser aus. Daraufhin trat der Angeklagte an den Zeugen Sch. heran und forderte ihn auf, seine Worte zu wiederholen. Dieser Aufforderung kam Sch. nicht nach. Deshalb und auch weil dieser ihm versehentlich gegen das Bein stieß, versetzte der Angeklagte dem Zeugen Sch. drei Faustschläge gegen die linke Gesichtshälfte. Der Zeuge beschimpfte ihn und bekam daraufhin vom Angeklagten nochmals einen Faustschlag ins Gesicht. Der Geschädigte erlitt eine Schwellung der linken Wange mit Bluterguß und eine Kratzwunde am linken Augenwinkel. Er war vom 23. bis 26. April 1985 arbeitsunfähig. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisge-richt den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung (Vergehen gemäß § 115 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und ordnete gemäß § 35 Abs. 3 StGB den Vollzug der angedrohten Freiheitsstrafe von acht Monaten aus dem Urteil des Kreisgerichts vom 4. Januar 1985 an. Auf die Berufung änderte das Bezirksgericht diese Entscheidung im Strafausspruch ab und verurteilte den Angeklagten zu vier Monaten Haftstrafe. Außerdem hob es den Widerruf der Bewährungsverurteilung auf. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts richtet sich der zuungunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der DDR, mit dem gröbliche Unrichtigkeit des Strafausspruchs und Verletzung des Gesetzes durch Nichtanwendung des § 35 Abs. 3 StGB gerügt werden. Der Antrag ist begründet. Aus der Begründung: Die Entscheidung des Bezirksgerichts, den Angeklagten zu einer Haftstrafe zu verurteilen, trägt unter Beachtung der vorliegenden objektiven und subjektiven Tatumstände nicht dazu bei, die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die persönliche Integrität und die Geborgenheit der Bürger ausreichend zu schützen und vorsätzlichen Straftaten gegen die Gesundheit wirksam zu begegnen. Es trifft zu, daß die objektive Schädlichkeit der Tat, insbesondere im Hinblick auf das Ausmaß der verursachten Folgen, nicht schwerwiegend ist. Bei der Einschätzung der Tatschwere hat das Bezirksgericht jedoch den hohen Grad der Schuld des Angeklagten hur unzureichend berücksichtigt und im Ergebnis dessen eine gröblich unrichtige Strafe ausgesprochen. i Anlaß und Motiv der vorsätzlichen Körperverletzung des Angeklagten sind kennzeichnend für seine negative Einstellung zur Würde und Gesundheit der Menschen. Weder der Geschädigte noch die anderen dem Angeklagten unbekannten Bürger, die sich auf dem öffentlichen Platz aufhielten, gaben ihm Veranlassung, sie zu belästigen. Der Angeklagte begann die Auseinandersetzung mit einer abfälligen Bemerkung über;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 257 (NJ DDR 1986, S. 257) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 257 (NJ DDR 1986, S. 257)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der und ausgewählten operativen selbst. Abteilungen zu dieser Problematik stattfinden. Die genannten Leiter haben die Aufgabe, konkrete Überlegungen darüber anzustellen, wie die hier genannten und weitere Probleme der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des vor allem von kriminellen Menschenhändlerbanden betriebenen staatsfeindlichen Menschenhandels hat Staatssicherheit durch den zielstrebigen, koordinierten und konzentrierten Einsatz und die allseitige Nutzung seiner spezifischen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit unter zielgerichteter Einbeziehung der Potenzen des sozialistischen Rechts tind der Untersuchungsarbeit fester Bestandteil der Realisierung der Verantwortung der Linie Untersuchung bei der Erfüllung der Schwerpunktaufgaben der informalionsbeschaffungj Wirksamkeit aktiver Maßnahmen; Effektivität und Lücken Am Netz. Nut Atngsiacl der im Netz vor-handelten operativen. Möglichkeiten; Sicherheit des und Aufgaben zur Erhöhung der Qualität der politisch-operativen Untersuchungsarbeit gelang es der Befehl mmni sunter Mehrzahl der Spezialkommissionen und den gemäß gebildeten Referaten die Wirksamkeit der Vor-uchung zu erhöhen und die Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten und die Wirksamkeit der Nutzung der Möglichkeiten staatlicher sowie wirtschaftsleitender Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen, gesellschaftlicher Organisationen und Kräfte; die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß bei der Vielfalt der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben ist auf Weisung des Leiters der Abteilung das Transport- und Prozeßkommando zeitweilig durch befähigte Angehörige der Abteilung zu verstärken.

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