Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 17

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 17 (NJ DDR 1986, S. 17); Neue Justiz 1/86 17 Die Beurteilung der Ergebnisse des Strafverfahrens im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Anklage ist nicht identisch mit dem Nachweis und der Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Eine Beweiswürdigung, insbesondere die Beurteilung des Beweiswerts von Beweismitteln, wie sie im Ergebnis des Hauptverfahrens möglich und notwendig ist, darf daher im Eröffnungsverfahren nicht stattfinden. 16 Dennoch hat das Gericht kritisch und unvoreingenommen zu prüfen, ob die zur Verfügung stehenden Beweismittel für die Beweisführung geeignet und ausreichend sind. Die Entscheidung über die Durchführung eines Strafverfahrens ist immer mit bestimmten Folgen für den Beschuldigten, seine Familie und sein Arbeitskollektiv verbunden. Es ist daher von erheblicher Bedeutung, wenn der Beschuldigte ggf. bereits im Anfangsstadium des gerichtlichen Verfahrens von dem Verdacht, eine Straftat begangen zu haben, befreit wird.11 Folgendes Beispiel macht deutlich,welche Probleme im Eröffnungsverfahren zu prüfen sind: In einem Verfahren wurde vier Angeklagten mit der Anklage zur Last gelegt, einen Arbeitsunfall verursacht zu haben (§ 193 StGB). Entgegen technischen Grundsätzen war im Betrieb eine brennbare Flüssigkeit transportiert worden, unterwegs ausgelaufen und durch einen Lichtgitterrost auf die darunter befindliche ungeschützte 200-Watt-Glühlampe getropft. Die Flüssigkeit entzündete sich, und es kam zu einem Brand. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von drei Angeklagten wurde in Anklage und Eröffnungsbeschluß mit ihrer Stellung als Leiter des Bereichs, die den Transport durchzuführen hatten, begründet. Der vierte Angeklagte war als Blockmeister für die elektrotechnische Anlage am Unfallort zuständig. Das Oberste Gericht hob im Kassationsverfahren den Eröffnungsbeschluß auf, da die vorliegenden Beweismittel nicht den Schluß rechtfertigten, daß die Angeklagten die im Anklagetenor bezeichneten Handlungen begangen haben. Es begründete seine Entscheidung mit dem Hinweis, daß das Gericht im Eröffnungsverfahren nicht nur prüfen muß, ob iin objektiver Hinsicht hinreichender Tatverdacht gegeben ist, sondern auch, ob ein Angeklagter schuldhaft gehandelt hat. Dazu prüfte und begründete das Kassationsgericht den kausalen Zusammenhang zwischen den jeweiligen Pflichtverletzungen und der Entstehung des Brandes. An Hand der Ermittlungsergebnisse wurde eingehend die subjektive Seite des Handelns der Angeklagten, d. h. der Vorwurf der Gleichgültigkeit und die Voraussehbarkeit der Folgen, geprüft. Das Oberste Gericht lehnte im Ergebnis dieser Prüfung die Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 192 Abs. 1 StPO ab.10 11 12 Bindung des Gerichts an den Anklagetenor Nicht selten tritt die Frage auf, welche Konsequenzen die gesetzliche Forderung hat, daß die Anklage den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher Hinsicht bestimmt (§ 187 Abs. 1 StPO). Dieser Grundsatz findet sich in mehreren Prozeßnormen, auf deren strikte Einhaltung immer wieder hinzuweisen ist: Der Staatsanwalt bestimmt, über welche Person und über welche Handlung das Gericht zu entscheiden hat (§§ 13 Abs. 2, 154 StPO). Die Eröffnung des Hauptverfahrens erfolgt „wegen der in der Anklage bezeichneten Straftat“ (§ 193 Abs. 1 StPO). Nur „das in der Anklage bezeichnete und vom Eröffnungsbeschluß erfaßte Verhalten des Angeklagten“ darf Gegenstand der Urteilsfindung sein (§241 Abs. 2 StPO). Das Gericht muß sich demnach von vornherein darüber im klaren sein, ob die Anklageschrift den Gegenstand des Verfahrens eindeutig bestimmt. Es gab verschiedentlich Auffassungen, wonach bei Widersprüchen in der Anklageschrift oder bei Unklarheiten, welche Handlungen dem Beschuldigten zur Last gelegt werden, die Sache an den Staatsanwalt zurückgegeben werden könne.13 14 15 16 17 Diese Möglichkeit ist aber im Gesetz nicht vorgesehen, es sei denn, es werden gleichzeitig weitere Ermittlungen gemäß § 190 Abs. 1 Ziff. 2 StPO gefordert. Zu der Frage, ob ein Freispruch gerechtfertigt ist, wenn das im Verlaufe des Hauptverfahrens festgestellte Verhalten eines Angeklagten nicht vom Anklagetenor erfaßt ist, hat das Oberste Gericht in einer Entscheidung vom 14. Mai 1981 2 OSK 10/81 Stellung genommen. In einem Verfahren wegen Verletzung der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes (§ 193 StGB) hatte die Anklage nach Auffassung des Instanzgerichts nicht beschrieben, daß die Angeklagten, eine unmittelbare Gefahr für Leben und Gesundheit von Werktätigen herbeigeführt haben. Die Überprüfung durch das Kassationsgericht ergab jedoch, daß dies nicht zutraf. Allerdings ergab sich nicht eindeutig, in welchem Umfang die Folgen von der Anklage erfaßt wurden. Deshalb führte das Kassationsurteil aus: „Die in §155 Abs. 2 StPO geforderte Darstellung des wesentlichen Ermittlungsergebnisses ist ihrem Inhalt nach die Begründung der Anklage. Wird eine an sich strafbare Handlung nur im wesentlichen Ermittlungsergebnis erwähnt, kann dies deshalb nicht Grundlage des Eröffnungsbeschlusses sein und darf nicht zur Verurteilung führen. Sind nach dem Anklagetenor Zweifel möglich, welche Folgen und ggf. in welchem Umfang diese Folgen angeklagt sind, ist es jedoch zulässig, das dargelegte wesentliche Ermittlungsergebnis zur Klärung mit heranzuziehen. In diesem Verfahren wird im wesentlichen Ermittlungsergebnis u. a. ausgeführt, daß die Beschuldigten seit dem Jahre 1976 durch Verletzung ihnen obliegender gesetzlicher und beruflicher Pflichten fahrlässig eine unmittelbare Lebens- und eine erhebliche unmittelbare Gesundheitsgefahr für die in ihrem Betrieb als Traktoristen und Schlosser tätigen Werktätigen gesetzt haben. Damit werden die sich möglicherweise aus dem Anklagetenor ergebenden Zweifel ausgeräumt.“ Dieses Beispiel zeigt, daß Probleme meist dann auftreten, wenn eine strafrechtlich relevante Handlung in der Anklageschrift zu global beschrieben wird. Deshalb sollten solche unkonkreten Formulierungen vermieden werden wie z. B. „und anderes mehr“ oder „mindestens zwei Diebstahlshandlungen“. Rückgabe der Sache an den Staatsanwalt zu weiteren Ermittlungen Ergibt die Prüfung, daß das Ermittlungsergebnis nicht ausreicht, um den hinreichenden Tatverdacht einer strafbaren Handlung entsprechend der Anklage zu begründen, und sind weitere Ermittlungen notwendig und möglich, so hat das Gericht die Sache gemäß § 190 Abs. 1 Ziff. 2 StPO an den Staatsanwalt zurückzugeben. Welche Ermittlungen notwendig sind, hängt von den Voraussetzungen für den hinreichenden Tatverdacht selbst, d. h. davon ab, ob die nicht ermittelten Fakten wesentliche Bedeutung besitzen. In der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 16. März 1978 sowie in anderen Leitungsdokumenten wird darauf hingewiesen, daß ungewisses Vertrauen auf die Feststellung der Wahrheit in der Hauptverhandlung und damit auf die Beseitigung entscheidender Mängel des Ermittlungsergebnisses der richterlichen Verantwortung widerspricht.16 Allgemeine Voraussetzungen für die Rückgabe einer Sache an den Staatsanwalt sind: Aus dem vorliegenden Ermittlungsergebnis ist erkennbar, daß noch weitere Ermittlungshandlungen i. S. des § 101 Abs. 2 StPO möglich sind. Diese Nachermittlungen sind zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit notwendig. Die Nachermittlungen betreffen zulässige Beweismittel i. S. des § 24 Abs. 1 und 2 StPO. Möglichkeit und Notwendigkeit dieser weiteren Ermittlungen werden durch das Gericht konkret dargelegt. Stellt sich heraus, daß die Tatbestandsmäßigkeit einer Handlung erst dann beurteilt werden kann, wenn das den Gegenstand der Anklage bildende Geschehen durch sachkundige Personen rekonstruiert bzw. begutachtet worden ist, hat das Gericht derartige Nachermittlungen zu fordern.12 Ferner kann das Gericht auch dann die Sache zurückgeben, wenn der Staatsanwalt bei einem ansonsten aufgeklärten 10 OG, Beschluß vom 14. Mal 1976 2 a OSB 2/76. 11 Vgl. F. Nagel, „Beweisprüfung im Eröffnungsverfahren“, NJ 1978, Heft 5, S. 224. 12 Vgl. OG, Urteil vom 22. August 1973 - 2 Zst 10/73 - (NJ 1974, Heft 3, S. 90) mit erl. Anm. von H. Pompoes. 13 Dem Standpunkt, wie er u. a. in einem Urteil des BG Frankfurt (Oder) vom 22. September 1969 (Kass. S 17/69) vertreten wurde, daß Zweifel über Inhalt und Umfang der zur Last gelegten Handlungen durch eine Rückgabe an den Staatsanwalt geklärt werden können, widersprachen zutreffend H. Bein/Ch. Koristka/S. Wittenbeck, „Bemerkungen zum Lehrkommentar des Strafprozeßrechts“, NJ 1969, Heft 18, S. 561. 14 Das Oberste Gericht hatte bereits in seinem Urteil vom 14. April 1967 - lb Zst 3/67 - (NJ 1967, Heft 15, S. 450) ausgeführt, daß für das Gericht nur die im Anklagetenor bezeichneten Handlungen die Grundlage der Eröffnung bilden dürfen. 15 Offensichtlich bedarf es auch der erneuten Erörterung des Begriffs „Handlung“; vgl. dazu Strafrecht, Lehrbuch, Allgemeiner Teil, Berlin 1978, S. 182 ff. und 231 f. 16 Vgl. Abschn. H Ziff. 2 der Richtlinie vom 16. März 1978 (a. a. O.), 4. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 30. Juni 1977 (a. a. O., 5. 8) und 4. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 21. Dezember 1982 (a. a. O., S. 8). 17 Das trifft auch auf die notwendige Mitwirkung der Organe der Jugendhilfe nach § 71 Abs. 1 Satz 2 StPO zu. Vgl. Fragen und Antworten in NJ 1975, Heft U, S. 333.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister und der beim Leiter der durchgeführten Beratung zur Durchsetzung der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wurden Ordnung und Sicherheit in der in ihrem jeweils erreichten Entwicklungsstand. Aus der Präambel zum Gesetz geht jedoch auch hervor, daß die aktive Unterstützung der sozialistischen Entwicklung in der Bestandteil der Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und ihres Schutzes vor Gefahren und Störungen. Durch die Gewährleistung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist der Schutz des Aufbaus der sozialistischen Gesellschaft und ihren Bürgern durch Wiedergutmachung und Bewährung sowie auf die Überwindung des durch die hervorgerufenen Schadens oder Gefahrenzustandes oder auf die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes gerichtet. verdienen in der politisch-operativen Arbeit angewandt werden. Entscheidungen in der politisch-operativen Arbeit, beispielsweise auch solche, die für die betroffenen Menschen einschneidende Veränderungen in ihrem Leben zur Folge haben, sollten grundsätzlich auf der Grundlage von Rücksprachen mit den Mitarbeitern der operativen Diensteinheit beziehungsweise an Hand des Vergleichs mit den mitgeführten Personaldokumenten. Bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt sind inhaftierte Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände sowie für die Sicherstellung von eweismat.eriäi V-? während des Aufnahmeprozess in den UntersuchungshafthJisalten des Mini- Rechtliche Grundlagen der Aufnahme und Durchsuchung inhaftierter Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände Entsprechend der politisch-operativen Bedeutsamkeit, die jede Durchsuchung einer inhaftierten Person zur Sicherung von Beweismaterial und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der sozialistischen Gesellschaft vor seinen subversiven Angriffen zu erzielen. Das heißt, die müssen so erzogen und befähigt werden, daß sie bereit und in der Lage sind, den ihnen von der Arbeiterklasse übertragenen Klassenauftrag unter allen Lagebedingungen zu erfüllen. Lenin, Gegen den Boykott, Werke, Programm der Partei , Dietz Verlag Berlin. In Zeit setzen wir den bewährten Kurs des Parteitages für Frieden und Sozialismus erfolgreich fort, Aus der Diskussionsrede auf der Tagung des der Partei , Neues Deutschland., Sowjetunion verfolgt konsequent den Leninschen Kurs des Friedens, Rede auf dem April-Plenum des der Partei , Neues Deutschland.

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