Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 16

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 16 (NJ DDR 1986, S. 16); 16 Neue Justiz 1/86 Verfahren bei selbständigen Einziehungen gemäß §§ 281 f. StPO und vor dem Obersten Gericht. Alle Entscheidungen, die das Eröffnungsverfahren betreffen, sind in geheimer Abstimmung und nach den weiteren Beratungs- und Entscheidungsgrundsätzen gemäß §§ 178 ff. StPO zu treffen. Grundlage der Prüfung sind nur die in den Akten enthaltenen Ermittlungsergebnisse; das Gericht darf keine eigenen Ermittlungen führen (§ 199 Abs. 3 StPO). Der Staatsanwalt, der mit der Anklage zu bestimmen hat, welche Person wegen welcher Handlung strafrechtlich verantwortlich gemacht werden soll, kann nach Einreichung der Anklageschrift auf den weiteren Verlauf des Strafverfahrens nur noch mit Anträgen oder der Rücknahme der Anklage Einfluß nehmen (§ 193 Abs. 2 StPO). Die Frage nach der Zuständigkeit steht am Anfang der Prüfung. In der Lehre wird allgemein zur Begründung des § 187 Abs. 2 Ziff. 1 StPO dargelegt, daß es sich um eine Prüfung vor der inhaltlichen Beurteilung der Anklage, also vor der Entscheidung über den hinreichenden Tatverdacht handelt.4 Das trifft auf jeden Fall zu, wenn das örtlich nicht zuständige Gericht das weder vom Tatort noch vom Aufenthalts- bzw. Wohnort des Beschuldigten her die gerichtliche Entscheidung rechtfertigt angerufen wurde (§■§ 169 ff. StPO; §§ 23, 30, 37 GVG). Auch hinsichtlich der Kompetenzen zwischen Kreisgericht und Militärgericht gibt es klare Regelungen (§ß 4, 8, 11, 14 MGO i. V. m. § 164 StPO). Nicht immer läßt sich jedoch der Gegenstand der Anklage von der Zuständigkeit trennen. Das betrifft die sachliche Zuständigkeit hinsichtlich einiger Delikte. So kann z. B. die Anklage eine Körperverletzung mit Todesfolge (§ 117 StGB) zur Last legen, und das mit der Eröffnung des Hauptverfahrens befaßte Kreisgericht kommt auf Grund der Ermittlungsergebnisse zu dem Schluß, daß es sich um vorsätzliche Tötung gemäß § 112 bzw. § 113 StGB handelt. Auch bei anderen Delikten (z. B. bei denen des 2. und 8. Kapitels des Besonderen Teils des StGB) kann die Prüfung dazu führen, daß das Kreisgericht gemäß § 190 Abs. 1 Ziff. 1 StPO beschließt, die Sache an den Staatsanwalt zurückzugeben. Stellt das Gericht fest, daß es für die Sache unzuständig ist, kann es keine andere Entscheidung als die Rückgabe an den Staatsanwalt gemäß § 190 Abs. 1 StPO treffen.5 Gegen diese Entscheidung steht dem Staatsanwalt das Rechtsmittel der Beschwerde zu (§ 195 Abs. 2 Ziff. 1 StPO), so daß das erstinstanzliche Gericht erneut verpflichtet ist, seine Auffassung zur sachlichen Zuständigkeit gleiches gilt für die Rückgabe wegen örtlicher Unzuständigkeit zu überprüfen. Das Gericht kann danach seinen eigenen Beschluß aufheben und das Hauptverfahren eröffnen. Anderenfalls muß es die Sache zur Entscheidung dem Bezirksgericht vorlegen (§§ 306 Abs. 3, 308 StPO). Die anderen im Eröffnungsverfahren zu treffenden Entscheidungen ausgenommen die der vorläufigen Einstellung wegen Abwesenheit oder Erkrankung des Beschuldigten (§§ 150 Ziff. 2, 188 Abs. 1 Ziff. 1 StPO), verlangen immer zuerst, daß sich das Gericht mit dem hinreichenden Tatverdacht beschäftigt. Die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts Das Oberste Gericht hat zu den Anforderungen an den hinreichenden Tatverdacht in seinen Plenartagungen und in mehreren Entscheidungen grundsätzlich Stellung genommen. Es hat die verantwortungsbewußte Prüfung dieser Frage als Kernstück des Eröffnungsverfahrens, als bedeutsamen richterlichen Entscheidungsprozeß bezeichnet.6 So wurde auf der 4. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 21. Dezember 1982 gefordert, daß sich das Gericht in diesem Stadium des Strafverfahrens mit der Strafsache und ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen vertraut zu machen und über die zu erhebenden Beweise und die rechtliche Beurteilung der Handlung Klarheit zu verschaffen hat. Das Hauptverfahren kann nur dann eröffnet werden, wenn die Ermittlungsergebnisse der von der Anklage beschriebenen strafbaren Handlung entsprechen und eine Übergabe der Sache an ein gesellschaftliches Gericht nicht gerechtfertigt ist. Das zuständige Gericht muß also den hinreichenden Tatverdacht auf der Grundlage einer den Anforderungen des § 155 StPO entsprechenden Anklageschrift bejahen, wenn die Ermittlungen vollständig geführt sind und in ihren Ergebnissen den Schluß zulassen, daß dem Beschuldigten im Hauptverfahren die Verwirklichung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale nachgewiesen wird (§ 187 Abs. 3 StPO). Dem dürfen keine eindeutigen und offensichtlichen Gründe entgegenstehen, die den hinreichenden Tatverdacht widerle- gen oder die trotz Verwirklichung der Straftatbestände eine Verurteilung ausschließen (z. B. wegen Verjährung der Strafverfolgung).7 Welche Bedeutung eine derartige Auseinandersetzung mit dem Gegenstand der Anklage und den Ergebnissen der Ermittlung hat, zeigt sich an folgenden Beispielen: Der Staatsanwalt hatte Anklage wegen fahrlässiger Verursachung eines Brandes (§ 188 StGB) erhoben. Die Anklageschrift enthielt folgendes wesentliches Ermittlungsergebnis: Der Beschuldigte war beauftragt, auf einem mit Teerpappe eingedeckten Dach einen Metallträger zu demontieren. Der Schweißerlaubnisschein für diese Arbeiten war vom Sicherheitsinspektor entgegen den Anforderungen ausgestellt worden. Obwohl sich nachträglich die Notwendigkeit von Schneidarbeiten ergab, wurde die Schweißerlaubnis weder erweitert noch konkretisiert. Eine Kontrolle hinsichtlich brennbarer Materialien erfolgte nicht. Im Verlaufe der Arbeiten kam es zu einem Brand. Das erstinstanzliche Gericht lehnte die Eröffnung des Hauptverfahrens ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde des Staatsanwalts wurde zurückgewiesen. In dem gegen diese Entscheidungen gerichteten Kassationsverfahren setzte sich das Oberste Gericht mit dem Ermittlungsergebnis auseinander: Danach hatte der Beschuldigte die objektiven und subjektiven Merkmale des Tatbestandes verletzt. Er kannte die einschlägigen Arbeits- und Brandschutzbestimmungen. Zwar wäre es notwendig gewesen, den Arbeitsauftrag eindeutiger zu erteilen und die erforderliche Weisung entsprechend den konkreten besonderen Arbeitsbedingungen auszugestalten. Aus dem Gespräch seines Vorgesetzten hatte der Beschuldigte aber entnommen, daß Schneidarbeiten ausgeführt werden sollten. Die leitenden Mitarbeiter verletzten Rechtspflichten, als sie den Schweißerlaubnisschein nicht ordnungsgemäß ausgestellt und keine ausreichenden Maßnahmen zur Vermeidung eines Brandes festgelegt hatten. Der Beschuldigte verfügte jedoch dem Ermittlungsergebnis nach über die erforderliche Qualifikation, kannte die Bestimmungen über den Arbeitsschutz und Brandschutz sowie die sich daraus für ihn ergebenden Aufgaben hinsichtlich der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. Werktätige ohne besondere Leitungsfunktion haben bei derartigen Arbeiten, unabhängig von nochmaligen besonderen Weisungen durch leitende Mitarbeiter, die Sicherheitsbestimmungen einzuhalten. Das gilt auch, wenn leitende Mitarbeiter ihrerseits Rechtspflichten verletzen. Der befähigte und sachkundige Werktätige hat die Pflicht, seinerseits auf festgestellte Mängel hinzuweisen. Trotz gegebener Möglichkeiten hat der Beschuldigte aber nichts getan, was den Eintritt schädlicher Folgen verhindern konnte. Zwischen seinen Rechtspflichtverletzungen und dem Brand bestand ein kausaler Zusammenhang. Ausgehend von diesem Ermittlungsergebnis hob das Oberste Gericht den Beschluß über die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens auf, und das Hauptverfahren wurde eröffnet.8 Bereits in einer früheren Entscheidung hatte das Oberste Gericht darauf hingewiesen, daß die Prüfung des hinreichenden Tatverdachts nicht identisch ist .mit der nur auf Grund der unmittelbaren Beweisaufnahme in der gerichtlichen Hauptverhandlung möglichen Prüfung, ob das Verhalten eines Beschuldigten tatsächlich den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt oder nicht. In dieser Entscheidung wird weiter ausgeführt: „Aus der Unterschiedlichkeit der Grundlagen und des Inhalts der im Stadium des Eröffnungsverfahrens und der im Ergebnis einer gerichtlichen Hauptverhandlung zu treffenden Entscheidung folgt, daß das Gericht bei der Prüfung der Frage, ob hinreichender Tatverdacht vorliegt, die hierauf bezogenen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens 'nur unter diesem Gesichtspunkt zu würdigen und seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat.“9 4 Vgl. Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 224. 5 Die lm StPO-Lehrkommentar, Berlin 1968, Anm. 1 zu § 190 (S. 230) vertretene Auffassung, wonach es zulässig sei, die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen, ist daher fehlerhaft. Eine solche Möglichkeit besteht erst nach der Eröffnung des Hauptverfahrens (§§ 250, 251 StPO). 6 Vgl. die Materialien der 4. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 21. Dezember 1982 (a. a. O., S. 7); Abschn. II Ziff. 1 der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 16. März 1978 (a. a. O.). 7 Vgl. Leitfaden des Strafprozeßrechts der DDR, Berlin 1959, S. 181 f. Zur qualitativ unterschiedlichen Bedeutung der Begriffe „Verdacht einer Straftat“, „dringender Tatverdacht“ oder „hinreichender Tatverdacht“ vgl. K.-H. Röhner, „Tatverdacht und seine Differenzierung in der StPO“, NJ 1985, Heft 11, S. 448 f. 8 Vgl. OG, Urteil vom 17. Oktober 1973 - 2 Zst 27/73 - (NJ 1974, Heft 4, S. 118). 9 OG, Urteil vom 29. Oktober 1965 - 2 Zst 1/65 - (NJ 1966, Heft 14, S. 446).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 16 (NJ DDR 1986, S. 16) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 16 (NJ DDR 1986, S. 16)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksver-waltungen und dem Leiter der Abteilung Besuche Straf gef angener werden von den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltun-gen und den Kreisdienststellen an die Stellvertreter Operativ der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zur Entscheidung heranzutragen. Spezifische Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Handlungen. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Effektivität der Transporte; Die auf dem Parteitag der formulierten Aufgabenstellung für Staatssicherheit Überraschungen durch den Gegner auszusohließen und seine subversiven Angriffe gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der Beweisführung in Ermitt-lungsverf ahren besitzt die Beschuldigtenvernehmung und das Beweismittel Beschuldigtenaussage einen hohen Stellenwert. Es werden Anforderungen und Wage der Gewährleistung der Einheit von Rechten und Pflichten Verhafteter, die Sicherstellung von normgerechtem Verhalten, Disziplinar- und Sicherungsmaßnahmen. Zu einigen Besonderheiten des Untersuchungs-haftvollzuges an Ausländern, Jugendlichen und Strafgefangenen. Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen HauptVerhandlung auszuschließen und deren Beeinträchtigung weitgehend zu begrenzen. Die Rechte der Inhaftierten sind zu respektieren.

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