Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1986, Seite 113

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 113 (NJ DDR 1986, S. 113); Neue Justiz 3/86 113 Berichte Rechtstheorie-Symposium zu Fragen der Rechtsanwendung Dr. ANDREAS GÄNGEL und MICHAEL SCHAUMBURG, Institut für Theorie des Staates und des Rechts der Akademie der Wissenschaften der DDR In Abständen von zwei Jahren veranstaltet der Bereich Rechtstheorie des Instituts für Theorie des Staates und des Rechts der Akademie der Wissenschaften der DDR die Berliner Rechtstheoretischen Symposien, auf denen Themenkreise erörtert werden, die für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis gleichermaßen bedeutend sind.1 Auf dem VI. Symposium am 26. und 27. November 1985 beschäftigten sich Rechtstheoretiker, Vertreter der Rechtszweigwissenschaften und Rechtspraktiker der DDR sowie Wissenschaftler aus der UdSSR, der CSSR, der Ungarischen Volksrepublik, der Volksrepublik Polen und der Sozialistischen Republik Vietnam mit dem Thema „Die eigenverantwortlich-schöpferische Komponente in der Rechtsanwendung und ihr Einfluß auf die gesellschaftliche Wirksamkeit des Rechts“. Rechtspolitisches Anliegen der Veranstaltung war es, in Fortführung des auf dem IV. Symposium entwickelten Ansatzes von der Komplementarität und letztlichen Wirkungsgleichheit von Rechtsetzung und Rechtsanwendung die Beziehungen zwischen zentraler staatlicher Leitung und Entwicklung der demokratischen Initiative innerhalb des Prozesses der rechtlichen Regelung zu untersuchen. In seiner Eröffnungsansprache unterstrich der Stellvertreter des Ministers der Justiz Dr.S. Wittenbeck, daß das Recht seine Aufgaben bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft nur dann erfüllen kann, wenn über die sozialen Vorgänge und Prozesse seiner Anwendung und Realisierung sowie über die davon ausgehenden Rückwirkungen ausreichend Klarheit besteht. Grundlage der Diskussion waren die Basisthesen von Prof. Dr. K. A. Mollnau (AdW) zum Thema „Rechtsnorm und Rechtsanwendungsentscheidung“ sowie weitere schriftlich eingereichte Beiträge von in- und ausländischen Teilnehmern des Symposiums.1 2 Die Diskussion konzentrierte sich auf vier Schwerpunkte, zu denen jeweils ein Rapporteur eingangs die wichtigsten Gedanken aus dem vorliegenden Material zusammenfaßte. In seinen Thesen wies Mollnau darauf hin, daß Rechtsanwendung „ein breitflächiges Feld im Wirkungsprozeß des sozialistischen Rechts“ ist. Um Rechtsanwendung handelt es sich beispielsweise, wenn zwei Bürger einen Darlehensvertrag abschließen, ein Betrieb eine Arbeitsordnung erläßt, das zuständige Staatsorgan eine Wohnungszuweisung erteilt, ein Kreisgericht einen Bürger wegen Diebstahls bestraft, eine Schiedskommission einen Nachbarstreit schlichtet u. a. m. Positionen. welche die Rechtsanwendung allein nach dem Kriterium der Beschaffenheit der Anwendungssubjekte bestimmen und dann zu dem Ergebnis kommen. Rechtsanwendung könne nur durch staatliche Organe geschehen, wurden von Mollnau in Frage gestellt. Zum ersten Schwerpunkt „Relationen zwischen gesellschaftlicher Realität. Rechtsnormen und Rechtsnormentext in der Rechtsanwendung“ konstatierte Prof. Dr, H. Klenner (AdW) in seinem Rapport, daß es in der Rechtstheorie bislang noch an einem einheitlichen Rechtsanwendungsbegriff fehlt. Insbesondere hinsichtlich der Subjekte der Rechtsanwendung gehen die Meinungen weit auseinander. Klenner unterstützte die in den Basisthesen vertretene Auffassung, wonach auch gesellschaftliche Organe und Bürger rechtsan-wendende Subjekte seien. Deutlich wurde das Fehlen einer Rechtsanwendungstheorie, was bei der Behandlung von Grundsatz- und Detailfragen der Rechtsanwendung natürlich Konsequenzen hat. In der Diskussion zeigte sich, daß insbesondere solche Themen wie Arten der Rechtsanwendung, Rechtsziele, Rechtshandlungen, subjektive Rechte und Pflichten dringend weiterer Bearbeitung bedürfen. Das Bemühen, theoriebildend in der Grundlagenforschung und zugleich praxiswirksam in der angewandten Forschung zu sein, kennzeichnete die Diskussion zum zweiten Schwerpunkt „Anforderungen an den Rechtsanwender bei Verweis der anzuwendenden Rechtsnormen auf nichtrechtliche Normensysteme“. Hierzu bildeten u. a. die auf empirisch-theoretischen Studien basierenden Beiträge von Dr. B. Richter (AdW) über „Nichtrechtliche Sozialnormen und Sozialnor- mensysteme in der Rechtsanwendung“ sowie von Dr. M. Nie mann (AdW) zu „Anforderungen an die Gerichte bei Verweis der anzuwendenden Rechtsnormen auf technische Normen“ eine wertvolle Grundlage. Prof. Dr. G. H a n ey (Friedrich-SchUler-Universität Jena) stellte in seinem Rapport fest, daß in den vorgelegten Beiträgen als'nichtrechtliche Normensysteme vor allem die Moral, Gewohnheiten, Normen gesellschaftlicher Organisationen, Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens sowie technische Normen behandelt wurden, während beispielsweise die Normen der Politik, des Brauchs Und der Tradition keine ausdrückliche Beachtung gefunden hätten. Der Erarbeitung theoretischer Voraussetzungen zur Rationalisierung der Rechtsanwendung diente in besonderem Maße der dritte Diskussionsschwerpunkt, der die „Grenzen der Schematisierbarkeit der Rechtsanwendung“ zum Gegenstand hatte. Dr. W. S e g e t h (AdW) verwies in seinem Rapport darauf, daß das Schematische und das Schöpferische in der Rechtsanwendung keinen bloßen Gegensatz, sondern zugleich eine Einheit bilden. Der positive Aspekt des Schematischen besteht einerseits in einer einheitlichen Rechtsanwendung und damit verbunden in der Wahrung der Rechtssicherheit und Gerechtigkeit, andererseits in der möglichen Entlastung des Rechtsanwenders, in der Freisetzung seiner schöpferischen Potenzen. Ausgehend von einer Schematisierbarkeit juristischer Entscheidungen wurde unter Bezugnahme auf die diesbezüglichen Darlegungen Wittenbecks über den Einsatz von elektronischen Systemen in der Rechtsanwendung diskutiert. Über die Vorteile einer besseren Informationsversorgung des Rechtsanwenders durch den Einsatz von Rechentechnik besteht Einigkeit. Als das eigentliche Problem wurde die unmittelbar rechnergestützte Rechtsanwendung, die „maschinelle“ Entscheidung, herausgestellt. Dies sei zwar prinzipiell möglich, wurde aber in der Diskussion zur Zeit nur für bestimmte Rechtsanwendungssituationen und erst nach entsprechenden Vorarbeiten für real angesehen. Über Erfahrungen beim Einsatz der -EDV in der UdSSR, der im Bereich der Rechtsanwendung eine wesentliche Effektivitätssteigerung bewirkt habe, berichtete Prof. Dr. Wengerow (Moskau). In der Diskussion zum vierten Schwerpunkt „Rechtsanwendung als Forschungsfeld bei der Analyse des rechtlichen Regelungsprozesses: Positionen, Streitpunkte, Postulate und Ziele“ kamen noch einmal grundsätzliche Probleme zur Sprache. In seinen Basisthesen hatte Mollnau den Stellenwert der eigenverantwortlich-schöpferischen Komponente in der Rechtsanwendung als einen Teilaspekt des Wirkens des demokratischen Zentralismus im rechtlichen Regelungsprozeß bestimmt und damit auf die gesetzmäßige Beziehung zwischen Rechtsanwendung und Demokratieentwicklung in der sozialistischen Gesellschaft hingewiesen. In seinem Rapport stellte Prof. Dr. U.-J. Heuer (AdW) fest, daß diese Position in einer Reihe von Beiträgen Unterstützung gefunden habe und z. T. historisch belegt wurde. Prof. Dr. K a s i m i r-tschuk (Institut für Staat und Recht der AdW der UdSSR) betonte unter Bezugnahme auf die Aussprache zum Programmentwurf der KPdSU, daß zwischen dem Ausbau der Demokratie in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft und der Ausprägung der eigenverantwortlich-schöpferischen Komponente in der Rechtsanwendung ein enger Zusammenhang besteht. In der Diskussion wurden ferner erste Ergebnisse einer Analyse der Rechtsauskunftstätigkeit an den Kreisgerichten vorgestellt, die eine Projektgruppe des Bereichs Rechtstheorie des Instituts für Theorie des Staates' und des Rechts der Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit dem Ministerium der Justiz vornimmt. Hauptziel der Studie ist es, exakte Informationen für die Leitung der Rechtsanwendung im Justizbereich und in anderen staatlichen Organen zu gewinnen sowie die Rechtsauskunftsbedürfnisse der Bürger genauer zu erfassen, um zu effektiven Schlußfolgerungen für die Verbesserung der Rechtspropaganda zu gelangen. Das Symposium ergab, daß die Ausarbeitung und Weiterentwicklung einer sozialistischen Rechtsanwendungstheorie eine aktuelle Aufgabe der Rechtstheoretiker bleibt, die sie in Zusammenarbeit mit den Vertretern der Rechtszweigwissenschaften und den Rechtspraktikern zu lösen haben. 1 Vgl. zu den vorangegangenen Symposien die Berichte in: NJ 1976, Heft 7, S. 204 ff.; NJ 1978, Heft 4, S. 173 f.; NJ 1980, Heft 4, S. 166 f.; NJ 1982, Heft 7, S. 318; NJ 1984, Heft 4, S. 152 f. 2 Die Beiträge werden vom Institut der AdW veröffentlicht.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 113 (NJ DDR 1986, S. 113) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 113 (NJ DDR 1986, S. 113)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht umfassend aufgeklärt und gewürdigt werden. Schwerpunkte bleiben dabei die Aufklärung der Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten und damit zugleich die - im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuch normierten Subjektanforderungen und - die in den sibjektiven Voraussetzungen der konkreten Strafrechtsnorm enthaltenen Anforderungen. Das sind vor allem die aufgabenbezogene Bestimmung, Vorgabe Übermittlung des Informationsbedarfs, insbesondere auf der Grundlage analytischer Arbeit bei der Realisierung operativer Prozesse, die Schaffung, Qualifizierung und der konkrete Einsatz operativer Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der Deutschen Demokratischen Republik, den Frieden, die Menschlichkeit und Mensohenreohte, Verbrechen gegen die Deutsch Demokratisch Republik oder anderer schwerer Straftaten beschuldigt werden, erhöhen - die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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