DDR - Neue Justiz (NJ), 40. Jahrgang 1986 (NJ 40. Jg., Jan.-Dez. 1986, Ausg.-Nr. 1-12, S. 1-516)DDR Deutsche Demokratische -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Seite 30 (NJ DDR 1986, S. 30); ?30 Neue Justiz 1/86 Zur Diskussion Das Recht auf Verteidigung ein verfassungsmaessiges Grundrecht Dr. IRMGARD BUCHHOLZ, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universitaet Berlin In NJ 1985, Heft 8, S. 333 polemisiert F. Muehlberger gegen die These von G. G y s il, dass das Recht auf Verteidigung ein Grundrecht sei, und stellt hierzu fest: ?Das Recht auf Verteidigung ist aber nicht ein Grundrecht i. S. der Art. 19 bis 40 der Verfassung, sondern ein Grundprinzip des sozialistischen Strafverfahrens.?1 2 Dieser Auffassung Muehlbergers kann ich aus folgenden Gruenden nicht zustimmen: Wenn auch in den Art. 19 bis 40 der Verfassung nicht ausdruecklich die Formulierung ?Recht auf Verteidigung? enthalten ist, so folgt das Recht auf Verteidigung als Grundrecht doch aus Art. 30 der Verfassung, in dem die Persoenlichkeit und Freiheit jedes Buergers der DDR als unantastbar garantiert sind.2 In Art. 102 der Verfassung wird dieses persoenliche Grundrecht zunaechst in Abs. 1 dahingehend konkretisiert, dass jeder Buerger das Recht hat, vor Gericht gehoert zu werden. ?Im Strafverfahren muendet dieses Recht auf richterliches Gehoer in das Recht auf Verteidigung waehrend des gesamten Verfahrens.?4 Dieses Recht auf Verteidigung ist also ein subjektives Recht, das dem Beschuldigten bzw. Angeklagten zusteht.5 Es entspricht der sozialistischen Verfassung und der Rechtsordnung insgesamt, grundlegende Rechte nicht nur zu verkuenden, sondern auch ihre Gewaehrleistung zu sichern. In diesem Sinne verankert Art. 102 Abs. 2 der Verfassung die Gewaehrleistung eben dieses Grundrechts durch die zustaendigen staatlichen Organe. Diese Gewaehrleistung des Rechts auf Verteidigung ist ein entscheidendes Grundprinzip unseres sozialistischen Strafverfahrens.2 Indem die Verfassung die Gewaehrleistung des Rechts auf Verteidigung durch die zustaendigen Organe vorschreibt und ihnen damit eine verfassungsmaessige Rechtspflicht auferlegt, kennzeichnet sie zugleich ein Taetigkeitsprinzip dieser staatlichen Organe. Es ist demzufolge zu unterscheiden zwischen dem (subjektiven) Grundrecht des einzelnen Buergers auf Verteidigung und dem Taetigkeitsprinzip der staatlichen Organe (oder Grundprinzip des sozialistischen Strafverfahrens). Naturgemaess besteht zwischen dem Recht auf Verteidigung und dessen Gewaehrleistung durch die staatlichen Organe ein untrennbarer Zusammenhang. Dennoch muss man diese beiden Seiten auseinanderhalten: Die Gewaehrleistung des Rechts auf Verteidigung durch entsprechende Belehrungen, durch Mitteilung der Beschuldigung zu Beginn des Ermittlungsverfahrens, durch Unterrichtung ueber die vorliegenden Beweismittel u. a. m. ist in jedem Strafverfahren wie alle anderen Grundprinzipien des Strafverfahrens ohne Einschraenkung zu sichern. Wird die Gewaehrleistung dieses Rechts verletzt, kann die Gefahr von Fehlurteilen bestehen. Die Wahrnahme des subjektiven Grundrechts auf Verteidigung durch den Beschuldigten oder Angeklagten ist jedoch seiner Dispositionsbefugnis unterworfen: Dem Beschuldigten oder Angeklagten steht es frei, dieses Recht in Anspruch zu nehmen oder nicht in Anspruch zu nehmen. Nimmt der Beschuldigte oder Angeklagte sein Recht auf Verteidigung aus welchen Gruenden auch immer nicht wahr, kaenn moeglicherweise die Verwirklichung der Ziele des Strafverfahrens erschwert sein. Trotzdem haben die zustaendigen Organe zu gewaehrleisten, dass auch in diesen Faellen die Ziele des Strafverfahrens jeden Schuldigen, aber keinen Unschuldigen zur Verantwortung zu ziehen und ein gerechtes Urteil zu faellen erreicht werden. Das Recht auf Verteidigung ist 1 Vgl. G. Gysi, ?Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewaehlten Verteidigers in der Hauptverhandlung?, NJ 1985, Heft 2, S. 77 f. 2 F. Muehlberger, ?Wahrung des Rechts auf Verteidigung im Strafverfahren?, NJ 1985, Heft 8, S. 333. 3 Vgl. Autorenkollektiv unter Leitung von E. Poppe, Grundrechte des Buergers in der sozialistischen Gesellschaft, Berin 1980, S. 79; Autorenkollektiv unter Leitung von E. Poppe, Politische und persoenliche Grundrechte in den Kaempfen unserer Zeit, Berlin 1984, S. 181 f. 4 Grundrechte des Buergers a. a. O., S. 168. 5 Vgl. Grundrechte des Buergers , a. a. O., S. 67; Politische und persoenliche Grundrechte a. a. O., S. 178. 8 Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, Berlin 1982, S. 58. also unabdingbar zu gewaehrleisten, ohne dass dieses Recht mit irgendeiner Rechtspflicht des Beschuldigten oder Angeklagten in diesem Zusammenhang verbunden ist. Die Entscheidung des Beschuldigten oder Angeklagten ueber die Ausuebung oder Nichtausuebung seines Rechts auf Verteidigung ist in jedem Fall zu respektieren. Dabei ist zu beachten, dass ihm der Verzicht auf die Wahrnahme dieses Rechts nicht zum Nachteil gereichen darf. Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung im Strafverfahren Dr. MARTIN HIRSCHFELDER, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universitaet Berlin Der Meinungsstreit, ob das Recht auf Verteidigung ein sozialistisches Grundrecht ist1 oder ob es sich hierbei lediglich um ein verfassungsrechtlich garantiertes Grundprinzip des sozialistischen Strafverfahrens handelt2, beruehrt m. E. theoretisch und praktisch bedeutsame Grundfragen des Strafverfahrens. Auf einige davon moechte ich im folgenden eingehen. 1. Die Notwendigkeit, dem Beschuldigten und Angeklagten das Recht auf Verteidigung zu gewaehrleisten, ergibt sich aus den spezifischen Zielen und Aufgaben des sozialistischen Strafverfahrens. Die Gewaehrleistung des Rechts auf Verteidigung, verbunden mit dem Grundsatz der Praesumtion der Nichtschuld und dem Grundsatz, dass im Zweifelsfall zugunsten des Angeklagten entschieden werden muss (in dubio pro reo), traegt mit dazu bei, dass kein Unschuldiger strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wird, aber jeder Schuldige unter genauer Beachtung des gesetzlichen Straftatbestandes entsprechend dem tatsaechlichen Mass (Grad) seiner Schuld Massnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit unterliegt (vgl. Art. 2 und 4 StGB; ?? 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 StPO). Die aktive Wahrnahme des Rechts auf Verteidigung hat Einfluss darauf, dass die mit der Strafverfolgung und Strafrechtsprechung beauftragten Mitarbeiter der Untersuchungsund Rechtspflegeorgane allseitig und unvoreingenommen jede Straftat, deren Ursachen und Bedingungen sowie die Persoenlichkeit des Beschuldigten bzw. Angeklagten aufklaeren. Die Entscheidungen der Rechtspflegeorgane gewinnen dann sowohl gegenueber dem Beschuldigten bzw. Angeklagten als auch gegenueber anderen Teilnehmern des Prozesses und der Oeffentlichkeit an Ueberzeugungskraft.3 4 5 Damit wachsen die Autoritaet der Rechtspflegeorgane und die gesellschaftliche Wirksamkeit ihrer Taetigkeit. 2. Die Auffassung G. Gysis, dass das Recht auf Verteidigung in Art. 102 Abs. 2 der Verfassung als ein Grundrecht der Buerger fixiert ist, entspricht den Auffassungen der sozialistischen Grundrechtstheorie. Bei seiner Darstellung der Grundrechte des Buergers im Gerichtsverfahren hat E. Poppe darauf hingewiesen, dass diese Regelungen, die aus verfassungssystematischen Gruenden im Abschnitt ?Sozialistische Gesetzlichkeit und Rechtspflege? enthalten sind, geraume Zeit von den Grundrechtstheoretikern nicht untersucht wurden. Erst die Ausarbeitung und Weiterentwicklung der sozialistischen Grundrechtskonzeption und die daraus folgende Akzentuierung der persoenlichen Grundrechte liess die Grundrechtsqualitaet der verfassungsmaessig geregelten Rechte der Buerger im gerichtlichen Verfahren hervortreten. ?Wenngleich sie nicht im Grundrechtsabschnitt geregelt sind, ist doch der Wille des Verfassungsgebers eindeutig darauf gerichtet, mit diesen Bestimmungen dem Buerger verfassungsmaessige subjektive Rechte zu verbuergen. ?4 Folge- 1 So G. Gysi, ?Nochmals: Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung beim Ausbleiben des gewaehlten Verteidigers in der Hauptverhandlung?, NJ 1985, Heft 2, S. 77. 2 So F. Muehlberger, ?Wahrung des Rechts auf Verteidigung im Strafverfahren?, NJ 1985, Heft 8, S. 333. 3 Vgl. U. Roehl/E. Schoene, Anmerkung zu dem Urteil des OG vom 28. Februar 19C - 5 Zst 5/68 - (NJ 1968, Heft 12, S. 375). 4 Autorenkollektiv unter Leitung von E. Poppe, Politische und persoenliche Grundrechte in den Kaempfen unserer Zeit, Berlin 1984, S. 178. Vgl. auch E. Poppe, ?Die politischen und persoenlichen Rechte und Freiheiten im System der sozialistischen Grundrechte?, Staat und Recht 1979, Heft 9, S. 806 ff. (insbes. S. 810): Autorenkollektiv unter Leitung von E. Poppe, Grundrechte des Buergers in der sozialistischen Gesellschaft, Berlin 1980, S. 54 ff.; Staatsrecht der DDR, Lehrbuch, 2. Aufl., Berlin 1984, S. 201.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 40. Jahrgang 1986, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1986. Die Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1986 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1986 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 40. Jahrgang 1986 (NJ DDR 1986, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1986, S. 1-516).

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