Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 70

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 70 (NJ DDR 1985, S. 70); 70 Neue Justiz 2/85 Garantderegelung des ZGB die Äquivalenz von Leistung (Ware) und Gegenleistung (Kaufpreis) zum Ausgangspunkt hat und diese Äquivalenz sichern bzw. ggf. wieder hersteilen soll. Mit der Realisierung dieser rechtspolitischen Zielstellung leistet das sozialistische Zivilrecht einen wichtigen Beitrag zur Durchsetzung des Leistungsprinzips bei der Versorgung der Bürger mit Konsumgütern und zur Gewährleistung der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik unter den Bedingungen der 80er Jahre. Hinsichtlich der Beurteilung des Gebrauchswerts führt die Beachtung der Äquivalenz dazu, daß gleiche 'Eigenschaften von Waren unterschiedlicher Preisklassen in dem einen Fall als Sachmangel und in einem anderen Fall als Eigenschaft einer Ware qualifiziert werden können und müssen, die keine Garantieansprüche begründet. Ohne auch nur die geringsten Abstriche von dem Beitrag machen zu wollen, der dem Zivilrecht zur Sicherung und Erhöhung der Qualität von Erzeugnissen möglich ist2, muß vor einer Überforderung der Garantderegelung gewarnt werden, die dann eintreten könnte, wenn die Ausgangsposition des Instituts der Garantie außer acht gelassen würde. Die Qualität der Konsumgüter wird von einem ganzen Komplex von Faktoren bestimmt und muß vor allem in Forschung, Entwicklung und Produktion der Konsumgüter ständig gesichert und weiterentwdckelt werden.3 Eine extensive Auslegung (und Anwendung) des Sachmangelbegriffs, die vom Vergleich mit den nationalen und internationalen Spitzenqualitäten ausgeht und diese mechanistisch zum Maßstab nimmt, wird der Komplexität der Qualitätssicherung und -entwicklung nicht gerecht und läßt unbeachtet, daß die Differenzierung der Waren nach Preisklassen ihre Grundlage in einer differenzierten Qualität hat. Wenn demzufolge dem differenzierten Bedarf der Bürger mit differenzierten Gebrauchswerten und Preisklassen am besten entsprochen werden kann, dann muß die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Mangels i. S. der Garantieregelung des ZGB diejenigen Parameter 'berücksichtigen, die für die Gebrauchswert- und Preisklasse gelten, der die betreffende Ware zugehört. Informations- und Beratungspflicht bei gerätetypischen Eigenschaften der Ware An die differenzierte Kennzeichnung der auch für die Garantie maßgeblichen Warenparameter muß die Informations- und Beratungspflicht des Handels (und der Dienstleistungsbetriebe) anknüpfen. Die in § 137 ZGB genannten Rechtspflichten der Verkäufer erfahren dadurch hinsichtlich Inhalt und Umfang eine erhebliche Ausweitung. Die Beratungs- und Informationspflicht muß z. B. notwendigerweise den Gebrauchswert- und den Preisvergleich der Waren einschließen. Im Konfliktfall werden natürlich auch höhere Anforderungen an die gerichtliche Sachaufklärung und an die gutachterliche Tätigkeit gestellt. Das Bezirksgericht Gera 'hat, gestützt auf die Stellungnahme des ASMW und der GHG Technik, im konkreten Fall das Vorliegen eines Sachmangels verneint.4 Da kein Mangel vorlag, war zu prüfen, ob wegen ihrer Bedeutung für die (dem normalerweise vorgesehenen Verwendungszweck entsprechende) Gebrauchsfähigkeit der Ware der Verkäufer den Kunden über die genannte „gerätetypische Eigenschaft“ des Kassettentonbandgeräts notwendigerweise informieren und beraten mußte. Dies wurde in den Stellungnahmen des ASMW und der GHG Technik bejaht. Weiter war darüber zu befinden, ob die objektiv mangelhafte Information und Beratung des Käufers bei diesem einen Irrtum über den Inhalt seiner Erklärung5 6 hervorgerufen und somit ein Willensmangel auf Seiten des Käufers beim Abschluß des Kaufvertrags Vorgelegen hat. Indem das Bezirksgericht Gera dies bejahte und deshalb der Anfechtung des Kaufvertrags stattgab, bestätigte es auch den Grundsatz, daß die Verletzung vorvertraglicher Pflichten dann zur Anfechtung berechtigt, wenn sie für Willensmängel beim Vertragsabschluß ursächlich ist. Anfechtungsmöglichkeiten bei Verletzung der Informations- und Beratungspflicht De lege lata sind in den Fällen der mangelhaften Information und Beratung Garantieansprüche, Schadenersatzansprüche und wenn die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 ZGB vorliegen die Anfechtung vorgesehen. Diese richtige und notwendige Position stellt J. Klinkert (a. a. O., S. 130) in Frage, wenn er für die Verletzung der Informations- und Beratungspflicht nur in den Fällen, wo sich diese als arglistige Täuschung oder als rechtswidrige Drohung darstellt, die Anfechtung für gerechtfertigt ansieht, ansonsten aber die Anwendung dieser Sanktion generell und nicht nur bei gleichzeitigem Vorliegen eines Sachmangels ausschließt. Es ist aber u. E. nicht einzuse-hen, warum der Käufer einer nicht mit einem Sachmangel behafteten Ware, der bei Kenntnis aller Umstände, z. B. der Beschaffenheit und gerätetypischen Spezifik, den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, keine Anfechtungsmöglichkeit haben soll. Zuzustimmen ist J. Klinkert (a. a. O., S. 151), wenn er trotz Vorliegens eines Sachmangels und der Möglichkeit, mit der Inanspruchnahme von Garantierechten darauf zu reagieren, ein Anfechtungsrecht desjenigen Käufers bejaht, der vom Verkäufer über die Qualität der Ware arglistig getäuscht wurde. Eine nach § 159 Abs. 2 ZGB mögliche Vereinbarung über den Ausschluß der Garantie bei gebrauchten Waren ist bei arglistigem Verschweigen bekannter oder vermuteter Mängel durch den Verkäufer wegen Verstoßes gegen die Grundsätze der sozialistischen Moral nach § 68 Abs. 1 Ziff. 2 Abs. 2 ZGB nichtig®, so daß der Käufer trotz Garantieausschlusses wahlweise Garantieansprüche geltend machen oder den Kaufvertrag anfechten kann. Wer also bewußt durch arglistige Täuschung seine Pflicht zur qualitätsgerechten Leistung verletzt, kann sich weder auf einen vertraglichen Garantieausschluß berufen, noch kann er durch Ablauf der Garantiezeit von der Verantwortlichkeit frei werden. Das vierjährige Anfechtungsrecht des Käufers (§ 70 Abs. 2 ZGB) ist in solchen Fällen eine angemessene Reaktion und Sanktion. Zum Rechtsanwendungsgrundsatz „Die spezielle Vorschrift geht der allgemeinen vor“ Unter Hinweis auf die notwendige Geltung des Rechtsanwendungsgrundsatzes „Die spezielle Vorschrift geht der allgemeinen vor“ zieht J. Klinkert über den von ihm zum Ausgang genommenen Einzelfall hinaus generelle Schlußfolgerungen zum Verhältnis von Anfechtungs- und Garantieregelungen, denen wie vorstehend dargelegt worden ist weitgehend widersprochen werden muß. Bedeutsam ist jedoch die Frage nach der im spezifischen Fall anzuwendenden Rechtsnorm in mehrerlei Hinsicht: Voraussetzung der Heranziehung des genannten Rechtsanwendungsgrundsatzes ist, daß die tatsächlichen Sachverhalte, auf die die spezielle oder die allgemeine Vorschrift angewandt werden soll, gleichartiger Natur sind und einen unterschiedlichen Konkretheitsgräd haben, was die Problematik der „vertikalen Spezifik der Rechtsanwendung“ (J. Klinkert, a. a. O., S. 151) überhaupt bedingt. Das heißt, die zur Auswahl stehenden Normen haben zwar eine gleiche Spezifik, weisen aber einen unterschiedlichen Abstraktionsgrad auf, z. B. § 70 zu § 374 ZGB oder § 84 zu den §§ 148 ff. ZGB. Die Nichtbeachtung der regelungstechnischen „vertikalen“ Spezifik hätte zur Folge, daß die mit den Rechtsnormen zu verwirklichende spezifische soziale Zielstellung für die Gestaltung der gesellschaftlichen Beziehungen nicht oder nicht umfassend realisiert würde. In dem vom Bezirksgericht Gera entschiedenen Fall war jedoch weder eine Frage der vertikalen noch eine der horizontalen Spezifik zu klären. Bei der horizontalen, sachlichen Spezifik geht es um die Unterschiede in bezug auf den Regelungsgegenstand und die sozialen Ziele. § 70 ZGB einerseits und die § § 84, 148 ff. ZGB andererseits haben aber eine deutlich unterschiedliche sachliche Spezifik. Zum einen geht es um Willensmängel bei Willenserklärungen und deren Rechtsfolgen, zum anderen um eine nicht qualitätsgerechte Leistung und deren Rechtsfolgen. Unseres Erachtens können jedoch Normen mit unterschiedlicher sachlicher (oder horizontaler) Spezifik nicht zueinander im Verhältnis von lex specialis zu lex generalis stehen. 2 Vgl. Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 1, Berlin 1981, S. 380 ff. 3 Vgl. G. Mittag, Nach neuen Maßstäben die Intensivierung umfassend organisieren, Seminaristische Beratung des Zentralkomitees der SED mit den Generaldirektoren der Kombinate und den Parteiorganisatoren des Zentralkomitees am 8. und 9. März 1984, BerUn 1984, S. 28 ff. 4 Andernfalls hätte auch eine staatUche Entscheidung ergehen müssen, die den Verkauf des Kassettentonbandgeräts dieses Typs untersagt bzw. nur noch als wertgeminderte Ware zu herabgesetztem Preis gemäß § 159 Abs. 1 ZGB gestattet. 5 Der Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft einer Sache (oder Person) ist nach herrschender Lehrmeinung und Rechtsprechung des Obersten Gerichts dem Irrtum über den Inhalt einer Erklärung gleichgestellt. Vgl. Zivilrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 217; OG, Urteil vom 15. April 1983 - 2' OZK 8/83 - (NJ 1983, Heft 9, S. 382). 6 Vgl. OG, Urteil vom 26. April 1977 - 2 OZK 7/77 - (NJ 1977, Heft 16, S. 567).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 70 (NJ DDR 1985, S. 70) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 70 (NJ DDR 1985, S. 70)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zusammen. Besonders intensiv ist die Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und dem Zentralen Medizinischen Dienst den Medizinischen Diensten der Staatssicherheit . Darüber hinaus wirken die Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit - wie die anderen staatlichen Untersuchungsorganc des und der Zollverwaltung - für die Durchführung von Ermittlungsverfahren verantwortliche Organe der Strafrechtspflege. Sie haben in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung - wenn es die Umstände zulassen - dies mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie abzustimmen, Bei der Durchführung von Disziplinär-, Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen ist zu gewährleisten, daß Verhaftete ihr Recht auf Verteidigung uneingeschränkt in jeder Lage des Strafverfahrens wahrnehmen können Beim Vollzug der Untersuchungshaft sind im Ermittlungsverfahren die Weisungen des aufsichtsführenden Staatsanwaltes und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Abteilung abzustimmen. iqm Staatssicherheit. Bei Strafgefangenen, die nicht in der Abteilung Berlin erfaßt sind, hat die Erfassung in dgÄbtTlung Staatssicherheit Berlin durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung oder der Untersuchungshaft gefährdet wird. Eine Teilvorlesung des Briefinhaltes ist möglich. Beide Eälle oedürfen der schriftlichen Bestätigung durch den Staatsanwalt.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X