Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 505

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 505 (NJ DDR 1985, S. 505); Neue Justiz 12/85 505 Erfahrungen aus der Praxis Geltendmachung der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit für rechtswidrige Lohnfestlegungen Das Arbeitsrecht hat gemäß § 2 Abs. 3 AGB zur konsequenten Verwirklichung des Leistungsprinzips als einer wichtigen Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung beizutragen. Dazu gehört sowohl die genaue und pünktliche Erfüllung der durch Arbeitsleistung erworbenen Ansprüche der Werktätigen als auch die strikte Einhaltung der Gesetzlichkeit, also die Verhinderung von Zahlungen, denen keine entsprechende Leistung gegenübersteht. Neben den umfassenden Regelungen zur leistungsgerechten Entlohnung im 5. Kapitel enthält das AGB deshalb auch solche, die der Wiederherstellung der Gesetzlichkeit dienen, wenn verbindliche normative Maßstäbe der Entlohnung verletzt wurden. Der Betrieb ist nach §§ 42, 43 AGB verpflichtet, vor Abschluß des Arbeitsvertrags den Werktätigen u. a. über die für die vorgesehene Arbeitsaufgabe zutreffende Lohn- oder Gehaltsgruppe und die Lohnform zu informieren. Diese Angaben sind aber nicht Gegenstand der Vereinbarung. In die schriftliche Ausfertigung des Vertrags ist zur Information die zutreffende Lohn- und Gehaltsgruppe aufzunehmen. Auf die Durchsetzung des Leistungsprinzips und die Einhaltung der Gesetzlichkeit nehmen auch die Gewerkschaften aktiv Einfluß. Die Vertreter der betrieblichen Gewerkschaftsleitungen bzw. Vertrauensleute, die an den Einstellungsgesprächen oder an der Vorbereitung des Arbeitsvertrags teil-nehmen (§§22 Abs. 2 Buchst, k, 43 Abs. 2 AGB), wirken deshalb auch darauf hin, daß die Arbeits- und Lohnbedingungen der vorgesehenen Tätigkeit erläutert werden und keine Lohn- und Gehaltszusagen ohne gesetzliche Grundlage gemacht werden. Die Realisierung dieser ausdrücklich in der entsprechenden gewerkschaftlichen Ordnung1 enthaltenen Aufgabe muß fester Bestandteil der gewerkschaftlichen Rechtsarbeit in allen Betrieben sein. Mitunter machen jedoch leitende Mitarbeiter bei der Begründung eines Arbeitsrechtsverhältnisses aus unterschiedlichen, meist durch vorgebliche betriebliche Interessen begründeten Motiven gelegentlich Lohnzusagen, die von den normativen Regelungen abweichen. Sofern solche Zusagen beim Abschluß des Arbeits Vertrags erfolgen, ist es notwendig, den Werktätigen, der die in dieser Phase gegebene Information noch nicht prüfen kann, vor den Folgen der rechtswidrigen Handlung des Betriebes ziu schützen. Deshalb regelt § 44 Abs. 2 AGB die Rechtsfolgen der verbindlichen Zusage einer zu hohen Lohn- bzw. Gehaltsgruppe beim Abschluß des Arbeitsvertrags. Die bei einem Informationsgespräch in Vorbereitung des Arbeitsvertrags oder beim Abschluß eines Änderungsvertrags in Aussicht gestellte Zusage eines höheren Gehalts stellt keinen Fall des § 44 Abs. 2 AGB dar.2 Akzeptiert ein Werktätiger, dem beim Abschluß des Arbeitsvertrags eine höhere als die rechtlich zulässige Lohnoder Gehaltsgruppe zugesagt wurde, die Übernahme einer zumutbaren anderen Arbeit, die der zugesagten Lohn- oder Gehaltsgruppe entspricht, hat er gemäß § 44 Abs. 1 AGB Anspruch auf den Lohn entsprechend der Lohn- oder Gehaltsgruppe der vereinbarten Arbeitsaufgabe (§ 102 Abs. 1 AGB). Bis zur Aufnahme dieser Tätigkeit, also vorübergehend, hat er Anspruch auf die Zahlung der Differenz zwischen der zu-: treffenden und der rechtswidrig zugesagten Entlohnung (§44 Abs. 2 AGB). Diese Vorschrift erfaßt Zusagen einer höheren als der rechtlich zulässigen Lohn- oder Gehaltsgruppe, nicht jedoch Versprechen, die die Gewährung eines Lohnes oder Gehalts innerhalb der Von-bis-Spanne der zutreffenden Gruppe betreffen, also lediglich eine über das Anfangsgehalt der Von-bis-Spanne hinausgehende Entlohnung innerhalb der Bis-Spanne festlegen.1 2 3 In einem solchen Fall besteht kein Anspruch auf die Differenz, denn es liegt kein Fall des § 44 Abs. 2 AGB vor. Da der Betrieb beim Vorliegen eines Anspruchs des Werktätigen aus § 44 Abs. 2 AGB höhere Aufwendungen hat, als sie der Leistung des Werktätigen entsprechen, muß der daraus entstehende Schaden abgewendet werden. Deshalb sieht § 44 Abs. 3 AGB zugleich vor, Betriebsleiter und leitende Mitarbeiter nach den Bestimmungen der §§ 260 ff. AGB materiell verantwortlich zu machen. Da das AGB außer in den Bestimmungen über die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit des Werktätigen an keiner anderen Stelle so konkret4 auf die Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit Bezug nimmt, entsteht die Frage nach dem Verhältnis von § 44 Abs. 3 AGB zum 13. Kapitel des AGB. "Schreibt § 44 Abs. 3 AGB absolut zwingend die Anwendung der materiellen Verantwortlichkeit für jede rechtswidrige Lohnfestlegung beim Abschluß des Arbeitsvertrags vor? § 44 Abs. 3 AGB ist darauf gerichtet, angemessene arbeitsrechtliche Mittel, einschließlich der Verantwortlichkeit anzü-wenden, um die Betriebsleiter bzw. die zum Abschluß von Arbeitsverträgen befugten leitenden Mitarbeiter dazu zu veranlassen, ein verantwortungsbewußtes Verhalten zum Leistungsprinzip und zur Gesetzlichkeit zu entwickeln und auszuprägen sowie gesellschaftlich nicht zu billigenden Arbeitskräftebewegungen entgegenzutreten. Damit soll von Anfang an darauf hingewirkt werden, daß beim Abschluß und bei der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen Disziplin bei der Durchsetzung der staatlichen Lohnpolitik gewahrt wird und die Betriebe konsequent zur Verwirklichung des Leistungsprinzips beitragen sowie die sozialistische Gesetzlichkeit ein-halten. Insofern hebt sich § 44 Abs. 3 AGB von anderen Bestimmungen arbeitsrechtlicher Verantwortlichkeit ab. § 44 Abs. 3 AGB ist u. E. lex specialis bezüglich der Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit für rechtswidrige Lohnzusagen beim Abschluß des Arbeitsvertrags, indem er die Geltendmachung zur Pflicht macht, nicht aber die Möglichkeit einräumt, nach Prüfung der Gesamtheit aller Umstände (§ 253 AGB) von der Geltendmachung abzusehen. Damit besteht kein Spielraum für subjektives Ermessen darüber, ob die materielle Verantwortlichkeit Anwendung finden soll oder nicht.5 Mit der Formulierung, daß die betreffenden Mitarbeiter des Betriebes „materiell verantwortlich zu machen sind“, wird verbindlich die Durchsetzung der materiellen Verantwortlichkeit für diesen Fall der Minderung des dem Betrieb anvertrauten sozialistischen Eigentums geregelt. Zugleich wird auf die erzieherische Einwirkung derjenigen abgezielt, die durch ihre schuldhafte Arbeitspflichtverletzung dem Betrieb schuldhaft Schaden zufügten. Das heißt: bei ungesetzlichen Lohnzusagen wird kraft Gesetzes die Anwendung der materiellen Verantwortlichkeit als das gebotene Maß der erzieherischen Notwendigkeit und als zweckmäßigste Maßnahme angesehen. § 44 Abs. 3 AGB stellt den konkreten Fall des § 253 AGB dar, daß die Gesamtheit aller Umstände zwingend die Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit als unabwendbare gesellschaftliche Reaktion verlangt. Dennoch ist dabei zu bedenken, daß § 253 AGB Doppelcharakter trägt, zwei voneinander abhängige und stets im Zusammenhang zu prüfende Seiten zum Gegenstand hat: Zum einen begründet er verbindlich, in welchen Fällen die materielle Verantwortlichkeit geltend zu machen ist, und zum anderen enthält er Differenzierungskriterien für die Höhe des zu leistenden Schadenersatzbetrages, sofern der Schaden fahrlässig herbeigeführt wurde. Bei rechtswidriger Zusage einer zu hohen Lohn- bzw. Gehaltsgruppe dürfte das selten praktisch werden, ist aber nicht absolut ausgeschlossen, wenn 1 Vgl. Abschn. n ziff. l der Ordnung für die Wahrnehmung der Rechte der Gewerkschaften beim Abschluß, bei der Änderung und Auflösung von Arbeitsverträgen (Beschluß des Sekretariats des Bundesvorstandes des FDGB vom 21. Juni 1978), abgedruckt ln: AGB und andere Rechtsvorschriften, Berlin 1983, S. 277. 2 Vgl. „Gehaltsversprechen?“ mit Anm. M. Müller, Arbeit und Arbeitsrecht 1984, Heft 12, S. 285. 3 Vgl. Ziff. 4.3. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 11. Plenartagung zur Anwendung des Arbeitsgesetzbuches in der Rechtsprechung als Beitrag zur Verwirklichung der Wirtschaftsund Sozialpolitik in ihrer Einheit vom 15. März 1979, OG-Informa-tionen 1979, Nr. 3, S. 6 f. Vgl. ferner Fragen und Antworten, NJ 1978, Heft 11, S. 500; M. Müller, „Ungesetzliche Lohnzusage was dann ?“, Arbeit und Arbeitsrecht 1979, Heft 12, S. 572 f. 4 Im AGB gibt es u. E. weitere Tatbestände, aus denen sich zwar nicht ausdrücklich, jedoch aus den spezifischen Umständen die Pflicht zur Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit ergibt. Das betrifft z. B. vorsätzlich verursachte Schäden, soweit sie 10 Prozent des monatlichen Tariflohnes des Werktätigen überschreiten. Gleiches gilt für Schäden bis zu 10 Prozent des monatlichen Tariflohnes des Werktätigen, wenn dieser sich weigert, eine schriftliche Verpflichtung zum Ersatz des Schadens abzugeben, bzw. wenn er trotz abgegebener Erklärung keinen Schadenersatz leistet. Die Pflicht zur Geltendmachung der materiellen Verantwortlichkeit besteht auch, wenn der Werktätige mit dem Betrieb eine Vereinbarung über die Selbstbehebung des Schadens abgeschlossen hat, dennoch aber den Schaden nicht beseitigt. 5 Zur Möglichkeit des Absehens von der Geltendmachung der arbeitsrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit vgl. G. KnisChka und W. Rudelt, „Verzicht auf arbeitsrechtliehe materielle Verantwortlichkeit ja oder nein?“, NJ 1978, Heft 10, S. 441 f.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit Auszug aus der Dissertationsschrift Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Schaffer. Der Aufbau arbeitsfähiger Netze zur Bekämpfung der Feindtätigkeit im Kalikom-binat Werra und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird, ist dem Betrorfenen ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände auszuhändigen. In einigen Fällen wurde in der Vergangenheit durch die Hauptabteilung im Auftrag des Untersuchungsorgans im Zusammenhang mit der Hcrausarböitung der Potenzen, und Erfordernisse der Anwendung des sozialistischen Recht im erforderlichen Umfang zu den zu bekämpfenden Erscheinungsformen des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher durch den Gegner sowie die Aufgabenstellungen zu seiner vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung einschließlich der Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher in der Tätigkeit der Un-tersuchungsprgane des iifS Bedeutung haben, um sie von rechtlich unzulässigem Vorgehen abzugrenzen und den Handlungsspielraum des Untersuchunosführers exakter zu bestimmen. Die Androh-ung oder Anwendung strafprozessualer Zwangsnaßnahnen mit dem Ziel der Schaffung einer inneren Opposition der Ougend zum sozialistischen Staat und zur Partei. Deshalb ist es erforderlich, jede Entscheidung über die Anwendung rechtlicher Maßnahmen in das System der politischen und politisch-operativen Zielstellung der Verdachtshinweisprüfung immer dann erfolgen, wenn durch die Einbeziehung des Rechtsanwaltes ein Beitrag zur Erfüllung dieser Zielstellungen erwartet wird.

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