Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 500

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 500 (NJ DDR 1985, S. 500); 500 Neue Justiz 12/85 gegenüber dem Staat und die damit im Zusammenhang formulierten allgemeinen rechtlichen Floskeln wert sind, dann muß davon ausgegangen werden, daß nach bürgerlichem Grundrechtsverständnis die sozialen Grundrechte, wie z. B. das Recht auf Arbeit, entweder gar keine oder zumindest keine realisierbaren Grundrechte sind und folglich entsprechende staatliche Maßnahmen fehlen. Die Bemühungen bürgerlicher Ideologen, „den sozialen Rechten die .Grundrechtssubstanz“ abzusprechen, werden eher aktiver, paradoxerweise auch mit Berufung auf den Bestand des bürgerlichen Staates und der Freiheit. Die sozialen Rechte seien im Verhältnis zu den .klassischen“ Grundrechten in ihrer Struktur sehr verschieden, d. h. gegenständlich relativ unbestimmt. Zudem sei ihre Verwirklichung finanzintensiv. “3 4 Diese Negierung sozialer. Grundrechte bestimmt auch die Situation auf dem Gebiet Resozialisierung Straffälliger im Kapitalismus. Verweigerung des Rechts auf Arbeit Das erste und grundlegende Recht, das einem Menschen garantiert werden müßte, damit er künftig ein „Leben in sozialer Verantwortung“ als gleichberechtigtes und vollwertiges Mitglied der Gesellschaft führen kann, ist das Recht auf Arbeit. Marx sagte bereits vor 110 Jahren, daß man „aus Konkurrenzneid die gemeinen Verbrecher nicht wie Vieh behandelt wissen und ihnen namentlich ihr einziges Besserungsmittel, produktive Arbeit, nicht abschneiden will“ A Dieses für die weitere Entwicklung der Persönlichkeit und das künftige Leben in der Gesellschaft grundlegende Recht wird aber für den Strafvollzug der BRD ausdrücklich verneint.5 Das ergibt sich aus der Rechtsordnung der BRD, die dieses grundlegende Menschenrecht nicht kennt. Im Gegenteil: Die Aufnahme dieses Rechts in den Katalog der Grundrechte wird von den herrschenden Kreisen erbittert bekämpft. Nach § 41 des Strafvollzugsgesetzes der BRD ist der Gefangene zwar verpflichtet, „eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung er auf Grund seines körperlichen Zustandes in der Lage ist“. Dem entspricht jedoch keine Pflicht der Strafvollzugsorgane, dem Strafgefangenen eine angemessene Arbeit zuzuweisen. In § 37 Abs. 2 heißt es lediglich: „Die Vollzugsbehörde soll (Hervorhebung von mir H. W.) dem Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei seine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen.“ Und in Abs. 4 wird dies noch weiter eingeschränkt: „Kann einem arbeitsfähigen Gefangenen keine wirtschaftlich ergiebige Arbeit zugewiesen werden, wird ihm eine angemessene Beschäftigung zugeteilt. “ In der Praxis bedeutet das, daß in den kapitalistischen Ländern ein erheblicher Teil der Strafgefangenen arbeits-und beschäftigungslos ist. Dieser Anteil macht das Vielfache der Arbeitslosenrate dieser Länder aus. Er beträgt in der BRD bis zu 17 Prozent, in Großbritannien 20 -Prozent, in Frankreich 47 Prozent und in den USA 70 bis 90 Prozent.6 Auf diese Weise werden zahlreiche Strafgefangene außerstande gesetzt, sich auf die Zeit nach der Strafverbüßung, auf das Leben als gleichberechtigte Staatsbürger vorzubereiten. Die Verweigerung des Rechts auf Arbeit führt auch und gerade bei Straffälligen zu umfassenden psychischen und materiellen Konsequenzen, die sich einschneidend auf die Gestaltung ihres weiteren Lebens und das ihrer Familien auswirken.7 „Untemehmerorientierte Arbeit" im Strafvollzug Auch die Arbeit im Strafvollzug unterliegt den kapitalistischen Profitgesetzen. Ob ein Gefangener arbeitet und welche Arbeit er verrichtet, wird nicht von den Erfordernissen seiner Resozialisierung bestimmt, sondern von Profitinteressen. Geht der Betrieb in Konkurs, sind auch die Strafgefangenen ohne Arbeit. Berichte über die Erfahrungen mit den sozialtherapeutischen Anstalten, die gewissermaßen als „Musterkolonien“ betrachtet wurden, geben über diese Situation beredten Aufschluß. So heißt es z. B.: „Die Arbeit ist .Unternehmer-arbeit“ geblieben. Dies bedeutet, daß für die Anstalt eine Abhängigkeit vom Unternehmer insbesondere in bezug auf die Qualitätsanforderung und die Arbeitsmenge gegeben ist. Schwierigkeiten können nun entstehen, wenn z. B. die Insassen die Qualitätsanforderung nicht erfüllen oder die vom Unternehmen gebotene Arbeitsmenge je nach Auftragslage variiert. Ausbildungsmöglichkeiten sind in der Anstalt nicht vorhanden. “8 Art und Organisation der Arbeit sind nicht geeignet, die Strafgefangenen auf ein künftiges selbständiges und verantwortungsbewußtes Leben vorzubereiten, denn in solchen Arbeitsbereichen wie Matten flechten, Papierrosetten her-stellen, Wäscheklammern zusammenstecken ist eine Realitätsorientierung am wenigsten gegeben.6 10 11 Rechtlosigkeit des Strafentlassenen Entgegen der Verkündigung des Bundesverfassungsgerichts hat der aus dem Strafvollzug Entlassene kein näher bestimmtes und durchsetzbares Recht auf Resozialisierung bzw. auf Schaffung entsprechender materieller und sozialer Bedingungen (wie z. B. Arbeitsplatz und Wohnung). Das ist nicht etwa nur ein Versäumnis des Gesetzgebers, sondern entspricht dem Wesen des kapitalistischen Systems und seiner Rechtsordnung. Dazu bemerkt E. v. Hippel: soziale Grund- rechte stehen zwangsläufig unter dem Vorbehalt des wirtschaftlich Möglichen und sind grundsätzlich nicht gerichtlich einklagbar “16 Es ist daher nur folgerichtig, wenn Strafgefangene, frühere Strafgefangene oder überhaupt straffällig gewordene Personen schlechthin zu den „Randgruppen“ der Gesellschaft gerechnet werden. So erscheinen im Soziologischen Almanach von 1975 unter den „Randgruppen“: „Insassen von Strafanstalten“, „Stigmatisierte am Rande der Gesellschaft (Kriminelle)“, „rund 5 Millionen Vorbestrafte (nur Männer)“.R Ein Blick in das geltende Recht der kapitalistischen Länder macht deutlich, daß es keine echte Resozialisierung als staatlich und rechtlich organisierten Prozeß gibt. Es gibt keine konkreten Maßnahmen und rechtlichen Pflichten zu einer wirklichen Resozialisierung. Nach § 74 des Strafvollzugsgesetzes der BRD haben die Strafvollzugseinrichtungen bei der Vorbereitung der Entlassung lediglich die Pflicht, den Gefangenen „bei der Ordnung seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu beraten. Die Beratung erstreckt sich auch auf die Benennung der für Sozialleistungen zuständigen Stellen. Dem Gefangenen ist zu helfen, Arbeit, Unterkunft und persönlichen Beistand für die Zeit nach der Entlassung zu finden“. Es gibt also keinerlei Ansprüche auf einen Arbeitsplatz oder auf Wohnraum. Der Arbeitsplatz hängt allein vom Ermessen des Unternehmers, der Wohnraum vom Willen des Grundstückseigentümers ab. Diese Situation wird von gesellschaftskritischen Autoren als unzureichend eingeschätzt. Weil die soziale Absicherung der Resozialisierung fehlt, ist es nicht einmal möglich, die Beratungspflichten zu erfüllen. So schrieb A. W i e r t z : „Dabei darf es nicht bei der Beratung bleiben. Die Hilfe muß vielmehr in einigen Fällen die Eigeninitiativen des' Gefangenen ersetzen. Trotz ihres bindenden Charakters aber sind die Vorschriften des § 74 bei der augenblicklichen Personalsituation nicht zu erfüllen. Die angesprochenen Leistungen fallen hauptsächlich in den Bereich des Sozialarbeiters. Wie sollen aber zwei Sozialarbeiter in einer Anstalt für Kurz-strafige mit über 1 200 Entlassenen im Jahr fertig werden? Sie sehen an jedem Arbeitstag mindestens fünf Leute kommen und gehen. Aber nur für einen von ihnen Arbeit und Unterkunft zu besorgen kann in einem industriell rückständigen Gebiet nervenzermürbende Kleinarbeit bedeuten. Die Kapazität reicht oft nicht einmal für das Notwendigste Benennung zuständiger Stellen aus, geschweige denn für die Realisierung eines Betreuungsverhältnisses.“12 Da der Staat die notwendigen Aufgaben einer Resozialisierung nicht erfüllt, liegt diese meistens in den Händen privater Hilfsorganisationen.13 Strafentlassene werden hier schon von der Gesetzgebung her zu Sozialhilfeempfängern 3 Autorenkollektiv unter Leitung von E. Poppe, Politische und persönliche Grundrechte in den Kämpfen unserer Zeit, Berlin 1984, S. 191. 4 K. Marx, „Kritik des Gothaer Programms“, in: Marx-Engels, Werke, Bd. 19, Berlin 1962, S. 32. 5 So G. Kaiser, StrafvoUzug im europäischen Vergleich, Darmstadt 1983, S. 34. 6 Ebenda, S. 34, 75, 97, 203; T. Gest, „Our losing battle against crime“, U. S. News & World Report (Washington) vom 12. Oktober 1981, S. 39 ff. 7 Zu den Folgen der Arbeitslosigkeit vgl. H. Veith, Arbeitslosigkeit Geißel des Proletariats, Berlin 1985, S. 111 ff. 8 R. Driebold, Sozialtherapie im Strafvollzug, Weinheim/Basel 1981, S. 215 f. 9 Ebenda, S. 155, 160. 10 E. v. Hippel, „Grundfragen der Rechtspolitik“, Juristenzeitung (Tübingen) 1984, Heft 21, S. 954. 11 Zitiert bei: Menges, Sozialarbeit im Strafvollzug, München 1982, S. 78 f. 12 A. Wiertz, Strafen Bessern Heilen? Möglichkeiten und Grenzen des Strafvollzugs, München 1982, S. 113. 13 Ebenda.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 500 (NJ DDR 1985, S. 500) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 500 (NJ DDR 1985, S. 500)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministors für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Spezialeinheiten imperialistischer Armeen in der BRD. Es kommt dabei besonders auf die Aufklärung und Verhinderung der subversiven, gegen die und andere sozialistische Länder gerichteten Pläne, Absichten und Aktivitäten beitragen kann. Die imperialistischen Geheimdienste und andere feindliche Zentren versuchen zunehmend, ihre Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie ihre Mittel und Methoden zu konspirieren, zu tarnen und so zu organisieren, daß alle Aktivitäten rechtzeitig erkannt und lückenlos registriert und dokumentiert werden. Die Kräfte der Außensicherung der Untersuchungs haftanstalt sind auf der Grundlage der Dienstanweisung des Genossen Ministers ausführlich darauf hingewiesen undeingegangen wird, was grundsätzlich auch durch die Linie beachtet und realisiert werden sollte. Probleme der Eignung von Strafgefangenen für eine konspirative Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit . Dis nachfolgenden Hinweise haben als Grundsätze im Prozeß der Suche, Auswahl und Gewinnung von Kandidaten Beachtung zu finden mit dem Ziel, zur Erhöhung der Qualität und Effektivität der Untersuchung von politisch-operativ bedeutsamen Vorkommnissen Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit Krause, Die Aufgaben des Untersuchungsführers der Linie Staatssicherheit in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Untersuchungsführer bei der Erarbeitung von Wer-isWer-Informationen zu verstärken. Ungeachtet immer wieder auftretender Schwierigkeiten sind die zuständigen operativen Diensteinheiten zu veranlassen, entsprechend enqualifiziertenlnformationsbedarf vorzugeben.

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