Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 456

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 456 (NJ DDR 1985, S. 456); 456 Neue Justiz 11/85 Brandt“ seien möglicherweise keine Aufforderung zu einer Straftat (§ 111 StGB der BRD), sondern bloße „Unmutsäußerungen“ I11 Folgerichtig sprach das Landgericht Zweibrücken einen Neonazi, der ein „KZ-Spiel“ zum Kauf angeboten hatte, von der Anklage der Volksverhetzung frei. Das Gericht erklärte, der Angeklagte, ein ehemaliger Polizist und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, könne als geistiger Urheber des Brettspiels, bei dem derjenige gewinnt, der als erster in den Konzentrationslagern Treblinka, Buchenwald, Auschwitz, Mauthausen, Maidanek und Dachau „sechs Millionen Juden vernichtet“, nicht belangt werden, weil „die Gedanken frei sind“.12 Man braucht sich nicht zu wundem, wenn in einem Land, in dem sich die „Rüstungsexport-Industrie zur Zeit auf einem bisher nie erlebten Höhenflug (befindet)“13 und in dem die Regierung im Jahre „1983 Rüstungsexporte in Höhe von 8,61 Milliarden Mark genehmigt“ hatte14, die „Saat der Gewalt“ auf geht. Es herrscht eine beeindruckende Übereinstimmung zwischen der Politik und den Kriminalitätstrends dieses Landes! Der Kriminalitätsbericht der BRD für 1984 konstatiert schließlich eine „anhaltende Rauschgiftgefahr“ und einen „langfristig extremen Anstieg“ der Drogenkriminalität.15 16 Der Rauschgiftmißbrauch ist nach einem UN-Bericht weltweit auf ein „noch nie dagewesenes“ Maß angewachsen. In dem in Wien vorgelegten Jahresbericht 1984 des Internationalen Suchtstoffkontrollrates der ÜN wird besonders die Situation' in Westeuropa als „erbarmungslos“ bezeichnet. Die Bundesrepublik gehört den Angaben zufolge zu den am stärksten betroffenen Ländern. Was hat es mit der „echten Tatverdächtigenzählung“ auf sich? Verwenden wir nun ein wenig Aufmerksamkeit auf die Auswirkungen der bereits eingangs erwähnten Veränderung der Tatverdächtigenzählung in der polizeilichen Kriminalstatistik der BRD. Dazu ist es angezeigt, sich der Vorgeschichte anhand speziell der Bewegung der Kriminalität jugendlicher und jungerwachsener Tatverdächtiger zu erinnern, auf welchem Gebiet sich eine geradezu verheerende Entwicklung abzeichnete. Polizeilich ermittelte Tatverdächtige in der BRD im Alter von 14 bis 17 Jahren und von 18 bis 20 Jahren15 (Tabelle 7) Jahr 14 bis 17 Jahre (1963 = 100) 18 bis 20 Jahre (1963 = 100) 1963 72 343 100 83 944 100 1965 84 244 116,5 76 649 91,3 1970 137 963 190,7 127 487 151,9 1978 193 548 267,5 163 687 195,0 1979 200 862 277,7 173 841 207,1 1980 214 476 296,5 192 855 229,7 1981 231 713 320,3 212 550 253,2 1982 234 983 324,8 222 941 265,6 Innerhalb von 16 Jahren hatte sich in beiden Altersgruppen die Kriminalität verdreifacht. Wir bemerkten seinerzeit: „Da sich erfahrungsgemäß in der Frühkriminalität weitgehend auch schon die Rückfallkriminalität späterer Jahre ankündigt, so ist auch aus dieser Sicht kein Silberstreifen am Horizont auszumachen, was die Hoffnung auf eine Eindämmung der Kriminalitätsflut überhaupt angeht.“17 Als Kriminalitätsbelastungsziffern je 100 000 der betreffenden Bevölkerungsgruppe in der BRD wurden 1982 ausgewiesen (Tabelle 8):18 Altersgruppen 14 bis unter 18 Jahre 5 554 18 bis unter 21 Jahre 7 075 21 Jahre und älter 2 395 Die Anzahl der festgestellten Tatverdächtigen resultiert aus einer sehr schmalen polizeilichen Aufklärungsquote von nicht einmal 46 Prozent der registrierten Straftaten.19 Für die Mehrzahl der Straftaten wurden die Täter gar nicht ermittelt, und sicherlich wurden nicht wenige Täter von Verkehrsdelikten aus der Statistik eliminiert. Nicht ohne Grund wohl fehlten dann in der veröffentlichten Kriminalstatistik für 1983 jegliche Angaben über die Tatverdächtigen.20 Und für 1984 rückte man nun mit der “echten Tatverdächtigenzählung" heraus, mit der eingestan- denermaßen allein durch veränderten Zählmodus die statistischen Daten rigoros heruntergedrückt wurden. Die Gegenüberstellung der Jahre 1982 und 198421 macht das deutlich (Tabelle 9): Tatverdächtige nach 1982 1984- Altersgruppen 14 bis unter 18 Jahre ' 234 983 157 360 18 bis unter 21 Jahre 222 941 148 657 21 Jahre und älter 1 071 567 881 887 Nun darf es sicher in aller Welt als unbestritten gelten, daß Kriminalstatistiken, solange es sie gibt, immer wieder verbesserungsbedürftig sind, zumal ein allseitig idealer statistischer Ausweis der Kriminalität aus verschiedenartigen Gründen unerreichbar sein dürfte. Womit wir es jedoch bei der Kriminalstatistik der BRD für 1984 zu tun haben, das ist wieder einmal eine ausgesprochene Zäsur, die dritte seit den sechziger Jahren, die eine zusammenhängende langfristige Beobachtung der Kriminalität erneut unmöglich macht. Organisierte Unvergleichbarkeit der Kriminalstatistiken Eine derartige Statistik erweckt den Eindruck einer ausgesprochenen Konzeptionslosigkeit, was die langfristige Weiterentwicklung der BRD-Kriminalstatistik angeht, zumal ja, wie eingangs schon erwähnt, infolge der jetzigen Schritte notgedrungen bereits in den, nächsten Jahren weitere einschneidende Änderungen ins Haus stehen. Aber die Kräfte, die da am Werke sind, müssen schließlich wissen, was sie damit an-richten, wenn für wesentliche statistische Vergleiche künftig erst einmal wieder .beim Jahre 1984 mit Null angefangen werden muß. Und darum ist wohl die Annahme nicht allzuweit hergeholt, daß es sich hierbei um ein organisiertes Unvergleichbarmachen handelt. s Über die Gründe für diese erneute einschneidende Zäsur läßt man sich ohnehin nicht aus. Neue Erkenntnisse etwa zu kriminalpolitischen Zwecken über Besonderheiten der Ermittlungstätigkeit und der Verfolgungsintensität bei Beschuldigten, die mehrfach hintereinander anfallen, oder zu kriminologischen Problemen der Tatmehrheit oder der Rückfallkriminalität werden auch gar nicht erst angeboten. Und die Logik hat ja diese „echte“ Tatverdächtigenzählung beileibe nicht so ohne weiteres auf ihrer Seite, wenn man allein bedenkt, daß es nun z. B. zu völlig unterschiedlichen statistischen Ergebnissen führt, ob ein bereits angefallener Beschuldigter erneut im Dezember des gleichen oder im Januar des folgenden Jahres anfällt, zumal die veränderte Zählweise nur. darauf abstellt, wann die nachfolgenden weiteren Ermittlungsverfahren gegen denselben Beschuldigten geführt werden, und nicht etwa darauf, zu welcher Zeit die anderen Straftaten von ihm tatsächlich begangen worden sind, ob im gleichen Jahr oder vielleicht sogar sehr viel früher. Hinzu kommt, daß die bisher schon kaum möglich gewesene Vergleichbarkeit mit der BRD-Gerichtsstatistik ein von Fachleuten oft beklagtes Problem noch mehr untergraben wird, da diese nach dem Prinzip verfährt, jeden Abgeurteilten so oft zu zählen, wie er im Berichtsjahr anfällt. So bleibt folglich als plausibler Grund für diese statistische Zäsur in der Tat nur das Bestreben ersichtlich, die zahlenmäßige Aussage zu verschönern, sie „erträglicher“ zu machen. Solche Machenschaften, egal, auf welche Agenzien sie schließlich zurückzuführen sind, dürfen sich freilich des höchsten Wohlwollens sicher sein. Hingegen wird bei echten Kriminalitätsproblemen der BRD, die der statistischen Durchleuchtung bedürfen, verdächtig schnell der Offenbarungseid geleistet. So heißt es im Bulletin lakonisch: „Die Kriminalitätsbemessung nach vorgege- 11 Vgl. Neue Juristische Wochenschrift (MünChen/Frankfurt am Main) 1984, Heft 29/30, S. 1633; vgl. dazu: „Türken raus? Richter raus!“, Stern (Hamburg) 1984, Heft 20 (auszugsweise ln NJ 1984, Heft 9, S. 352). 12 Vgl. ND vom 22./23. September 1984, S. 7. 13 Frankfurter Rundschau vom 18. Dezember 1984. 14 Vgl. Frankfurter Rundschau vom 18. Januar 1985. 15 Bulletin, a. a. O., Nr. 71, S. 607. 16 Vgl. Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 38 vom 23. April 1983, S. 347. 17 Vgl. „Über 4 Millionen Straftaten 1981 in der BRD“, NJ 1982, Heft 10, S. 456. 18 Bulletin, a. a. O., Nr. 38, S. 337. 19 Bulletin, a. a. O., Nr. 38, S. 344 f. 20 Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 51 vom 11. Mai 1984, S. 441 H. 21 Bulletin, a. a. O., Nr. 38/83, S. 347; Bulletin Nr. 71/85, S. 617.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die durchzuführenden Maßnahmen werden vorwiegend in zwei Richtungen realisiert: die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet seitens der Abwehrdiensteinheiten Maßnahmen im Rahmen der Führungs- und Leitungstätigkeit weitgehend auszuschließen. ,. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den aren naund Entvv icklungsbed inqi in qsn. Der hohe Stellenwert von in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und folglich zur Vermeidung von Einseitigkeiten und einer statischen Sicht bei der Beurteilung der Rolle, der Wirkungsweise und des Stellenwertes festgestellter Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung ist entscheidend mit davon abhängig, wie es gelingt, die Arbeiter-und-Bauern-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik allseitig zu festigen. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der Partei an den Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, vorgetragen von Genossen Breshnew, Generalsekretär des der Partei am Verlag Moskau Direktiven des Parteitages der Partei , Manuskript Mielke Sozialismus und Frieden - Sinn unseres Kampfes Ausgewählte Reden und Aufsätze Dietz Verlag Berlin Richtlinien, Dienstanweisungen, Befehle und andere Dokumente Staatssicherheit Richtlinie zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge werden den Leitern und Mitarbeitern insgesamt noch konkretere und weiterführende Aufgaben und Orientierungen zur Aufklärung und zum Nachweis staatsfeindlicher Tätigkeit und schwerer Straftaten der allgemeinen Kriminalität in Erscheinung treten. Sie weisen eine hohe Gesellschaftsgefährlichkeit auf, wobei die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der Mitglieder von zu beachten ist.

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