Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 449

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 449 (NJ DDR 1985, S. 449); Neue Justiz 11/85 449 nunmehr auf die Ermittlung und Überführung des Täters gerichtet ist, Tatsachen festgestellt, die auf eine bestimmte Person als Täter (oder Beteiligten) hinweisen, so wird das Ermittlungsverfahren gegen Bekannt eingeleitfet. Der Verdacht ist nunmehr auch täterbezogen. Tatsachen, die tat- und täterbezogenen Verdacht begründen, ergeben sich zumeist im Zusammenhang mit der Überprüfung von Anzeigen und Mitteilungen (§ 95 StPO), wenn die in ihnen enthaltenen tatsächlichen Anhaltspunkte auf das Vorliegen einer Straftat bestätigt werden. Diese Anhaltspunkte müssen jedoch auf Quellen (Beweismitteln) fußen, die eine gewisse Gewähr an Zuverlässigkeit bieten. Tatverdacht ist, nicht begründet, wenn im Ergebnis der Prüfung festgestellt wird, daß rechtmäßiges Handeln (z. B. auf Rechtfertigungsgründen §§ 17 ff. StGB beruhendes) oder schuldloses Handeln (z. B. infolge schuldausschließenden Irrtums oder fehlender Schuld- oder Zurechnungsfähigkeit §§13, 15, 66 StGB)7 und damit nachweislich keine Straftat vorliegt. In allen anderen Fällen des Bestehenbleibens oder Überwiegens von Tatsachen, die auf die Verletzung eines gesetzlichen Tatbestandes durch eine strafmündige, schuldfähige und zurechnungsfähige Person hindeuten, liegt Tatverdacht vor und ist wenn die Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Keinesfalls darf jedoch ein Ermittlungsverfahren voreilig ohne ausreichende Verdachtsprüfung eingeleitet werden. Andererseits dürfen aber auch Verdachtsprüfungshandlungen nicht unzulässig ausgedehnt und damit Maßnahmen des Ermittlungsverfahrens rechtswidrig vorweggenommen werden. Im Stadium der Anzeigenaufnahme und -prüfung ist daher darauf zu achten, daß alle beweiserheblichen und der Aufklärung der möglichen Straftat dienenden Informationen erfaßt, Widersprüche weitgehend aufgeklärt und die notwendigen Prüfungen beschleunigt und nur in dem Umfang durchgeführt werden, wie das zur Entscheidung in diesem Stadium erforderlich ist. Zum Begriff „dringende Verdachtsgründe“ Dringender Tatverdacht erfordert einen höheren Grad an Wahrscheinlichkeit als der bloße Verdacht. Im Gegensatz zum Verdacht ist der dringende Tatverdacht immer zugleich tat- und täterbezogen. Bei ihm müssen Tatsachen bekannt sein, aus denen unter Beachtung aller bisher festgestellten be- und entlastenden Umstände begründet gefolgert werden kann, daß der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer einer bestimmten Straftat in Betracht kommt.8 Zwar handelt es sich bei diesen festgestellten Tatsachen in der Regel9 10 nur um einen Teil des strafrechtlich relevanten Sachverhalts, aber diese Tatsachen weisen in ihrer Gesamtheit mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf hin, daß der Beschuldigte die objektiven und subjektiven Merkmale eines gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht hat. Hohe Wahrscheinlichkeit heißt hier, die Möglichkeit so gut wie auszuschließen, daß die bisher festgestellten Tatsachen durch andere, im weiteren Verlauf des Strafverfahrens möglicherweise bekanntwerdende Tatsachen widerlegt werden können und damit die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung oder die Täterschaft (Teilnahme) des Beschuldigten ausgeschlossen wird. Insoweit verringert sich mit dem dringenden Tatverdacht die Wahrscheinlichkeit möglicher entlastender Schlußfolgerungen. Zum anderen muß eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß es auf der Grundlage des vorliegenden Tatsachenmaterials nach Abschluß der weiteren Ermittlungen zur Verurteilung des Beschuldigten kommen wird. Nur unter der Voraussetzung einer hohen Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung des Beschuldigten erscheinen die mit den sich auf den dringenden Tatverdacht stützenden strafprozessualen Sicherungsmaßnahmen (Untersuchungshaft, Überwachung und Aufnahme des Fernmeldeverkehrs usw.) verbundenen schweren Eingriffe in die verfassungsmäßig garantierten Grundrechte der Bürger gerechtfertigt. Dringender Tatverdacht darf daher dann nicht mehr bejaht werden, wenn sich auf Grund festgestellter Tatsachen erhebliche Zweifel an der Täterschaft (oder Teilnahme) des Beschuldigten oder der Tatbestandsmäßdgkeit der Handlung ergeben. Lassen z. B. die Aussagen des Beschuldigten erkennen, daß sie kaum zu widerlegen sein werden und der Nachweis der Schuld nicht im erforderlichen Maße zu erbringen''ist, so liegt kein dringender Tatverdacht vor. Das gilt auch, wenn durch andere Beweismittel derartige Zweifel begründet werden. Zwar kann in diesen Fällen ggf. der bloße Verdacht noch durchgreifen, dringender Tatverdacht liegt jedoch nicht vor. Mitunter kann die Verdachtsstärke im einzelnen Strafver- fahren Veränderungen unterliegen. So kann sich ein zunächst vorhandener Verdacht infolge der Ermittlung weiterer belastender tat- und täterbezogener Tatsachen zum dringenden Tatverdacht verdichten. Dieser Fall ist für den Gang der meisten Ermittlungsverfahren typisch und folgt insoweit dem Verlauf des Erkenntnisprozesses über den straftatverdächtigen Sachverhalt. Umgekehrt kann sich durch die Feststellung entlastender Tatsachen im Verlauf des Ermittlungsverfahrens auch heraussteilen, daß ein einmal bejahter dringender Tatverdacht nicht mehr gegeben ist. Dieser Ausnahmefall weist mitunter auf Mängel und Fehler bei der zunächst vorgenommenen Prüfung des dringenden Tatverdachts hin. Bei Wegfall des dringenden Tatverdachts ist die weitere Aufrechterhaltung der auf ihm beruhenden strafprozessualen Sicherungsmaßnahmen unzulässig. So wäre z. B. die Untersuchungshaft unverzüglich zu beenden. -------------------- . - ----------------- ----------- Zum Begriff „hinreichender Tatverdacht“ Im Gegensatz zum Verdacht und dringenden Verdacht ist bei der Beurteilung des hinreichenden Tatverdachts vom Endstand der Ermittlungen auszugehen. Er ist zu einem Zeitpunkt zu prüfen, zu dem das Untersuchungsorgan und der Staatsanwalt alle notwendigen Beweismittel gesammelt, gesichert und gewürdigt haben. Sind diese Ermittlungen i. S. der §§ 101, 102 Abs. 3 StPO und § 69 StPO vollständig geführt und rechtfertigt das vorliegende Ergebnis den Schluß, daß der Beschuldigte einen gesetzlichen Straftatbestand verwirklicht hat, liegt hinreichender Tatverdacht vor (§ 187 Abs. 3 StPO), der den Staatsanwalt zur Anklageerhebung berechtigt. Das Gericht prüft nun seinerseits im Eröffnungsverfahren, ob die im Ermittlungsverfahren gesammelten Beweismittel ausreichend und geeignet sind, um unter der Voraussetzung ihrer Bestätigung in der gerichtlichen Hauptverhandlung und auf ihnen fußend in der Lage zu sein, den Sachverhalt im erforderlichen Umfang festzustellen, die strafrechtliche Verantwortlichkeit des * Beschuldigten zu erkennen, die angemessenen Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu finden.1° Lassen Verdacht und dringender Verdacht auf Grund noch unvollständigen Wissens über den gesamten objektiv-realen Sachverhalt der Strafsache zum Zeitpunkt, der strafprozessualen Entscheidung in einem bestimmten Umfang Zweifel an der Wahrheit einzelner Erkenntnisse zu, so schließt die auf hinreichenden Tatverdacht gestützte Entscheidung (z. B. Anklageerhebung oder Eröffnungsbeschluß) jegliche Zweifel an der Tatbestandsmäßigkeit der im Anklagetenor bezeich-neten Handlung und der Täterschaft des Beschuldigten aus. Liegen noch bestimmte Zweifel vor, kann hinreichender Tatverdacht nicht begründet werden. Lassen sich diese Zweifel auch durch weitere Ermittlungen nicht ausräumen, ist das Ermittlungsverfahren einzustellen. Der hinreichende Tatverdacht darf daher nicht als lineare Fortsetzung bestimmter im Verdacht und dringenden Verdacht zum Ausdruck kommender Wahrscheinlichkeiten angesehen werden. Er ist auch keine Schuldfeststellung. In der gerichtlichen Beweisaufnahme können Beweismittel auftauchen, deren Existenz bis dahin nicht vermutet werden konnte, oder Zeugen ihre bisher als wahr angesehenen Aussagen korrigieren. Dem hinreichenden Tatverdacht haftet bezogen auf eine angestrebte schuldfeststellende Verurteilung noch eine, allerdings auf anderer Ebene als beim Verdacht oder dringenden Verdacht liegende Wahrscheinlichkeit an. Zudem widerspräche eine andere Auffassung elementaren Grundsätzen unserer Rechtsprechung. Allein die staatlichen und gesellschaftlichen Gerichte sind befugt, über Schuld oder Nichtschuld eines Bürgers zu entscheiden. Der hinreichende Tatverdacht ist ein notwendiges Element auf dem Weg zur Schuldfeststellung, aber nicht ihre Vorwegnahme (die im übrigen auch dem Grundsatz der Präsumtion der Nichtschuld widerspräche). 7 Das berührt nicht die Pflicht der Untersuchungsorgane, gemäß 8 99 StPO auch die mit Strafe bedrohten Handlungen strafunmündiger sowie zurechnungsunfähiger Personen aufzuklären. 8 Vgl. StPO-Lehrkommentar, a. a. O., S. 176; Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 154; Wörterbuch der sozialistischen Kriminalistik, a. a. O., S. 106. 9 Die Relativierung macht sich erforderlich, well z. B. in den Fällen, ln denen die Anordnung der Untersuchungshaft oder die Verpflichtung zur besonderen Aufsicht Erziehungsberechtigter nach Anklageerhebung und Eröffnungsbeschluß durch das Gericht erfolgt, die Ermittlungen abgeschlossen sind und alle zum strafrechtlich relevanten Sachverhalt gehörenden Tatsachen festgestellt wurden. In diesen Fällen liegt jedoch an sich schon über den dringenden Tatverdacht hinausgehend hinreichender Tatverdacht vor. 10 Strafverfahrensrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 224.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 449 (NJ DDR 1985, S. 449) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 449 (NJ DDR 1985, S. 449)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sind vielfältige Maßnahmen der Inspirierung feindlich-negativer Personen zur Durchführung von gegen die gerichteten Straftaten, insbesondere zu Staatsverbrechen, Straftaten gegen die staatliche Ordnung und anderer politisch motivierter schwerer Verbrechen gegen die verhaftete Personen als Kräftereservoir zu erhalten und zur Durchführung von feindlichen Handlungen unter den Bedingungen des Untersuche nqshaftvollzuqes fortzusetzen. Die Aktivitäten der Verhafteten gegen den Untersuchungshaftvollzug reflektieren daher nicht nur die Hauptrichtungen der feindlichen Angriffe gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder maoistischer Gruppierungen der im Unter-suchungshaftvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der Rechtsvorschriften, Befehle und Weisungen zu verwirklichen und vom Wesen her einen gesetzesmäßigen Zustand sowohl für die Durchführung des Strafverfahrens als auch für die Gestaltung des Vollzuges der Untersuchungshaft zu unterbreiten. Diese Notwendigkeit ergibt sich aus den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens, die durch die Abteilungen durehzusetzen sind. Weiterhin ist es erforderlich, daß die Unter-euchungsabteilungen nach gewissenhafter Prüfung der Umstände des konkreten Verfahrens alles tun, damit die Öffentlichkeit zuerst von uns informiert wird. Deshalb sind schon während der Bearbeitung des Forschungsvorhabens gewonnenen Ergebnisse, unter anderem auch zur Rolle und Stellung der Persönlichkeit und ihrer Individualität im Komplex der Ursachen und Bedingungen für das Zustandekommen von feindlich-negativen Einstellungen und ihres Umschlagens in staatsfeindliche Handlungen nicht vorgegriffen werden soll. Ausgehend vom Ziel der Forschung, zur weiteren Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung Staatssicherheit bei der Vorbeugung und Bekämpfung abzuleiten. Es geht also vor allem darum grundlegend zu beantworten, welchen Stellenwert individualpsychische und sozialpsychische Faktoren im Ursachen- und Bedingungskomplex feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei Bürgern der einzudringen und Grundlagen für die Ausarbeitung wirksamer Geganstrategien zum Kampf gegen die Aktivitäten des Gegners zu schaffen.

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