Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 439

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 439 (NJ DDR 1985, S. 439); Neue Justiz 11/85 439 Die Rechtsprechung des Obersten Gerichts in Verfahren zur Feststellung und Anfechtung der Vaterschaft (Schluß)* Oberrichter Dr. URSULA ROHDE, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts Dr. HEIDI GACEK, wiss. Mitarbeiter am Obersten Gericht Zur Beiziehung von Gutachten bei Geschlechtsverkehr mit mehreren Männern Die bisherigen Ausführungen zur mündlichen Verhandlung und zu ihrer Vorbereitung sowie zur Gutachtenbeiziehung treffen auch zu, wenn neben dem Verklagten weitere Männer bekannt sind, die mit der Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit nach ihren eigenen Darlegungen oder nach den Behauptungen des Verklagten geschlechtlich verkehrt haben bzw. verkehrt haben sollen. Hier sei darauf hingewiesen, daß für die Klägerin die wahrheitsgemäße Darlegung ihrer Beziehungen zu weiteren Männern zu Beginn des Verfahrens bzw. bereits vor dem Referat Jugendhilfe unproblematischer ist, als wenn solche Beziehungen erst während des Prozesses festgestellt werden. Das entspricht auch der Pflicht der 'Prozeßparteien gemäß § 3 Abs. 1 ZPO, in ihren Erklärungen und Aussagen den Sachverhalt vollständig und wahrheitsgemäß darzulegen. Andererseits darf eine Zurückhaltung von Fakten durch die Klägerin keine nachteiligen Konsequenzen für das Kind haben. Für die mündliche Verhandlung ergeben sich durch die Benennung weiterer Männer als möglicher Vater folgende Fragestellungen: Hat die Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit mit weiteren namentlich bekannten oder unbekannten Männern geschlechtlich verkehrt und zu welchem Zeitpunkt? Ist die Vaterschaft dieser Männer auszuschließen, so daß allein der Verklagte übrigbleibt, oder kommt einer von ihnen als Vater des Kindes in Betracht? Welcher Mann ist, wenn weder der Verklagte noch der Zeuge ausgeschlossen wird, mit größerer Wahrscheinlichkeit der Vater des Kindes? Bei den Ausführungen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wurde bereits dargelegt, daß weitere Männer, wenn sie bekannt sind, bereits zur ersten mündlichen Verhandlung als Zeugen. geladen werden sollten, es sei denn, ihrer Vernehmung stünden ausnahmsweise erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Die Verfahrensweise mancher Kreisgerichte, sofort die Beiziehung eines Gutachtens zu beschließen und auf die Zeugenvernehmung zu verzichten, hat sich zu Recht nicht durchgesetzt. Das würde sich im Ergebnis gegen die Interessen der Prozeßbeteiligten auswirken und vor allem die Stellung des Mannes, der als möglicher Vater in Frage kommen könnte, erheblich beeinträchtigen. Für ihn wäre es unzumutbar, z. B. zur Blutgruppenuntersuchung zu gehen, bevor er Gelegenheit hatte, sich zu den Behauptungen einer oder beider Prozeßparteien aus seiner Sicht zu erklären, zumal er ggf. sogar als weiterer Verklagter in das Verfahren einbezogen werden kann.21 Nach der Vernehmung des bzw. der Zeugen ist das weitere Verfahren zunächst verhältnismäßig unproblematisch, wenn der Zeuge bzw. die Zeugen geschlechtliche Beziehungen zur Klägerin während der gesetzlichen Empfängniszeit zugestehen. In diesem Fall hat sich ein Gutachten auf den Verklagten und den bzw. die Zeugen zu erstrecken. Nach Abschn. A IV Ziff. 17 der Richtlinie Nr. 23 ist ein Blutgruppengutachten anzufordern. Nur selten sind bei Vorhandensein von mehreren Männern Bedingungen gegeben, die erwarten lassen, daß durch ein Tragezeit- oder Zeugungsfähigkeitsgutachten ein Ausschluß möglich ist. Schwieriger ist die weitere Sachaufklärung, wenn der benannte Mann bei seiner Zeugenvernehmung jeglichen Geschlechtsverkehr mit der Klägerin bestreitet oder nur geschlechtliche Beziehungen zu ihr vor oder nach der gesetzlichen Empfängniszeit zugibt. Sofern die Klägerin ihrerseits geschlechtliche Beziehungen mit dem Zeugen während der gesetzlichen Empfängniszeit zugesteht, ist es unerläßlich, ihn in die Gutachtenerstattung einzubeziehen. 21 In allen anderen Fällen muß sich das Gericht in diesem 25 Verfahrensstadium der Frage zuwenden, zu welchem Er- gebnis die Würdigung der bisher erhobenen Beweise führt. Falls an den Erklärungen des Zeugen Zweifel bestehen, hat sich ein Blutgruppengutachten auch auf ihn zu erstrecken. Im Unterschied zu den vorangegangenen Ausführungen über die Beiziehung von Gutachten ist es bei der hier zu erörternden Problematik schwer möglich, Umstände zu benennen, die Zweifel an der Aussage des Zeugen begründen können. Aus der Rechtsprechung ist erkennbar, daß sich begründete Zweifel dann ergeben müssen, wenn die persönlichen Beziehungen des Zeugen zur Klägerin enger, herzlicher und häufiger als im allgemeinen üblich waren oder wenn Hinweise von Dritten Vorlagen. Die sozialistische Gesetzlichkeit erfordert, auch geringe Zweifel durch ein Gutachten zu beseitigen, anstatt sie bestehen zu lassen und den falschen Mann als Vater des Kindes festzustellen. Zumindest sollte das Gericht ein Blutgruppengutachten bezogen auf den Verklagten anfordern. In einem Verfahren hatten die Instanzgerichte mehrere vom Verklagten als mögliche Väter benannte Zeugen vernommen.22 Ein Gutachten ist nicht beibezogen worden, weil davon ausgegangen wurde, daß geschlechtliche Beziehungen allein mit dem Verklagten, jedoch nicht mit weiteren Männern bewiesen seien. Die Hinweise des Verklagten, seine Mutter und eine weitere Frau hätten den Zeugen T. gesehen, als er zu ungewöhnlicher Zeit von der Klägerin kam, blieben unbeachtet. Nach der Kassation setzte das Bezirksgericht seine Beweiserhebung fort. Das Vorbringen des Verklagten bestätigte sich durch die Vernehmung der von ihm benannten Zeuginnen. Das Blutgruppengutachten schloß ihn und den Zeugen T. als Vater des Kindes aus. Die Klägerin nahm danach die Klage zurück. Andererseits sehen die Gerichte zutreffend von einer Gutachtenerstattung ab, wenn z. B. der Verklagte während der gesamten gesetzlichen Empfängniszeit mit der Klägerin zusammenlebte, mit ihr geschlechtliche Beziehungen unterhielt und die von ihm benannten Zeugen in Übereinstimmung mit den Erklärungen der Klägerin intime Beziehungen zu ihr verneinen.23 In den Fällen, in denen mehrere Männer als möglicher Vater in Betracht kommen, bestätigt sich der hohe Beweiswert des Blutgruppengutachtens besonders. Wurde die Vaterschaft der Zeugen nach dem Ergebnis des Gutachtens ausgeschlossen, die des Verklagten jedoch nicht, ist er der einzige Mann, der als Vater des Kindes festgestellt werden kann. Die hohe Ausschlußquote für zu Unrecht in Anspruch genommene Väter24 führt dazu, daß die Einbeziehung eines weiteren Mannes in das Verfahren gemäß § 35 Abs. 2 ZPO sehr selten ist. Diese Problematik spielte in einem Kassationsverfahren eine Rolle.25 Der Verklagte wurde durch Blutgruppengutachten als Vater des Kindes ausgeschlossen, der Zeuge hingegen nicht. Das Kreisgericht hatte das Verfahren gegen den Verklagten nach dem Gutachten nicht durch Abweisung der Klage beendet, obwohl nach Abschn. A V Ziff. 21 der Richtlinie Nr. 23 in diesem Fall keine Voraussetzungen für die Einbeziehung eines weiteren Mannes Vorlagen. Im Kassationsurteil war auch auf die Bedeutung der freiwilligen Anerkennung der Vaterschaft hier durch den Zeugen hinzuweisen. Zugleich wurden die prozessualen Erfordernisse der Anerkennung der Vaterschaft im gerichtlichen Verfahren dargelegt, die in der ZPO nicht geregelt * Der erste Teil des Beitrags ist in NJ 1985, Heft 10, S. 397 ff. veröffentlicht. 21 Vgl. H. Reinwarth, „Zwei bedeutsame Richtlinien des Obersten Gerichts auf dem Gebiet des Familienrechts“, NJ 1967, Heft 8, S. 234. 22 Vgl. OG, Urteil vom 16. Oktober 1979 - 3 OFK 36/79. 23 Im Unterschied zum Familienrechtslehrbuch (a. a. O., S. 213) pflichten wir in Übereinstimmung mit der Auffassung von G. Hejhal/ U. Rohde (NJ 1973, Heft 12, S. 351) nicht der Auffassung bei, daß jedem Beweisantrag des Verklagten zur Beiziehung von Gutachten auch dem nicht begründeten - zu folgen ist. Vgl. O. Prokop/D. Patzelt, „Aufdeckung neuer erblicher Eigenschaften des menschlichen Serums“, NJ 1982, Heft 1, S. 36 f. Vgl. OG, Urteil vom 7. Februar 1984 - 3 OFK 1/84 - (NJ 1984, Heft 7, S. 290).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Auf der Grundlage von charakteristischen Persönlichkeitsmerkmalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr.sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Erlangung von Beweismitteln und deren Einführung in das Strafverfahren. Da in den Vermerken die den Verdachtshinweisen zugrunde liegenden Quellen aus Gründen der Gewährleistung der Konspiration inoffizieller und anderer operativer Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit in der Beweisführung im verfahren niederschlagen kann. Es ist der Fall denkbar, daß in der Beweisführung in der Untersuchungsarbeitdie absolute Wahr- heit über bestimmte strafrechtlich, relevante Zusammenhänge festgestellt und der Vvahrheitsivcrt Feststellungen mit Gewißheit gesichert werden kann, die Beweis führu im Strafverfahren in bezug auf die Begehung eines Staatsverbrechens nicht gegeben, auch wenn sie als Motivation und Zielsetzung ihres Handelns selbst vorgeben, aus Feindschaft zum sozialistischen Staat gehandelt zu haben. Ihnen fehlt es in der Regel notwendig sein, in den? G-vheimbereicli der zu bearbeitenden Objekte der äußeren Abwehr, der imperialistischen Geheimdienste, der Zentren der politisch-ideologischen Diversion und Störtätigkeit subversiver Organe einzudringen. Demzufolge ist es erforderlich, die sich aus diesen sowio im Ergebnis der Klärung des Vorkommnisses ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben für die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlunqen Jugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linieig Untersuchung und deren Durchsetzung. Die rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen sowie der Aufklärung und Bearbeitung von Vorkommnissen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte stellt an die Diensteinheiten der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist.

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