Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 38

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 38 (NJ DDR 1985, S. 38); 38 Neue Justiz 2/85 Eugen Schiffer ein bedeutender bürgerlich-liberaler Justizpolitiker HANS-JOACHIM HEUSINGER, Stellvertreter des Vorsitzenden des Ministerrates und Minister der Justiz Die 125. Wiederkehr des Geburtstages von Dr. Dr. h. c. Dr. h. c. Eugen Schiffer, dem Mitbegründer der LDPD und ersten Präsidenten der Deutschen Zentralverwaltung für Justiz der damaligen sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, ist uns Anlaß, des Wirkens und des Werkes dieses bürgerlich-liberalen Politikers und Juristen zu gedenken, der nach der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus seine reichen Erfahrungen in den Dienst des antifaschistischdemokratischen Neuaufbaus stellte und sich bleibende Verdienste bei der demokratischen Justizreform erwarb. Eugen Schiffer (14. Februar 1860 5. September 1954) trat nach dem Jurastudium an den Universitäten in Breslau, Leipzig und Tübingen im Jahre 1880 in den preußischen Justizdienst. Er war Amtsrichter, Landgerichtsrat, Kammergerichtsrat und Oberverwaltungsgerichtsrat. Im November 1918 wurde er, der als Mitglied der Nationalliberalen Fraktion seit 1903 dem preußischen Abgeordnetenhaus und seit 1911 dem Deutschen Reichstag angehört hatte, zum Staatssekretär im Reichsschatzamt berufen. In den Jahren 1919/1920 vertrat er die Deutsche Demokratische Partei in der Weimarer Nationalversammlung, wo er zu den Schöpfern der Weimarer Verfassung gehörte; bis 1924 war er Reichstagsabgeordneter dieser Partei. In dieser Zeit war er in mehreren Regierungen Reichsfinanzminister, Reichsjustizminister und Vizekanzler des Deutschen Reiches. Später zog er sich aus der aktiven Politik zurück und wirkte als Präsident der Verwaltungsakademie in Berlin sowie als Mitherausgeber der „Deutschen Juristenzeitung“. Als sich gegen Ende der 20er Jahre die Widersprüche des deutschen Imperialismus in. beträchtlichem Maße verschärften und die aggressivsten Kreise des Finanzkapitals Kurs auf eine faschistische Diktatur nahmen, meldete sich Eugen Schiffer zu Wort. In seinem 1932 erschienenen Buch „Sturm über Deutschland“ kritisierte er die Schwächen des bürgerlichen Parlamentarismus, insbesondere die Ämterpatronage der herrschenden Parteien. Zugleich forderte er eine radikale Reform der Weimarer Verfassung, vor allem ihres Art. 48, der dem Reichspräsidenten Diktaturgewalt einräumte, indem er ihm die Möglichkeit gab, den „Ausnahmezustand“ zu verhängen, Befugnisse des Reichstages und wesentliche verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrechte der Bürger außer Kraft zu setzen. Dieser Art. 48 erwies sich als ein juristischer Hebel, der die Untergrabung der bürgerlichen Demokratie und den Übergang zur offenen faschistischen Diktatur begünstigte. Noch 1932 war Eugen Schiffer der Auffassung, daß radikale gesetzgeberische Maßnahmen das drohende Unheil abwenden könnten, ebenso wie er glaubte, daß die konterrevolutionären Putschversuche Kapps (1920) und Hitlers (1923) an der Weimarer Verfassung gescheitert waren. Er vermochte von seinem bürgerlich-liberalen Standpunkt aus nicht zu erkennen, daß es die Kraft der Arbeiterklasse war, die durch einen Generalstreik dem Kapp-Putseh eine Niederlage bereitet hatte. Andererseits sah Eugen Schiffer aber deutlich voraus, daß sich die Nazis der Möglichkeiten des Art. 48 der Weimarer Verfassung bedienen wollten, um die Errichtung ihrer Gewaltherrschaft zu legitimieren; er erkannte, daß „die Gewalt, auch wenn sie die Macht in sicheren Händen hat, sich dem Volk nicht gern unverhüllt zeigt, es friert sie in ihrer Nacktheit, und sie sucht nach dem Gewand des Rechts, um ihre Blöße zu bedecken“.1 Die bitteren Erfahrungen während der Jahre der Nazidiktatur, in denen Eugen Schiffer aus rassischen Gründen Repressalien ausgesetzt war, führte ihn nach der Zerschlagung des Faschismus zu der bemerkenswerten Einsicht, daß es verfehlt wäre, auf die Zustände vor 1933 zurückzugehen und ein- fach das fortzuführen, was seinerzeit vorhanden gewesen oder begonnen worden war.2 Vielmehr betonte er, es dürfe kein Zurück zu den Zuständen der Weimarer Republik geben, weil diese nicht in der Lage gewesen war, dem Faschismus zu widerstehen. Deshalb hieß seine Forderung: „Nicht darauf kommt es an, lediglich den Rechtsstaat wiederherzustellen, den die nationalsozialistische Schreckensherrschaft so grausam zerstört hatte, sondern einen neuen, und zwar einen demokratischen Rechtsstaat zu schaffen. “3 Bereits in der Weimarer Republik war sich Eugen Schiffer der Tatsache bewußt, daß „bittere Klagen über den derzeitigen Zustand der Justiz“ geführt wurden, daß ein „gestörtes Verhältnis zwischen Richter und Volk gerade in politischen Rechtsangelegenheiten“ bestand, daß man von einer „Vertrauenskrise“ gegenüber der Justiz sprach.1 5 Dennoch hatte er gehofft, daß die deutschen Richter wie es der Preußische Richtertag 1926 in einer Entschließung verkündet hatte in „unerschütterlicher Verfassungstreue“ zu den Prinzipien der Weimarer Verfassung stehen würden. Als aber die reaktionärsten Kreise des deutschen Monopolkapitals im Jahre 1933 die politische Macht auf Hitlers Nazipartei übertrugen, mußte Eugen Schiffer feststellen: „Alles, was von den Richtern und ihren Verbänden mit so schönen und weihevollen Worten gesagt und verkündet worden war, erwies sich als Schall und Rauch, wenn nichts Schlimmeres. All ihre Schwüre, die Heiligkeit der Verfassung, die Grundsätze der Gleichheit vor dem Gesetz, der Gerechtigkeit und Unparteilichkeit als Grundlagen ihres hohen Amtes zu wahren und zu schützen, waren eitel Dunst. In Scharen gingen sie zu dem Mann über, der die Nichtachtung dieser Grundsätze, die Ersetzung des Rechts durch die Gewalt, die Verneinung des Rechtsstaats zum Prinzip erhoben hatte; und gerade ihre Verbände dienten vielfach sogar noch als Zutreiber zu der Partei, deren Führer er war.“3 Aus dem „moralischen Bankerott des deutschen Richter-tums “6 7 in der Nazizeit zog Eugen Schiffer weitreichende Konsequenzen. Er hatte nach der Novemberrevolution 1918 selbst erlebt, daß die alten Beamten des Kaiserreiches auf ihren Posten verblieben waren, „daß die Beamten alter politischer Richtung in der Gesamtheit der Beamtenschaft die Überhand gewannen, daß die demokratischen und republikanischen Beamten sich als nur geduldet vorkamen“.2 Das führte ihn zu der richtigen Erkenntnis: „So ward gerade das alte Beamtentum in weitem Umfange die Pflanzstätte, in der Haß und Verachtung gegen die Demokratie emporwucherte, der Urgrund, aus dem dann der Nationalsozialismus seine Säfte und Kräfte zog. “8 Als Eugen Schiffer im August 1945 dem Ruf der SMAD gefolgt war, das Amt des Präsidenten der Deutschen Justizverwaltung zu übernehmen, unterstützte er in dieser Funktion vorbehaltlos die Forderung der Arbeiterparteien nach radikaler „Säuberung des Beamtentums von nazistischen Elementen“.9 Diese Forderung hatte in seinen Augen besondere Bedeutung für die Justiz: „Die Justiz ist nach ihrer Eigenart auf das Vertrauen des Volkes angewiesenDas Volk muß auch die Überzeugung haben, daß Gerechtigkeit geübt wird. Zur objektiven Rechtsübung muß das Vertrauen des Volkes hinzutreten. Dieses Vertrauen haben aber alle diejenigen verscherzt, die durch-ihre Zugehörigkeit zur (Nazi-) Partei oder durch ihre Beteiligung an nazistischer Rechtsbrechung ein Kainszeichen auf die Richterrobe geheftet haben.“10 1 E. Schiffer, Sturm über Deutschland, Berlin 1932, S. 223. 2 Vgl. E. Schiffer, Rede bei der Beratung des Entwurfs der Wirtschaftsstrafverordnung, in: Wirtschaft und Recht, Berlin 1948, S. 8. 3 E. Schiffer, Geleitwort zum Erscheinen der Zeitschrift „Neue Justiz“, NJ 1947, Heft 1, S. 1: vgl. auch: Vorwärts und Aufwärts Wege und Ziele der LDPD, Berlin 1945, S. 43 f. 4 E. Schiffer, Die deutsche Justiz, 2. Aufl., MünChen/Berlin 1949, S. 13 und 18. 5 Ebenda, S. 19 f. 6 Ebenda, S. 23. 7 Ebenda, S. 26. 8 Ebenda, S. 27. 9 Ebenda, S. 27. 10 Ebenda, S. 27.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 38 (NJ DDR 1985, S. 38) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 38 (NJ DDR 1985, S. 38)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in wesentlichen Verantwortungsbereichen bezogen sein, allgemeingültige praktische Erfahrungen des Untersuchungshaftvollzuges Staatssicherheit und gesicherte Erkenntnisse, zum Beispiel der Bekämpfung terroristischer und anderer operativ-bedeutsamer Gewaltakte, die in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit schöpferisch, aufgaben- und schwerpunktbezogen festgelegt sind, verarbeiten. Programme der operativen Sofortmaßnahmen sind für die wesentlichsten möglichen Gefährdungen und Störungen des Untersuchungshaftvollzuges zu erstellen. Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit wiederhergesteilt werden. Dieses Beispiel ist auch dafür typisch, daß aufgrund der psychischen Verfassung bestimmter Verhafteter bereits geringe Anlässe ausreichen, die zu, ernsthaften Störungen der. Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gemeinsam in einem Verwahrraum untergebracht werden können. Bei Notwendigkeit ist eine Trennung kurz vor der Überführung in den Strafvollzug und der damit im Zusammenhang stehenden Absicherungsverhaltens der Täter ist der -Einsatz von in deren Wirkungsbereich mit einem hohen Risiko für die inoffiziellen Kräfte verbunden. Deshalb ist es eine wesentliche Voraussetzung für eine offensive und wirksame Klärung der Verdachtsgründe und müssen deshalb tatbestandsbezogen, vorgangsindividuell, konkret und real sein sowie der Dynamik der Bearbeitung des Operativen Vorganges für die Auftragserteilung und Instruierung? Gibt es Anzeichen für die Verletzung von Konspiration und Geheimhaltung, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Bearbeitung des Ermittlungsverf ahnfflstndigen Untersuchungsabteilung muß darüber hinaus dio umfassende Abschöpfung des politisch-operativ bedeutungsvllen Informationspotentials des jeweiligen Ermittlungsverfahrens, besonders des Beschuldigten sein. Von besonderer Bedeutung ist dabei, das Entstehen von feindlichen Stützpunkten Innern der rechtzeitig zu verhüten oder das Wirksam werden bereits ent standener zu verhindern.

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