Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 285

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 285 (NJ DDR 1985, S. 285); Neue Justiz 7/85 285 Staat und Recht im Imperialismus Justizkrise* und Justizreformprojekte in der BRD Prof. Dr. sc. JOCHEN DÖTSCH, Institut für Theorie des Staates und des Rechts der Akademie der Wissenschaften der DDR Seit einigen Jahren ist sowohl in der Reditsliteratur und auf juristischen Fachveranstaltungen wie auch in der bürgerlichen Tagespresse der BRD vom Wirken einer „Justizkrise“ die Rede.1 2 Darunter versteht man verschiedenartige Erscheinungen in der Arbeitsweise der Justiz, die für den Vertrauensschwund der Bürger gegenüber den Gerichten verantwortlich gemacht werden wie es selbst von namhaften Repräsentanten des Justizapparates der BRD nicht mehr in Abrede gestellt wird. Während der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, E. B e n d a, noch zu Beginn der siebziger Jahre selbstgefällig feststellte, das Ansehen der Justiz in der Bevölkerung sei ungebrochen und das Vertrauen der Bürger in die Gerichte eher gewachsen als vermindert, wird nunmehr vielfach eine „Justizverdrossenheit“ der Bürger konstatiert.3 Selbst renommierte sozialwissenschaftliche Einrichtungen registrieren einen deutlichen Rückgang des Von den Bundesbürgern der Justiz entgegengebrachten Vertrauens. So kommt eine im Frühjahr 1984 vom Institut für Demoskopie Allensbach veröffentlichte Studie zu dem Ergebnis, daß nur noch jeder Vierte (26' Prozent) der befragten Bundesbürger „zu den Richtern und deutschen Gerichten volles Vertrauen“ bekundet, während dieser Anteil bei einer im Jahre 1978 durchgeführten analogen Untersuchung noch 40 Prozent betrug.4 Als maßgebende Ursache dieses Vertrauensschwundes wird die überlange Dauer der gerichtlichen Verfahren angesehen, von der selbst leitende Mitarbeiter der Justiz meinen, 1 daß sie einer „Rechtsverweigerung“ gleichkomme.5 Die Prozeßverschleppung führt zwangsläufig zu einer Verteuerung der Verfahren. Angehörige der sozial schwachen Bevölkerungsgruppen sind damit gezwungen, entweder von vornherein auf die gerichtliche Verfolgung ihrer Rechte zu verzichten oder das Verfahren bereits vor einer gerichtlichen Entscheidung, z. B. durch Abschluß eines Vergleichs oder durch Rücknahme ihrer Klage, zu beenden. Eine Forschungsgruppe des Hamburger Max-Planck-Instituts ermittelte im Jahre 1981, daß etwa 80 Prozent der von Werktätigen bei den Arbeitsgerichten erhobenen Kündigungsschutzklagen durch Vergleich oder Klagerücknahme erledigt werden und Zweidrittel der Vergleiche zustande kommen, obwohl die klagenden Werktätigen gute Aussichten haben, den Prozeß zu gewinnen.6 Die „Justizkrise“ ist ein Ausdruck der Krise der bürgerlichen Gesetzlichkeit, wie sie vor allem in den geringer werdenden Möglichkeiten der Werktätigen zutage tritt, ihre Rechte unter den Bedingungen imperialistischer Gesellschaftsverhältnisse zu realisieren. Gerade die Gerichte sollen aber nach bürgerlichem Verständnis dazu berufen sein, die Unverbrüchlichkeit von Gesetz und Recht für und gegen jedermann zu garantieren. Die unter den Begriff „Justizkrise“ subsumierten Erscheinungen reflektieren somit den sich verschärfenden Gegensatz zwischen dem rechtsstaatlichen Anspruch, den die herrschenden Kräfte für die Justiz geltend machen,' und der tatsächlichen Rolle der Justizorgane. Gerichte als institutionalisierter Ausdruck bürgerlicher Rechtsstaatsdemagogie Im Grundgesetz der BRD hat die Gerichtsbarkeit eine Ausgestaltung erfahren, die weit über die entsprechenden Verfassungsregelungen anderer kapitalistischer Länder hinausgeht. Sie wird als „rechtsprechende Gewalt“ (Art. 92 ff. GG) konstituiert und als „dritte Gewalt“ neben Gesetzgebung und Exekutive gestellt (Art. 20 Abs. 2 GG). Als solcher wird ihr von der bürgerlichen Verfassungslehre der Auftrag zugewiesen, als „Hüter der Verfassung gegenüber dem Gesetzgeber“ und als „Wahrer des Rechts gegenüber der vollziehenden Gewalt“ zu fungieren.7 Wenn die Gerichte von Verfassung und Verfassungslehre derart hervorgehoben werden, dann hängt dies besonders damit zusammen, daß vorzugsweise durch ihre Tätigkeit die Ideologie vom bürgerlichen Rechtsstaat wirksam gemacht werden soll. So versteht der Staatsrechtler K. S t e r n unter „Rechtsstaatlichkeit“ vor allem „einen umfassend entfalteten Rechtsschutz“, weswegen der Rechtsstaat durch die Gerichtsbarkeit seine „Vollendung“ und „Krönung“ erfahre.8 9 10 In den Gerichten findet die bürgerliche Rechtsstaatsdemagogie also gewissermaßen ihren institutionalisierten Ausdruck. Hierin zeigt sich eine wichtige Besonderheit der in der BRD propagierten Rechtsstaatsideologie gegenüber derjenigen anderer imperialistischer Länder. Der Begriff vom Rechtsstaat ist vor allem auf den Justiz- oder Richterstaat reduziert. Es ist vornehmlich die Justiz, der die Aufgabe zugewiesen wird, die imperialistische Herrschaft mit den Illusionen von Rechtssicherheit und Gerechtigkeit zu umgeben. Mit dieser Auffassung bürgerlicher Rechtsstaatlichkeit setzt die herrschende Lehre eine Tradition fort, wie sie bereits bei der Herausbildung und ideologischen Ausgestaltung des Rechtsstaatsgedankens im kapitalistischen Deutschland besonders in der Weimarer Republik begründet worden war .9 Die spezifische Rolle der Gerichte in der BRD manifestiert sich in einem umfangreichen und differenziert ausgestalteten Gerichtssystem. Es bestehen rund 900 Gerichte mit etwa 17 000 hauptamtlich tätigen Richtern, womit auf nur 3 700 Einwohner ein Berufsrichter entfällt. 19 Derzeit gibt es sechs jeweils für bestimmte Rechtsgebiete sachlich zuständige Gerichtsbarkeiten, nämlich die Verfassungsgerichtsbarkeit, die für Zivilsachen (einschließlich Familienrecht) und Strafsachen zuständige „ordentliche“ Gerichtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Arbeitsgerichtsbarkeit, die Sozialgerichtsbarkeit und die Finanzgerichtsbarkeit. Darüber hinaus existieren eine Reihe von Gerichten, die für einen begrenzten Kreis von Rechtsangelegenheiten zuständig sind, wie die Disziplinär-, die Wehrdienst- und die Patentgerichte. Gerichtliche Konfliktregulierung zur Kanalisierung von Klassenwidersprüchen Die rechtsstaatliche Aufgabe der Gerichte wird von der bürgerlichen Rechtslehre meist in der Weise bestimmt, daß dem Recht durch die Regulierung individueller Konflikte Geltung verschafft werde. Dabei ist man allerdings sorgsam bemüht, das Wesen der zu regulierenden Konflikte und die Ziele der gerichtlichen Regulierungstätigkeit im dunkeln zu lassen. Zweifellos stellt die Konfliktregulierung einen wichtigen Funktionsbereich der Gerichte dar. Im Vordergrund stehen jedoch nicht die individuellen, sondern die sozialen Konflikte zwischen den sich antagonistisch gegenüberstehenden Klassen, die in dieser oder jener Form vor den Gerichten ausgetragen werden. Besonderes Gewicht kommt dabei denjenigen gerichtlichen Verfahren zu, in denen der imperialistische Staat seine repressive Macht zur Geltung bringt, um die be- 1 Der bürgerlich-liberale Justizreformer Rudolf Wassermann (Justiz im sozialen Rechtsstaat, Darmstadt/Neuwied 1974, s. 52) zitierte schon vor mehr als zehn Jahren die Feststellung eines „bekannten Justizkritikers“, daß „Justiz und Krise heute mehr und mehr zu assoziativen Begriffen (werden)“. Vgl. auch die Berichte zum „Deutschen Richtertag 1983“, so von R. Reifenrath in Frankfurter Rundschau (Frankfurt am Main) vom 28. April 1983. 2 Vgl. E. Benda, Der Rechtsstaat in der Krise, Stuttgart 1972, S. 283. 3 Der Vorsitzende des „Deutschen Richterbundes“ der BRD, Leo-nardy, beklagte unlängst vor Abgeordneten des Bundestages das „angeschlagene Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz“ (vgl. Deutsche Richterzeitung [Köln/Berlin-West/Bonn/München] 1984, Belt 11, S. 454). Zur Krise der BRD-Justiz und zum Vertrauensschwund der Bürger vgl. bereits R. Meister, Das Rechtsstaatsproblem in der westdeutschen Gegenwart, Berlin 1966, S. 178 ff., 213 ff. 4 Vgl. Frankfurter Rundschau vom 6. April 1984 (auszugsweise in NJ 1984, Heft 9, S. 354).- 5 Vgl. z. B. das DRiz-lnterview mit Bundesjustizminister Hans A. Engelhard zu aktuellen Fragen der Rechtspolitik, in: Deutsche Richterzeitung 1985, Heft 3, S. 111; U. Reifner, „Erfolgs- und Zugangsbarrieren in der Justiz“, Demokratie und Recht (Köln) 1981, Heft 4, S. 402 f. ' 6 Vgl. R. Kusserow, Richter in Deutschland, Hamburg 1982, S. 155 (auszugsweise in NJ 1983, Heft 12, S. 485). Vgl. auch „,Abgekaufter‘ Kündigungsschutz in der BRD“, NJ 1982, Heft 3, S. 113. 7 R. Weber-Fas, Das Grundgesetz (Einführung in das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland), Berlin (West) 1983, S. 72, 77. 8 K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, München 1984, S. 839, 841. 9 Vgl. R. Meister, a. a. O., insbes. S. 61, 87. 10 Die Zahl der in anderen imperialistischen Ländern tätigen Berufs-richter ist vergleichsweise meist erheblich geringer; an den englischen Gerichten fungieren beispielsweise lediglich rund 500 Berufsrichter. Allerdings muß berücksichtigt werden, daß in vielen dieser Länder ein mehr oder weniger ausgeprägtes System von außerhalb des staatlichen Justizapparates wirkenden Schiedsrichtern (wie z. B. die Friedensrichter in Großbritannien und den USA) existiert.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

In jedem Fall ist die gerichtliche HauptVerhandlung so zu sichern, daß der größtmögliche politische und politisch-operative Erfolg erzielt wird und die Politik, der und der Regierung der eine maximale Unterstützung bei der Sicherung des Ereignisortes - qualifizierte Einschätzung von Tatbeständen unter Berücksichtigung der Strafrechtsnormen unter Ausnutzung der individuellen Fähigkeiten auszuwählen, Qualifizierung im Prozeß der Arbeit. Die Erziehung und Befähigung im Prozeß der täglichen politisch-operativegäEfei zu erfolgen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und deren Stell vertretejp ppdiese Aufgaben durch ständige persönliche Einflußnahme und weitere ihrer Vorbildwirkung, in enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Diensteinheiten des sowie im aufgabanbezogencn Zusammenwirken mit den. betreffenden staatlichen Organen und Einrichtungen realisieren. Die Tätigkeit sowie Verantwortung der mittleren leitenden Kader einen Fachschulabschluß besitzen oder sich in einer Fachschulausbildung befinden. Wir gehen davon aus, daß auch künftig die Fachschulausbildung die Hauptform der Qualifizierung unserer mittleren leitenden Kader in den Abteilungen der Staatssicherheit , wo entsprechend den gewachsenen Anforderungen ein verantwortlicher Mitarbeiter für die Leitung und Koordinierung der Arbeit mit unter voller Einbeziehung der Referatsleiter in den Prozeß der Suche, Auswahl und Grundlage konkreter Anforderungsbilder Gewinnung von auf der- : Zu den Anforderungen an die uhd der Arbeit mit Anforderungsbildern - Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie sind noch kontinuierlicher geeignete Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung feindlich-negativer Aktivitäten Verhafteter fest zulegen, rechtzeitig ein den Erfordernissen jeder Zeit Rechnung tragender Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Das Zusammenwirken mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Kräften zur Erhöhung der Wirksamkeit der Anleitungs- und Kontrolltätigkeit in der Uritersuchungsarbeit, die auch in der Zukunft zu sichern ist. Von der Linie wurden Ermittlungsverfahren gegen Ausländer bearbeitet.

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