Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 267

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 267 (NJ DDR 1985, S. 267); Neue Justiz 7/85 267 Staaten immer zugunsten ihrer Friedenspflicht zu interpretieren sind, wenn Zweifel über eine Rechtslage existieren. Aus den beiden Elementen „Pflicht zur friedlichen Nutzung“ und „im Zweifel zugunsten der Friedenspflicht“ ergibt sich, daß eine Änderung der bestehenden Verpflichtungen für souveränitätsfreie Räume diejenigen Grenzen nicht unterschreiten darf, die durch diese Verträge für das Übergreifen des Wettrüstens errichtet wurden. Eine weitere Grenze zur Eindämmung des nuklearen Wettrüstens enthält ein anderer zur Universalität drängender Vertrag: der Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen von 196814, der mit dem Kontrollregime der Inter-rtationalen Atomenergieorganisation (IAEA) gekoppelt ist.15 Er hat dazu beigetragen, daß der Kreis der fünf Kernwaffen besitzenden Staaten bisher nicht erweitert wurde. Eine Schranke gegen die Gefahr des Ausbruchs eines Atomkrieges errichtet auch der Vertrag über das Verbot der Kernwaffenversuche in der Atmosphäre, im kosmischen Raum und unter Wasser (Teststopp-Abkommen) von 1963.16 Damit ist die Weiterentwicklung von Kernwaffen erschwert, wenn auch noch nicht unterbunden worden Der Abschluß eines Vertrags zum umfassenden und allgemeinen Verbot von Versuchen mit Kernwaffen, der auch unterirdische Versuche erfaßt, steht noch aus; er wird immer dringender von der Mehrheit der Staaten gefordert, aber von den USA blockiert. Die angeführten multilateralen Verträge errichten also verschiedene Schranken gegen das nukleare Wettrüsten. Sie verbieten insbesondere die Stationierung und Erprobung von Kernwaffen in souveränitätsfreien Räumen; die Erprobung dieser Vernichtungsmittel in der Atmosphäre, im Kosmos und unter Wasser; die Weitergabe von Nuklearwaffen an Staaten, die sie noch nicht besitzen, und ihr Erwerb durch diese Staaten. Verbot des Ersteinsatzes von Kernwaffen durch das humanitäre Völkerrecht ' Aus den völkerrechtlichen Regelungen für den Fall internationaler bewaffneter Konflikte, dem sog. humanitären Völkerrecht, ergibt sich in Verbindung mit dem Aggressionsverbot eine weitere Hemmschwelle für die Anwendung von Kernwaffen: das völkerrechtliche Verbot ihres Ersteinsatzes. Obgleich es bisher keine völkerrechtlichen Verträge gibt, die ausdrücklich den Einsatz von Kernwaffen untersagen, kann dennoch das völkerrechtliche Verbot ihres Ersteinsatzes nachgewiesen werden. Zu diesem Zweck müssen insbesondere die Normen des humanitären Völkerrechts, das bekanntermaßen kein Abrüstungsrecht im engeren Sinne ist, herangezogen werden, insbesondere die Haager Landkriegsordnung von 190717,. das Genfer Protokoll über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege V9n 192518 19, die vier Genfer Abkommen zum Schutz von Opfern internationaler bewaffneter Konflikte von 194918 sowie das Ergänzungsprotokoll I zu diesen Abkommen von 1977.20 Das Verbot des Ersteinsatzes von Kernwaffen ergibt sich m. E. aus der erweiterten Interpretation von Bestimmungen des humanitären Völkerrechts bzw. aus der Analogie zu bereits bestehenden Waffen verboten in Verbindung mit dem Aggressionsverbot. Insbesondere drei Grundsätze, die in diesen Normen enthalten sind, finden Anwendung: 1. daß die Kriegführenden kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Mittel und Methoden zur Schädigung des Feindes haben, ihm insbesondere keine unnötigen Leiden zufügen dürfen; 2. daß die eingesetzten Kampfmittel nicht unterschiedslos die Kombattanten und die Zivilbevölkerung treffen dürfen; 3. daß entsprechend der Martens’schen Klausel in der Präambel des IV. Haager Abkommens betr. die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs von 190721 die Kriegführenden durch die Grundsätze des Völkerrechts, der Menschlichkeit und des menschlichen Gewissens gebunden und geschützt sind. Die Martens’sche Klausel kann insbesondere gegen das schon damals bekannte und noch heute von den USA benutzte Argument ins Feld geführt werden, daß angeblich alles das, was nicht ausdrücklich völkerrechtlich verboten ist, erlaubt sei. Daß die Anwendung von Kernwaffen zu verheerenden Auswirkungen führt, daß sie die Zivilbevölkerung, ihre Lebensgrundlagen, die Umwelt in keiner Weise verschonen und mit großer Wahrscheinlichkeit die Vernichtung der menschlichen Zivilisation bringen würde, ist allgemein anerkannt. Die Erstanwendung von Kernwaffen widerspräche daher fundamental dem Sinn und Zweck der Humanisierung der Kriegführung, verletzte in eklatanter Weise die diesem Ziel dienenden Normen des humanitären Völkerrechts sowie die Grundprinzipien des Völkerrechts. Die Sowjetunion und die Volksrepublik China haben daher öffentlich und sich selbst bindend erklärt, daß sie niemals als erste Kernwaffen einsetzen würden.22 Eine analoge zwar juristisch nicht konstitutive, aber klarstellende Bereitschaftserklärung der westlichen Kernwaffenmächte hätte eine erhebliche vertrauensbildende Bedeutung. Das gilt besonders für die Friedenssicherung in Europa, denn die offizielle Militärdoktrin der NATO, die Strategie der flexiblen Erwiderung, schließt ausdrücklich den Ersteinsatz von Kernwaffen ein.23 Verträge zur Begrenzung der strategischen Rüstungen Den vierten Komplex eines sich entwickelnden völkerrechtlichen Abrüstungsrechts bilden bilaterale Verträge zwischen der UdSSR und den USA zur Begrenzung der strategischen Rüstungen. Durch sie werden die Waffen mit den am weitesten reichenden und gefährlichsten Wirkungen erfaßt. Dabei handelt es sich insbesondere um den Vertrag über eine Begrenzung der Raketenabwehrsysteme und um das Zeitweilige Abkommen über einige Maßnahmen auf dem Gebiet der Begrenzung der strategischen Offensivwaffen (SALT I), beide von 1972.24 Hierzu gehört auch der Vertrag über die Begrenzung der strategischen Offensivwaffen nebst Protokoll zum Vertrag (SALT II) von 1979.25 Zwar ist das SALT-II-Abkom-men von den USA nicht ratifiziert worden und also formell nicht in Kraft getreten; gleichwohl gehen beide Staaten davon aus, „daß das, was in diesem Abkommen von positiver Bedeutung ist, faktisch in Kraft treten soll“.26 Beide Abkommen beschränken die Zahl der strategischen Offensivwaffen und der Raketenabwehrsysteme, die jede Seite besitzen darf. Die SALT-Verträge sind Ausdruck der Tatsache, daß Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre trotz des Weiterbestehens von Asymmetrien bei verschiedenen Waffen und Waffensystemen und trotz anderer Unterschiede ein annäherndes militärstrategisches Gleichgewicht zwischen der UdSSR und den USA erreicht wurde. Das veranlaßte drei US-amerikanische Präsidenten, erstmalig in der Nachkriegsgeschichte der Abrüstungsverhandlungen, d. h. seit der Existenz der Atombombe, auf sowjetische Vorschläge zur vertraglichen Beschränkung von Militärpotentialen einzugehen und in der Vereinbarung über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der UdSSR und den USA von 197227 anzuerkennen, daß die friedliche Koexistenz die einzige Grundlage ihrer Beziehungen ist. Die beiden SALT-Abkommen und die sie begleitenden Dokumente von 1972, 1973, 1974 und 197928 sind nicht nur Ausdruck der Parität zwischen beiden Staaten im militärstrategischen Bereich, sondern enthalten auch verbal die Anerkennung dieser Tatsache und darüber hinaus die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Sicherheitsinteressen beider Seiten. Mehr noch: Die UdSSR und die USA vereinbarten, von diesem Punkt ausgehend und ihn allen Verhandlungen obligatorisch zugrunde legend, gemeinsame Schritte in Richtung auf eine allgemeine und vollständige Abrüstung zu gehen. 14 Völkerrecht, Dokumente, Teil 2, S. 608 fit. 15 Vgl. die Satzung der IAEA von 1957, in: Die Organisation der Vereinten Nationen, Dokumente, Teil III, Berlin 1962, S. 82 fit. 16 Völkerrecht, Dokumente, Teil 2, S. 526 fit. 17 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, Berlin 1980, S. 56 fit. 18 Völkerrecht, Dokumente, Teil 1, S. 78 1. 19 Völkerrecht, Dokumente, Teil l, S. 231 fit. 20 Für die DDR geltende völkerrechtliche Regeln der Kriegführung, Teil A, Berlin 1983, S. 252 fit. 21 H. Standke/L. Krumbiegel, Der Krieg im Völkerrecht, Dokumente, Berlin 1961, S. 174 fit. 22 Vgl. die Botschaft des Generalsekretärs des Zentralkomitees der KPdSU und Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR, L. I. Breshnew, an die 2. UN-Sondertagung der UN-Vollversammlung über Abrüstung, in: Dokumente zur Abrüstung 1977-1982, Berlin 1984, S. 343 fit. Zur Erklärung der Volksrepublik China vgl. horlzont 1985, Nr. 1, S. 6. 23 Vgl. B. W. Rogers, „NATO-Strategie; Erfordernisse für glaubwürdige Abschreckung und für Bündniszusammenhalt“, Europa-Archiv (Bonn) 1984, Heft 13, S. 390 fit. (Rogers ist seit 1979 Oberbefehlshaber der NATO.) 24 Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, S. 806 fit. und S. 810 fit. Vgl. dazu auch die Grundprinzipien für die Verhandlungen über die weitere Begrenzung der strategischen Ofitensivwaffen von 1973 und das Protokoll zum Vertrag über eine Begrenzung der Raketenabwehrsysteme von 1974, ln: Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, S. 873 f. und S. 915 f. 25 Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, S. 1070 fit. 26 Andrej Gromyko antwortet auf Fragen zum Treffen UdSSR USA in Genf, ND vom 14. Januar 1985, S. 3. 27 Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, S. 812 fit. 28 Vgl. dazu auch die Gemeinsame Erklärung über die Prinzipien und die Hauptrichtungen künftiger Verhandlungen über die Begrenzung strategischer Rüstungen von 1979, in: Völkerrecht, Dokumente, Teil 3, S. 1079 fit.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach durchgeführten Prüfungshandlungen ist in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit eine in mehrfacher Hinsicht politisch und politisch-operativ wirkungsvolle Abschlußentscheidung des strafprozessualen Prüfungsvertahrens. Sie wird nicht nur getroffen, wenn sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, e,pschaftlichkeit und Gesetzlich!:eit als Schwerpunkte erwfesen - die sichiere Beherrschung der strafverf aürensr echtliclien. Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß der Verdacht einer Straftat besteht und die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Das verlangt, vor Einleitung des Ermittlungsverfahrens anhand objektiver Kriterien und Umstände gewissenhaft zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ermöglicht. die Vornahme von Maßnahmen der Blutalkoholbestimmung sowie von erkennungsdienstlichen Maßnahmen. Diese Maßnahmen sind im strafprozessualen Prüfungsstadium zulässig, wenn sie zur Prüfung des Vorliegens des Verdachts einer Straftat kommen, aber unter Berücksichtigung aller politisch, politischoperativ und strafrecht lieh relevanten Umstände soll von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen werden.

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