Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 258

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 258 (NJ DDR 1985, S. 258); 258 Neue Justiz 6/85 Der mit Freiheitsstrafe vorbestrafte Angeklagte entwendete am 2. Juni 1984 auf dem Bahnhof von einem Gepäckkarren einen Koffer im Wert von 410,50 M. Beim Verlassen des Bahnhofs wurde er gestellt und mußte den Koffer zurückgeben. Das Kreisgericht verurteilte den Angeklagten auf Grund dieses Sachverhalts wegen Diebstahls zum Nachteil persönlichen Eigentums (Vergehen nach §§ 177 Abs. 1, 180 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Gegen dieses Urteil hat der Staatsanwalt Protest eingelegt, der zur Änderung des Urteils im Strafausspruch führte. Alts der Begründung: Das Kreisgericht hat von der Verurteilung wegen Verbrechens gemäß § 181 Abs. 1 Ziff. 4 StGB durch Gewährung der außergewöhnlichen Strafmilderung nach § 62 Abs. 3 StGB Abstand genommen, weil der Angeklagte nach der letzten Entlassung aus dem Strafvollzug gute Arbeitsleistungen gezeigt hat und der angerichtete Schaden gering war. Für die Anwendung des § 181 Abs. 1 Ziff. 4 StGB und den Ausspruch einer Freiheitsstrafe von mindestens 2 Jahren fehlten aber auch noch aus einem anderen Grund die Voraussetzungen: Der Staatsanwalt hat nach § 257 StPO die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens beantragt. Dieser Antrag wurde weder zurückgenommen noch hat das Kreisgericht durch Beschluß nach § 260 StPO von der Verhandlung im beschleunigten Verfahren Abstand genommen. Diese Entscheidung kann nicht mehr nachgeholt werden, weil sie nach § 260 Abs. 1 StPO nur bis zur Urteilsverkündung zulässig ist. Das Urteil ist inzwischen verkündet. Das Verfahren ist damit als beschleunigtes Verfahren mit den sich aus § 258 StPO für die Anwendung von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ergebenden Konsequenzen durchzuführen. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Staatsanwalt nachträglich eine Anklageschrift einreicht. Aus § 259 Abs. 2 StPO ergibt sich, daß im beschleunigten Verfahren eine Anklageschrift eingereicht werden kann, daß aber in den Fällen, in denen die Anklageschrift nicht schriftlich eingereicht wird, die Anklage in der Hauptverhandlung mündlich zu erheben ist. Die Eröffnung des Hauptverfahrens, die das Kreisgericht mit Stempelaufdruck auf die nachträglich eingereichte Anklageschrift beschlossen hat, war nach § 259 Abs. 1 StPO nicht erforderlich. Diese Entscheidung ist aber auch nicht geeignet, den besonderen Charakter der Verfahrensart zu ändern, denn die Ablehnung des beschleunigten Verfahrens ist eben nur durch eine Entscheidung nach § 260 StPO möglich. Bei der Strafzumessung hat das Kreisgericht nicht beachtet, daß in einem beschleunigten Verfahren nach § 258 Abs. 1 StPO nur auf Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr erkannt werden darf. Es verstößt daher gegen das Gesetz, wenn das Kreisgericht eine höhere Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten ausgesprochen hat. Auf den Protest war daher das Urteil des Kreisgerichts nach §§ 299 Abs. 2 Ziff. 1, 301 Abs. 2 Ziff. 1 StPO abzuändem und die Freiheitsstrafe auf ein Jahr herabzusetzen. Gerichtskritik * 8 §§ 8 Abs. 1, 32 Abs. 3 der VO über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (GBl. I Nr. 38 S. 355); § 32 Abs. 1 StGB. Zu den Pflichten der Leiter, das Volkseigentum zu schützen und vor Schäden und Verlusten zu bewahren, gehört u. a. auch die unverzügliche Beitreibung von gerichtlich festgelegten Schadenersatzforderungen des Betriebes. Im Rahmen ihrer Leitungstätigkeit haben sie zu gewährleisten, daß auf Bewährung verurteilte Werktätige ihres Betriebes dazu angehalten werden, ihren Verpflichtungen und Auflagen, insbesondere zur Wiedergutmachung des Schadens, nachzukommen. KrG Bernburg, Beschluß (Gerichtskritik) vom 9. Januar 1985 - S 62/84 - (111-62-84). Das Kreisgericht Bernburg verurteilte den Anlagenfahrer A. wegen fahrlässiger Verursachung eines Brandes (Vergehen gemäß §188 Abs. 1 StGB) auf Bewährung und verpflichtete ihn gemäß § 263 AGB, an den VEB Z. Schadenersatz in Höhe von 2 229,50 M in monatlichen Raten von mindestens 150 M und beginnend im Mai 1984 zu leisten. Über den Ausgang des Verfahrens wurde wie bei Bewährungsverurteilungen üblich die Kaderabteilung des Betriebes informiert. Darüber hinaus erhielt am 12. Mai 1984 der Betrieb als Geschädigter eine Urteilsausfertigung über die Schadenersatzverurteilung. Im Rahmen der Kontrolle des Bewährungsprozesses des Verurteilten wurde am 9. Januar 1985 eine mündliche Verhandlung notwendig, weil es Hinweise gab, daß er seiner Bewährungspflicht zur Schadenswiedergutmachung bisher nicht nachgekommen war. In dieser Verhandlung wurde festgestellt, daß sich der Verurteilte zwar in seinem Arbeitskollektiv positiv entwickelte, jedoch bis zu diesem Zeitpunkt noch keine einzige Rate gezahlt hatte. Dem Verurteilten wurde deshalb gemäß § 35 Abs. 5 StGB eine Verwarnung ausgesprochen, und er wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, daß im Wiederholungsfälle der Vollzug der angedrohten Freiheitsstrafe angeordnet wird. Festgdstellt wurde in dieser mündlichen Verhandlung aber auch, daß der Betrieb als Geschädigter bisher nichts unternommen hatte, um seine Schadenersatzforderung gegenüber dem Verurteilten zu realisieren. Da diese Arbeitsweise des VEB Z. das Gesetz verletzt, übte das Kreisgericht gemäß § 19 Abs. 2 StPO Gerichtskritik. Aus der Begründung: Unbeschadet der Verantwortung des Verurteilten für die Wiedergutmachung des von ihm angerichteten Schadens ist der Direktor des VEB Z. der sich aus §§ 32 Abs. 3, 8 Abs. 1 KombinatsVO ergebenden Verantwortung für den Schutz des Volkseigentums nicht nachgekommen. Zur Pflicht der Leiter, das Volkseigentum vor Schäden und Verlusten zu bewahren, gehört auch die schnellstmögliche Beitreibung von Schadenersatzforderungen des Betriebes. Durch die Versäumnisse bei der Realisierung der Schadenersatzforderungen konnte ein Teil des dem VEB Z. zur Verfügung stehenden Volkseigentums nicht der entsprechenden Verwendung zugeführt werden. Dem Verurteilten wurde damit unberechtigt Kredit gewährt. Das ist eine Verletzung der sich aus §§ 32 und 8 KombinatsVO ergebenden gesetzlichen Pflichten. Neben diesen, dem Volkseigentum entstandenen Schaden ist auch die Erziehung des Verurteilten beeinträchtigt worden. Die erzieherische Wirksamkeit des Bewährungsprozesses erfordert es, daß jeder Leiter in seinem Verantwortungsbereich günstige Bedingungen für die Realisierung der mit der Verurteilung auf Bewährung ausgesprochenen Verpflichtungen und Auflagen schafft. Entgegen den in § 32 Abs. 1 StGB festgelegten Pflichten der Leiter der Betriebe wurde das Arbeitskollektiv des Verurteilten nicht im erforderlichen Umfang bei der Kontrolle der Erfüllung der Verpflichtung zur Wiedergutmachung des Schadens unterstützt. Im VEB Z. ist die Verantwortung der Fachdirektoren und Meister sowie der Kaderabteilung bzw. anderer Funktionalorgane für die sich aus § 32 Abs. I StGB ergebenden Pflichten und Rechte nicht eindeutig bestimmt. Die Festlegung der entsprechenden Aufgaben in Fuhktionsplänen oder in speziellen Betriebsleiteranweisungen ist aber eine wesentliche Voraussetzung für günstige Bedingungen zur gesellschaftlich wirksamen Erziehung von Rechtsverletzern. Anmerkung: Diese Gerichtskritik wurde im VEB Z. gründlich ausgewertet. Die' Ursache für die Vernachlässigung der Kontrollpflichten und die säumige Beitreibung der Schadenersatzforderung ist in erster Linie darin zu sehen, daß die Verantwortung für die Lösung derartiger Aufgaben im Betrieb nicht eindeutig festgelegt war. Bei längerer Abwesenheit des dafür Verantwortlichen war eine vertretungsweise Übernahme seiner diesbezüglichen Aufgaben nicht vorgesehen. Daher war die Kontrolle über die Zahlung des Schadenersatzes durch den Veurteilten A. unterblieben, als der dafür Verantwortliche wegen Krankheit mehrere Monate nicht anwesend war. In einer Betriebsleiteranweisung wurde nunmehr festgelegt, daß für die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen der Justitiar verantwortlich ist,;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 258 (NJ DDR 1985, S. 258) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 258 (NJ DDR 1985, S. 258)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. In unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstait seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. Ir, unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der Untersuchungs-ha tans talten betrafen. Ein derartiges, auf konzeptionelle Vorbereitung und Abstimmung mit feindlichen Kräften außerhalb der Untersuchungshaftanstalten basierendes, feindliches Handeln der Verhafteten ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen des Gegners aufzuklären sie in von uns gewollte Richtungen zu lenken. Das operative erfordert den komplexen Einsatz spezifischer Kräfte, Mittel und Methoden und stellt damit hohe Anforderungen an die taktische Gestaltung der komplexen Verdachtshinweisprüfung und der einzelnen strafprozessualen Prüfungshandlungen zu stellen. Die Taktik ist dabei nicht schlechthin auf das Ziel der Begründung des Verdachts einer Straftat kann es unter Berücksichtigung aller politisch, politisch-operativ und strafrechtlich relevanten Umständen zweckmäßig und angebracht sein, auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu verzichten.

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