Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 187

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 187 (NJ DDR 1985, S. 187); Neue Justiz 5/85 187 Rückblick eines sowjetischen Rechtswissenschaftlers auf seine Gastprofessur in der DDR in den 50er Jahren Prof. Dr. sc. Dr. h. c. NIKOLAI SERGEJEWITSCH ALEXEJEW, Verdienter Wissenschaftler der RSFSR, Leiter des Lehrstuhls für Strafprozeß und Kriminalistik der Leningrader Staatlichen Universität, Chefredakteur der Zeitschrift „Prawowedenije“ Als mir das Ministerium für Hochschulbildung der UdSSR im Jahre 1953 vorschlug, als Gastprofessor an einer Universität der DDR tätig zu werden, kam dieses Angebot für mich unerwartet. Ich hatte früher in der Staatsanwaltschaft gearbeitet, während des Krieges in der Sowjetarmee gedient und nach dem Sieg über den Faschismus meine wissenschaftliche Aspirantur abgeschlossen. Seit 1949 lehrte ich als Dozent an der Juristischen Fakultät der Leningrader Staatlichen Universität. Nach einem eingehenden Gespräch mit dem Minister für Hochschulbildung nahm ich das Angebot an und reiste im Januar 1954 in die DDR. Bis dahin war ich mit Deutschen nur als Gegner an der Front zusammengetroffen. Mich bewegten deshalb natürlich Zweifel und die Frage, wie sich die Beziehungen unter so völlig anderen Bedingungen gestalten würden. Aber bereits bei der Ankunft begegneten mir die Mitarbeiter der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft in Potsdam-Babelsberg mit großer Herzlichkeit. Die Aufgaben, die ich während meines drei Jahre währenden Aufenthalts in der DDR zu lösen hatte, waren äußerst vielseitig. Ich hielt vor Studenten verschiedener Ausbildungsrichtungen Vorlesungen über Strafrecht, führte Seminare zur Weiterbildung von Nachwuchswissenschaftlern durch, stand für Konsultationen sowohl zu inhaltlichen Fragen des Strafrechtskurses als auch zu methodischen Problemen zur Verfügung. Regelmäßig nahm ich an den Sitzungen des Instituts für Strafrecht der Akademie teil, mit dessen damaligem Direktor, Hans Hinderer, mich eine enge Zusammenarbeit verband. Natürlich gab es in jener Zeit noch viele Schwierigkeiten: Es fehlten Lehrbücher und anderes Studienmaterial; es standen damals lediglich einige strafrechtliche Monographien zur Verfügung, und die erste systematische Darstellung, das Lehrbuch des Strafrechts der DDR, Allgemeiner Teil, erschien erst 1957. Die Zahl der Professoren und Dozenten ' War sehr gering, und es mangelte den Lehrkräften an Erfahrungen. Die Ausbildungszeiten für Juristen waren sehr kurz. Bei einem Teil der Studenten machte sich ungenügende Allgemeinbildung bemerkbar. Trotzdem erfüllte das Kollektiv der Lehrkräfte des Instituts für Strafrecht seine Aufgaben im großen und ganzen erfolgreich. Hervorzuheben ist vor allem die Unterstützung, die es von der Parteiorganisation der SED und vom Rektor der Akademie erhielt. Die Akademie ihrerseits erfuhr ständige Hilfe durch Funktionäre aus dem Apparat des Zentralkomitees der SED, so durch Karl Polak, Klaus Sorgenicht und Josef Streit, und insbesondere durch den damaligen Justizminister, Hilde Benjamin. Bereits am Beginn meiner Lehrtätigkeit in der DDR fand der IV. Parteitag der SED (30. März bis 6. April 1954) statt. Er orientierte die Organe der Staatsmacht u. a. darauf, die Verbindung mit den Volksmassen zu festigen und strikt die sozialistische Gesetzlichkeit einzuhalten. Das Ministerium der Justiz der DDR zog daraus konkrete Schlußfolgerungen für die weitere Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit, insbesondere für die Differenzierung in der Rechtsprechung und für den wirksamen Schutz des Volkseigentums und der Rechte der Bürger. Zugleich wurden wichtige Festlegungen für die Aus- und Weiterbildung der juristischen Kader getroffen. So begann im Herbst 1954 an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft für rund 700 Richter und Staatsanwälte ein dreijähriges Fernstudium. Hierbei konnten langjährige Erfahrungen aus dem juristischen Fernstudium in der Sowjetunion genutzt werden. Die Aufgabe, alle Volksrichter und Volksstaatsanwälte der DDR bis zum Jahre 1960 durch das Fernstudium zum juristischen Staatsexamen zu führen, wurde erfolgreich gelöst. Fast alle Teilnehmer erwarben den akademischen Grad eines Diplom-Juristen. In meinen Vorlesungen, Seminaren und Konsultationen bemühte ich mich, insbesondere die sowjetischen Erfahrungen bei der Mitwirkung der Werktätigen an der Vorbeugung und Bekämpfung der Kriminalität zu vermitteln, die Formen und Methoden dieser Mitwirkung an konkreten Beispielen darzustellen. Eine große Rolle spielten auch Fragen der Teilnahme der Bürger an der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Gerichtsverfahren mit dem Ziel, die gesell- schaftliche Wirksamkeit des Verfahrens zu erhöhen. Dabei ging es in den Diskussionen speziell um die Effektivität der Mitwirkung von Schöffen sowie von gesellschaftlichen Anklägern und Verteidigern an den Verfahren, um die Teilnahme von Arbeitskollektiven oder Kollektiven aus dem Wohngebiet an der Überwindung von Rechtsverletzungen bzw. an der Lösung rechtlicher Konflikte außerhalb des Gerichtsverfahrens, um die Aufgaben und die Arbeitsweise der Kameradschaftsgerichte, um die Verwirklichung von Strafen ohne Freiheitsentzug, um Erfahrungen bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität und bei der Erziehung jugendlicher Straftäter. Diese und andere Fragen bewegten seinerzeit Juristen in der DDR und in der UdSSR im besonderen Maße, sie entsprachen dem Stand der gesellschaftlichen Entwicklung und erheischten eine Beantwortung durch den Gesetzgeber. Über solche Grundfragen der sozialistischen Gesetzlichkeit im Strafverfahren wurde in Auswertung der 3. Parteikonferenz der SED (24. bis 30. März 1956) auch auf einer zentralen Konferenz der Richter und Staatsanwälte der DDR im Mai 1956 und auf einer zentralen Schöffenkonferenz im November 1956 lebhaft diskutiert. Die klare Orientierung der 3. Parteikonferenz der SED führte zum Erlaß des Strafrechtsergänzungsgesetzes vom 11. Dezember 1957, dem ersten Gesetz in der Geschichte der DDR, das grundsätzliche Fragen sozialistischer Strafpolitik behandelte und insgesamt die Schwerpunkte der Gesetzlichkeit auf dem Gebiet des Strafrechts erfaßte. In der Sowjetunion wurde Mitte der 50er Jahre ausführlich über die Vervollkommnung der Justizgesetzgebung diskutiert. Mir wurde im Sommer 1955 Gelegenheit gegeben, im Ministerium der Justiz der DDR über die Vorarbeiten an der neuen sowjetischen Strafgesetzgebung und über den Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu strafrechtstheoretischen Fragen zu referieren.1 Mehr als drei Jahre später, am 25. Dezember 1958, beschloß der Oberste Sowjet der UdSSR dann die Grundlagen der Gerichtsverfassung, die Grundlagen der Strafgesetzgebung sowie die Grundlagen der Strafprozeßgesetzgebung. Auf dieser Basis wurden in den Unionsrepubliken Gerichtsverfassungsgesetze, Strafgesetzbücher und Strafprozeßordnungen geschaffen. Ich hatte damals schon wieder an die Leningrader Universität zurückgekehrt die Möglichkeit, den Juristen in der DDR über einige herausragende Aspekte der neuen sowjetischen Gesetzgebung zu berichten: über die Entwicklung des Strafprozeßrechts, über die Entwicklung des materiellen Strafrechts, über die Rolle des gesellschaftlichen Anklägers und gesellschaftlichen Verteidigers im Strafverfahren sowie über die Besonderheiten des Jugendstrafverfahrens.1 2 Über die Lehrtätigkeit an der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft hinaus hielt ich auch einzelne Vorlesungen an den damaligen Juristischen Fakultäten der Universitäten in Berlin, Leipzig, Jena und Halle sowie an der Hochschule der Deutschen Volkspolizei. Ich führte Seminare und Konsultationen mit wissenschaftlichen Aspiranten durch und hatte zahlreiche Aussprachen mit Mitarbeitern der Justizorgane, insbesondere mit den Richtern und Staatsanwälten im Fernstudium. Natürlich wurden bei diesen Begegnungen nicht nur Fragen des unmittelbaren Lehrstoffs erörtert; vielmehr gab es Anfragen zum Gesellschafts- und Staatsaufbau in der UdSSR, zum Bildungssystem, zur Rolle von Ehe und Familie u. a. m. In den 50er Jahren wurden in der DDR große Anstrengungen unternommen, die Strafrechtswissenschaft als Bestandteil der marxistisch-leninistischen Gesellschaftswissenschaften zu entwickeln und dabei die Erkenntnisse der Strafrechtswissenschaft anderer sozialistischer Länder auszuwerten. Wichtige Meilensteine auf dem Wege der Strafrechtswissenschaft der DDR, die heute einen geachteten Platz einnimmt und auch für Juristen des Auslands von großem Interesse ist, waren u. a. die Monographien von Hans Geräts über die 1 Vgl. den Bericht ln NJ 1955, Heft 14, S. 440 f. 2 Vgl. die Beiträge ln NJ 1959, Heft 17, S. 577 f.; NJ 1950, Heft 15, S. 487 ff.; NJ 1951, Heft 1, S. 24 ff.; NJ 1964, Heft 21, S. 660 ff.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung festzulegen. Durch die Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind alle erforderlichen politisch-operativen Maßnahmen zu planen und vorzubereiten, die in Spannungsperioden und unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes die staatliche Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik. Der Erfolg der offensiven Aufspürung feindlicher Tätigkeit im Innern der Deutschen Demokratischen Republik, die Überführung der Täter und die Gewährleistung der Konspiration der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung der gegen die Staats- und Gesellschaftsordnung der gerichteten politischen Untergrundtätigkeit Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren ist die reale Einschätzung des Leiters über Aufgaben, Ziele und Probleme, die mit dem jeweiligen Ermittlungsverfahren in Verbindung stehen. Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Ordnung und Sicherheit während des gesamten Untersuchungshaftvollzuges, das heißt, von der Aufnahme bis zur Entlassung aus der Untersuchungshaft der Überführung in den rafvollzug, zu gewährleisten.

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