Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 180

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 180 (NJ DDR 1985, S. 180); 180 Neue Justiz 5/85 Die ersten Jahre des Aufbaus einer antifaschistisch-demokratischen Justiz Der 40. Jahrestag des Sieges über den Hitlerfaschismus und der Befreiung des deutschen Volkes ist Anlaß zur allseitigen Bilanz des Erreichten. Das schließt auch die Entwicklung unserer Justiz ein und die Würdigung jener Ereignisse und Taten, die zum heutigen Stand der sozialistischen Rechtspolitik und Rechtssicherheit in der DDR führten. Dr. Gerhard Steffens und Heinz Graf sprachen darüber am 26. März 1985 in Berlin mit den Justizaktivisten der ersten Stunde: Gerhard Barth, Staatsanwalt beim Staatsanwalt des Bezirks Erfurt, Carlos Foth, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR, Käte Fröhbrodt, ehern. Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR, Herbert Geyer, ehern. Staatsanwalt des Bezirks Erfurt, Hans Heilborn, Hauptabteilungsleiter im Ministerium der Justiz, Gottfried Hejhal, Oberrichter am Obersten Gericht, Paul Siegel, Richter am Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt, Rudolf Wedler, Direktor des Kreisgerichts Erfurt-Süd. Viel von dem Gesagten wäre des Festhaltens wert. Leider Ist es uns aus Platzgründen nur möglich, einen Teil des Gesprächs nachstehend wiederzugeben. Dabei übermitteln wir gern die Bitte der Gesprächsteilnehmer an alle Genossen und Kollegen, die gleichermaßen Anteil am Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Justiz hatten, Ereignisse, Erlebnisse und Erkenntnisse aus der hier erörterten Zeit ebenfalls aufzuschreiben und sie ihren Dienststellen zur Verfügung zu stellen. D. Red. Mit dem 8. Mai 1945 schlug auch die Geburtsstunde einer antifaschistisch-demokratischen Justiz. Wie und wann kamen Sie zur Justiz? Welche Arbeitsbedingungen fanden Sie vor? Hans Heilborn: Als ich am 1. August 1945 auf Empfehlung der sowjetischen Kommandantur meinen Dienst in der Staatsanwaltschaft in meiner Heimatstadt Frankfurt/Oder begann, fand ich Hunderte von schlecht und recht bearbeiteten Ermittlungsverfahren vor, denn auch die neue Polizei hatte noch keine Fachleute, und das schlimmste war, weil man selbst noch nicht die erforderlichen Kenntnisse hatte, merkte man erst viel zu spät, daß nur unzureichend vorgearbeitet worden war. Und was waren das für Verfahren! Es gab praktisch nichts, was damals nicht gestohlen wurde. Es gab Vorgänge über Mord und Totschlag was zählte schon nach diesem Krieg ein Menschenleben für Menschen, die der faschistische Krieg erst fanatisiert und dann entwurzelt hatte , Strafsachen gegen Schieber und Spekulanten und dazu den klaren Auftrag der Kommandantur, so schnell wie möglich eine geordnete Rechtspflege in Gang zu setzen. Und unter welchen Arbeitsbedingungen arbeiteten wir: viel lernen, wenig essen, oft frieren; keine Anerkennung, viel Kritik, objektive Schwierigkeiten; ein primitiver Tisch, dazu eine Munitionskiste, später ein wackliger Stuhl als Sitzgelegenheit. Es gab Stromsperren und vernagelte Fenster sowie Foto: ADN-ZB Stehwagen der Straßenbahn, wenn man zur Arbeit fahren wollte. Und trotzdem, es ging ständig voran mit dem Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Justiz. Gottfried Hejhal: Eine antinazistische Erziehung im Elternhaus und meine Erlebnisse als 17- bzw. 18jähriger Soldat und Kriegsgefangener ließen in mir die Erkenntnis reifen, daß sich so etwas Schreckliches wie der zweite Weltkrieg nicht wiederholen darf und seinen Urhebern ein für allemal der Boden entzogen werden muß. Deshalb war ich, als mir wenige Tage nach meiner Rückkehr aus sowjetischer Gefangenschaft Ende Oktober 1945 das Angebot gemacht wurde, mich am Aufbau des wiedereröffneten Amtsgerichts Freital zu beteiligen, sofort dazu bereit, und ich begann Anfang November 1945 meine Tätigkeit als Grundbuchschreiber. Richter waren ein älterer Amtsgerichtsrat und ein im hohen Alter stehender Richter des früheren Oberlandesgerichts, die beide nicht der NSDAP angehört hatten. Da die Verbindung zum übergeordneten Landgericht in Dresden recht lose war, wickelte sich die ganze Arbeit im wesentlichen auf der Ebene des Amtsgerichts ab. Wenig später übernahm ich die Tätigkeit eines Amtsanwalts beim Amtsgericht Freital. Ausgerüstet mit einem aus dem Jahre 1905 stammenden Buch „Der sächsische Amtsanwalt“ hatte ich die eigenverantwortliche Anklage in allen Übertretungs-, Diebstahls-, Unter-schlagungs- und Betrugsfällen zu übernehmen sowie die Anklage in allen von der Staatsanwaltschaft Dresden kommenden größeren Strafverfahren zu vertreten und das alles ohne jede konkrete Anleitung und Hilfe. Aber es war eine Aufgabe, die mich mitriß. Gerhard Barth: Am 25. Oktober 1945, wenige Tage nach meiner Entlassung aus sowjetischer Gefangenschaft, wurde ich auf meine Bewerbung nach eingehender Eignungsprüfung bei der Staatsanwaltschaft in Weimar als Justizangestellter mit der Gehaltsgruppe IX (ca. 145 M netto monatlich) eingestellt. Da zu dieser Zeit bereits die Säuberung der Justiz von solchen Beamten vorbereitet wurde, die Mitglied der Nazipartei waren, wurde ich sofort als Strafregisterführer und Kanzlist eingesetzt. Die Bedingungen waren insoweit kann ich das nur bestätigen nicht einfach, insbesondere was Unterbringung, Heizung, Ernährung, Besetzung der Dienststelle, materielle Sicherstellung und kollektive Zusammenarbeit betraf. Paul Siegel: Ich hatte im Rundfunk gehört, daß Teilnehmer für einen Richterlehrgang gesucht werden. Durch Vermittlung der Kreisleitung Annaberg der KPD, deren Mitglied ich seit Oktober 1945 war, stellte ich mich einer Prüfungskommission in Dresden vor und wurde angenommen. Der Lehrgang begann im März 1946, und es war schon eine große Leistung, unter den gegebenen schwierigen materiellen Bedingungen und ohne jegliche Erfahrungen solche Lehrgänge durchzuführen. Gegenüber ähnlichen Lehrgängen in den anderen Ländern hatten wir den Vorteil einer internatsmäßigen Unterbringung. Das begünstigte sehr den fruchtbaren Meinungsaus-;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 180 (NJ DDR 1985, S. 180) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 180 (NJ DDR 1985, S. 180)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung bezieht sich sowohl auf die Vorbereitung und Durchführung als auch auf den Abschluß von Untersuchungshandlungen gegen Angehörige Staatssicherheit sowie auf weiterführende Maßnahmen, Ausgehend vom aufzuklärenden Sachverhalt und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Eignungskriterien, operativen Möglichkeiten Leistungs- und Verhaltenseigenschaften und Bereitschaft zur operaJaven jZusammenarbeit eine Einheit bilden und der konkreten operativen Aufgabenstellung sowie den Regimebedingungen entsprechen müssen.

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