Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 177

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 177 (NJ DDR 1985, S. 177); Neue Justiz 5/85 177 Die Herausbildung antifaschistisch-demokratischer Justizorgane nach dem 8. Mai 1945 Dr. Dr. h. c. HEINRICH TOEPLITZ, Präsident des Obersten Gerichts Heute, 40 Jahre nach dem 8. Mai 1945, besteht Klarheit darüber, daß der Sieg der Roten Armee als Hauptkraft der Anti-Hitler-Koalition über Nazi-Deutschland das bedeutendste Ereignis in der Geschichte Europas seit der Oktoberrevolution war. Er erfnöglichte dem Volk im Osten Deutschlands eine demokratische und sozialistische Entwicklung entsprechend den Grundsätzen des Potsdamer Abkommens, sicherte weiteren Völkern Ost- und Südosteuropas die Verwirklichung ihres Selbstbestimmungsrechts und schuf die Voraussetzungen für 40 Jahre friedlichen Lebens in Europa. Die grundlegenden Lehren aus dieser Zeit der deutschen Vergangenheit bestanden darin, daß Faschismus und Krieg nur dann für immer ausgeschlossen werden können, wenn sich alle demokratischen Kräfte um die Arbeiterklasse und ihre geeinte Partei zu gemeinsamem Handeln zusammenschließen, daß nicht nur die ideologischen, sondern auch die ökonomischen Wurzeln des deutschen Faschismus und Imperialismus ausgerottet werden, daß den Bürgern demokratische Rechte und Freiheiten gesichert werden, die Feinde der Demokratie und der Freiheit aber' sich auf unserem Boden nie wieder frei betätigen dürfen. Jeder dieser Lehren lagen bittere Erfahrungen des deutschen Volkes seit der Novemberrevolution 1918 nicht erst seit dem Beginn der Naziherrschaft im Januar 1933 zugrunde. Besonders ernste Schlußfolgerungen mußten für die Justizorgane gezogen werden. Bereits in der Weimarer Republik spielte ein großer Teil der auf Lebenszeit ernannten kaiserlichen Richter eine reaktionäre Rolle. Am deutlichsten kam das in der Begünstigung rechtsradikaler Fememörder und Putschisten so wurde z. B. der spätere hohe Nazi-Führer Martin Bormann wegen Beteiligung an einem Fememord nur zu einem Jahr Gefängnis verurteilt und in den harten Urteilen gegen aktive Revolutionäre linker Parteien und Gruppen zum Ausdruck. Die Begünstigung der Mörder Karl Liebknechts, Rosa Luxemburgs und Walter Rathenaus durch die Justizorgane ist allgemein bekannt. Auch in zahlreichen Verfahren wegen Verunglimpfung der Republik und ihrer führenden Politiker wurde die immer noch republikfeindliche Haltung der Richter bis hinauf zum Reichsgericht sichtbar. Nur ein kleiner, im Republikanischen Richterbund zusammengeschlossener Teil der Richter zu den heute noch lebenden gehört der ehemalige Oberrichter am Obersten Gericht Dr. Kurt Cohn bemühte sich um eine konsequent demokratische Justiz. Diese Richter wurden 1933 aus der Justiz entfernt. Die anderen gingen wie die weitaus meisten Staatsanwälte fast ausnahmslos als Mitglieder der Nazi-Partei den Weg des faschistischen Terrors, der mit Recht auch im bürgerlich-kapitalistischen Sinne nichts mehr gemein hatte. Die Legende, daß das damalige Reichsgericht sich dem Nazi-System nicht angepaßt hätte und deshalb der Volksgerichtshof gegründet worden wäre, hat F. K. K a u 1 gründlich widerlegt.1 Das Programm für die Herausbildung neuer Justizorgane umriß der Aufruf des Zentralkomitees der KPD vom 11. Juni 1945 in Ziff. 3 mit den Worten: „Umbau des Gerichtswesens gemäß den neuen demokratischen Lebensformen des Volkes.“2 3 Die wichtigste Frage dabei war, welche Menschen nach der Entfernung aller nazistisch belasteten Richter und Staatsanwälte Recht sprechen, insbesondere Straftaten verfolgen sollten. Ausbildung eines neuen Kaderbestandes für die Justizorgane Da die Zahl der antifaschistischen Juristen sehr gering war, wurden politisch erfahrene Nichtjuristen im Soforteinsatz tätig.2 Für die Entwicklung in Berlin war typisch, daß diese nach Bildung der Vier-Mächte-Kommandantur unter Mitwirkung der Leiter der Berliner Justiz alle bis auf Max Berger4 wieder aus der Justiz ausscheiden mußten. In den - 5 Ländern der sowjetischen Besatzungszone (Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen) be- gann 1946 die Ausbildung an den Richterschulen. Diese Ausbildung dauerte zunächst 6 Monate und wurde dann auf ein Jahr verlängert. 1952 wurde in Babelsberg, wo die Lehrgänge der Richterschulen der einzelnen Länder zusammengeführt worden waren, der erste Zwei-Jahres-Lehrgang abgeschlossen, und ich war sehr froh, als damaliger Staatssekretär im Ministerium der Justiz diesen Lehrgang verabschieden zu können. In Berlin war die Lage komplizierter, da die reaktionäre Leitung der Berliner Gerichte 1946 Volksrichterkurse und den Einsatz von Volksrichtern nicht zuließ und selbst im Frühjahr 1948 die Entfernung der nazistisch belasteten Richter und Staatsanwälte noch nicht abgeschlossen war. Nach der Spaltung der Stadtverwaltung als Folge der separaten Währungsreform in den Westsektoren im Jahre 1948 wurden die Berliner Justizorgane erst im Februar 1949 gespalten. Eine Reihe von Richtern aus dem sowjetischen Sektor ging in diesem Zusammenhang nach Westberlin. Um die Gerichte wieder funktionsfähig 2u machen, führten wir ich arbeitete damals beim demokratischen Magistrat einen Sechs-Wochen-Lehrgang für zukünftige Richter und Staatsanwälte durch, ln ihm wurden nur Strafrecht und Strafprozeßrecht gelehrt. Als nach drei Wochen der einzige Dozent kapitulierte, führte ich den Lehrgang zu Ende. Einige Volksrichter wurden vom Land Brandenburg nach Berlin delegiert, darunter die spätere Oberrichterin am Obersten Gericht Elfriede G ö 1 d n e r. Danach wurde auch in Berlin ein Sechs-Monate-Lehrgang für Volksrichter eingerichtet. Ich stand,als (nebenberuflicher) Dozent für Zivilrecht vor dem Problem, das BGB mit seinem abstrakt-formalen Inhalt den angehenden Volksrichtern zu vermitteln.5 Wir versuchten, vom konkreten Kaufvertrag und anderen Geschäften des täglichen Lebens ausgehend, die Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts verständlich zu machen. Auch in Berlin gingen wir dann zu längeren Lehrgängen über, bis mit der Gründung der DDR die Juristenausbildung einheitlich gestaltet wurde. Ich möchte die Feststellung H. Benjamins6 unterstreichen, daß ehemalige antifaschistische Widerstandskämpfer aus ihren persönlichen Erfahrungen große Abneigung gegen die Justiz empfanden und es deshalb nicht immer leicht war, sie für den Beruf eines Richters oder Staatsanwalts zu gewinnen. In einem Fernsehfilm über die illegale Arbeit und die Befreiung des Zuchthauses Brandenburg kam das drastisch zum Ausdruck. Über die Leistungen und die Entwicklung der damaligen Volksrichter und Volksstaatsanwälte, von denen der weitaus größte Teil in den 50er Jahren im Fernstudium das Staatsexamen Ablegte, ist viel veröffentlicht worden, das ich nicht wiederholen will. Ebenso ist bekannt, wieviel leitende Justizfunktionäre aus ihren Reihen hervorgegangen sind. Aber nur die älteren Mitarbeiter der Justizorgane werden heute noch wissen, daß in einigen der damaligen Länder und auch an manchen Gerichten der Einsatz der Volksrichter zu einer Frage der Klassenauseinandersetzung wurde. So erging z. B. noch am 23. September 1946 im Land Brandenburg eine Verordnung über die Befähigung zum Richteramt, nach der die Volksrichter in eine niedrigere Besoldungsgruppe als die „Volljuristen“ eingestuft wurden.7 Heute sind zwei prinzipielle Feststellungen erforderlich: 1. Nur der Weg über den Soforteinsatz politisch erfahrener 1 Vgl. F. K. Kaul, Geschichte des Reichsgerichts, Bd. IV (1933-1945), Berlin 1971. Die weiteren geplanten Bände hat F. K. Kaul nicht mehr geschrieben. Siehe auch H. Toeplitz, „Das Reichsgericht -ein wichtiger Bestandteil des nazistischen Herrschaftsmechanismus“ (Bemerkungen zur „Geschichte des Reichsgerichts“ [Bd. IV] von Prof. Dr. F. K. Kaul), NJ 1971, Heft 12, S. 360 ff. 2 Zitiert nach: Geschichte des Staates und des Rechts der DDR, Dokumente 1945 1949, Berlin 1984, S. 48. 3 Vgl. „8. Mai 1945: Geburtsstunde einer antifaschistisch-demokratischen Justiz“ (Interview mit Prof. Dr. Hilde Benjamin), NJ 1975, Heft 9, S. 252. 4 Max Berger war im Jahre 1945 Staatsanwalt beim Berliner Landgericht und später erster Militäroberstaatsanwalt der DDR. 5 Vgl. „8. Mai 1945: Geburtsstunde“, a. a. O., S. 255. 6 Vgl. „8. Mai 1945: Geburtsstunde “, a. a. O., S. 253. 7 Vgl.: Zur Geschichte der Rechtspflege der DDR 1945 1949, Berlin 1976, S. 95.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 177 (NJ DDR 1985, S. 177) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 177 (NJ DDR 1985, S. 177)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit gestellten Forderungen kann durch Staatssicherheit selbst kontrolliert werden. Das Gesetz besitzt hierzu jedoch keinen eigenständigen speziellen Handlungsrahmen, so daß sowohl die sich aus den Sicherheitserfordernissen der sozialistischen Gesellschaft und der Sicher- heitspolitik der Partei ergebende generelle Anforderung an die Arbeit Staatssicherheit . Diese generelle Anforderung besteht in der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und der politischen, ökonomischen und sozialen Erfordernisse der ist es objektiv notwendig, alle eingewiesenen Antragsteller auf ständige Wohnsitznahme umfassend und allseitig zu überprüfen, politisch verantwortungsbewußt entsprechend den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen die Aufgabe, vorbeugend jede Erscheinungsform politischer Untergrundtätigkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Aufklärung der Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, im Berichtszeitraum schwerpunktmäßig weitere wirksame Maßnahmen zur - Aufklärung feindlicher Einrichtungen, Pläne, Maßnahmen, Mittel und Methoden im Kampf gegen die Feinde auch außerhalb der Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik ein. Die vorliegende Richtlinie enthält eine Zusammenfassung der wesentlichsten Grundprinzipien der Arbeit mit Inoffiziellen Mitarbeitern im Operationsgebiet. Sie bildet im engen Zusammenhang mit der Richtlinie für die Zusammenarbeit mit Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit und Inoffiziellen Mitarbeitern im Gesamtsystem der Sicherung der Deutschen Demokratischen Republik - befanden. Bei einem anderen Inhaftierten wurde festgestellt, daß er die von ihm mrtgefSforten Zeltstangen benutzt hatte, um Ggldscheine in Markt der Deutschen Demokratischen Republik eiier zielgerichteten Befragung über den Untersuchungshaft- und Strafvollzug in der Deutschen Demokratischen Republik durch westdeutsche und us-amerikanische Geheimdienste unterzogen werden.

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