Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 176

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 176 (NJ DDR 1985, S. 176); 176 Neue Justiz 5/85 liehe Maß an Eigenverantwortung deutscher Antifaschisten zu verweisen. Die Abrechnung mit dem Faschismus vollzog sich hier wie überall im Rahmen der Direktiven des Alliierten Kontrollrates und der jeweiligen Besatzungsmacht. Unmittelbare Vollstrecker der antifaschistischen Politik aber waren Hunderttausende Männer, Frauen und Jugendliche, die als Vertreter der neuen Verwaltungen seit dem Herbst 1946 auch als demokratisch gewählte Abgeordnete , als Funktionäre antifaschistisch-demokratischer Parteien und Massenorganisationen, als Mitglieder von Betriebsräten, Ent-nazifizierungs-, Bodenreform-, Sequester- oder Kontrollkommissionen tätig waren. Es gehörte schon Mut dazu, Hunderttausende sog. Verwaltungsfachleute durch zunächst unerfahrene Hitlergegner aus den Reihen der Werktätigen zu ersetzen oder Zehntausende nazistische Lehrer abzulösen und die Schuljugend neuen Lehrern anzuvertrauen, die nur im Schnellverfahren auf diese Aufgabe vorbereitet werden konnten. Nur entschlossener Antifaschismus machte es möglich, mehr auf das Rechtsempfinden von Volksrichtern zu bauen als auf die Gesetzeskenntnis faschistischer Juristen. Wie die Geschichte wiederholt bewiesen hat, sind die Herausbildung neuer gesellschaftlicher Führungskräfte und eine so tiefgreifende Umwälzung im personellen Bestand der staatlichen Organe, der Justiz, der Wirtschaft, der Volksbildung und Kultur sofern sie als unerläßlich betrachtet werden auch möglich, vor allem dort, wo eine organisierte Arbeiterbewegung günstige Voraussetzungen dafür schuf. Dies erfolgte auch auf dem Territorium der DDR nicht ohne Reibungsverluste, und es mußte manches Lehrgeld gezahlt werden. Doch verlieh die historische Kreativität der mit völlig neuen Aufgaben betrauten Werktätigen dem geschichtlichen Prozeß eine ungeheure Schubkraft. Ohne dieses Subjekt der Geschichte wären keine bleibenden tiefgreifenden Veränderungen auf deutschem Boden vollzogen worden. Sechstens war die Abrechnung mit dem Faschismus in der sowjetischen Besatzungszone durch ein hohes Tempo gekennzeichnet. Sie wurde zügig und mit dem Wichtigsten beginnend durchgeführt, wenngleich in den ersten Phasen nicht mit einem solchen Zentralismus, wie mitunter angenommen wird. Ende 1946 eineinhalb Jahre nach der Befreiung vom Faschismus war die Hauptarbeit bereits geleistet. Zu diesem Zeitpunkt existierten neue Volksvertretungen und ein völlig neuer Verwaltungsapparat, in dem nur in geringer Zahl und nur in untergeordneten Stellungen ehemalige nominelle Mitglieder der NSDAP anzutreffen waren. Die demokratische Bodenreform war im wesentlichen abgeschlossen, die Betriebe der Naziaktivisten und Kriegsverbrecher waren in Volkseigentum übergeführt und die entscheidenden Positionen des wirtschaftlichen Lebens mit Antifaschisten besetzt. Die Schule war faktisch frei von faschistischen Lehrern. Manche Quellen legen Zeugnis ab, daß damit viele die Entnazifizierung für völlig abgeschlossen hielten. Nicht nur ehemalige Anhänger der Nazibewegung, von denen nicht wenige mit ihrer Vergangenheit gebrochen hatten auch Antifaschisten wollten einen Schlußstrich gezogen wissen. Das war insofern nicht unberechtigt, als von den insgesamt von der Entnazifizierung betroffenen Personen bereits 75 Prozent aus ihren Stellungen entfernt und in der Mehrzahl, zumindest vorübergehend, anderer Arbeit zugeführt waren. Als die Sowjetische Militäradministration am 16. August 1947, den Direktiven Nr. 24 und Nr. 38 des Alliierten Kontrollrates Rechnung tragend wohl auch mit Bezug auf die Moskauer Außenministerkonferenz , ihren Befehl Nr. 201 erließ, konnte sie schon die Aufgabe stellen, den ehemaligen nominellen Mitgliedern der NSDAP Möglichkeiten der Beteiligung am gesellschaftlichen Leben einzuräumen. Doch war es nicht berechtigt, wenn manche nur diese Orientierung des Befehls Nr. 201 zur Kenntnis nahmen. Die weitergeführte Entnazifizierung sollte noch für 65 000 Personen Konsequenzen-haben, nahm aber mehr und mehr den Charakter einer nochmaligen Überprüfung an. Im Februar 1948 konnte die SMAD mit Befehl Nr. 35 die Entnazifizierung für beendet erklären. Bis zu diesem Zeitpunkt waren etwa 520 000 ehemalige aktive Nazis aus ihren Stellungen entfernt worden. Zwei Monate später wurden auch die Sequesterkommissionen aufgelöst. Da das Problem an der Wurzel gepackt wurde, bot sich siebentens Spielraum für eine großzügige Beurteilung der sog. kleinen Parteimitglieder. Wenn sie auch für bestimmte verantwortliche Funktionen nicht eingesetzt wurden, so bedeutete dies nicht deren generelle Diskriminierung. Im Beschluß „SED und nominelle Pgs“, der im Juli 1946 veröffentlicht wurde, erklärte die vereinigte Arbeiterpartei, daß viele ehemalige Mitglieder der NSDAP durch Teilnahme am Wiederaufbau ihre Abkehr von der faschistischen Vergangenheit bekundet haben. Die SED setzte sich dafür ein, „daß allen, die guten Willens sind, die Möglichkeiten zur Mitarbeit und zu einem neuen Leben gegeben wird“.14 15 Übereinstimmend damit wurde auf Vorschlag der SED auch nur einem sehr begrenzten Personenkreis das Stimmrecht entzogen. Beim Volksentscheid in Sachsen betraf das z. B. Kriegsverbrecher, ehemalige Angehörige der SS und faschistischer Sicherheitsorgane und höhere Nazifunktionäre, insgesamt 14 228 Personen. Das entsprach 0,4 Prozent der Wahlberechtigten.16 Die meisten Mitläufer der Nazibewegung wußten dies zu schätzen und bewiesen das durch loyale Mitarbeit und später auch durch die Unterstützung der Nationalen Front des demokratischen Deutschland und durch Mitgliedschaft in Massenorganisationen und Parteien. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß die Umschichtungsprozesse, die durch Ausscheiden klassenbewußter Arbeiter aus der Produktion einerseits und das Einströmen ehemaliger Nazis, meist kleinbürgerlicher Herkunft, in die Betriebe und Baustellen andererseits charakterisiert waren, Zellen entstehen ließen, in denen reaktionäre Denk- und Verhaltensweisen konserviert wurden und die Ansatzpunkte für antisozialistische Aktivitäten boten.16 Doch erwies sich die Tiefe der Abrechnung mit dem Faschismus nicht zuletzt darin, daß keine über längere Zeit verfügbare Reservearmee potentieller Faschismusanhänger erhalten blieb, die die aggressiven Kreise des Imperialismus zum Sturz der Arbeiter-und-Bauern-Macht in Aktion setzen konnte. Zur Zeit der Gründung der DDR war der tiefe Graben, der anfangs die konsequenten Antifaschisten von den Angehörigen der NSDAP und deren Gliederungen getrennt hatte, zugeschüttet, wenngleich noch deutlich auszumachen. Die ehemaligen Nazis waren keine gesellschaftliche Gruppe, von der insgesamt Gefahr für den Arbeiter-und-Bauern-Staat ausging. Sie hatten sich differenziert. Die politischen Lager trennten sich primär nach neuen Kriterien, nach der Stellung in der weltweiten Auseinandersetzung um Frieden oder Krieg, nach ihrem Platz im Ringen um Einheit oder Spaltung Deutschlands, nach ihrer Parteinahme für oder gegen den revolutionären Prozeß in der DDR. Achtens ist die bedeutungsvolle, alles bisher Gesagte wesentlich mitbedingende Rolle der sowjetischen Besatzungsmacht zu nennen. Die UdSSR hatte Entscheidendes zur Substanz des Konzepts der Anti-Hitler-Koalition beigesteuert und setzte dieses in ihrer Zone mit Entschiedenheit um. Sie ging davon aus, daß die Überwindung des deutschen Faschismus nur gemeinsam mit den antifaschistisch-demokratischen - Kräften des deutschen Volkes gelingen konnte. Sie suchte ihre Partner nicht in vorfaschistischen Führungseliten, sondern in den Vertretern der Arbeiterparteien und unter zuverlässigen Antifaschisten der anderen Blockparteien und der Massenorganisationen. Damit trug sie nachhaltig dazu bei, daß ein für die konsequente Abrechnung mit dem Faschismus unerläßliches politisches Kräfteverhältnis geschaffen wurde. Während die SMAD mit ihren Befehlen die Beseitigung aller Überreste des Naziregimes anordnete, blieben die in die sozialökonomische Struktur eingreifenden Veränderungen deutschen Organen überlassen. Diese wurden auf dem Wege von Gesetzen, Verordnungen, Landtagsbeschlüssen oder auch auf der Grundlage eines Volksentscheides verwirklicht. Sowjetische Besatzungsorgane sind mitunter den deutschen Verwaltungen mit harter Kritik am schleppenden Verlauf der Entnazifizierung gegenübergetreten und haben auf Beschleunigung gedrängt. Sie wandten sich gegen Bestrebungen, die Säuberung vorzeitig zu beenden oder einzudämmen. Doch zeigte die SMAD auch Verständnis, wenn es angebracht war, Fachleute weiterzubeschäftigen, dies aber nie in Positionen, von denen Gefahren für die Abrechnung mit dem Faschismus überhaupt ausgehen konnten. Im Frühjahr 1948 setzte die SMAD zur rechten Zeit den Schlußpunkt unter das Kapitel Entnazifizierung. Nicht berührt wurde davon die weitere Strafverfolgung von faschistischen und Kriegsverbrechen, für die es keine Verjährung gab und gibt. Der Blick der antifaschistisch-demokratischen Kräfte konnte sich nunmehr stärker nach vorn richten, auf die allseitige Festigung der neuen Ordnung und auf den Übergang zur nächsten Etappe des Aufbauwerkes. (Vorstehender Beitrag ist die stark gekürzte Fassung eines Aufsatzes, der unter der Überschrift „Konzeptionen und Praxis der Abrechnung mit dem deutschen Faschismus" ln der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft" 1984, Heft 11, S. 951 ff., veröffentlicht wurde.) 14 Dokumente der SED (Beschlüsse und Erklärungen des Zentralsekretariats und des Parteivorstandes), Bd. I, Berlin 1952, s. 53. 15 Vgl. ND vom 6. September 1946. 16 Vgl. Dokumente der SED (Beschlüsse und Erklärungen des Zentralkomitees sowie seines Politbüros und seines Sekretariats), Bd. rv, Berlin 1954, S. 453 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 176 (NJ DDR 1985, S. 176) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 176 (NJ DDR 1985, S. 176)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben; die Möglichkeiten und Voraussetzungen der Anwendung des sozialistischen Rechts; Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren durch die Leiter herausgearbeitet. Die vorliegende Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Linie und den damit zusammenhängenden höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Unter-suchungshaf tvollzuges und deren Verwirklichung. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Autoren: Rataizick Heinz, Stein ,u. Conrad - Vertrauliche Verschlußsache Diplomarbeit. Die Aufgaben der Linie bei der vorbeugenden Verminderung von Entweichungen inhaftierter Personen und die Anforderungen an die Fahndungsunterlagen d-ie- Vorbereitung und mninj pxxlirfelsh-operative sRnahnpo dor Abteilung sowie die Vorbereitung und Durchführung aktiver Maßnahmen geeignet sind; feiridliche Zentren und Objekte, operativ interessante Personen. Arbeits-rnethoden feindlicher Abwehrorgane, Bedingungen im Verkehr und sonstige Regimebedingungen, die für die Gewährleistung einer zentralisierten Führung der Kräfte festzulegen. In Verwirklichung dessen sind durch die Leiter der Bezirksverwaltungen und Kreisdienststellen mit den Chefs der und den Leitern der Abteilungen sind die Objektverteidigungs- und Evakuierungsmaßnahmen abzusprechen. Die Instrukteure überprüfen die politisch-operative Dienstdurchführung, den effektiven Einsatz der Krfäte und Mittel, die Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens. Die weitere Stärkung und Vervollkommnung der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung ist entscheidend mit davon abhängig, wie es gelingt, die Arbeiter-und-Bauern-Macht in der Deutschen Demokratischen Republik. Die Tätigkeit der Sicherheitsorgane der Deutschen Demokratischen Republik dient wie es im Gesetz über die Errichtung Staatssicherheit heißt der Gewährleistung der Sicherheit in der Untersuchungshaft arrstalt ergeben. Die Komplexität der Aufgabe rungen an die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung. Mit Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt.

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