Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 153

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 153 (NJ DDR 1985, S. 153); Neue Justiz 4/85 153 listische Recht generell als Rechtsinstitut verwendbares Verhaltens- und Handlungsmodell normativ zu erfassen. Darauf kommt es letztlich an, um das Risikoproblem aus der Einbahnstraße des Strafrechts in die Verkehrsvielfalt des geltenden Rechts zur Bewältigung der ökonomischen Strategie der Partei zu führen. Entscheidend für den Begriff des Risikos ist, daß er die Elemente in sich vereinigt, die den Handlungstyp Risiko charakterisieren. Das sind ein stochastischer Verlauf der durch menschliches Handeln initiierten Prozesse, die Unbestimmtheit des Resultats, Wahrscheinlichkeitsverteilungen im Hinblick auf das angezielte Ergebnis und das nichterwünschte Resultat, der tatsächliche Eintritt positiver oder negativer Resultate im Ergebnis der Risikoentscheidung. Diese Kriterien oder Elemente sind dem Risiko inhärent, sie machen das Risiko aus. Es ist daher nicht nur für den alltäglichen Sprachgebrauch, sondern auch hinsichtlich der notwendigen definitorischen Bestimmung im sozialistischen Recht unabdingbar, von diesen Prämissen auszugehen. Noch mehr trifft das im Hinblick auf die Gestaltung der Rechte und Pflichten für ein gesellschaftlich akzeptables und m. E. in bestimmten Verantwortungsbereichen sogar zu forderndes Risiko zu, weil eben Schöpfertum und schöpferische Leistung primärer Gegenstand der Arbeitsaufgabe sind. Der Tatbestand des § 169 StGB (Wirtschafts- und Entwicklungsrisiko) berücksichtigt die genannten Handlungselemente eines jeden Risikos, ohne alle ausdrücklich zu nennen, verweist aber auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Erfolgs oder Mißerfolgs. Er knüpft an die Handlungselemente an, wenn die Grundbedingungen für ein gerechtfertigtes Risiko in der Norm selbst vorgezeichnet werden. Insofern enthält § 169 StGB sowohl in seinen definitorischen Ansätzen, als auch hinsichtlich der Gestaltung der Rechte upd Pflichten Grundsätze für den Handlungstyp Risiko überhaupt. Die „verantwortungsbewußte Prüfung aller die Handlungen betreffenden Umstände“, durch die das Verursachen bestimmter Schäden dann als irrelevant zu bewerten ist, wenn eine positive gesellschaftliche Zielstellung mit hoher Wahrscheinlichkeit durchsetzbar erscheint, und die positive Zielstellung, gepaart mit hoher Sachkunde und komplexem Verantwortungsverständnis, sind die ausschlaggebenden Parameter, um Risikoentscheidungen auch rechtlich zu fördern und vor fehlerhaften Wertungen (oder sogar Abwertungen) zu schützen. In diesem Sinne ist das Anliegen einer präzisen, zugleich aber differenzierten und verhaltenswirksamen Rechte-Pflichten-Gestaltung darin zu sehen, „die Wahrnehmung und Durchsetzung grundlegender Seiten der gesellschaftlichen Verantwortung zu organisieren und zu gestalten und damit auch für die Entfaltung der Triebkräfte des Sozialismus zu wirken “.8 Im Hinblick auf die Risikroproblematik kommt es darauf an, Rechte und Pflichten so zu gestalten, daß eine Verknüpfung von Grundsätzen und Prinzipien mit den allgemeinen und besonderen Verhaltensanforderungen erfolgt, der Systemzusammenhang des sozialistischen Rechts stärker berücksichtigt wird und damit bereits in der Gesetzgebung differenzierte Formen der Entscheidung über die Rechte- und Pflichtenstruktur entwickelt werden, welche gesondert Rechte und Pflichten aufweisen, die in jeweils unterschiedlichen Arten in das gesamte Leitungssystem eingebettet sind.8 9 10 Strafrechtliche Wertung des Risikos und allgemeine Verantwortungsvoraussetzungen Für das sozialistische Strafrecht und die damit verbundene generelle Sichtweite der Wertung individuellen Handelns damit auch schöpferisch-riskanten Handelns haben J. Lekschas / W. Loose / J. Renneberg grundsätzliche Rechtspositionen markiert, die auch in der Gesetzgebung ihren Niederschlag gefunden haben. So werden Verantwortung und Schuld in Bezug gesetzt und damit moralisch-sittliche, ökonomische, soziale und rechtliche Aspekte bei der Wertung menschlicher Entscheidungen und Handlungen verbunden. Daraus wurden Maßstäbe für eine dem sozialistischen Recht und seiner sozialen Zielfunktion entsprechende Wertung menschlichen Handelns entwickelt, die weit über das Strafrecht hinausgehen. 10 Am Beispiel der rechtlichen Erfassung und Regelung riskanter Entscheidungen und Handlungen wird das Erfordernis besonders sichtbar, all jenen Prozessen auch rechtlich eine verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen, die mit der weite- ren Gestaltung des Sozialismus aufs engste verbunden sind. Die Maßstäbe dafür, was rechtlich erlaubt und besonders förderungswürdig ist jedenfalls aus der Sicht der Bewertung individuellen Verhaltens ergeben sich objektiv und subjektiv aus den Kriterien eines verantwortungsvoll handelnden und sich insgesamt umsichtig verhaltenden Menschen. Der Tatbestand des § 169 StGB enthält allgemeine Anforderungen an die Sachgerechtheit (komplexes objektives Kriterium) und an das Verantwortungsbewußtsein (subjektives Wertungselement). Er vereinigt damit im sozialistischen Recht prinzipiell gültige Verantwortungsvoraussetzungen in sich und läßt erkennen, daß das Risikoproblem ein Spezialfall gerechter sozialistischer Rechtsanwendung ist. Indem die „verantwortungsbewußte Prüfung aller die Handlung betreffenden Umstände“ zum Kernproblem der rechtlichen Prüfung erhoben wurde, wird den grundlegenden Erkenntnissen zum Wesen des Schöpfertums Rechnung getragen und strafrechtlich allgemein sowie im Spezialfall dokumentiert, daß diese Risikoregelung in gewissem Maße einen Modellfall der rechtlichen Regelung schöpferischer Leistungen überhaupt bildet.11 Diesem „Grundmodell“ folgen auch die Grundsätze des Arbeitsrechts, das zwar keinen besonderen Paragraphen zum Risiko enthält, aber bei der Bestimmung der rechtlichen Voraussetzungen für individuelle materielle Verantwortlichkeit auch schöpferisch-riskantes Handeln und seine Spezifika entsprechend berücksichtigt. Stimulierung schöpferischen Handelns Über die Stimulierung des Individuums zu schöpferischriskantem Handeln und dessen richtiger Bewertung hinaus haben R. Streich/G. Grützner zu Recht die weitergehenden Fragen nach den Voraussetzungen und Bedingungen der Lei-' tungsarbeit in Forscherkollektiven sowie in Betrieben und Kombinaten aufgeworfen. Neben einem die individuelle Risikobereitschaft stimulierenden Einsatz von Lohn- und Prämienmitteln, aufgabengebundenen Zuschlägen und Stimulierungsmitteln der verschiedensten Art geht es auch für den Betrieb und das Kombinat darum, daß sich die Leiter mit dem gesellschaftlich gerechtfertigten Risiko, identifizieren und daß die Betriebe oder Kombinate nachteilige Wirkungen eines Risikos möglichst klein halten.12 Im Rahmen der Leitung, Planung, Stimulierung und Abrechnung des Gesamtprozesses wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Leistungen von Betrieben und Kombinaten ist den wirklich progressiven Entscheidungsvarianten eindeutig der Vorzug zu geben. Eine grundlegende Aufgabe besteht deshalb darin, jene Werktätigen und Kollektive, Betriebe und Kombinate am besten zu stellen, die den wirksamsten Beitrag zur wissenschaftlich-technischen und wirtschaftlichen Spitze leisten, und zwar auch dann, wenn eingeschlagene Wege nicht immer gleich praktikabel sind oder sich sogar als Irrtum erweisen. Rechtsvorschriften zur Leitung, Stimulierung und Bewertung wissenschaftlich-technischer Leistungen werden dieser Forderung immer besser gerecht. Unbeschadet dieser Feststellung ist jedoch erkennbar, daß die Stimulierung gesunder Risikobereitschaft noch manche Frage offen läßt. Das betrifft vor allem 1. das Problem, wie rechtlich umfassend gesichert wird, daß fehlgeschlagene Risiken und dadurch verursachte wirtschaftliche Schäden nicht die Fortführung der weiteren wissenschaftlichen Arbeiten verhindern oder beeinträchtigen; 2. den weiteren Ausbau all jener rechtlichen Formen, die das Interesse von Forschungseinrichtungen sowie von Betrieben und Kombinaten an risikohaften Spitzenleistungen merklich stimulieren; 3. die rechtliche Regelung des Gesamtprozesses naturwissenschaftlich-technischer Erkenntnisgewinnung und ihrer Überleitung in die Praxis, die individuelle und kollektive Stimulierung dieses Prozesses und die umfassende Sicherung, 8 Vgl. C. Schulze, „Entwicklungstendenzen bei der Hechte- und PfllChten-Gestaltung ln der sozialistischen Gesetzgebung der DDR“, Staat und Recht 1984, Heft 5, S. 369. 9 A. a. O., S. 373 ff.; vgl. auch H. Hörz/D. Seidel, Humanität und Effektivität - zwei Selten der wissenschaftlich-technischen Revolution, Berlin 1984, S. 145 ff. 10 J. Lekschas/W. Loose/J. Renneberg, Verantwortung und Schuld im neuen Strafgesetzbuch, Berlin 1964, S. 16. 11 Auch H.-D. Schulze nimmt ln seinem interessanten Beitrag ausdrücklich auf die Rahmenkriterien für ein gerechtfertigtes Risiko Bezug, die vor Jahren entwickelt wurden und die sich im Ganzen als gute Bewertungselemente erwiesen haben. U Vgl. dazu R. Streich/G. Grützner, a. a. O., S. 230.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 153 (NJ DDR 1985, S. 153) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 153 (NJ DDR 1985, S. 153)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der können in der akkreditierte Vertreter anderer Staaten beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten - auch unter bewußter Verfälschung von Tatsachen und von Sachverhalten - den Untersuchungshaft Vollzug Staatssicherheit zu kritisieren, diskreditieren zu ver leumden. Zur Sicherung dieser Zielstellung ist die Ständige Vertretung der versuchen deren Mitarbeiter beharrlich, vor allem bei der Besuchsdurchführung, Informationen zu Einzelheiten der Ermittlungsverfahren sowie des Untersuchung haftvollzuges zu erlangen.

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