Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1985, Seite 15

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Seite 15 (NJ DDR 1985, S. 15); Neue Justiz 1/85 15 sky u. a. aus: „Bei dem Fall handelte es sich insbesondere nach dem Wert der Gegenstände, aber auch angesichts der Jugend des Angeklagten um keinen schweren Fall. Dem Verhandlungsleiter (also Schwinge D. Verf.) mußte als überaus sachkundigem Strafrechtslehrer bekannt sein, daß eine Plünderung nach § 129 MStGB nicht vorliegen konnte. Dennoch hat er diese Gesetzesstelle angewendet, um zu der von ihm im Sinne des Urteils aus Abschreckungsgründen angestrebten Todesstrafe zu gelangen Die in der Folge eingetretene Begnadigung durch Himmler kann keineswegs als zwangsläufiger Vorgang, sondern nur als einer zufälligen Laune des berüchtigten Kriegsverbrechers Himmler entspringend angesehen werden.“ Zugleich wird in der Strafanzeige darauf hingewiesen, daß Schwinge durch den Urteilsspruch „entsetzliche Todesangst bei einem 17 Jahre alten Menschen hervorgerufen hatte, wodurch dieser dauernd geschädigt wurde“. Nachdem kürzlich der heute 57jährige Anton R. der für den Wohnsitz Schwinges zuständigen BRD-Staatsanwaltschaft eine eigene Strafanzeige zuleiten ließ, darf man den Ergebnissen der sowohl im Tatortstaat Österreich als auch im Heimatland des Beschuldigten angestrengten Ermittlungen erwartungsvoll entgegensehen. Nazi-Jurist als Verteidiger von Kriegsverbrechern in der BRD Nach 19.45 war Schwinge in der BRD wieder als Professor für Strafrecht und Wehrrecht tätig; 1954/55 übte er das Amt des Rektors der Universität Marburg aus. Vor wenigen Jahren erschien unter seiner Herausgeberschaft eine die historische Wahrheit entstellende und daher auch in der BRD umstrittene Darstellung dör Geschichte der NS-Militärge-richtsbarkeit.4 Schwinges Nazi-Vergangenheit insbesondere die Tatsache, daß er als Militärstrafrechtsexperte' Unrechtsurteile faschistischer Kriegsgerichte zu rechtfertigen versuchte ist durch in der DDR erschienene Dokumentationen bereits vor zwei Jahrzehnten festgestellt worden.5 Unter der aufschlußreichen Überschrift „Anstifter zum Kindermord heute wieder Mitarbeiter im theoretischen Führungsorgan der Bundeswehr“ hieß es über Schwinge: „Noch fünf Minuten vor zwölf wies dieser verbrecherische Durchhaltetheoretiker die NS-Kriegs- und Standgerichte in seinem Kommentar an, die Todesstrafe ohne Rüdesicht auf das Alter der jugendlichen Soldaten zu verhängen. “6 Aus Archivmaterialien wurde erst später bekannt, daß Schwinge in der Nazizeit nicht nur' als Kommentarverfasser dazu angestiftet hat, Minderjährige zum Tode zu verurteilen, sondern daß er als Kriegsgerichtsvorsitzender auch selbst ko judiziert hat. Damit war Schwinge wahrlich geeignet, 1960 als Sachverständiger den SS-General Simon, der im Frühjahr 1945 in Brettheim Zivilisten hatte umbringen lassen, vor dem Schwurgericht Ansbach „reinzuwaschen“.7 Als Schwinge es für angezeigt hielt, eine „Bilanz der Kriegsgeneration“8 zu veröffentlichen, ließ er im Vorspann seine weiteren „Verdienste“ betonen: Für die Zeit 1947 bis 1959 wurde er (man beachte die Wortwahl!) als „Verteidiger zahlreicher deutscher Kriegsgefangener vor englischen, italienischen und (vor allem) französischen Militärgerichten“ vorgestellt. Anstatt selbst beschuldigt zu werden, profitierte Schwinge von der lange Zeit in der BRD und in Berlin (West) zugunsten der Nazi-Juristen betriebenen Politik der Strafvereitelung. Unterlassene Auswertung der Beweismittel zur Verfolgung von N'azi- und Kriegsverbrechen durch die Justizörgane der, BRD und Westberlins Bekanntlich ist der Justiz der BRD und Westberlins seit Ende der 50er Jahre umfassendes Beweismaterial über die Praxis des Volksgerichtshofs sowie der Sonder-, Kriegsund anderen Nazi-Gerichte angeboten und übergeben worden, insbesondere aus der DDR, aber auch aus anderen (meist sozialistischen) Staaten. Das Ergebnis dieser Rechtshilfe blieb ohne jede rechtskräftige strafgerichtliche Relevanz. Zwar müßten sich unter dem Druck vor allem des darauf aufmerksam gewordenen Auslands Hunderte belasteter Nazi-Juristen aus ihren Ämtern zurückziehen, aber es gab nur drei Anklagen.9 Gegen das Gros der Nazi-Juristen, die oft fabrikmäßig Todesurteile beantragt oder gefällt hatten, wurden die Ermittlungsverfahren nach häufig nur mehrwöchiger Dauer eingestellt. Es entbehrt freilich nicht einer gewissen Begünstigungslogik: Wer selbst die unmittelbar an den Nazi-Justizverbrechen Beteiligten in Scharen außer Verfolgung setzt, kann wohl auch nicht bereit sein, jene vor Gericht zu stellen, die wie eben Schwinge zu solcher Kriminalität angestiftet haben. Gleichwohl wäre es verfehlt, die Verantwortung für alle damit im Zusammenhang stehenden Versäumnisse der dortigen Justiz etwa allein oder auch nur vorwiegend bei den örtlich zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu suchen. Erst in jüngster Vergangenheit hat ein BRD-Autor daran erinnert, wie die ersten DDR-Enthüllungen über die in westlichen Amtsstuben wiederverwendeten schwerbelasteten Nazi-Juristen dortzulande nicht nur angezweifelt und in Abrede gestellt, sondern in offiziellen Verlautbarungen als Lüge, Fälschung bzw. Propaganda abgetan wurden. So wurden damals die Westberliner Lehrer ausgerechnet vom Senator für Kultur „ermahnt“, jene Galerie am Kurfürstendamm zu meiden, in der 107 Nazi-Urteile und richterliche Personalakten zu besichtigen waren.10 Ebenfalls 1960 sprach BRD-Generalbundesanwalt Güde von den DDR-Beweisen als „un-sinnige(r) Propaganda“. Noch vier Tage vor dem Ergreifen des im faschistischen Reichssicherheitshauptamt mit der „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt gewesenen Adolf Eichmann in Argentinien was in der BRD zu gewissen Denkanstößen führte drohte der oberste BRD-Ankläger, „zukünftig werde er die Entgegennahme jeder weiteren Fotokopie aus der Sowjetzone ablehnen“.11 Angesichts dieser in der DDR nicht vergessenen Erklärungen muten manche neueren Stellungnahmen von Justizverantwortlichen aus der BRD und Westberlin recht ungereimt an. Jüngstes Beispiel ist eine Erklärung des Westberliner Justizsenators vom 13. September 1984. Als ihm in einer Parlamentsdebatte der Abgeordnete Kunzeimann (Alternative Liste) vorhielt, daß man „doch lange Zeit von den Behörden der DDR . die Aktenunterlagen überhaupt nicht haben wollte“1?, reagierte Senator Oxfort gereizt: „Es ist übrigens dummes Zeug, wenn hier behauptet wird, wir hätten keine Akten haben wollen im Gegenteil: Wir haben alle Akten entgegengenommen, die wir bekommen haben, und haben sie ausgewertet; allerdings hat es jahrelang gedauert, bis die entsprechenden Behörden der DDR zum erstenmal bereit waren, uns solche Akten zu überlassen.“13 Die Wahrheit ist jedoch: Der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht von Berlin (West) hat erstmalig am 21. August 1980 also 35 Jahre nach der'Zerschlagung des Nazi- 4 O. P. Schweling, Die deutsche Militärjustiz in der Zeit des Nationalsozialismus (Bearbeitet, eingeleitet und herausgegeben von E. schwinge), 2. AuH, Marburg 1978. Das Buch ging erst nach dem Tod von o. p. Schweling in einer Bearbeitung durch E. Schwinge in Druck. 5 Vgl.: Braunbuch Kriegs- und Naziverbrecher in der Bundesrepublik und in Westberlin (Hrsg. Nationalrat der Nationalen Front und Dokumentationszentrum der Staatlichen Archivverwaltung der DDK), 1. Aufl., Berlin 1965, S. 320 ; 2. und 3. Aufl., 1965 und 1968, jeweils S. 355 ff. 6 Blutjuristen Hitlers Gesetzgeber Adenauers, Hrsg. Vereinigung der Juristen der DDK, Berlin 1962, ,S. 43 ff. Daß faschistische Strafrechtler die rücksichtslose Anwendung der Todesstrafe gegen Jugendliche forderten, hat E. Rabofsky am Beispiel von W. Gleispach („Der Schutz des Volkes erfordert die Behandlung des Frühreifen gleich der eines Erwachsenen") dargetan. Vgl. dazu: Vorbereitung und Unterstützung der Nazi-Kriegs- und Rassegesetzgebung durch die; österreichische und deutsche Rechtswissenschaft, Beitrag zur Internationalen Wissenschaftlichen Session der Hauptkommission zur Untersuchung der Naziverbrechen in Polen, Warszawa, 14.-17. April 1983, S. 17 ff. 7 Vgl. zu diesem Prozeß: C. Foth/G. Windisch, „Rehabilitierung der Kriegsverbrecher durch die westdeutsche Justiz“, NJ 1960, Heft 22, S. 763 ff. (764); Blutjuristen Hitlers Gesetzgeber Adenauers, a. a. O., S. 44. 8. E. Schwinge, Bilanz der Kriegsgeneration Ein Beitrag zur Geschichte unserer Zeit, 4. Aufl., Marburg 1980. 9 Dabei handelt es sich um folgende Verfahren: a) Landgericht Berlin (West) Az. 500 3 P (K) 1/67 (5/67) gegen den Richter am Volksgerichtshof H.-J. Rehse (vgl. dazu F. K. Kaul, „Der Fall Rehse“, NJ 1969, Heft 5, S. 148 ff., und' Heft 6, S. 179 ff.). b) Landgericht Nürnberg-Fürth Az. Ks. 1/68 gegen die Beisitzer des Sondergerichts Nürnberg, Dr. Ferber und Dr. Hoffmann; das Verfahren wurde mit der Begründung eingestellt, die Angeklagten seien verhandlungsunfähig. Der Vorsitzende dieses berüchtigten Söndergerichts, Rothaug, wurde im Nürnberger Juristenprozeß zu lebenslangem Freiheitsentzug verurteilt, allerdings schon 1956 freigelassen (vgl. Fall 3 Das Urteil im Juristenprozeß, Hrsg. P. A. Steiniger/K. Leszczyhski, Berlin 1969, S. 263 ff;). c) Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin (West) erhob 1984 Anklage gegen den ehemaligen Richter am Volksgerichtshof Paul Reimers. Der Beschuldigte entzog sich jedoch am 5. November 1984 durch Suizid der Verantwortung. 10 Vgl. J. Friedrich, Freispruch für die Nazijustiz, Reinbek bei Hamburg 1983, S. 412. 11 Vgl. J. Friedrich, a. a. O., S. 413. 12 Abgeordnetenhaus von Berlin (West), 9. Wahlperiode, 73. Sitzung am 13. September 1984, Plenarprotokoll 9/73, S. 4442. 13 Ebenda, S. 4446.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 39. Jahrgang 1985, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1985. Die Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1985 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1985 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 39. Jahrgang 1985 (NJ DDR 1985, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1985, S. 1-516).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Verordnung können gegen Personen, die vorsätzlich oder fahrlässig Berichterstattungen veranlassen oder durchführon und nicht für eine solche Tätigkeit befugt waren, Ordnungsstrafen von, bis, ausgesprochen werden. In diesem Zusammenhang ist immer davon auszugehen, daß ein Handeln, sei in mündlicher oder schriftlicher Form, welches den Boden des Eingabengesetzes nicht verläßt, im Regelfall keine schädigenden Auswirkungen für die sozialistische Staats- und Gesellschafts-ordnung und bringt den spezifischen antisozialen Charakter der Verbrechen zum Ausdruck. Die kann im Einzelfall ein unterschiedliches Ausmaß annehmen. Das findet seinen Niederschlag bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - die Gemeinsamen Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung des Ministeriums für Staats Sicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der UntersuchungshaftVollzugsordnung -UKVO - in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit und die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit der Dienstobjekte der Abteilungen zu fordern und durch geeignete Maßnahmen zu verahhssen.

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