Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 92

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 92 (NJ DDR 1984, S. 92); 92 Neue Justiz 3/84 Ein großer Staats- und Rechtsdenker Zum 100. Geburtstag Arthur Baumgartens Prof. Dr. sc. HORST SCHRÖDER, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Der Versuch, das an wissenschaftlichem Erfolg und an persönlicher politischer Konsequenz so reiche Gelehrtenleben Arthur Baumgartens in einem Gedächtnisbeitrag zu seinem 100. Geburtstag (31. März 1884) erfassen zu wollen, müßte zwangsläufig scheitern. Schon frühere Würdigungen des politischen Weges und des wissenschaftlichen Werkes Arthur Baumgartens haben immer nur einzelne Seiten dieses bedeutenden Philosophen und Rechtswissenschaftlers reflektiert.1 Um so mehr ist zu wünschen, daß die Erkenntnisse und Erfahrungen dieses Gelehrten von der heutigen Staats- und Rechtswissenschaft in gebührender Weise bewahrt und verarbeitet werden hat er doch auf den Gebieten der Geschichte der Rechtsphilosophie, der Staats- und Rechtstheorie, des Strafrechts und des Völkerrechts Fundamente gelegt2, die in ihren großen politischen und theoretischen Zusammenhängen noch zu bewerten sind. Die Hinterlassenschaft Arthur Baumgartens ist weniger durch in sich geschlossene Lehrsysteme als durch das Aufwerfen, Beantworten und Weiterführen von Problemen gekennzeichnet. Seine theoretischen Vorstellungen von den Antinomien und den Widersprüchen, von der Einheit und Vielheit in der gesellschaftlichen Entwicklung, von der Bedeutung und Funktion der Allgemeinbegriffe, vom Verhältnis zwischen Erkenntnistheorie und Rechtswissenschaft, vom Eudämonismus in den vorsozialistischen Gesellschaftsordnungen und im Sozialismus geben um nur einige, aus einer Vielzahl von ihm behandelter Komplexe willkürlich herausgegriffene Fragen zu nennen Philosophen wie Juristen wesentliche Denkanstöße, auch zur theoretischen Überwindung einiger Auffassungen Arthur Baumgartens, wie z. B. zum Verhältnis von Erkenntnistheorie und historischem Materialismus bei der theoretischen Grundlegung der Staats- und Rechtswissenschaft. Wie sehr Arthur Baumgarten an der wissenschaftlichen Klärung theoretischer Grundfragen gelegen war, zeigte seine letzte (im Jahr nach seinem Tode erschienene) Arbeit „Vom Liberalismus zum Sozialismus“, die er nicht nur als schonungslose Selbstdarstellung seiner Entwicklung vom transzendenten Metaphysiker zum Vertreter des dialektischen und historischen Materialismus geschrieben hat, sondern mit der er dazu beitragen wollte, vor allem der jungen Generation zu Einsichten in die Gesetzmäßigkeiten der Geschichte zu verhelfen. In der Zielvorstellung dieser Arbeit, „unserer Jugend behilflich zu sein, den Platz zu finden, auf den sie gehört“1 2 3, wird ein wesentlicher Charakterzug Arthur Baumgartens evident: Er sah in seinem Beruf als Hochschullehrer die Berufung, der studentischen Jugend die Wahrheit des gesellschaftlichen Seins zu vermitteln und wohl keiner, der ihn als Lehrer erleben durfte, konnte sich seiner Ausstrahlungskraft entziehen. In der Welt bürgerlicher Denkvorstellungen aufgewachsen und geschult, hat Arthur Baumgarten als einziger bedeutender Staats- und Rechtswissenschaftler des Bürgertums in Deutschland sich „in einem hartnäckigen Geisteskampf vom bürgerlichen Idealismus zum wissenschaftlichen Sozialismus durchgerungen“.4 Unter dem Eindruck und in theoretischer Verarbeitung der großen welthistorischen Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts brach er mit seiner Klasse und ihren wissenschaftlichen Anschauungen, wurde zum Mitstreiter des Proletariats und zum Verfechter der marxistisch-leninistischen Gesellschaftsphilosophie. „Das Werk Arthur Baumgartens steht in der Geschichte der bürgerlichen Staats- und Rechtswissenschaft scharf profiliert da, wie das keines anderen bürgerlichen Staatsden-kers unserer Zeit. Seine Denkergestalt ist einzigartig und groß, weil er, fest auf dem Standpunkt der Wissenschaft beharrend, ihrem Verfall in die Apologetik der bürgerlich-kapitalistischen Verhältnisse sich widersetzend, den Übergang zum Marxismus vollzog.“3 In Arthur Baumgartens Lebensweg reflektieren sich die entscheidenden Widersprüche unserer Epoche, die, individuell erfaßt und erkannt, den weiteren politischen und wissenschaftlichen Entwicklungsprozeß motivieren und im Eintreten für die Interessen der Arbeiterklasse, in der Unterstützung der Politik des ersten sozialistischen Staates der Welt ihren Höhepunkt erfahren. Es sind vor allem zwei Charakteristika, die Arthur Baumgarten aus der Masse der bürgerlichen Wissenschaftler von Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn an herausheben: Erstens verband er Wissenschaft immer mit der Forderung, im Dienste der gesellschaftlichen Bewegung und des politischen Fortschritts, also in letzter Instanz im Dienste der Veränderung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse, zu wirken. Zweitens ging sein Bestreben dahin, jede isolierte Betrachtung, jede fachbezogene Enge in der wissenschaftlichen Arbeit zu vermeiden.3 Arthur Baumgarten war in jeder Hinsicht um die philosophische Fundierung der Rechtswissenschaft bemüht, wobei er besonders in der Verknüpfung der gesellschaftlichen Einzelwissenschaften mit der Philosophie und ihrer Geschichte die eigentliche Erkenntnisgrundlage für die Herausarbeitung allgemeintheoretischer Aussagen finden wollte.7 8 Mit dieser Grundhaltung stand Arthur Baumgarten im Gegensatz zur Mehrheit der bürgerlichen Geisteswissenschaftler, die in der weitgehend subjektivistisch begründeten Metamorphose abgewirtschafteter Begriffsbestimmungen den Zweck ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit zu sehen glaubten und damit ihren durch die kapitalistischen Macht- und Ausbeutungsverhältnisse begründeten Auftrag erfüllten, die Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse im Dienste einer die gesellschaftlichen Verhältnisse verändernden Bewegung zu verhindern. Arthur Baumgarten hat diesen Zustand und diese Funktion der bürgerlichen Rechtswissenschaft im Jahre 1950 treffend dargestellt: „Daß die herkömmliche Jurisprudenz es nicht dazu bringen konnte, zu einer Wissenschaft sensu stricto zu werden, sich vielmehr der Hauptsache nach damit begnügen mußte, eine fein ausgearbeitete Begriffs-teehnik zu besitzen und die Juristen in der Subsumtion der Lebenstatbestände unter die vom Gesetz verwendeten Begriffe zu schulen, liegt vor allem daran, daß die schweren materiellen Ungerechtigkeiten, die in den Rechtsordnungen aller Klassengesellschaften zum Ausdruck kommen, nicht offen zugegeben werden durften, sondern durch irgendwelche Ideologien verschleiert werden mußten.“® Arthur Baumgartens während der Zeit der Weimarer Republik entwickelte Vorstellungen über eine mögliche Aufhebung der sozialen und politischen Widersprüche und Gegensätze durch die liberale Wissenschaft waren illusionär und mußten an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen 1 Vgl. z. B. die Laudatio zum 75. Geburtstag Arthur Baumgartens (1959) von K. Polak, „Humanismus und Wissenschaft (Der Weg Arthur Baumgartens zum Marxismus) in: K. Polak, Zur Dialektik in der Staatslehre, 3. Aufl., Berlin 1963, S. 553 ff., den Nachruf (Arthur Baumgarten starb am 27. November 1966) von H. Klenner, „Rechtsphilosoph und Humanist Arthur Baumgarten zu rühmen“, NJ 1967, Heft 2, S. 37 ff., und die Einleitung „Zum Weg Arthur Baumgartens“, ln: A. Baumgarten, Rechtsphilosophie auf dem Wege - Vorträge und Aufsätze aus fünf Jahrzehnten, Hrsg. H. Baumgarten/G. Irrlitz/H. Klenner, Berlin 1972, S. 1 ff. Vgl. auch B. Moldenhauer, Arthur Baumgarten Die Entwicklung zum materialistischen Rechtsphilosophen, Jur. Diplomarbeit, Berlin 1981. 2 Vgl. die Baumgarten-Bibliographie, in: A. Baumgarten, Rechtsphilosophie auf dem Wege, a. a. O., S. 567 ff. 3 A. Baumgarten, Vom Liberalismus zum Sozialismus, Berlin 1967, S. 7. 4 Ebenda. 5 K. Polak, a. a. O., S. 553. 6 Dies belegt bereits seine Dissertation: Die Lehre von der Idealkonkurrenz und Gesetzeskonkurrenz, Breslau 1909. 7 A. Baumgarten, Vom Liberalismus zum Sozialismus, a. a. O., S. 9 u. S. 87. 8 A. Baumgarten, „Die deutsche Wissenschaft in ihrem Verhältnis zur Sowjetunion“, in: Rechtsphilosophie auf dem Wege, a. a. O., S. 489.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 92 (NJ DDR 1984, S. 92) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 92 (NJ DDR 1984, S. 92)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher tätigen feindlichen Zentren, Einrichtungen, Organisationen;nd Kräfte, deren Pläne und Absichten sowie die von ihnen angewandten Mittel und Methoden sowie die vom politischen System und der kapitalistischen Produktionsund Lebensweise ausgehenden spontan-anarchischen Wirkungen. Im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage nach den sozialen Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu informieren, damit sie in die Lage versetzt werden sollen, nach einem Zeitraum von ca, bis Wochen die wesentlichsten Grundanforderungen des politisch-operativen Sicherung?- und Kontrolldienstes selbständig und exakt auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung möglich. Zulässig sind: Ausspruc eines Lobes, Streichung einer ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme, Verlängerung des Aufenthaltes im Freien, Empfang eines Paketes.

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