Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 504

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 504 (NJ DDR 1984, S. 504); 504 Neue Justiz 12/84 Durchführung der Weisung zu einer unmittelbaren Gefahr für das Leben oder zu einer Gesundheitsschädigung der eigenen Person oder anderer Personen und damit auch zur Verletzung von Straftatbeständen führen kann, ist er verpflichtet, die Weisung nicht zu befolgen. Dieser Grundsatz sollte u. E. auch für Weisungen gelten, die andere strafrechtlich geschützte Objekte betreffen. Die Erfüllung einer Weisung braucht nicht zum gleichen Zeitpunkt abgelehnt zu werden, zu dem sie erteilt wurde. So können sich die Bedingungen für die Erfüllung der Weisung auch erst später verändern, so daß der Werktätige erst dann vor einer Entscheidungssituation steht, die ihn veranlaßt, die Weisung nicht zu erfüllen. Die Ablehnung muß dem Anweisenden oder dem übergeordneten Leiter stets unverzüglich mitgeteilt werden (§ 83 Abs. 2 AGB). Ergibt die Prüfung der Umstände, unter denen eine Weisung nicht befolgt wurde, daß der Werktätige unter Berücksichtigung seiner Möglichkeiten verantwortungsbewußt entschieden hat, die Weisung aber weder einen Straftatbestand verletzt noch die Möglichkeit des Eintritts einer Straftat enthält, dann ist eine disziplinarische (ggf. auch materielle) Verantwortlichkeit des die Weisung ablehnenden Werktätigen ausgeschlossen, weil er nicht schuldhaft gehandelt hat (§§ 254 Abs. 1, 260 Abs. 1 AGB). Anders verhält es sich, wenn sich der Werktätige verantwortungslos entscheidet oder die Weisungsverweigerungspflicht nur als Vorwand benutzt, um den ihm durch die Weisung übertragenen Arbeitspflichten vorsätzlich nicht nachzukommen. Prof. Dr. sc. ROBERT HEXJSE und Dozent Dr. sc. WOLFGANG RÖSSGER, Sektion Rechtswissenschaft der Karl-Marx-Vniversität Leipzig II In den vorstehenden Ausführungen von R. Heuse/W. Rößger wird ein Problem aufgegriffen, das nicht nur für das hier hervorgehobene Gebiet des Gesundheits- und Arbeitsschutzes sowie des Brandschutzes Bedeutung hat. Im Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an das Plenum des Obersten Gerichts zu Fragen der Rechtsprechung zur Vorbeugung von Havarien und Bränden sowie von Verletzungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes vom 1. Juni 1978 wurde der Grundsatz ausgesprochen: „Zu den Arbeitspflichten des Werktätigen gehört es, die Bestimmungen über den Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie den Brandschutz einzuhalten und verantwortungsbewußt zu handeln. Der Werktätige ist grundsätzlich verpflichtet, ihm erteilte Weisungen zu befolgen. Er darf sich prinzipiell darauf verlassen, daß ihm erteilte Weisungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (OG, Urteil vom 17. August 1976 2b OSK 24/76 NJ 1976, Heft 23, S. 721). Der Werktätige ist verpflichtet, Weisungen nicht zu befolgen, deren Ausführung offensichtlich, das heißt für ihn auf Grund der konkreten Umstände erkennbar, gegen ein Strafgesetz verstößt.“1 Der Weisungsbefugnis des leitenden Mitarbeiters muß die gesetzliche Pflicht des Werktätigen zur Einhaltung der Weisung gegenüberstehen, so daß die Durchführung der Weisungen nicht im Ermessen des einzelnen liegt (§ 83 Abs. 1 AGB). Daraus folgt aber auch, daß sich der Werktätige ohne Leitungsfunktion darauf verlassen darf, daß ihm erteilte Weisungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Der Werktätige darf z. B. grundsätzlich darauf vertrauen, daß bei einem ihm erteilten Arbeitsauftrag durch den zuständigen leitenden Mitarbeiter die Bestimmungen des Gesundheitsund Arbeitsschutzes beachtet wurden. Weisungen müssen von der konkreten Situation ausgehen. Sie müssen so eindeutig und unmißverständlich sein1 2, daß sie von den beauftragten Werktätigen verstanden werden können. Diese Werktätigen müssen dadurch in die Lage versetzt werden, den Auftrag ordnungsgemäß auszuführen. Besondere Hinweise zur Ausführung der Arbeiten müssen dann gegeben werden, wenn diese Arbeiten nicht zum eigentlichen Aufgabenbereich der beauftragten Werktätigen gehören, wenn unter außergewöhnlichen Umständen oder besonderen Gefahren gearbeitet werden muß, wenn die beauftragten Werktätigen solche Arbeiten erstmalig ausführen und nicht oder nur ungenügend über die dabei zu beachtenden Bestimmungen und praktischen Erfordernisse informiert bzw. belehrt sind oder wenn auf Grund des bisherigen Verhaltens dieser Werktätigen eine nicht exakte Ausführung zu befürchten ist.3 R. Heuse/W. Rößger weisen zutreffend darauf hin, daß es gemäß § 80 Abs. 1 AGB zu den Arbeitspflichten jedes Werktätigen gehört, die Bestimmungen über den Gesundheitsund Arbeitsschutz und den Brandschutz sowie Ordnung, Disziplin und Sicherheit einzuhalten. Die Pflichten können sich ergeben aus gesetzlichen Bestimmungen, betrieblichen Regelungen oder Weisungen (z. B. Arbeitsordnung gemäß § 91 AGB, Arbeitsvertrag gemäß § 40 AGB, Funktionsplan gemäß § 73 Abs. 2 AGB, Weisungen gemäß §§ 82, 83 AGB) oder aus anderweitig übertragenen Aufgaben, die ein entsprechendes Verhalten in der jeweiligen Situation erfordern.4 Jeder Werktätige ist verpflichtet, die für seine Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten im Gesundheits- und Arbeitschutz sowie Brandschutz zu erwerben (§ 211 Abs. 2 AGB). Der Betrieb hat zu sichern, daß den Werktätigen die zutreffenden Bestimmungen zugänglich gemacht und erläutert werden § 211 Abs. 1 AGB). Ein bedeutsames Mittel zur Vermittlung der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten sind die vom Betrieb durchzuführenden Belehrungen (§ 215 AGB, § 14 ASVO) und die planmäßige Aus- und Weiterbildung der Werktätigen. Werktätige, an die auf Grund ihrer Arbeitsaufgabe erhöhte Anforderungen zur Verwirklichung des Gesundheits- und Arbeitsschutzes sowie Brandschutzes gestellt sind, haben sich über die für ihre speziellen Aufgaben zutreffenden Bestimmungen und Erkenntnisse auch selbst zu informieren und diese bei der Ausübung ihrer Tätigkeit zu berücksichtigen (§ 212 AGB). Nicht gefolgt werden kann R. Heuse/W. Rößger, wenn sie aus dem Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 13. September 19785 herleiten, daß jeder Werktätige diejenigen Faktoren einer Weisung kritisch analysieren muß, die geeignet sind, den Gesundheits- und Arbeitsschutz sowie Ordnung und Sicherheit negativ zu beeinflussen. Das Oberste Gericht ist vielmehr davon ausgegangen, daß der Werktätige zunächst immer darauf vertrauen darf, daß die ihm erteilte Weisung den Rechtsnormen entspricht und er deshalb auch grundsätzlich verpflichtet ist, die Weisung zu erfüllen (§ 83 Abs. 1 AGB). Der Werktätige ist nur verpflichtet, Weisungen nicht zu befolgen, wenn deren Durchführung eine Straftat darstellt.6 Dabei muß es für den Werktätigen offensichtlich, d. h. auf Grund der konkreten Umstände erkennbar sein, daß die Ausführung der Weisung gegen ein Strafgesetz verstößt. So war es z. B. für einen Schweißer erkennbar, daß die Ausführung der Weisung, nur 1,50 m entfernt von zwei Fässern mit Waschbenzin Schweißarbeiten auszuführen, gegen ein Strafgesetz § 187 StGB verstößt. Selbstverständlich muß bei der Beurteilung einer solchen Pflichtverletzung immer von der konkreten Situation, von der zum Zeitpunkt der Handlung bestehenden Rechtslage, vom Erkenntnisstand und den Fähigkeiten des jeweiligen Werktätigen ausgegangen werden. Zu berücksichtigen ist auch, daß bestimmte Handlungen nur einen Straftatbestand erfüllen, wenn sie vom Betriebsleiter oder einem leitenden Mitarbeiter begangen werden. Die Herbeiführung oder Duldung einer unmittelbaren Gefahr für das Leben oder einer erheblichen unmittelbaren Gefahr für die Gesundheit (§ 193 Abs. 1 StGB) stellt nur dann eine Straftat dar, wenn sie auf schuldhaften Pflichtverletzungen eines Leiters oder leitenden Mitarbeiters beruht (Ziff. 16 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 13. September 1978). Wenn ein Werktätiger ohne Leitungsfunktion eine Gefährdung von Leben und Gesundheit durch Verletzung von Arbeitspflichten verursacht, begeht er noch keine Straftat; das ist jedoch anders bei der Brandgefährdung gemäß § 187 StGB. Selbstverständlich ist auch keine Straftat gegeben, wenn der Werktätige sich durch seine Pflichtverletzung selbst an der Gesundheit schädigt. Wird von einem Werktätigen ohne Leitungsfunktion jedoch durch schuldhafte Verletzung seiner Arbeitspflichten, also auch durch die Erfüllung einer für ihn erkennbar fehlerhaften Weisung, der Tod oder die Schädigung der Gesundheit eines 1 Vgl. Ziff. 4.1.4. des Berichts des Präsidiums an das Plenum des Obersten Gerichts der DDR zu Fragen des Beitrages der Rechtsprechung zur Vorbeugung von Havarien und Bränden sowie von Verletzungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes, OG-Informa-tionen 1978, Nr. 4, S. 15. 2 Vgl. OG, Urteil vom 24. August 1976 - 2b OSK 21/76 - (NJ 1977, Heft 1, S. 27). 3 So auch OG, Urteil vom 5. Januar 1984 2 OSK 16/83. 4 Vgl. Abschn. IH, Ziff. 1.1. des Berichts des Präsidiums an die 7. Plenartagung des Obersten Gerichts „Der Beitrag der Gerichte zum Kampf gegen Brände, Havarien und Wirtschaftsschädigungen ein wichtiger Beitrag zur Unterstützung der ökonomischen Strategie der Partei der Arbeiterklasse und des sozialistischen Staates“, OG-Informationen 1984, Nr. 1, S. 7; H. Pompoes, „Der Beitrag der Gerichte zum Kampf gegen Brände, Havarien und Wirtschaftsschädigungen“, NJ 1984, Heft 2, S. 40. 5 Vgl. Ziff. 9 des Beschlusses des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Rechtsprechung auf dem Gebiet des Gesundheits-, Arbeitsund Brandschutzes vom 13. September 1978, NJ 1978, Heft 10, S. 448. 6 Die Fälle, in denen der Werktätige zwar keine Pflicht hat, die Ausführung einer Weisung zu verweigern, sie aber aus im Gesetz genannten Gründen ablehnen kann, können hier außer Betracht bleiben.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 504 (NJ DDR 1984, S. 504) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 504 (NJ DDR 1984, S. 504)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Der Leiter der Hauptabteilung hat dafür Sorge zu tragen und die erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, daß die Bearbeitung von Ermittlungsverfahren wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit und die Untersuchung damit im Zusammenhang stehender feindlich-negativer Handlungen, Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anweisung zur einheitlichen Ordnung über das Betreten der Dienstobjekte Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit . Anweisung zur Verstärkung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - E.Honecker. Zur Vorbereitung . Parteitages der Partei , Tagung der vom viß a.W.Lamberz. Die wachsende Rolle der sozialistischen Ideologie bei der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft. Diese Auffassung knüpft unmittelbar an die im Abschnitt der Arbeit dargestellten Tendenzen der Dekriminalisierung und Depönalisierung an und eröffnet der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit Möglichkeiten zur weiteren Qualifizierung der operativen Grundprozesse Stellung genommen. Dabei erfolgte auch eine umfassende Einschätzung des Standes und der Effektivität der Arbeit. Die daraus abgeleitete Aufgabenstellung zur weiteren Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit auf diesem Gebiet enthaltenen Festlegungen haben durchgeführte Überprüfungen ergeben, daß insbesondere die in den Befehlen und angewiesenen Ziel- und Aufgabenstellungen nicht in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Ougendlicher vorzunehmen, zumindest aber vorzubereiten. Es kann nur im Einzelfall entschieden werden, wann der erreichte Erkenntnisstand derartige Maßnahmen erlaubt.

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