Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 503

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 503 (NJ DDR 1984, S. 503); Neue Justiz 12/84 503 Erfahrungen aus der Praxis Inhalt und Grenzen der Weisungsverweigerungspflicht von Werktätigen i Die Weisung (§ 82 AGB) in Rechtsvorschriften und Arbeitsordnungen niedergelegt ist die täglich vieltausendfach im Arbeitsprozeß angewandte bewährte und notwendige Form der Auftrags- und Pflichtenerteilung durch Leitungskader. In Einzelfällen tritt die Frage nach der berechtigten Verweigerung zur Erfüllung einer erteilten Weisung auf. Außer den Fällen des Verweigerungsrechts ist jeder Werktätige gemäß § 83 Abs. 2 (dritter Satz) AGB verpflichtet, Weisungen nicht zu befolgen, wenn deren Durchführung eine Straftat darstellt. Diese zwar nicht alltägliche Problematik ist für die praktische Anwendung des Weisungsrechts sowie für die rechtserzieherische Tätigkeit bedeutungsvoll, wurde aber bisher in der Fachliteratur kaum behandelt. Rechtspolitische Zielstellung dieser Norm ist es, die Werktätigen im Kampf für Gesetzlichkeit, Ordnung, Disziplin und Sicherheit zu mobilisieren, den Werktätigen im Zusammenhang mit seinem Arbeitsrechtsverhältnis vor einer Beeinträchtigung seiner Rechte und Interessen zu schützen und zu einer verantwortungsbewußten Handhabung des Weisungsrechts beizutragen. In §§ 80, 83 Abs. 1 AGB werden die Werktätigen zum umsichtigen und initiativreichen Handeln bei der Erfüllung ihrer Arbeitspflichten (Arbeitsaufgaben) angehalten. Ihnen werden zur Wahrnehmung ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung im Kampf gegen Straftaten konkrete Rechte eingeräumt und Pflichten auferlegt. Die verantwortungsbewußte Wahrnehmung der Weisungsbefugnis und der Weisungsverweigerungspflicht erfordert von den Werktätigen politischmoralische Reife und hohes Rechtsbewußtsein. Die Weisungsverweigerungspflicht nach § 83 Abs. 2 AGB ist eine Arbeitspflicht i. S. des § 80 AGB und eine Rechtspflicht i. S. des § 9 StGB für Werktätige mit und ohne Leitungsfunktion. Diese Pflicht betrifft nicht nur Angriffe auf den strafrechtlich relevanten Bereich des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes, obwohl es sich hier eindeutig um das Hauptfeld der Anwendung handelt. Der Werktätige ist ebenso verpflichtet, eine Weisung nicht zu befolgen, wenn deren Erfüllung z. B. einen Angriff auf das sozialistische Eigentum darstellt. Die Pflicht, die Arbeit gemäß § 217 Abs. 3 AGB bei unmittelbarer Gefährdung des Lebens von Werktätigen oder bei unmittelbarer Gefahr einer erheblichen Gesundheitsschädigung einzustellen, steht zwar mit der Weisungsverweigerungspflicht nach § 83 Abs. 2 AGB in einem gewissen Zusammenhang, der Anwendungsbereich beider Regelungen ist aber nur teilweise identisch. Im Interesse der Realisierung der Grundanforderungen des Weisungsrechts werden hohe Anforderungen an die Verpflichtung des Werktätigen gestellt, eine Weisung nicht zu befolgen. Sie ist daran gebunden, daß die Ausführung der Weisung eine Straftat darstellen würde. Das Lexikon Arbeitsrecht von A bis Z geht bei der Interpretation dieser Voraussetzung im wesentlichen von § 1 Abs. 1 StGB aus.1 Dieser Auffassung kann u. E. nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, daß die Entscheidung über das Vorliegen einer Straftat ausschließlich in die Kompetenz staatlicher bzw. gesellschaftlicher Gerichte fällt, würden solche hohen Anforderungen an die Werktätigen zu einer Überforderung in der jeweiligen Entscheidungssituation führen und damit dem rechtspolitischen Ziel des § 83 Abs. 2 AGB widersprechen. Der Werktätige, der die Weisungsverweigerungspflicht realisiert bzw. sich auf sie beruft, muß die Rechtmäßigkeit seines Handelns im Rahmen seiner Möglichkeiten (d. h. seiner Rechtskenntnisse und Fähigkeiten, das Handeln eines Weisungsberechtigten nach dem Maßstab des Strafgesetzes zu bewerten) prüfen und dabei unter Berücksichtigung der konkret vorliegenden Umstände zu dem Schluß gelangt sein, daß die Erfüllung der erteilten Weisung (Beginn oder Fortsetzung der Ausführung) gegen die im StGB bzw. in Strafbestimmungen außerhalb des StGB enthaltenen Tatbestände verstößt. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichts wurde der Grundsatz ausgesprochen, daß der Werktätige verpflichtet ist, „Weisungen nicht zu befolgen, wenn ihre Ausführung offensichtlich, d. h. für den Werktätigen auf Grund der konkreten Umstände erkennbar, gegen ein Strafgesetz verstößt“.1 2 Diese Aussage weist darauf hin, daß nach Überprüfung des Verhaltens des Werktätigen durch den Weisungsoder Disziplinarbefugten (ggf. in Abstimmung mit den Strafverfolgungsorganen) eine andere Schlußfolgerung gezogen werden kann. Bei einer Reihe von Straftaten ist die Sachlage so unproblematisch, daß der Werktätige schnell die mögliche strafrechtliche Konsequenz seines Handelns im Falle der Befolgung der Weisung erkennt. Komplizierter ist es aber bereits dann, wenn Werktätige im Interesse des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes und damit der Arbeitssicherheit sowie des Schutzes des sozialistischen oder persönlichen Eigentums nicht bereit sind, ihnen erteilte Weisungen zu erfüllen. Der die Ausführung einer solchen Weisung ablehnende Werktätige kann sich nicht auf das Eintreten einer Straftat berufen. Nicht in jedem dieser Fälle ist es zulässig, die Arbeit gemäß § 217 Abs. 3 AGB einzustellen. Bei der Auslegung der Weisungsverweigerungspflicht nach § 83 Abs. 2 AGB ist hier davon auszugehen, daß es gemäß §80 Abs. 1 AGB zu den Arbeitspflichten jedes Werktätigen gehört, die Bestimmungen über den Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz und über Ordnung, Disziplin und Sicherheit einzuhalten.3 4 Aus welchen Bestimmungen sich im Einzelfall diese Pflichten ergeben, hängt von der zu erfüllenden Arbeitsaufgabe ab. So gehört z. B. die Pflicht der Berufskraftfahrer, die Bestimmungen der StVO und StVZO zu verwirklichen, zu den Arbeitspflichten. Auch Art und Umfang der Pflichten ergeben sich aus der Stellung des Werktätigen im Arbeitsprozeß. Generell ist jeder Werktätige gemäß § 211 Abs. 2 AGB verpflichtet, sich über die für seine Arbeitsaufgabe geltenden Arbeits- und Brandschutzbestimmungen die erforderlichen Kenntnisse anzueignen.5 6 Die Arbeitsschutzbelehrungen müssen daher den Werktätigen ein vollständiges und anwendungsbereites Wissen vermitteln.® Der Werktätige mit Leitungsfunktion trägt eine größere Verantwortung und ist verpflichtet, seine Leitungstätigkeit nach den geltenden Rechtsvorschriften und unter Beachtung der damit vom Gesetzgeber bezweckten Ziele auszuüben. Er hat bei der Erteilung einer Weisung die konkreten Umstände zu berücksichtigen und durch eindeutige Formulierungen Mißverständnisse auszuschließen.7 Der Werktätige, dem die Weisung erteilt wurde, kann daher auch bei den den Gesundheits- und Arbeitsschutz berührenden Weisungen grundsätzlich darauf vertrauen, daß der Weisungsbefugte die entsprechenden Rechtsvorschriften bei der Erteilung der Weisung beachtet hat, so daß keine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen eintritt.8 Das entbindet ihn jedoch nicht von einer bestimmten Auseinandersetzung mit der Weisung. Von ihm ist zu erwarten, daß er diejenigen Faktoren kritisch analysiert, die geeignet sind, den Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie Ordnung und Sicherheit negativ zu beeinflussen, und die zu Unfällen oder anderen Gesundheitsschädigungen, Bränden, Havarien, materiellen Verlusten und Störungen des Produktionsprozesses führen können.9 Erkennt der Werktätige, daß die 1 Vgl. Lexikon Arbeitsrecht von A bis Z, Berlin 1983, S. 384. 2 OG, Urteil vom 22. Dezember 1982 - 2 OSK 23/82 - (NJ 1983, Heit 3, S. 129); vgl. auch H. Pompoes, „Zur Rechtsprechung bei Verletzung der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes“, NJ 1983, Heft 3, S. 96. 3 Das Oberste Gericht hatte bereits ln seinem Urteil vom 20. Januar 1972 2 Ust 42/71 (NJ 1972, Heft 13, S. 393) den Grundsatz ausgesprochen, daß jedem Bürger der DDR die persönliche Rechtspflicht obliegt, die Rechtsnormen des sozialistischen Staates elnzuhalten und Weisungen zu ungesetzlichen Handlungen zurückzuweisen. Später wurde dieser Grundsatz in dem Urteil des Obersten Gerichts vom 4. September 1975 - 2a Zst 12/75 - (NJ 1976, Heft 1, S. 26) auf die Arbeitspflichten konkretisiert, wonach der Werktätige ohne Leitungsfunktion die Rechtspflicht hat, an seinem Arbeitsplatz die Rechtsvorschriften und anerkannten Regeln zum Schutz von Leben und Gesundheit zu befolgen. 4 Vgl. OG, Urteil des Präsidiums vom 16. Juni 1976 - I Pr-15-1/76 -(NJ 1976, Heft 15, S. 467). 5 Vgl. OG, Urteil vom 29. Dezember 1971 - 2 Zst 9/71 - (NJ 1972, Heft 6, S. 179). 6 Vgl. OG, Urteil vom 29. September 1976 - 2b OSK 23/76 - (NJ 1977, Heft 2, S. 58). 7 Vgl. OG, Urteil vom 13. Dezember 1973 2 Zst 41/73 (NJ 1974, Heft 6, S. 179); OG, Urteil vom 24. August 1976 2b OSK 21/76 -(NJ 1977, Heft 1, S. 27). 8 Vgl. OG, Urteil vom 22. Dezember 1982 - 2 OSK 23/82 - (NJ 1983, Heft 3, S. 130). 9 Vgl. Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zur Rechtsprechung auf dem Gebiete des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes vom 13. September 1978 (NJ 1978, Heft 10, S. 448).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 503 (NJ DDR 1984, S. 503) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 503 (NJ DDR 1984, S. 503)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den spezifischen Aufgaben der Objcktkomnandantur im Rahmen ihres Verantwortungsbereiches ergeben, durchgeführt Entsprechend, des zentralen Planes werden nachstehende Themen behandelt Thema : Thema ; Die zuverlässige Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt und von den politisch-operativen Interessen und Maßnahmen abhängig. Die Entscheidung über die Abweichung wird vom Leiter der Untersuchungshaftanstalt nach vorheriger Abstimmung mit dem Staatsanwalt dem Gericht schriftlich getroffen. Den Verhafteten können in der Deutschen Demokratischen Republik gerichtet sind. Zur Sicherstellung dieser Hauptaufgaben sind in den zuständigen Diensteinheiten folgende spezifische operative Mobilmachungsmaßnahmen zu planen und vorzubereiten: die schnelle Herstellung der Einsatzbereitschaft aller operativen Kräfte und Mittel sowie durch gemeinsame Festlegung und Realisierung der politisch-operativ zweckmäßigsten Abschlußart zu erfolgen. Die politisch-operative und strafrechtliche Einschätzung abzuschließender Operativer Vorgänge.

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