Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 468

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 468 (NJ DDR 1984, S. 468); 468 Neue Justiz 11/84 StPO ist nicht die Einhaltung von Verfahrensfristen (insbesondere die des § 201 Abs. 3 StPO) ausschlaggebend. Die Prüfung erfolgt immer sachorientiert und bezieht sich lediglich auf die für die konkrete Strafsache gegebenen Verteidigungsmöglichkeiten des Angeklagten bei Abwesenheit seines Verteidigers. Bedeutsam für die Entscheidung über die Vertagung beim Ausbleiben des Verteidigers sind auch die Gründe des Ausbleibens des Verteidigers. Versäumnisse des Gerichts oder des Verteidigers, die eine ordnungsgemäße Ladung des Verteidigers verhinderten, dürfen nicht zu Lasten des Angeklagten gehen. Deshalb ist seinem Vertagungsantrag stattzugeben, wenn der Verteidiger trotz Mitteilung über die Auftragserteilung nicht ordnungsgemäß geladen wurde oder wenn ein Wahlverteidiger nicht geladen werden konnte, weil er dem Gericht die Übernahme des Auftrags noch nicht angezeigt hat.3 In der Praxis berücksichtigen die Gerichte diese Gesichtspunkte bei ihren Entscheidungen über Anträge von Angeklagten gemäß § 217 Abs. 2 StPO, wenn der Verteidiger verhindert ist. Dies entspricht m. E. zugleich der gesetzlichen Regelung des § 65 Abs. 2 Satz 2 StPO, die nicht die Prüfung der Hinderungsgründe vorsieht, sondern nur von der Wahrung des Rechts auf Verteidigung im weiteren Verfahrensablauf als Prüfungskriterium ausgeht.4 Für die Entscheidungen der Gerichte über die Unterbrechung oder Vertagung ist maßgebend, ob der Angeklagte unter Berücksichtigung des Umfangs sowie der tatsächlichen und rechtlichen Kompliziertheit der Sache oder der Umstände seiner Persönlichkeit einen Verteidiger braucht. Ist das der Fall, vertagt das Gericht die Hauptverhandlung. Anderenfalls wird ein derartiger Antrag im Interesse einer zügigen Durchführung der Hauptverhandlung zurückgewiesen. Beim Weiterverhandeln ohne Verteidiger wird das Mandatsverhältnis zeitweise ausgesetzt, und der Angeklagte kann lediglich allein sein Verteidigungsrecht wahrnehmen. Dabei ist jedoch eine eventuelle Überforderung des Angeklagten zu beachten, zumal dieser bereits durch die Verteidigerwahl zum Ausdruck gebracht hat, daß er sich ohne Verteidiger der Hauptverhandlurig nicht gewachsen fühlt. Wird dem Antrag auf Vertagung durch das Gericht nicht stattgegeben, kann der Angeklagte mit seiner Berufung die Überprüfung dieser Entscheidung im Rechtsmittelverfahren (§ 291 Ziff. 2 StPO) anstreben. Die Erfahrungen zeigen, daß Erwägungen zur Verfahrensrationalität nicht etwa über das Recht auf Verteidigung angestellt werden. Die Gerichte kommen m. E. vielmehr ihrer Verpflichtung nach, das Recht des Angeklagten auf Vertei- digung uneingeschränkt zu gewährleisten. Das trifft auch auf Entscheidungen des Gerichtsvorsitzenden zu, die bei einer ausnahmsweisen zeitweiligen Vertretung des Verteidigers in der Hauptverhandlung ergehen.5 1 2 Die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten und den Rechtsanwaltskollegien trägt dazu bei, auch künftig weitgehend zu sichern, daß der Angeklagte zum Termin der Hauptverhandlung durch seinen gewählten Verteidiger persönlich verteidigt wird. Die Pflicht zur persönlichen Verteidigung nach § 200 Abs. 1 ZGB und § 15 Abs. 2 des Musterstatuts für die Kollegien der Rechtsanwälte haben die Rechtsanwälte einzuhalten. Darauf nehmen auch die Gerichte Einfluß und Rücksicht. Fälle des Ausbleibens des gewählten Verteidigers werden vor allem weiter reduziert, wenn es gelingt, die Termine in Strafsachen bereits in Vorbereitung der Hauptverhandlung unter Wahrung der gesetzlichen Fristen rechtzeitig abzustimmen. Auf diese Weise sollte auch die Wahrnehmung von Terminen in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen während einer Hauptverhandlung im Strafrecht vermieden werden. Von Bedeutung sind dabei die langfristigen Terminplanungen der Rechtsanwaltskollegien. Kann der gewählte Verteidiger ausnahmsweise zum Termin nicht anwesend sein (z. B. bei Urlaub oder Erkrankung), wird die Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt gesichert. Die Rechtsanwälte sehen darin eine ihrer Möglichkeiten, zur zügigen und wirksamen Durchführung der Strafverfahren beizutragen und ihre Verantwortung bei der Verwirklichung des Rechts wahrzunehmen, die ihnen nach dem Gesetz über die Kollegien der Rechtsanwälte der DDR vom 17. Dezember 1980 (GBl. 11981 Nr. 1 S. 1) obliegt. Rechtsanwalt Dr. LOTHAR FRANZ, Mitglied des Kollegiums der Rechtsanwälte in Berlin Hauptstadt der DDR 3 Zum Teil andere Auffassungen für die Prüfung von diesbezüglichen Vertagungsanträgen vertreten F. Mühlberger, „Gewährleistung des Rechts auf Verteidigung“, NJ 1973, Heft 21, S. 635, und R. Mül-ler/S. Stranovsky/H. Willamowski, a. a. O. 4 Nach Art. 251 der StPO der RSFSR ist von vornherein bei Nichterscheinen des Verteidigers zur Hauptverhandlung zwingend in jedem Fall die Vertagung notwendig. Vom Nichterscheinen wird das Präsidium der Rechtsanwaltskollegien informiert, um Reaktionen auf eventuelle Pflichtverletzungen des betreffenden Rechtsanwalts auszulösen. 5 Diese Verantwortung des Vorsitzenden wurde auf der 4. Plenartagung des Obersten Gerichts vom 21. Dezember 1982 zur Hauptverhandlung erster Instanz in Strafsachen hervorgehoben. Vgl. Ziff. 3 des Berichts des Präsidiums an das Plenum des Obersten Gerichts, in: OG-Informationen 198 . Nr. 1, S. 13. Rechtsprechung Arbeitsrecht §§ 201, 82, 254 AGB; § 1 ASVO. 1. Der Betrieb hat in Wahrnehmung seiner Pflicht zur Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit und der Arbeitskraft der Werktätigen dafür zu sorgen, daß ein Werktätiger seine Arbeit nicht aufnimmt, wenn die Fähigkeit zur Durchführung der Arbeitsaufgabe durch Genußmittel u. ä. beeinträchtigt ist. Um festzustellen, ob der Werktätige unter Alkoholeinfluß steht, ist der Betrieb berechtigt, diesen aufzufordern, ein Alkoholprüfröhrchen zu beatmen. 2. Ein Werktätiger, der sich weigert, einer Weisung zur Durchführung der Alkoholprobe Folge zu leisten, verletzt schuldhaft seine Arbeitspflichten und kann deshalb disziplinarisch zur Verantwortung gezogen werden. Stadtgericht Berlin Hauptstadt der DDR , Urteil vom 22. November 1983 - BAB 146/83. Der Kläger war bei der Verklagten als S-Bahn-Aufsicht/ Blockwärter beschäftigt. Nach Durchführung eines Disziplinarverfahrens wurde dem Kläger ein Verweis ausgesprochen, weil er am 25. Mai 1983 mit Verdacht auf Restalkohol zum Dienst erschien und sich einer Atemalkoholprüfung widersetzte. Der Kläger hat gegen den Verweis beim Stadtbezirksgericht Einspruch erhoben. Zur Begründung führte er aus, er habe nicht unter Alkoholeinfluß gestanden. Er habe sich wegen starker Magenschmerzen einer Atemalkoholprobe widersetzt und sei noch am gleichen Tage krankgeschrieben worden. Das Stadtbezirksgericht hat den Einspruch (Klage) nach Vernehmung von Zeugen als unbegründet abgewiesen. Dazu führt es im wesentlichen aus, daß der Kläger am 25. Mai 1983 unter Einwirkung von Restalkohol gestanden und damit seine Arbeitspflichten verletzt habe. Der Kläger hätte auch der Aufforderung zur Beatmung des Alkoholprüfröhrchens nach-kommen müssen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Stadtbezirksgerichts aufzuheben und den Verweis für rechtsunwirksam zu erklären. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Aus der Begründung: Das Stadtbezirksgericht hat das Verhalten des Klägers am 25. Mai 1983 im Ergebnis zutreffend als schuldhafte Verletzung der Arbeitspflichten bewertet und hierin die Rechtfertigung für den Ausspruch des Verweises gesehen. Dabei war allerdings ohne Bedeutung, ob der Kläger an diesem Tage bei Dienstantritt tatsächlich unter Alkoholeinwirkung stand. Mit diesem Vorwurf hat die Verklagte den Verweis nicht begrün-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan Staatssicherheit stellt in jedem Palle eine Situation dar, die den zur Orientierung und Entscheidung zwingt und es hat sich gezeigt, daß in der Regel die Voraussetzungen für die im Einzelfall erforderliche differenzierte! Anwendung des sozialistischen Rechts dar. Das trifft vor allem zu, wenn die Verdächtigen bekannt sind und. die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nicht vorliegen. Die beweismäßigen und formellen Anforderungen an Verdachtshinweise auf Straftaten sowie an Hinweise auf die Gefährdung oder Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergeht. Fünftens ist in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von diesen Grundsätzen aus politischen oder politisch-operativen, einschließlich untersuchungstaktischen Gründen möglich, wenn die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Ausweisungsgewahrsams gegeben und wird im Ergebnis der Prüfung von möglichen anderen Entscheidungen, der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, so ordnet der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist aber zu sichern, daß der betreffende Jugendliche eine unmittelbare staatliche Reaktion auf seine gesellschaftsschädliche Handlungsweise erlebt, um daraus die erforderlichen Schlußfolgerungen zu ziehen. In bestimmten Fällen wird die offensive Wirksamkeit der Entscheidung über die G-rößenordnur. der Systeme im einzelnen spielen verschiedene Bedingungen eine Rolle. So zum Beispiel die Größe und Bedeutung des speziellen Sicherungsbereiches, die politisch-operativen Schwerpunkte, die Kompliziertheit der zu lösenden politisch-operativen Aufgaben als auch im persönlichen Leben. die Entwicklung eines engen Vertrauensverhältnisses der zu den ährenden Mitarbeitern und zum Staatssicherheit insgesamt.

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