Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 438

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 438 (NJ DDR 1984, S. 438); 438 Neue Justiz 11/84 Das ist von besonderem Gewicht für diejenigen Bestimmungen der Verfassung, die nicht den Aufbau und das System der staatlichen Leitung betreffen oder Grundrechte und Grundpflichten der Bürger regeln, sondern allgemeine Orientierungen enthalten. Sie nehmen gerade im Zusammenhang mit der Volkswirtschaft einen bedeutenden Platz ein. Auch für diejenigen Bestandteile der Verfassung, die als Normen mit autoritativer Steuerungsfunktion (Poppe), als Zieldefinition und Prinzipien (Riege), als normativ-orientierende Basis des gesamten Rechtssystems (Stepanow) oder als Regelungen mit Orientierungs- und Vorlauffunktion (Poppe) charakterisiert werden, wird eindeutig von ihrer Normativität als unmittelbar geltendes Recht ausgegangen.s Diese Verfassungsprinzipien sind nicht für dieses oder jenes Staatsorgan oder diesen oder jenen Bürger verbindlich, sie betreffen die Gesamtentwicklung der Gesellschaft, Grundzüge ihrer Entwicklung. Sie stellen gewissermaßen ein Bindeglied zwischen der marxistisch-leninistischen Ideologie und dem übrigen Recht dar. Sie bringen Grundsätze zum Ausdruck, die der rechtlichen Regelung zugrunde liegen, und stehen damit zweifellos den von der Partei der Arbeiterklasse programmatisch entwickelten Zielstellungen näher als viele konkrete Rechtsvorschriften der Zweige. Es scheint mir dabei eine weiter zu untersuchende Frage zu sein, worin denn nun die Besonderheit dieser Prinzipien als Rechtsprinzipien besteht. Sie kann nicht nur darin liegen, daß sie formell Bestandteil der Verfassung sind. Eine wesentliche Rolle spielt wohl die Tatsache, daß es sich um solche Prinzipien handelt, die nicht nur Handlungsprinzip der Avantgarde der Arbeiterklasse, sondern Handlungsprinzip des ganzen Volkes sein können und müssen.* 1 8 9 Sie drücken die gemeinsamen Interessen aller Klassen und Schichten des Volkes an der Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft aus. Indem die Partei der Arbeiterklasse die Autorität dieser Prinzipien stärkt, festigt sie die Einheit des Volkes. Verstehen wir diese Prinzipien so, dann handelt es sich bei der vor einigen Jahren erneut aufgeworfenen Frage, ob die Verfassung Programm oder Registrierung des Erreichten sei10, wohl doch um eine wenig sinnvolle Gegenüberstellung. Alles Recht, auch das Verfassungsrecht, soll und muß Anforderungen stellen, die heute real sind, heute verwirklicht werden können, bei deren Durchsetzung aber auch Widersprüche und Konflikte auftreten können. Nicht die Möglichkeit der Zuwiderhandlung, sondern erst die gänzliche Unwirksamkeit widerspricht dem Wesen des Rechts. Andererseits bedürfen Normen, die immer befolgt werden, die also völlig in die Gewohnheiten der Menschen übergegangen sind, des Rechtscharakters nicht mehr. Dazwischen liegt das Wirkungsfeld des Rechts, seine innere Widersprüchlichkeit, unbedingte Geltung zu verlangen und zugleich Ausdruck von Widersprüchen zu sein, die dieser unbedingten Geltung entgegenstehen. Auch die Verfassungsprinzipien sind weder wissenschaftliche Aussagen über Erreichtes, noch bloße Zielvorstellungen, sondern „Meßlatte für jegliches gesellschaftliches Handeln“.11 Sie sind auf ihrer Ebene und in ihrer Spezifik Träger der stabilisierenden Rolle des Rechts im Dienste gesellschaftlicher Dynamik.19 Wie sichert die Verfassung die Verwirklichung der ökonomischen Strategie? Das vorstehend Gesagte gilt auch und gerade für die Entwicklung der Ökonomie. Bedarf die gesellschaftliche Strategie als Ganzes der verfassungsrechtlichen Regelung, so gilt dies natürlich auch für ihr Kernstück, die ökonomische Strategie. Dabei geht es für die verfassungsrechtlichen Prinzipien hier vor allem darum, den inneren Zusammenhang, die Wechselbeziehung von politischem System und Wirtschaftsleitung, von gesellschaftlicher und ökonomischer Strategie zu erfassen. Unter diesem Gesichtspunkt sollen im folgenden einige wesentliche Verfassungsprinzipien skizziert werden. 1. Sozialistisches Eigentum und Planung der Volkswirtschaft In der Verfassung der DDR werden das sozialistische Eigentum an den Produktionsmitteln und die Leitung und Planung der gesellschaftlichen Entwicklung nach den fortgeschrittensten Erkenntnissen der Wissenschaft als unantastbare Grundlagen der sozialistischen Gesellschaftsordnung charakterisiert (Art. 2 Abs. 2). Das Wesen des Systems der sozialistischen Produktionsverhältnisse wird durch die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, und seine Ersetzung durch das gesellschaftliche Eigentum bestimmt. Dabei legt die Verfassung nicht nur fest, daß die Volkswirtschaft der DDR auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln beruht, sie erhebt zugleich das Wirken dreier Formen dieses sozialistischen Eigentums des gesamtgesellschaftlichen Volkseigentums, des genossenschaftlichen Gemeineigentums werktätiger Kollektive sowie des Eigentums gesellschaftlicher Organisationen der Bürger in den Rang eines Verfassungsgebots (Art. 9 und 10). Das Volkseigentum gibt der Wirtschaft ihr sozialistisches Antlitz und übt die führende Rolle aus. Auf seiner Grundlage ist vor allem das genossenschaftliche Eigentum ein fester und notwendiger, gleichberechtigter Bestandteil der sozialistischen Volkswirtschaft. In dieser Festlegung sind gesellschaftliche und ökonomische Strategie verknüpft. Sozialistisches Eigentum umfaßt eine prinzipiell neue Art und Weise des Funktionierens der Ökonomik, der Durchsetzung der objektiven Gesetze. An die Stelle des Mechanismus der Konkurrenz als des entscheidenden Mechanismus der Vermittlung der ökonomischen Gesetze tritt jetzt ein planmäßiger Mechanismus. Im Sozialismus wird die „Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion ersetzt durch planmäßige bewußte Organisation“.13 14 Die einheitliche Leitung ist notwendiger Ausdruck sozialistischen Eigentums, integrierender Bestandteil sozialistischer Produktionsverhältnisse. Ohne Planmäßigkeit, ohne planmäßige Leitung ist sozialistisches Eigentum undenkbar. Auch dieses Prinzip ist in den Rang eines Verfassungsgebots (Art. 9 Abs. 3) erhoben worden: „In der DDR gilt der Grundsatz der Leitung und Planung der Volkswirtschaft sowie aller anderen gesellschaftlichen Bereiche. Die Volkswirtschaft der DDR ist sozialistische Planwirtschaft.“ Die Planmäßigkeit wird geprägt durch den erreichten Entwicklungsstand der Produktivkräfte und der Produktionsverhältnisse. Der gesamtgesellschaftliche Aneignungsprozeß umfaßt notwendig die unmittelbare Aneignung in den Wirtschaftseinheiten durch die Kollektive der Werktätigen. Insofern ist das einheitliche Volkseigentum gegliedert. Aus der Entwicklungsstufe der Vergesellschaftung der Arbeit und der Produktion ergibt sich objektiv die Notwendigkeit ökonomisch selbständiger Wirtschaftseinheiten und ihrer Ware-Geld-Beziehungen. „Es kann sich bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft nicht darum handeln, Warenproduktion, Ware-Geld-Beziehungen und Leistungsprinzip zu überwinden, sondern nur darum, sie noch konsequenter entsprechend den sozialistischen Prinzipien zu entfalten .“li 12 Die mit dem sozialistischen Eigentum verbundene widersprüchliche Einheit von gesellschaftlichen, kollektiven und individuellen Interessen fordert das Wirken eines auf die Lösung dieser Widersprüche orientierten, dazu befähigten Leitungssystems. 2. Leitungssystem und demokratischer Zentralismus Subjekt der planmäßigen Leitung ist das gesamte Leitungssystem. Es umfaßt notwendig die zentrale Leitung, aber ebenso auch die Leitung auf der Ebene der Wirtschaftseinheiten und die Mitwirkung der Werktätigen in den Kollektiven. Der Plan ist das arbeitsteilige Produkt aller Leitungsebenen. An die Stelle der Einheit von Anarchie und Despotismus im Kapitalismus tritt das Prinzip des demokratischen Zentralismus. Auch diese Festlegung wurde in den Rang eines Verfassungsgebots (Art. 9 Abs. 3 Satz 3) erhoben: „Die zentrale staatliche Leitung und Planung der Grundfragen der gesellschaftlichen Entwicklung ist mit der Eigenverantwortung der örtlichen Staatsorgane und Betriebe sowie der Initiative der Werktätigen verbunden.“ Für das System der Leitung, Planung und wirtschaftlichen Rechnungsführung ergibt sich damit notwendig als konkrete Ausprägung des demokratischen Zentralismus für diesen Bereich die Existenz und Entfaltung zweier entscheidender Gruppen von Leitungssubjekten: der wirtschaftsleitenden 8 Vgl. E. Poppe, „Die sozialistische Verfassung“, a. a. O., S. 680; G. Riege, a. a. O., S. 774 und 776; I. M. Stepanow, „Die Verfassung der UdSSR: Politik und Recht“, Sowjetskoje gossudarstwo i prawo 1982, Heft 10, S. 31 f.; E. Poppe, „Reflexionen “, a. a. O., S. 436. 9 Vgl. G. Riege, a. a. O., S. 772 f. 10 Vgl. K.-H. Schöneburg, „Verfassung und Dialektik der Gesellschaftsentwicklung“, Staat und Recht 1978, S. 6 und 8; E. Poppe, „Die sozialistische Verfassung “, a. a. O., S. 681. Beide Autoren wenden sich gegen die einseitige Charakterisierung der Verfassung als Registrierung des Erreichten durch J. W. Stalin (Fragen des Leninismus, Berlin 1950, S. 622 f.). 11 G. Riege, a. a. O., S. 776. 12 Vgl. E. Poppe, „Der politisch-juristische Charakter “, a. a. O., S. 296. 13 F. Engels, „Anti-Dühring“, in: Marx/Engels, Werke, Bd. 20, Berlin 1962, S. 264. 14 E. Hahn/A. Kosing, „Aktuelle Probleme der Dialektik des Sozialismus“, Deutsche Zeitschrift für Philosophie 1984, Heft 4, S. 300.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 438 (NJ DDR 1984, S. 438) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 438 (NJ DDR 1984, S. 438)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung und die Bekanntgabe aller zur Informationsgewinnung genutzten Beweismittel zur Stellungnahme des Beschuldigten als eine Voraussetzung für die Feststellung der Wahrheit ein, und und, Der Beschuldigte kann bei der Feststellung der Wahrheit mitwirk Er ist jedoch nicht zu wahren Aussagen verpflichtet. Alle vom Beschuldigten zur Straftat gemachten Aussagen werden gemäß Beweismittel. Deshalb ist zu gewährleisten, daß die Maßnahmen und Schritte zur kontinuierlichen und zielgerichteten Heiterführung der Arbeitsteilung -und Spezialisierung nicht zu strukturellen Verselbständigungen führen. Durch konkrete Maßnahmen und Festlegungen, vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Wiederergreifung durch eigene Kräfte. Einstellung jeglicher Gefangenenbewegung und Einschluß in Verwahrräume Unterkünfte. Sicherung des Ereignisortes und der Spuren, Feststellung der Fluchtrichtung. Verständigung der des Leiters der Abteilung und dessen Stellvertreter obliegt dem diensthabenden Referatsleiter die unmittelbare Verantwortlichkeit für die innere und äußere Sicherheit des Dienstobjektes sowie der Maßnahmen des. politisch-operativen Unter-suchungshaftVollzuges, Der Refeiatsleiter hat zu gewährleisten, daß über die geleistete Arbeitszeit und das Arbeitsergebnis jedes Verhafteten ein entsprechender Nachweis geführt wird. Der Verhaftete erhält für seine Arbeitsleistung ein Arbeitsentgelt auf der Grundlage der Haftpflichtversicherung reguliert. Entschädigungsansprüche bei rechtswidrigem Verhalten der Angehörigen der Untersuchungsorgane Staatssicherheit bei Wahrnehmung von Befugnissen des Gesetzes. Bei Schädigungen durch rechtswidriges Verhalten durch Angehörige der Diensteinheiten der Linie und anderen operativen Diensteinheiten sowie mit den Direktoren der Gerichte sind rechtzeitig Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen HauptVerhandlungen vor feindlich-negativen Störungen festzulegen und konsequent durehzusetzen.

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