Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 407

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 407 (NJ DDR 1984, S. 407); Neue Justiz 10/84 407 Straftätern, denen gegenüber diese Maßnahmen angewendet werden, kann und muß erwartet werden, daß sie vor allem in ihrem primären Lebensbereich in der Arbeit beweisen, daß sie aus der Straftat die erforderlichen Schlußfolgerungen gezogen haben. Kennzeichnend für die Depönalisderung sind insbesondere die Tätigkeit gesellschaftlicher Gerichte, die Bürgschafts-Übernahme, die Erziehungsmaßnahmen gegenüber Jugendlichen, die von staatlichen Gerichten oder speziellen staatlichgesellschaftlichen Kommissionen ausgesprochen werden können, und mit Einschränkung auch das Institut der bedingten Verfahrenseinstellung. Sie werden die Entwicklung des Strafrechts der europäischen sozialistischen Länder auch weiterhin (bestimmen.12 Davon zeugt in der DDR die Gesetzgebung über die gesellschaftliche Gerichtsbarkeit, die 1982 mit dem GGG, der KKO und der SchKO die Rechtsgrundlagen entsprechend den gewachsenen Erfahrungen der gesellschaftlichen Gerichte und dem gestiegenen Verantwortungshewußt-seiin der Bürger vervollkommnete. Wie die Praxis zeigt, kann damit noch wirksamer als bisher die Kriminalstrafe ersetzt und auf geringfügige Straftaten reagiert werden. Für die weitere Entwicklung der Depönalisderung ist zu überdenken, wie deren Rechtsformen in Übereinstimmung mit der Systematik des historisch gewachsenen Rechtssystems der einzelnen Länder zu gestalten sind.13 Daraus ergeben sich auch Konsequenzen für die Zuständigkeit und die Verfahrensweise der beteiligten staatlichen Organe (Gericht, Staatsanwaltschaft und Untersuchungsorgane). Anwendung der Depönalisierung Auch wenn nicht aus allen europäischen sozialistischen Ländern ausreichend differenzierte statistische Angaben zur Verfügung stehen, kann davon ausgegangen werden, daß unter Berücksichtigung einer geringen Tatschwere und einer insgesamt positiv gerichteten Täterpersönlichkeit bei jedem 4. bis 5. Straftäter die Depönalisierung angewendet wird. Nach sowjetischen Angaben wurden zu Beginn der 70er Jahre etwa 20 (Prozent der Täter von strafrechtlicher Verantwortlichkeit befreit, weil die Sache einem Kameradschaftsgericht zur Beratung übergeben worden war oder Kollektive der Werktätigen die Bürgschaft übernommen hatten.14 Der Anteil dürfte gegenwärtig angesichts der Möglichkeit, anstelle einer Kriminalstrafe eine administrative Geldstrafe auszusprechen, die keine Vorbestraftheit begründet, noch höher sein. In der VR Polen betrug der Anteil der Täter mit bedingten Verfahrenseinstellungen und damit verbundenen Auflagen in den 70er Jahren etwa 15 Prozent. In der DDR liegt der Anteil der Übergaben an gesellschaftliche Gerichte zwischen 20 und 25 Prozent. Bei jugendlichen Straftätern dominieren in allen europäischen sozialistischen Ländern eindeutig die depönalisierten Maßnahmen in Form von Erziehungsmaßnahmen. So werden in der UdSSR fast zweimal mehr Strafsachen Jugendlicher von den Kommissionen für die Angelegenheiten Minderjähriger verhandelt und entschieden als vor den staatlichen Gerichten.15 In der VR Bulgarien werden nur 25 Prozent der Strafsachen Jugendlicher den staatlichen Gerichten übergeben, während in den übrigen Fällen depönalisierte Maßnahmen zur Anwendung gelangen.16 Die Depönalisierung hat sich folglich in den europäischen sozialistischen Ländern als eine grundlegende und perspektivträchtige Richtung der Straf Politik und des Strafrechts entwickelt. Sie ist auf die Ersetzung der herkömmlichen Krimi-nalstrafen durch andere staatlich-gesellschaftliche Einwirkungsmittel auf den Straftäter gerichtet. Diese Entwicklung ist frei von Illusionen zu beurteilen. Solange es Kriminalität gibt, wird die Kriminalstrafe nicht grundsätzlich zu ersetzen sein. Diese wird insbesondere in Fällen schwerer Kriminalität (einschließlich der Rückfallkriminalität) ein unverzichtbares staatliches Reaktionsmittel bleiben müssen, dessen Anwendung sich vorrangig aus objektiven gesellschaftlichen Schutzerfordernissen ergibt. Obwohl die Krimdnalstrafe von den sozialistischen Ländern nicht als Hauptmittel des Kampfes gegen die Kriminalität betrachtet wird, kann sie weder unter den gegenwärtigen Bedingungen noch in absehbarer Zukunft ernsthaft in Frage gestellt werden. Dabei sind ihre vorbeugend-erzieherischen Möglichkeiten entsprechend den konkreten historischen und aktuell-politischen Bedingungen eines jeden sozialistischen Landes und unter Berücksichtigung der Erfahrungen aller sozialistischen Länder ständig weiter zu erschließen und ggf. auch gesetzgeberisch zu entwickeln. Beispielgebend dafür ist die Gesetzgebung der letzten Jahre im Bereich der Strafen ohne Freiheitsentzug, mit der bewußt die Vorzüge und erzieherischen Potenzen genutzt werden, die die sozialistische Gesellschaftsordnung eröffnet Welche Möglichkeiten hier noch bestehen, hat das 1981 in Berlin durchgeführte rechtsvergleichende Seminar von Vertretern der Justizministerien der sozialistischen Länder zum Thema „Strafen ohne Freiheitsentzug“ verdeutlicht.17 Daraus folgt, daß der Depönalisierung zwar ein hoher strafpolitischer Wert beigemessen wird, ohne daß aber in ihr der ausschließliche Weg der künftigen Entwicklung strafrechtlicher Reaktionsmittel (Sanktionen) zu sehen ist. Vielmehr wird es stets um eine abgestimmte, den Erfordernissen von Zwang und Erziehung in der konkret-historischen Situation entsprechende Entwicklung sowohl der Krimdnalstrafe als auch der depönalisierten Einwirkungsmittel (Maßnahmen) gehen. Alle Erfahrungen belegen, daß sich im Verlaufe der gesellschaftlichen Entwicklung durchaus auch neue strafrechtliche Schutzerfordernisse (z. B. aus der Verschärfung der internationalen Klassenkampfsituation oder auch im Zusammenhang mit den erhöhten Anforderungen an den Menschen bei der Bewältigung von Aufgaben der wissenschaftlich-technischen Revolution) ergeben können, die insoweit und in jeweils eingeengten Bereichen zu Prozessen der Kriminalisierung und Pönalisierung (1m Sinne einer Verschärfung der angedrohten Kriminalstrafen) führen können. Gesellschaftliche, politische und juristische Voraussetzungen der Depönalisierung Die gesellschaftlichen (im engeren Sinne sozialökonomischen) Voraussetzungen für die Depönalisierung entstanden in den sozialistischen Ländern mit der vollständigen Herausbildung und Festigung der neuen, auf dem gesellschaftlichen Eigentum an den Produktionsmitteln beruhenden Gesellschaftsverhältnisse. Damit waren wichtige materielle Bedingungen für eine Depönalisierung herangereift. In engem Zusammenhang damit stehen die politischen Voraussetzungen. Die Depönalisierung ist in erster Linie an die gesellschaftlich (sozialökonomisch) bedingten Änderungen der strafrechtlichen Schutzobjekte, an die Änderung der Gesellschaftsgefährlichkeit (bzw. Gesellschaftswidrigkeit nach der Terminologie des Strafrechts der DDR) der Straftaten selbst gebunden. Als die neuen soziialökonomischen Verhältnisse noch ungenügend ent- 12 In diese Richtung gehen auch die Überlegungen von M. BenClk und anderen tschechoslowakischen Strafrechtlern, wenn sie die Verstärkung der gesellschaftlichen Einwirkungsmöglichkeiten fordern. Vgl. auch J. Benöura, „Die Vervollkommnung des Straf- und Strafverfahrensrechts der CSSR“, .Sowjetskoje gossudarstwo 1 prawo 1983, Heft 5, S. 74 ff. 13 Vgl. A. B. Sacharow, „Die Perspektiven der Entwicklung des sowjetischen Strafrechts“, Sowjetskoje gossudarstwo 1 prawo 1983, Heft 7, S. 82. 14 Vgl. S. G. KeUma, .Theoretische Fragen der Befreiung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit, Moskau 1974, S. 4 (russ.). 15 Vgl. S. A. Astemirow, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Strafe gegenüber Jugendlichen, Moskau 1970, S. 98 (russ.). 16 Vgl. P. Zdravkow, „System der Strafen und Erziehungsmaßnahmen für Jugendliche ln der Volksrepublik Bulgarien“, Beitrag zum HI. Internationalen Symposium der sozialistischen Länder über die Jugendkriminalität, Prag 1971, unveröffentlichtes Manuskript, S. 6. 17 Vgl. G. Telchler, „Rechtsvergleichendes Seminar der Justizministerien sozialistischer Staaten zum Thema .Strafen ohne Freiheitsentzug1“, NJ 1981, Heft 11, S. 515; Aktuelle Beiträge der Staatsund Rechtswissenschaft zu Voraussetzungen, Ausgestaltung und Verwirklichung der Strafen ohne Freiheitsentzug in sozialistischen Ländern, Potsdam-Babelsberg 1982, Heft 266. Vgl. auch G. Teichler/ H. Willamowski, „Zur Entwicklung der Strafen ohne Freiheitsentzug in sozialistischen Staaten“, NJ 1982, Heft 8, S. 349 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 407 (NJ DDR 1984, S. 407) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 407 (NJ DDR 1984, S. 407)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Auf der Grundlage des Gegenstandes der gerichtlichen Hauptverhandlung, der politisch-operativen Erkenntnisse über zu er-wartende feindlich-nega - Akti tätpn-oder ander die Sicher-ihe it: undOrdnungde bee intriich-tigende negative s.törende Faktoren, haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Effektive Möglichkeiten der Suche und Sicherung von Beweis-gegenständen und Aufzeichnungen besitzt die Zollverwaltung der die im engen kameradschaftlichen Zusammenwirken mit ihr zu nutzen sind. Auf der Grundlage der Anweisung ist das aufgabenbezogene Zusammenwirken so zu realisieren und zu entwickeln! daß alle Beteiligten den erforaerliohen spezifischen Beitrag für eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftlerten Ausgehend vom Charakter und Zweck des Untersuchungshaft-Vollzuges besteht wie bereits teilweise schon dargelegt, die Hauptaufgabe der Linie darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen setzliehkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden Untersuchungshaftvollzug durchzuführen. Er hat insbesondere - die sichere Verwahrung, die Unterbringung, die Versorgung und medizinische Betreuung der Verhafteten, die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen prinzipiell die gleichen Faktoren und Wirkungszusammenhänge aus dem Komplex der Ursachen und Bedingungen von Bedeutung sind wie für das Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß bei Sicherheitsdurchsuchungen eine Reihe von Beweismitteln den Betreffenden nicht abgenommen werden können. Der vorläufig Festgenommene darf nicht körperlich untersucht werden.

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