Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 406

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 406 (NJ DDR 1984, S. 406); 406 Neue Justiz 10/84 Gericht vorgenommen werden kann, endgültig von einer Verurteilung und Bestrafung abgesehen.5 Der bedingten Verfahrenseinstellung ähnlich ist die Verurteilung auf Bewährung im ungarischen Strafrecht, die hier nicht als Strafe gilt, sondern rechtssystematisch in die sog. Maßnahmen des StGB der Ungarischen VR eingeordnet ist.6 6. Anordnung von Maßnahmen erzieherischen Charakters gegen Jugendliche durch das Gericht (UdSSR, VR Bulgarien, CSSR, Ungarische VR, VR Polen, SR Rumänien, DDR), den Staatsanwalt (VR Bulgarien), spezielle Kommissionen (UdSSR, VR Bulgarien).7 Solche Maßnahmen betreffen u. a. die Verwarnung, die Auferlegung besonderer Pflichten, die Einsetzung eines Betreuers und die Anordnung der Heimerziehung. In der UdSSR und in der VR Bulgarien entscheiden über diese Maßnahmen vorwiegend spezielle Kommissionen, in der VR Polen ausschließlich die Jugendgerichte und in der CSSR sowie in der Ungarischen VR vorwiegend die staatlichen Gerichte. In der VR Bulgarien hat der Staatsanwalt das Recht zur Verfahrenseinstellung und kann dabei gleichzeitig die Unterbringung des Jugendlichen in einer Arbeitserziehungsanstalt anordnen. Depönalisierung als eine Grundrichtung sozialistischer Strafpolitik Die 'dargestellten Möglichkeiten der Ersetzung der Kriminalstrafe widerspiegeln eine Grundrichtung sozialistischer Strafpolitik, für die- sich in der Strafrechtsterminologie immer mehr der Begriff „Depönalisierung“ oder „Entpönalisierung“ einbürgert.8 Auch M. Benöik hat diesen Begriff verwandt und ihn m. E. zutreffend von dem ebenfalls immer häufiger verwendeten Begriff „Dekriminalisderung “ bzw. „Entkriminali-sierung“ afogegrenzt.9 Ungeachtet noch bestehender wissenschaftlicher Meinungsunterschiede im einzelnen kann die Depönalisierung als die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit verstanden werden, unter bestimmten Voraussetzungen die Strafe durch andere staatliche oder gesellschaftliche Reaktionsfolgen (Maßnahmen) auf die Straftat zu ersetzen. Diese Ersetzung dürfen nur die dazu kompetenten Organe auf gesetzlicher Grundlage vornehmen. Die Depönalisierung führt demnach nicht zur Negierung grundlegender Prinzipien des Strafrechts, insbesondere 'des Prinzips der Gesetzlichkeit. Ihre Voraussetzungen sind im einzelnen streng gesetzlich geregelt. Die Maßnahmen staatlicher oder gesellschaftlicher Einwirkung auf den Straftäter, die die Strafe ersetzen, müssen gesetzlich begründet sein. Die Depönalisierung ist deshalb nicht Ausdruck einer prinzipiellen Negation der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, wohl aber der Suche nach begründeten und erzieherisch wirksamen Entscheidungen über geringfügige Straftaten, die insbesondere von Ersttätern begangen werden, der Suche nach anderen Reaktionen oder Sanktionen als der Strafe. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Notwendigkeit der Depönalisierung nicht aus den begrenzten Wirkungsmöglichkeiten der Strafe und dem zu ihrer Verwirklichung notwendigen bedeutenden geistigen und materiellen Aufwand abgeleitet werden kann.10 11 Die allgemein-vorbeugende und individuell-erzieherische Wirkung der Strafe -ist zwar begrenzt, und auch der Aufwand zur Verwirklichung der Strafe ist bedeutend. Daraus ergibt sich m. E. nun aber nicht etwa zwingend die Notwendigkeit der Depönalisierung. In den sozialistischen Ländern'wird die Strafe ohnehin nur als ein, wenn auch notwendiges Hilfsmittel im Kampf gegen die Kriminalität betrachtet. Dabei werden ihre begrenzte Wirkung und der bedeutende Aufwand in Kauf genommen, wenn das zur Gewährleistung der strafrechtlichen Schutz-erfordernisse geboten ist. Es -ist m. E. hingegen überzeugend, die Depönalisierung mit der immer besseren, dem gesellschaftlichen Entwicklungsstand entsprechenden Durchsetzung jener grundlegenden Prinzipien zu begründen, die das sozialistische Strafrecht insgesamt prägen, nämlich der Prinzipien der Gerechtigkeit, der Tatangemessenheit und des Humanismus. Die Depönalisierung beschränkt sich einerseits auf Reaktionsfolgen, die ausschließlich dm Justizsystem ergriffen und verwirklicht werden und bei denen die staatliche Einwirkung dominiert (wie z. B. durch die Verhängung von administrativen Geldstrafen in der UdSSR). Sie enthält andererseits Reaktionsfolgen außerhalb dieses Systems, die durch ein hohes Maß an erzieherischer Einwirkung charakterisiert sind (z. B. Bürgschaftsübernahme). Kennzeichnend für diese zweite Richtung ist die enge Verflechtung von strafrechtlicher und anderer rechtlicher Verantwortlichkeit (z. B. der arbeitsrechtlichen disziplinarischen Verantwortlichkeit, die -in der CSSR als ausreichende erzieherische Reaktion auf die Straftat betrachtet werden kann). Das spiegelt sich zum Teil auch in einer ahgestimmten rechtlichen Regulierung wider, wie sie Insbesondere bei den Verantwortlichkeitsregelungen für jugendliche Straftäter in der UdSSR und in der VR Bulgarien zum Ausdruck kommt. In .dieser Hinsicht sind m. E. die Möglichkeiten der Depönalisierung noch nicht ausgeschöpft. So hat z. B. in der DDR die Möglichkeit, anstelle einer Bestrafung die Verpflichtung zur Schadenswiedergutmachung (bzw. Verurteilung zum Schadenersatz) als ausreichend für die Erziehung des Straftäters und den Schutz der Rechtsordnung zu betrachten (§ 24 Abs. 2 StGB), m. E. bisher nicht die mögliche Bedeutung in der Praxis erlangt. Aus diesen Darlegungen wird deutlich, daß der Auffassung E. Eysselts zum Begriff „Depönalisierung“ nicht gefolgt werden kann.11 Er versteht unter „Depönalisierung“ die Ersetzung von strengen Strafen durch .mildere und von Straf-sanktionen durch Mittel der gesellschaftlichen Einwirkung. Gesetzliche Strafmilderungen im Rahmen der Strafzumessung (nach E. Eysselt „faktische Depönalisierung“) sollten grundsätzlich nicht dem Begriff „Depönalisierung“ zugeordnet werden, da es in diesen Fällen bei der Kriminalstrafe als Sanktion verbleibt. Was die Rechtsfarmen betrifft, in denen sich die Depöna-lisiierung ausdrückt, zeigt sich zwar wie bereits dargestellt in Gesetzgebung und Praxis der europäischen sozialistischen Länder eine differenzierte Vielfalt, doch werden die verschiedenartigen Formen und die ihnen entsprechenden Maßnahmen überwiegend davon geprägt, daß sie Anforderungen an die Selbsterziehung der Straftäter mit kollektiv-erzieherischer Einwirkung, insbesondere durch die Arbeitskollektive verbinden. In diesen Rechtsformen und Maßnahmen muß sich der Grundsatz strafrechtlicher Verantwortlichkeit verwirklichen, nämlich einzustehen für die begangene Straftat, insbesondere durch Wiedergutmachung und Bewährung in der Gesellschaft, bei gleichzeitiger staatlicher und gesellschaftlicher Einwirkung auf den Straftäter, die darauf gerichtet ist, dessen Selbsterziehung zu fördern und zu unterstützen, notfalls auch zu erzwingen. Gerade von 5 Vgl. im einzelnen den Beschluß der vereinigten Straf- und Militärkammern des Obersten Gerichts der VR Polen vom 29. Januar 1971 über die Richtlinien der Rechtspflege und Gerichtspraxis im Bereich der Auslegung und Anwendung von Strafgesetzen, welche die bedingte Einstellung des Verfahrens betreffen (Monitor Polski 1971, Nr. 15, Pos. 112). 6 Zur Verurteilung auf Bewährung in der Ungarischen VR, die nicht mit der entsprechenden Strafe im StGB der DDR identisch ist, vgl. G. Czili, „Zur Rechtsprechung nach dem neuen ungarischen Strafgesetzbuch“, NJ 1984, Heft 5, S. 186 f. 7 Die Kompetenzen dieser Kommissionen sind im einzelnen gesetzlich geregelt. Vgl. dazu Ordnung über die Kommissionen für die Angelegenheiten Minderjähriger der RSFSR vom 3. Juni 1967 i. d. F. des Erlasses des Präsidiums des Obersten Gerichts der RSFSR vom 11. März 1977 (Wedomosti' Werchownowo Sowjeta RSFSR 1977, Nr. 12, Art. 259); Gesetz der VR Bulgarien vom 6. Februar 1958 zur Bekämpfung von gesellschaftswidrigen Erscheinungen von Kindern und Jugendlichen, mehrfach geändert und ergänzt (vgl. die Fassung in: Gesellschaftliche Erziehung 1978, Nr. 6, S. 63 ff. [bulgar.]). 8 Vgl. I. M. Galperin, „Die sozialen und rechtlichen Grundlagen der Depönalisierung“, Sowjetskoje gossudarstwo i prawo 1980, Heft 3, S. 60 ff.; E. Eysselt, „Depönalisierung und Methoden ihrer Realisierung“, Socialistickd zäkonnost 1983, Heft 3, S. 141 ff. (tschech.). Bei dem hier verwendeten Begriff „Ersetzung“ (der Strafe) handelt es sich um eine vorläufige Bezeichnung. Die wissenschaftlichen Untersuchungen dazu werden fortgesetzt und noch weiter diskutiert. 9 Bei der Depönalisierung geht es um die Ersetzung der Kriminalstrafe als ausschließliche Reaktion auf die Straftat, bei der De-kriminalisierung dagegen um die Beurteilung der jeweiligen Handlung selbst. 10 Vgl. I. M. Galperin, Die Strafe: soziale Funktionen, Anwendungspraxis, Moskau 1983, S. 163 (russ.). 11 Vgl. E. Eysselt, a. a. O.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 406 (NJ DDR 1984, S. 406) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 406 (NJ DDR 1984, S. 406)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

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