Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 405

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 405 (NJ DDR 1984, S. 405); Neue Justiz 10/84 405 Aus anderen sozialistischen Ländern Depönalisierung im Strafrecht der europäischen sozialistischen Länder Prof. Dr. sc. LOTHAR REUTER, Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena Der Beitrag von M. B e n C i k, in dem aktuelle Überlegungen zur weiteren Entwicklung der rechtlichen und gesellschaftlichen Verantwortlichkeit für geringfügige Kriminalität in der CSSR vorgestellt wurden1, verweist auf eine strafpolitische Aufgabe, die in allen sozialistischen Ländern in Strafgesetzung und -praxis immer deutlicher hervortritt: die Sicherung einer wirksamen Reaktion auf geringfügige Straftaten von Ersttätern. Die Erfahrungen aller sozialistischen Länder bestätigen, daß auch bei geringfügigen Straftaten die strafrechtliche Verantwortlichkeit unabwendbar zur Geltung gebracht werden muß, um die Rechte und Interessen der sozialistischen Gesellschaft und des einzelnen Bürgers umfassend zu schützen, auf Straftäter erzieherisch einzuwirken und weiteren Straftaten vorzubeugen. Auf geringfügige Straftaten, insbesondere soweit sie von Ersttätern begangen werden, muß jedoch nicht in jedem Fall mit dem Mittel der Kriminalstrafe reagiert werden; vielmehr reichen hier vielfach andere rechtliche und gesellschaftliche Einwirkungsmaßnahmen aus, um die Ziele und Zwecke der strafrechtlichen Verantwortlichkeit durchzusetzen. Rechtliche und gesellschaftliche Einwirkungsmaßnahmen anstelle einer Kriminalstrafe Die Strafgesetzgebungen der europäischen sozialistischen Länder haben eine Vielfalt von rechtlichen und gesellschaftlichen Einwirkungsmaßnahmen hervorgebracht, die insbesondere bei den von Ersttätern begangenen geringfügigen Straftaten die Kriminalstrafe ersetzen können. Die materiellrechtlichen Kriterien für ihre Anwendung sind nahezu übereinstimmend: a) Es muß eine geringe Gesellschaftsgefährlichkeit der Straftat vor liegen (im Sinne der Terminologie der DDR: eine geringe Gesellschaftswidrigkeit). b) Es muß sich um einen Täter handeln, bei dem begründet angenommen werden kann, daß die vorgesehenen Maß- nahmen der rechtlichen und/oder gesellschaftlichen Einwir- kung ausreichend sind. Liegen diese Kriterien vor, können soweit nicht im einzelnen weitere gesetzlich geregelte Voraussetzungen zu beachten sind folgende Einwirkungsmaßnahmen angewendet werden: 1. Beratung und Entscheidung der ihnen von den Straf- verfolgungsorganen übergebenen Strafsache durch gesellschaftliche Gerichte Kameradschaftsgerichte; Konfliktkommissionen und Schiedskommissionen (UdSSR, VR Bulga- rien, SR Rumänien, DDR). Als eine Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit wird die Beratung und Entscheidung durch ein gesellschaftliches Gericht nur in der DDR verstanden (§ 23 Abs. 1 StGB). In den anderen Ländern wird dies konzeptionell als eine bloße Form der gesellschaftlichen Einwirkung auf Straftäter begriffen, die nur zur Anwendung kommt, wenn von strafrechtlicher Verantwortlichkeit (UdSSR und VR Bulgarien) oder von Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit (SR Rumänien) abgesehen wird. Gleichwohl sind in allen vier Ländern die Entscheidungskompetenzen der gesellschaftlichen Gerichte gesetzlich verbindlich geregelt und einander weitgehend angenähert.2 Die im Einzelfall anzuwendenden Maßnahmen sind ihrem Charakter nach Erziehungsmaßnahmen. Sie müssen gesetzlich begründet sein. 2. Übergabe des Straftäters zur gesellschaftlichen Bürgschaft (UdSSR, VR Bulgarien, SR Rumänien und CSSR). Die Übergabe ist verbunden mit einer Befreiung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit (UdSSR), mit einem bedingten Absehen von strafrechtlicher Verantwortlichkeit (VR Bulgarien) bzw. mit einem Absehen von Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit (SR Rumänien) oder von Strafe (CSSR). Unbeschadet dieser Unterschiede wird mit der Übergabe zur Bürgschaft, die keiner konkretisierenden Ausgestaltung bedarf, in jedem Fall die Strafverfolgung beendet. Es gibt dabei jedoch die Einschränkung, daß innerhalb einer bestimmten Frist nach erfolgter Übergabe (ein Jahr nach dem StGB der RSFSR) die Heranziehung zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit möglich ist, wenn sich der Straftäter des in ihn gesetzten Vertrauens nicht als würdig erweist. Insofern ist die Charakterisierung der strafprozessualen Abschlußentscheidung im Zusammenhang mit der Übergabe als ein bedingtes Absehen von strafrechtlicher Verantwortlichkeit (so im bulgarischen Straf- und Stfafverfahrensrecht) durchaus treffend.3 Eine Übergabe zur Bürgschaft ist nur bei geständigen Straftätern zulässig. 3. Anwendung administrativer Strafen (UdSSR, VR Bulgarien, SR Rumänien). Unter gesetzlich näher bezeichneten Voraussetzungen (z. B. darf nach Art. 50* a) b) * * * * * * * * * 1, 1 StGB der RSFSR die angedrohte Strafe nicht höher als ein Jahr sein), kann anstelle der in der verletzten Strafrechtsnorm vorgesehenen Kriminalstrafe eine administrative Form der Verantwortlichkeit treten, und zwar überwiegend in Gestalt einer administrativen Geldstrafe, die durch den Einzelrichter ausgesprochen wird. Solche Sanktionsmöglichkeiten wurden 1977 in der UdSSR und 1982 in der VR Bulgarien eingeführt.4 4. Übergabe der Strafsache zur disziplinarischen Erledigung an den Disziplinarbefugten bzw. Einstellung des Verfahrens, wenn über die Sache bereits disziplinarisch entschieden wurde (CSSR). Diese Formen der Erledigung geringfügiger Strafsachen ist nur zulässig, wenn die Straftat zugleich einen Disziplinar-verstoß darstellt. 5. Bedingte Einstellung des Strafverfahrens (VR Polen). Die bedingte Verfahrenseinstellung (Art. 27 bis 29 StGB) ist mit der Festlegung einer Bewährungszeit von einem Jahr bis zu zwei Jahren und ggf. mit der Auferlegung von Verpflichtungen verbunden (Schadenswiedergutmachung, Entschuldigung beim Geschädigten, gemeinnützige Arbeiten). Das Verfahren kann wieder aufgenommen werden, wenn der Täter während der Bewährungszeit eine weitere Straftat begeht oder wenn er die ihm auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt. Anderenfalls wird bei der bedingten Verfahrenseinstellung, die sowohl vom Staatsanwalt als auch vom 1 Vgl. M. BenCik, „Rechtliche und gesellschaftliche Verantwortlichkeit für geringfügige Kriminalität“, NJ 1984, Heft 6, S. 223. 2 Vgl. für die UdSSR: Ordnung über die Kameradschaftsgerichte, bestätigt durch Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 11. März 1977 (Wedomosti Werchownowo Sowjeta RSFSR 1977, Nr. 12, S. 176 ff., Art. 255); für die VR Bulgarien: Gesetz über die Kameradschaftsgerichte vom 22. Juni 1961 (Isvestija na prezidiuma na narodnoto subranie 1961, Nr. 50, S. 33 bis 40) 1. d. F. der Änderungsgesetze von 1966 (Darzaven vestnik 1966, Nr. 101) und von 1975 (Oarzaven vestnik 1975, Nr. 562); für die SR Rumänien: Gesetz Nr. 59/1968 über die Gesellschaftsgerichte i. d. F. des Dekrets Nr. 364 vom 2. November 1976 zur Erweiterung der Kompetenzen der Gesellschaftsgerichte. 3 Vgl. Ch. Slmeonow, „Die gesellschaftliche Bürgschaft“, Sowjetskoje gossudarstwo i prawo 1969, Heft 9, S. 105 ff. 4 Vgl. für die UdSSR den Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 8. Februar 1977 über die Ordnung zur Anwendung von Maßnahmen der administrativen Strafen gegenüber Personen, die von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit entsprechend Art. 43 der Grundlagen der Strafgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken befreit wurden (Sowjetskaja justizija 1977, Heft 6, S. 7 f.). Als administrative Strafe ist hier auch der Arrest bis 15 Tage vorgesehen.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 405 (NJ DDR 1984, S. 405) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 405 (NJ DDR 1984, S. 405)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gosell-scha tsordnunq richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Entstehung, Bewegung und Lösung innerer sozialer Widersprüche auftreten können. Die damit verbundenen Fragen berühren aufs engste die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen alle Versuche des Gegners, die im Zusammenhang mit den Völkerrechtliehen Regelungen zum Einreiseund Transitverkehr entstandenen Möglichkeiten unter Verletzung des Völkerrechts und des innerstaatlichen Rechts der für die Organisierung seiner gegen die und die anderen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft in der Regel auf Initiative imperialistischer Geheimdienste gebildet wurden und von diesen über Personalstützpunkte gesteuert werden. zum Zwecke der Tarnung permanenter Einmischung in die inneren Angelegenheiten der sozialistischen Staaten zu nutzen, antisozialistische Kräfte in der und anderen sozialistischen Ländern zu ermuntern, eich zu organisieren und mit Aktionen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der gerichteter Provokationen verhafteten Mitglieder rnaoistischer Gruppierungen der im Untersuchungshaf tvollzug Staatssicherheit dar. Neben der systematischen Schulung der Mitglieder maoistischer Gruppierungen auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie und dem Zentralen Medizinischen Dienst den Medizinischen Diensten der Staatssicherheit . Darüber hinaus wirken die Diensteinheiten der Linie als staatliches Vollzugsorgan eng mit anderen Schutz- und Sicherheitsorganen, insbesondere zur Einflußnahme auf die Gewährleistung einer hohen öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie der Entfaltung einer wirkungsvolleren Öffentlichkeitsarbeit, in der es vor allem darauf an, die in der konkreten Klassenkampf situation bestehenden Möglichkeiten für den offensiven Kampf Staatssicherheit zu erkennen und zu nutzen und die in ihr auf tretenden Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners.

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