Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 351

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 351 (NJ DDR 1984, S. 351); Neue Justiz 9/84 351 Selbst die Resolution 927 (X) der UN-Vollversammlung vom 14. Dezember 1955 zur Frage der Sicherheit kommerzieller Flugzeuge, die in der Nähe internationaler Grenzen fliegen oder diese versehentlich überfliegen, hat nach Auffassung der Staatenmehrheit nicht das Ziel, Abwehrmaßnahmen der betroffenen Staaten zu reglementieren; andernfalls würde sie einem künftigen Mißbrauch „Tür und Tor“ öffnen.11 Im übrigen stehen Abwehrmaßnahmen der Bodenstaaten völlig im Einklang mit dem geltenden Völkerrecht, insbesondere mit Art. 4 des Chicagoer Abkommens von 1944, wonach die internationale Zivilluftfahrt nicht für Zwecke benutzt werden darf, die mit den Zielen des Abkommens unvereinbar sind; dazu zählt natürlich auch der Mißbrauch für Spionagezwecke. Außerdem untersagt Art. 9 des Chicagoer Abkommens den Überflug von Sperrgebieten und räumt dem Boden-staät die Möglichkeit ein, für diesbezügliche Verletzungen entsprechende Vorschriften zu erlassen. Es zeigt sich, daß die Praxis der USA und ihrer Verbündeten, Zivilluftfahrzeuge für militärische Aufklärungszwecke zu mißbrauchen11 12, die reibungslose Durchführung des internationalen Luftverkehrs insgesamt behindert. Maßnahmen gegen Luitraumverletzungen durch Staats- und Militärflugzeuge Sowohl das Chicagoer Abkommen von 1944 (Art. 3) wie auch bilaterale Luftverkehrsverträge erfassen in ihrem Geltungsbereich ausschließlich Zivilluftfahrzeuge; ihnen soll die ungehinderte Durchführung ihrer Beförderungsleistungen soweit als möglich erleichtert werden. Staats- und Militärflugzeuge für deren Statusbestimmung nicht ausschlaggebend ist, ob der Staat oder eine Privatperson Eigentümer oder Halter des Luftfahrzeugs ist, sondern allein die Tatsache der Verwendung des Luftfahrzeugs zur Ausübung hoheitsrechtlicher Aufgaben13 bedürfen zum Einflug in ausländischen Luftraum der staatlichen Einzelgenehmigung. 14 15 Daraus ergibt sich die Frage, inwieweit Luftfahrtgesellschaften, die erwiesenermaßen im Auftrag militärischer Dienste handeln, überhaupt die Vorrechte aus dem internationalen Zivilluftfahrtrecht in Anspruch nehmen können. Über die Behandlung rechtmäßig, d. h. mit staatlicher Genehmigung eingeflogener Staatsflugzeuge fehlt seit der Ablösung des Pariser Luftverkehrsabkommens von 1919 durch das Chicagoer Abkommen von 1944 eine multilaterale vertragsrechtliche Grundlage. Die Vorschrift des Abkommens von 1919, nach der die zum Einflug zugelassenen ausländischen Militärflugzeuge die gleichen Vorrechte genießen sollten, die ausländischen Kriegsschiffen in den Territorialgewässern gewährt werden, während für unberechtigt einfliegende Luftfahrzeuge dieser Kategorie die entsprechenden Vorrechte wegfallen, wurde durch das Chicagoer Abkommen nicht übernommen. Es ist jedoch O. Riese zu folgen, wenn er einen völkergewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz vermutet, der die Beachtung der Immunität rechtmäßig einfliegender Staats- und Militärluftfahrzeuge vorschreibt.13 Zu den Luftraumverletzungen unterhalb der Schwelle bewaffneter Angriffe gehören neben den Spionageflügen vor allem Machtdemonstrationen bzw. bewußte Grenzprovokationen. Sie wurden und werden von imperialistischen Staaten vorwiegend in denjenigen Gebieten vorgenommen, wo bereits Spannungsherde bestehen oder wo es gilt, Einflußsphären zu sichern. Bekannt sind z. B. die wiederholten Luftraumverletzungen der USA gegenüber Kuba, der Koreanischen Demokratischen Volksrepublik und neuerdings dem Libanon. In der Mehrzahl dieser Provokationen haben die betroffenen Staaten in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht den Luftraumverletzer zur Landung aufgefordert bzw. nach erfolgloser Landeaufforderung zur Landung gezwungen und entsprechende Untersuchungen eingeleitet.16 Diese Gewaltanwendung gegenüber landeunwilligen Luftraumverletzern wird allgemein als rechtmäßig anerkannt. Neben Machtdemonstrationen in Krisengebieten sind Aufklärungsflüge durch Militär- und Staatsflugzeuge mit dem Ziel der Informationssammlung über fremdem Territorium die häufigste Art der Verletzung der Lufthoheit. Einige derartige Fälle veranlaßten auf Grund der infolgedessen entstehenden Spannungen zwischen den am Konflikt Beteiligten den UN-Sicherheitsrat, sich mit dieser Problematik zu beschäftigen, so z. B. mit den US-amerikanischen Spionageflügen über dem Territorium der UdSSR im Jahre I960.17 Auf Grund der erwiesenen Friedensgefährdung insbesondere durch Luftspionage begründet in der besonderen Gefährlichkeit und dem Ausmaß der Verletzung der territorialen Integrität des Bodenstaates ist das Verbot der Spionage nicht nur für den internationalen Zivilluftverkehr geregelt, . sondern ergibt sich aus den Grundprinzipien des Völkerrechts (z. B. Verbot der Gewaltanwendung und -androhung sowie Interventionsverbot gemäß Art. 2 Ziff. 4 und Ziff. 7 der UN-Charta) auch für Staats- und Militärflüge.18 Das bestätigen auch bürgerliche Völkerrechtler. So folgern E. Menzel/ K. I p s e n die Völkerrechtswidrigkeit der Luftspionage aus dem Grundsatz der guten Nachbarschaft und dem Interventionsverbot, da gerade Spionage- und Aufklärungsflüge die Lufthoheit der Staaten in erheblichem Maße verletzen, und zwar „auch dann, wenn sie in großer Höhe stattfinden und der Bodenstaat nicht in der Lage ist, sie zu verhindern“.19 20 * * Unter Umständen insbesondere bei besonderer Schwere des Ausmaßes der Spionage und deren Wiederholung wird diese Art der Verletzung von den Verfassern als „aggressive Handlung“ gewertet, die weitergehende Maßnahmen als die gegen das eindringende Luftfahrzeug nach sich zieht. Einrichtung von Luftverteidigungs-Identifikationszonen Verstoß gegen das Völkerrecht Die eingangs getroffene Feststellung, daß die Grundprinzipien des Völkerrechts den Maßstab für die Rechtmäßigkeit von Maßnahmen zum Schutz des Luftraums bilden, gilt auch für die räumliche Ausdehnung dieser Maßnahmen: Sie haben sich auf das eigene Staatsterritorium zu beschränken. Dennoch schufen einige kapitalistische Staaten mit dem Argument einer angeblich besonderen Schutzbedürftigkeit ihres Luftraums sog. Luftverteidigungs-Identifikationszonen (Air Defence Identification Zones = ADIZ). 1950 errichtete die Luftfahrtbehörde der USA derartige Zonen und 1951 die Kanadas. 1956 erließ Frankreich ein Gesetz zur Einrichtung einer Luftverteidigungszone vor der algerischen Küste mit dem Ziel, ausländische Luftfahrzeuge abzuwehren, die die nationale Befreiungsbewegung Algeriens hätten unterstützen können. Auch die Philippinen, Island, Italien, Japan, Südkorea und Taiwan schufen solche Zonen.26 Diese Staaten gebieten, beginnend an der Staatsgrenze im Luftraum, in unterschiedlichen Breiten in den Luftraum über 11 So der Delegierte Saudlarabiens, UN-Doc. A/L. 3/SR. 682 f. 12 Vgl. hierzu beispielsweise die Pressekonferenz mit Marschall Ogarzow, ND vom 10./11. September 1983, S. 3 f. 13 Vgl. dazu A. Meyer, „Zum Begriff ,Militärluftfahrzeug‘“, Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht 1963, S. 143 f. 14 Für die DDR ergibt sich das aus § 16 Abs. 5 des Grenzgesetzes und aus § 1 der AO über den Überflug der Staatsgrenze der DDR durch zivile Luftfahrzeuge anderer Staaten vom 27. Oktober 1983 (GBl. I Nr. 29 S. 289). 15 Vgl. O. Riese, Luftrecht, Stuttgart 1949, S. 196. Zu bezweifeln ist allerdings die Behauptung Rieses, durch den Wegfall der Regelung aus Art. 32 des Pariser Abkommens von 1919 sei auch die „Schutzlosigkeit“ widerrechtlich einfliegender Staats- und Militärflugzeuge entfallen, da in Not befindlichen Kriegsschiffen auch eine immunitätsähnliche Behandlung gewährt wird. Bereits in der zwischen Deutschland und Frankreich durch Notenwechsel getroffenen Vereinbarung über die Regelung des Luftverkehrs vom 26. Juli 1913 (RGBl. S. 601) war festgelegt, daß deutsche Militärflugzeuge in Notlagen zwar nach Abgabe eines vereinbarten Notsignals - auf französischem Territorium landen durften, den französischen Behörden jedoch alle Untersuchungsrechte zustanden. Nach 1919 setzte sich sehr schnell die Auffassung durch, daß widerrechtlich eindringenden Militärflugzeugen keine mit in Not befindlichen Kriegsschiffen vergleichbare Rechtsstellung eingeräumt wird; sie unterliegen vielmehr der vollen Jurisdiktion des Landungsstaates (so auch O. Lissitzyn, a. a. O., S. 565). 16 Vgl. die Fallzusammenstellung bei J. F. Bentzien, a. a. O., S. 112 ff. 17 Vgl. H. Rose, „USA-Provokationsflüge verletzen das Völkerrecht“, , Deutsche Außenpolitik 1960, Heft 7, S. 767 ff. 18 So auch H. Rose, a. a. O., S. 768 f. 19 E. Menzel/K. Ipsen, a. a. O., S. 423. 20 Vgl. die zusammenfassende Darstellung bei R. Müller, Der Luft- raum und die völkerrechtliche Regelung seiner Nutzung, Diss. B, Halle 1981, S. 185 ff.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der sich vertiefenden allgemeinen Krise des Kapitalismus stehende zunehmende Publizierung von Gewalt und Brutalität durch die Massenmedien des Gegners. Durch eine Glorifizierung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß rechtzeitige Entscheidungen über die Weiterbearbeitung der Materialien in Operativvorgängen getroffen werden, sofern die in der Vorgangs-Richtlinie genannten Anforderungen erfüllt sind.

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