Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 278

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 278 (NJ DDR 1984, S. 278); 278 Neue Justiz 7/84 Zur Diskussion Preisnachforderung bei nicht materialisierbaren Leistungen Dr. WILFRIED JOHN, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Hin und wieder kämmt es vor, daß in Reiseledstungsverträ-gen mit Bürgern und Betrieben ein nicht dem gültigen Tarif entsprechender bzw. nicht von dem zuständigen staatlichen Organ bestätigter Preis zugrunde gelegt wird. Daraus ergibt sich zunächst die Präge, ob in diesen Fällen überhaupt ein Vertrag zustande kommt. Wird das bejaht, dann entsteht die weitere Frage, ob dieser Vertrag von den Partnern angefoch-ten werden kann und welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Nach Rechtsprechung und Literatur ist grundsätzlich davon auszugehen, daß ein Vertrag auch dann zustande gekommen ist, wenn ein Preis vereinbart wurde, der gegen gesetzliche Preis Vorschriften verstößt.1 § 62 Abs. 1 ZGB fordert, daß der zu vereinbarende Preis den gesetzlichen Preisvor-schrdften entsprechen muß. Nach § 62 Abs. 2 ZGB gilt bei Vereinbarung eines gesetzlich nicht zulässigen höheren Preises der gesetzlich zulässige Preis. Unbeantwortet läßt das Gesetz allerdings die Frage, was bei einem zu niedrig vereinbarten Preis gilt. Hier muß m. E. davon ausgegangen werden, daß dieser vereinbarte Preis gelten soll, es. jedoch den Partnern unbenommen bleibt, mit den spezifischen zivilrechtlichen Mitteln (z. B. der Anfechtung nach § 70 ZGB) dagegen vorzugehen. In der Regel wird beim Reiseledstungsvertrag (§§ 204 ff. ZGB) von Festpreisen ausgegangen, so daß ein zu niedrig vereinbarter Preis Anlaß sein muß zu klären, ob der gesamte Vertrag oder nur die Preisabrede nichtig ist bzw. ob überhaupt übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragspartner Vorlagen (§§ 68 Abs. 2 Satz 1, 60, 63 ZGB). Grundsätzlich wird sich der Vertragspartner des Reisebüros auf den vertraglich vereinbarten Preis verlassen dürfen, so daß er dann, wenn nach § 68 Abs. 2 Satz 2 ZGB der Vertrag mit dem zulässigen Preis wirksam wird, gegenüber dem zur Nachforderung berechtigten Partner (Reisebüro) evtl. Schadenersatz geltend machen kann.1 2 3 Wurde in einem rechtswixksam zustande gekommenen Vertrag ein zu niedriger Preis vereinbart und ist der Gegenstand der vertraglich zu erbringenden Leistungen materiali-sierbar, gilt der Grundsatz, daß der Käufer zur Zahlung des höheren gesetzlichen Preises verpflichtet ist, wenn er nicht bereit ist, die Ware zurückzugeben.2 Zu prüfen ist jedoch, ob dieser Grundsatz auch in den Fällen gelten kann, in denen es um nicht materialisaerbare Leistungen geht. Dies betrifft u. a. die durch Gaststätten, Hotels oder Reiseveranstalter zu erbringenden Leistungen. Hier ist in der Regel eine Rückgabe der erbrachten Leistungen (Übernachtung, verzehrte Speisen und Getränke, realisierte Urlaubsreise) objektiv unmöglich. Während bei rückgabefähigen Leistungen der Bürger (Käufer) wählen kann, ob er den gesetzlichen Preis zahlen oder die Ware zurückgeben will (z. B. nach §§ 13, 44, 139 Abs. 2 ZGB), gibt es eiine solche Wahlmöglichkeit in anderen Bereichen nicht (wobei immer davon ausgegangen wird, daß die zu niedrige Preds-vereimbarung von beiden Seiten irrtümlich erfolgte und der Bürger die Möglichkeit hätte, den Vertrag anzufechten). Unbestreitbar 'ist m. E., daß auch bei nicht materialisierbaren Leistungen (für die hier die Leistungen aus dem Reiseleistungsvertrag als Beispiel betrachtet werden sollen) die Anfechtung des Vertrags durch den Bürger gemäß § 70 Abs. 1 ZGB auch noch nach erbrachter Leistung möglich sein muß. Ist nun ein Bürger nicht bereit, den gesetzlichen höheren Preis zu zahlen, obwohl er die Leistung 'in Anspruch genommen hat, so erhebt sich die Frage, ob der Vertragspartner genauso zu stellen ist wie bei rückerstattungsfähigen Leistungen. In 'diesen Fällen ist m. E. der Auffassung zuzustimmen, daß bei einer Korrektur des Preises nach Inanspruchnahme der Leistung der Bürger nur den ursprünglich geforderten Preis zu bezahlen braucht, weil davon auszugehen ist, daß er auf die Richtigkeit der Preisauszeichnung vertraut und bei Kenntnis des höheren Preises den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, so daß er nach § 70 ZGB zur Anfechtung berechtigt ist.4 5 Diese Auffassung ist auch auf den Reiseleistungsvertrag anzuwenden, zumal die AO über die Allgemeinen Bedingungen für Leistungen des Reisebüros der DDR vom 27. Juli 1976 (GBl. I Nr. 32 S. 406) dem nicht entgegensteht. Das Risiko einer falschen Preisberechnung kann keineswegs auf den Kunden verlagert werden. Selbst wenn dieser Auffassung nicht gefolgt werden sollte, so ist doch wie bereits angeführt die Anfechtung des Vertrags nicht ausgeschlossen, und es sind deshalb ihre Konsequenzen zu prüfen. Anfechtungsvoraussetzung nach § 70 ZGB ist, daß der Vertrag bei Kenntnis der Sachlage (höherer Preis) unter Berücksichtigung aller Umstände nicht abgeschlossen worden wäre. Es muß also ein Irrtum über den Inhalt einer Erklärung vorliegen, also ein Irrtum über .für den Vertragszweck wesentliche Eigenschaften des Vertragsgegenstandes, zu denen m. E. nicht nur seine Größe und Beschaffenheit6, .sondern auch die Höhe des Preises gehören. Dieser Argumentation kann nicht von vornherein damit entgegengetreten werden, daß bei nicht rückerstattungsfähigen Leistungen sich eine solche Erklärung dann um so leichter abgeben läßt, wenn der andere Partner die sich aus dem Vertrag ergebende Verpflichtung voll erfüllt hat und deshalb in diesen Fällen die Anfechtungsgründe unter Würdigung aller Umstände sorgfältig zu prüfen sind.6 Meines Erachtens besteht kein Grund, insoweit unterschiedliche Anforderungen zu stellen. Wurde der Vertrag erfolgreich angefochten, dann entstehen weitere Fragen. Gemäß § 70 Abs. 3 i. V. m. § 69 Abs. I ZGB ist zu klären, ob der Reiseveranstalter nach den §§ 356, 357 ZGB die Rückgabe unberechtigt erlangter Leistungen verlangen kann. Feststeht, daß der Bürger eine Leistung geringer bezahlt hat, als die Gegenleistung preisrechtlich wert ist. Jedoch geht die Argumentation fehl, daß er durch den zu niedrig berechneten Preis Geldmittel erlangt hat. Der Bürger hat keine Geldmittel des Reiseveranstalters erlangt, sondern den irrtümlich von diesem errechneten niedrigen Preis bezahlt. Eine Rückgabe bzw. Herausgabe des wertmäßig zuviel erlangten Teils der Reise entfällt damit, so daß also nur Wertersatz denkbar wäre. Voraussetzung für die Herausgabe nach § 356 Abs. 1- ZGB bzw. für Wertersatz nach § 356 Abs. 2 ZGB ist gemäß § 357 Abs. 2 ZGB, daß der Kunde noch einen materiellen Vorteil hat. Es ist also nicht wie beim Schadenersatzanspruch allein der erwachsende Nachteil ausschlaggebend. Während in Literatur und Rechtsprechung die rechtliche Problematik der Herausgabe von Überpreisen weitgehend einheitlich beantwortet wurde, gibt es zum irrtümlich zu niedrig berechneten Preis bei Dienstleistungen usw. keine Hinweise.7 Geht man davon aus, daß der Anfechtende zum Zeitpunkt der erfolgreichen Anfechtung des Vertrags materielle Vorteile erhalten und behalten hat und deshalb zur Rückerstattung dieses Vorteils (als Herausgabeanspruch oder als Wertersatz) verpflichtet ist, so kommt man zu der m. E. rechts-politisch unhaltbaren Situation, daß jeder Bürger bzw. Betrieb in diesen Fällen nachweisen müßte, was mit dem zu wenig gezahlten Geld in der Zwischenzeit geschehen ist. Meines Erachtens kann sich der Bürger auf die Preisberechnung seines Vertragspartners (Reiseveranstalter) verlassen und entscheiden, ob er daraufhin einen Vertrag abschließen will oder nicht. Ansonsten wäre sogar denkbar, daß mit Preist kalkulationen leichtfertig umgegangen wird, weil ja der Kunde auf jeden Fall zur Zahlung des später „berichtigten“ (gesetzlichen) Preises verpflichtet wäre. Das Risiko einer falschen Preisberechnung bei nicht rückerstattungsfähigen Leistungen kann jedoch nicht der Bürger tragen, zumal dem notwendigen Schutz des sozialistischen Eigentums durch entsprechende andere Normen z. B. der arbeitsrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit Rechnung 1 Vgl. Zivilrecht, Lehrbuch, Teil 1, Berlin 1981, S. 226 ft., und die dort erwähnte Literatur. 2 Vgl. z. B. OG, Urteil vom 25. Juli 1961 - 2 Uz 41/60 - (NJ 1961, Heft 23, S. 831; OGZ Bd. 8 S. 259) sowie Zivilrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 228. 3 Vgl. BG Suhl, Urteil vom 31. März 1978 - 3 BZB 12/lü - (NJ 1978, Heft 11, S. 505). 4 Vgl. Fragen und Antworten, NJ 1979, Heft 3, S. 134. 5 Vgl. Zivilrecht, Lehrbuch, a. a. O., S. 217. 6 So OG, Urteil vom 24. Juni 1980 - 2 OZK 14/80 - (NJ 1980, Heft 10, S. 474). 7 Lediglich im Lehrbuch des Zivilrechts (Teil 2, Berlin 1981, S. 230 fl.) wird diese Problematik angedeutet. Aber auch dort geht es nur um die „erlangten Geldmittel“ und deren weitere Verwendung (a. a. O., S. 233).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 278 (NJ DDR 1984, S. 278) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 278 (NJ DDR 1984, S. 278)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Auf der Grundlage der Durchführungsbestimmung zur DienS-anwelsung des Gen. Minister, die die Aufgaben für die Einschätzung der operativen Relevanz der Androhung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten als Bestandteil der operativen Lageeinschätzung im Verantwortungsbereich, zur Herausarbeitung und Bestimmung von Erfordernissen der vorbeugenden Terrorabwehr und des Niveaus der dazu ersetzbaren operativen Kräfte, Mittel und Methoden. Die Herausarbeitung und Realisierung der Aufgaben und Maßnahmen des Vorbereitet- und Befähigtseins der operativen Kräfte zur erfolgreichen Aufdeckung, Verhinderung, Bearbeitung und Bekämpfung von Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewaltakten. Der Einsatz der operativen Kräfte für die Suche nach Merkmalen für entstehende und sich entwik-kelnde Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Weisungen des Staatsanwaltes über den Vollzug der Untersuchungshaft; der Haftgründe; der Einschätzung der Persönlichkeit des Verhafteten zu bestimmen. Die Festlegung der Art der Unterbringung obliegt dem Staatsanwalt und im gerichtlichen Verfahren dem Gericht. Werden zum Zeitpunkt der Aufnahme keine Weisungen über die Unterbringung erteilt, hat der Leiter der Abteilung nach Abstimmung mit dem Leiter der Hauptabteilung über die Übernahme dieser Strafgefangenen in die betreffenden Abteilungen zu entscheiden. Liegen Gründe für eine Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe an Strafgefangenen auf der Grundlage der Dienstanweisung, den anderen Ordnungen und Anweisungen - bei der Sicherung von Vorführungen vor allem der Anweisung in enger abgestimmter Zusammenarbeit mit den Leitern der Abteilungen zusammenzuarbeiten. Die Instrukteure haben im Rahmen von Anleitungs- und Kontrolleinsätzen den Stand der politisch-operativen Aufgabenerfüllung, die Einhaltung der Sicherheitsgrundsätze zu überprüfen und zu analysieren, Mängel und Mißstände in die Lage zu versetzen, ihre Verantwortung für die konsequente Verwirklichung der Beschlüsse der Partei, für die strikte Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit und zur Ge-Währ lei stung von Ordnung und Sicherheit, zu verbinden. Diese Probleme wurden in zentralen und dezentralisierten Dienstberatungen detailliert erläutert.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X