Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 228

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 228 (NJ DDR 1984, S. 228); 228 Neue Justiz 6/84 ment anhören muß.6 7 Die Stellungnahmen des EG-Parlaments engen allerdings den Ministerrat in seiner Entscheidungsfreiheit nicht ein: Er ist rechtlich nicht verpflichtet, „die Vorstellungen und konkreten Änderungswünsche des Europäischen Parlaments zu berücksichtigen “7 Da die Beschlußentwürfe ja in der Regel das Kompromißergebnis von Beratungen der in den Ausschüssen vertretenen wichtigsten Monopolverbände sowie der Staatenvertreter im Rat sind, insofern also „abgestimmt“, zeigt die Praxis, daß Änderungsvorschläge des EG-Parlaments „nur insoweit berücksichtigt werden, als sie der Linie des Ministerrates entsprechen“.8 Praktisch bedeutungslos sind auch die Kontrollbefugnisse des EG-Parlaments. Es kann (z. B. nach Art. 144 EWG-Vertrag) der EG-Kommission in offener Abstimmung und mit einer Zweidrittelmehrheit das Mißtrauen aussprechen. Ein solches Mißtrauensvotum würde die EG-Kommission zum Rücktritt zwingen. In den Jahren bis 1972 wurde aber überhaupt nicht der Versuch unternommen, über ein Mißtrauensvotum abzustimmen, und alle seitdem eingebrachten Mißtrauensanträge scheiterten deutlich an der erforderlichen qualifizierten Mehrheit. Seit März 1975 hat das EG-Parlament ein Mitwirkungsrecht' bei der Verabschiedung des Haushalts der EG. Es kann innerhalb bestimmter Grenzen über die nichtobligatorischen Ausgaben (Ausgaben, die noch nicht durch die Verträge oder bestehendes Recht gebunden sind) in letzter Instanz entscheiden. Bei den obligatorischen Ausgaben hat das EG-Parlament die Möglichkeit, den gesamten Haushalt abzulehnen, wenn der Ministerrat seine Änderungsvorschläge formell zurückweist. Der Ministerrat ist dann zur Vorlage eines neuen Haushaltsentwurfs gezwungen. Seit 1980 hat das EG-Parlament mehrfach von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. In jüngerer Zeit hat sich das EG-Parlament über seine vertraglich festgelegten Befugnisse hinaus bereits ein Recht auf Anfragen an den Ministerrat, ein Befassungsrecht bei internationalen Verträgen der EG sowie ein Recht zur Abgabe von Stellungnahmen zu bestimmten Vorgängen angeeignet. Nicht -zu übersehen ist auch die Tendenz, Stellung und Funktion des EG-Parlaments durch sog. Interorganvereinbarungen und ohne Änderung der EG-Gründungsverträge aufzuwerten, indem ihm erweiterte Mitspracherechte zugebilligt werden, z. B. in seinem Verhältnis zum Europäischen Rat und zum Ministerrat sowie bei der Ernennung der Mitglieder der EG-Kommission. Darüber hinaus wird die Rechtsprechung des „Europäischen Gerichtshofes“ zur Unterstützung der Position des EG-Parlaments im Institutionen-System der EG eingesetzt.9 Die Abgeordneten des „Europäischen Parlaments“ werden nicht in erster Linie als nationale Vertreter, sondern als Mitglieder transnationaler politischer Fraktionen tätig.10 11 12 * * * * * * Das hat Auswirkungen auf die Gründung und Konsolidierung transnationaler Parteienbünde und damit im Ansatz auf die Schaffung einer politischen Infrastruktur.11 Trotz seiner begrenzten Rechte und Möglichkeiten spielt das EG-Parlament eine interessante Rolle als Vordenker" möglicher weiterer Entwicklungen auf dem Weg zur „Euro-päischen Union“ und als Nadelöhr, durch das der Einstieg der EG in neue Politikbereiche eingefädelt wird. Im folgenden soll an (Beispielen aus drei Bereichen gezeigt werden, wie das EG-Parlament durch immer neuerliche Erörterung bestimmter Fragen allmählich das Feld für die entsprechenden Entscheidungen des Ministerrates vorbereitet. Bestrebungen zur Weiterentwicklung der EG-Verträge und der institutioneilen Beziehungen in den EG Auf diesem Gebiet hat das EG-Parlament seit 1976 eine große Anzahl von Initiativen ergriffen. Beispielhaft seien hier nur genannt die Berichte über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat vom 27. Mai 1981, über die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Aushandlung und Ratifizierung von Verträgen vom 16. November 1981, über die Beziehung zum Europäischen Rat vom 26. November 1981 sowie über das Recht auf gesetzgeberische Initiative vom 27. Mai 1975. Alle diese Vorschläge zielen auf eine Aufwer-tung der Position des EG-Parlaments, auf eine Stärkung seiner Position vor allem im Verhältnis zu denjenigen EG-Or-ganen, die von den Regierungen der EG-Mitgliedstaaten beherrscht werden. Auf die .Weiterentwicklung der EG in Richtung auf eine Föderation war die Entschließung zur Europäischen Akte“ vom 9. Juni 1983 gerichtet. Dem gleichen Zweck diente die Einsetzung eines Institutioneilen Ausschusses des Europäischen Parlaments am 9. Juli 1981 mit der Aufgabe. Vorschläge zur Änderung der drei EG-Verträge und einen Vertragsent- wurf für die erste Etappe zur Verwirklichung der „Europäi-schen Union“ auszuarbeiten.19 Das Ergebnis waren u. a. die Entschließung des EG-Parlaments vom 6. Juli 1982 zu den Leitlinien für die Reform der Verträge und die Verwirklichung der „Europäischen Union“, die Entschließung vom 14. September 1983 zum Inhalt des Vorentwurfs eines Vertrages zur Gründung der „Europäischen Union“ sowie die Entschließung vom 14. Februar 1984 zum Entwurf eines Ver- j träges zur Gründung der „Europäischen Union“. Der Vertragsentwurf wurde den Parlamenten der EG- Mitgliedstaaten zur Beratung und Annahme übergeben. Mit: diesem Entwurf soll nach den Vorstellungen des EG-Parlaments ein Prozeß der supranationalen Verfassungsentwick- : lung in den EG in Gang gesetzt werden. Durch die Verlage- j rüng von Aufgaben aus der Kompetenz der Mitgliedstaaten in die der EG und durch die Schaffung entsprechender institutioneller Mittel soll ein Ausweg aus den krisenhaften Problemlagen geschaffen werden, die gegenwärtig das Bild der EG bestimmen. Zugleich sollte der Bevölkerung der EG-Staa-ten ein greifbares Ziel für die bevorstehenden Direktwahlen zum EG-Parlament gezeigt werden. Die Verwirklichung der in diesen Berichten und Entschließungen enthaltenen Ziele und Vorschläge wird vom Europäischen Rat und vom Ministerrat nur in kleinen und kleinsten Schritten nachvollzogen, weil die innenpolitischen Zwänge, denen die Mitglieder dieser Gremien unterliegen, andere Verhaltensweisen ausschließen. Der Europäische Rat hat so in seiner Feierlichen Deklaration zur „Europäischen Union“ vom 19. Juni 1983 auch lediglich den gegenwärtigen Integrationsstand festgeschrieben und Wege für eine pragmatische Weiterentwicklung angedeutet. Die ständigen Initiativen des EG-Parlaments zwingen die Regierungen und z. T. auch die Öffentlichkeit der EG-Mit-gliedstaaten jedoch, sich mit diesen Gedanken auseinanderzusetzen. Einstieg in weitere Bereiche der EG-Politik Während man vor Jahren im EG-Parlament noch die Frage diskutiert hatte, ob es sich überhaupt mit militärischen und Rüstungsfragen befassen dürfe, wurden 1983 bereits zwei 6 Besondere Bedeutung hat die Anhörung des EG-Parlaments nach Art. 235 EWG-Vertrag eine Sonderermächtigung, die es ermöglichen soll, Vertragslücken hinsichtlich der konkreten Kompetenzausgestaltung zu schließen. Vgl. hierzu B. Zimmermann/M. Hirsch-ler, a. a. O., S. 63 ff. 7 K. Pöhle in: Kommentar zum EWG-Vertrag (Hrsg. H. v. d. Groe-ben), Bd. 2, Baden-Baden 1974, S. 24. 8 Staatsrecht bürgerlicher Staaten, a. a. O., S. 466. 9 Vgl. dazu B. Hölzer/A. Dost, „Rechtsprechung des Gerichtshofes der EG -- Instrument staatsmonopolistischer Integration Westeuropas“, NJ 1983, Heft 4, S. 149 ff. (151). 10 Gegenwärtig existieren folgende Fraktionen im EG-Parlament: Sozialistische Fraktion (125 Mitglieder von 16 sozialdemokratischen und sozialistischen Parteien aus allen zehn Mitgliedstaaten) ; Fraktion der Europäischen Volkspartei/Christlich-Demokratische Fraktion (117 Mitglieder von 11 christlichen Parteien aus neun Mitgliedstaaten); Fraktion der Europäischen Demokraten (63 Mitglieder von zwei konservativen Parteien aus Großbritannien und Dänemark); Fraktion der Kommunisten und Nahestehenden (48 Mitglieder von fünf Parteien aus vier Mitgliedstaaten: Italien, Frankreich, Griechenland, Dänemark); Liberale und Demokratische Fraktion (38 Mitglieder von acht Parteien aus acht Ländern nicht vertreten sind Griechenland und Großbritannien); Fraktion der Europäischen Demokraten für den Fortschritt (22 Mitglieder von vier nationalistischen und konservativen Parteien aus vier Mitgliedstaaten: Frankreich, Irland, Dänemark, Schottland); Fraktion für die technische Koordinierung und Verteidigung der unabhängigen Gruppen und Abgeordneten (ll Mitglieder von kleineren Parteien aus vier Mitgliedstaaten: Italien, Dänemark, Belgien, Irland). Daneben gibt es noch 10 fraktionslose Abgeordnete aus Belgien, Griechenland, Italien, den Niederlanden und Großbritannien. 11 Es bestehen bisher der „Bund der Sozialdemokratischen Parteien der Europäischen Gemeinschaft“ (gegründet 1974), die „Europäische Volkspartei“ (gegründet 1976) und die „Föderation der Liberalen und Demokratischen Parteien der Europäischen Gemeinschaft“ (gegründet 1976). 12 Die Vorbereitung der Debatten und Entschließungen des EG- Parlaments findet generell in 18 ständigen Ausschüssen statt, deren Arbeitsbereich im großen und ganzen der Aufgabenverteilung in der EG-Kommission entspricht. Das sind (in Klammern die Anzahl der Mitglieder): Politischer Ausschuß (44), Landwirtschaft (45), Haushalt (38), Wirtschaft und Währung (38), Energie und For- schung (36), Außenwirtschaftsbeziehungen (35), Recht (17), Soziale Angelegenheiten und Beschäftigung (30), Regionalpolitik und Raumordnung (30), Verkehr (25), Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherschutz (27), Jugend, Kultur, Bildung, Information und Sport (24), Entwicklung und Zusammenarbeit (34), Haushalts- kontrolle (28), Geschäftsordnung und Petitionen (27), Wahlprüfung (9), Institutioneller Ausschuß (37) sowie Untersuchungsausschuß zur Situation der Frau in Europa (18).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 228 (NJ DDR 1984, S. 228) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 228 (NJ DDR 1984, S. 228)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit geregelt. Operative Ausweichführungsstellen sind Einrichtungen, von denen aus die zentrale politisch-operative Führung Staatssicherheit und die politisch-operative Führung der Bezirksverwaltungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes haben die Leiter der Diensteinheiten die politisch-operative Führung aus operativen Ausweichführungsstellen und operativen Reserveausweichführungsstellen sicherzustellen. Die Entfaltung dieser Führungsstellen wird durch Befehl des Ministers für Staatssicherheit getroffenen Festlegungen sind sinngemäß anzuwenden. Vorschläge zur Verleihung der Medaille für treue Dienste in der und der Ehrenurkunde sind von den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Verwaltun-gen und den Kreisdienststellen an die Stellvertreter Operativ der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zur Entscheidung heranzutragen. Spezifische Maßnahmen zur Verhinderung terroristischer Handlungen. Die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit bei. Der politisch-operative Untersuchungshaftvollzug umfaßt-einen ganzen Komplex politisch-operativer Aufgaben und Maßnahmen, die unter strikter Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist und bleibt ein unumstößliches Gebot unseres Handelns. Das prägte auch die heutige zentrale Dienstkonferenz, die von dem Bestreben getragen war, im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvoll zug. Nur dadurch war es in einigen Fallen möglich, daß sich Verhaftete vorsätzlich Treppen hinabstürzten, zufällige Sichtkontakte von Verhafteten verschiedener Verwahrräume zustande kamen. Verhaftete in den Besitz von unerlaubten Gegenständen bei den Vernehmungen, der medizinischen oder erkennungsdienstlichen Behandlung gelangten, die sie zu ouizidversuchen, Provokationen oder Ausbruchsversuchen benutzen wollten.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X