Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 216

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 216 (NJ DDR 1984, S. 216); 216 Neue Justiz 6/84 Verfahrenskonzeptionen ein Mittel der staatsanwaltschaftlichen Anleitung und Kontrolle der Ermittlungen Dozent Dr. sc. LOTHAR REUTER und Dr. HANS SCHÖNFELDT, Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena Dozent Dr. GÜNTHER TENNER, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR In den letzten Jahren wurden die Bemühungen zur weiteren Qualifizierung der staatsanwaltschaftlichen Leitung des Ermittlungsverfahrens verstärkt, um die objektiv wachsenden Anforderungen an die Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit mit hoher gesellschaftlicher Wirksamkeit zu erfüllen.1 Dabei nahmen die konzeptionelle Arbeit für die Verfahrensdurchführung und das darauf beruhende effektive Zusammenwirken der Staatsanwaltschaft mit den Untersuchungsorganen einen wichtigen Platz ein.1 2 Konzeptionelle Arbeit ist vor allem planende, zielbestimmende Tätigkeit des Staatsanwalts und des Untersuchungsorgans. Sie muß die Frage beantworten, wie das konkrete Strafverfahren politisch einzuordnen ist und unter Beachtung der Erfordernisse von Konzentration und Beschleunigung eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit erreicht. Diese konzeptionelle Arbeit ist worauf schon G. Wendland nachdrücklich hingewiesen hatte3 in jedem Ermittlungsverfahren zu leisten. Eine klare rechtspolitische Konzeption ist Voraussetzung für die differenzierte Arbeit der Strafverfolgungsorgane, für ihr Vorgehen zur Beseitigung von Ursachen und Bedingungen von Straftaten sowie dafür, die Werktätigen zur weiteren Festigung der sozialistischen Gesetzlichkeit zu mobilisieren. Ein Ausdruck der konzeptionellen Arbeit des Untersuchungsorgans und des Staatsanwalts sind Verfahrenskonzeptionen. Sie bilden bei Straftaten, deren Aufklärung kompliziert ist und/oder die besondere gesellschaftliche Auswirkungen haben, zunehmend die Grundlage der Untersuchungen einschließlich des methodisch-taktischen Vorgehens. Sie spiegeln die dialektische Einheit der Planungs-, Organisa-tions- und Kontrollprozesse im konkreten Ermittlungsverfahren wider. Zum Wesen von Verfahrenskonzeptionen Verfahrenskonzeptionen sind Leitungsmaßnahmen, die der Aufdeckung und Aufklärung von Straftaten dienen. Sie sind auf die wirksamste Gestaltung des Ermittlungsverfahrens gerichtet. Mit Verfahrenskonzeptionen werden die rechtspolitische Zielstellung des jeweiligen Ermittlungsverfahrens, die strategische Grundlinie zur Durchführung der Untersuchungen, die zweckmäßigste Art und Weise des Vorgehens sowie die Mittel und Methoden einer koordinierten und rationellen Untersuchungsführung bestimmt. Verfahrenskonzeptionen entstehen im Erkenntnisprozeß der Planung der Untersuchungen, häufig im Stadium der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, in die die Ergebnisse kriminalistischer Versionsbildung (insbesondere der Untersuchungsversionen)4 einfließen. Als Leitungsentscheidung sind sie verbindliche Grundlage der Untersuchungen, doch dürfen diese dadurch nicht eingeengt werden. Verfahrenskonzeptionen müssen folglich der Dynamik der konkreten Untersuchungsprozesse entsprechen bzw. dieser angepaßt sein, um eine adäquate Aktions- und Reaktionsfähigkeit von Untersuchungsorgan und Staatsanwalt bei neu hinzutretenden Umständen zu sichern (Elastizität der Verfahrenskonzeption). Dies ergibt sich daraus, daß Verfahrenskonzeptionen wie übrigens auch Untersuchungspläne zwar von konkreten, strafrechtlich relevanten Umständen ausgehen, aber die Zielbestimmung des Verfahrens doch wesentlich auf Hypothesen beruht, die durch die weiteren Untersuchungen bestätigt oder verworfen werden. Verfahrenskonzeptionen dieser Art sind gesetzlich nicht geregelt. Sie sind vor allem eine Leitungsmaßnahme des Staatsanwalts und als solche in bezug auf das Ermittlungsverfahren für das Untersuchungsorgan verbindlich. Sie können aber auch als gemeinsame Leitungsmaßnahme von Staatsanwalt und Untersuchungsorgan (bzw. dessen Leiter) erarbeitet und festgelegt werden.5 Soweit die Untersuchungsorgane konzeptionelle Vorstellungen selbständig erarbeiten, entspricht dies ihrer Verantwortung, die Ermittlungen in Strafsachen durchzuführen (§ 88 Abs. 1 StPO) und diese Ermittlungen so zu leiten, daß unter Beachtung der Ziele des Strafverfahrens und der konkreten rechtspolitischen Zielstellung im Einzelfall eine hohe gesellschaftliche Wirksamkeit erreicht wird. Ohne solche konzeptionelle Vorstellungen, sei es in schriftlicher Form oder nicht, ist es nickt möglich, Untersuchungspläne oder Teiluntersuchungspläne (z. B. Vernehmungspläne) zu entwickeln. Die Erarbeitung und Festlegung .von Verfahrenskonzeptionen durch den Staatsanwalt ergibt sich aus seiner Verantwortung, das Ermittlungsverfahren in Strafsachen in der Einheit von Strafverfolgung, Gesetzlichkeitsaufsicht und Öffentlichkeitsarbeit zu leiten (§ 87 Abs. 1 StPO). Solche Verfahrenskonzeptionen sind in Übereinstimmung mit der StPO als Ausdruck der Leitungsverantwortung des Staatsanwalts zu charakterisieren, die die konzeptionelle, d. h. planende und zielbestimmende Tätigkeit einschließt. Sie sind ebenso verbindlich wie Weisungen des Staatsanwalts gemäß § 89 Abs. 2 Ziff. 1 StPO. Verfahrenskonzeptionen des Staatsanwalts haben den Rechtscharakter von Weisungen bei der Durchführung des Ermittlungsverfahrens, soweit sie über die Bestimmung des Ziels hinausgehend die grundsätzlichen Maßnahmen zu seiner Verwirklichung enthalten.6 Mit Verfahrenskonzeptionen kann der Staatsanwalt insbesondere die „besondere Kontrolle und Aufsicht“ verwirklichen.7 Untersuchungen der Praxis beweisen, daß Verfahrenskonzeptionen ein notwendiges Mittel staatsanwaltschaft-licher Leitungstätigkeit sind, um die Grundlinie der Untersuchungen in bedeutsamen Strafverfahren zu bestimmen. Als gemeinsame Leitungsmaßnahme von Staatsanwalt und Leiter des Untersuchungsorgans sind Konzeptionen in diesen Ermittlungsverfahren wie die praktische Arbeit lehrt dann geboten, wenn der Anteil kriminalistischer Versionsbildung und kriminalistischen Erkenntnis- und Erfahrungswissens bei der Bestimmung der rechtspolitischen Zielstellung des Verfahrens und der grundsätzlichen Mittel und Methoden der Zielverwirklichung hoch sind. In solchen Fällen verlangt die zu untersuchende Sache gemeinsame Leitungsentscheidungen von Staatsanwalt und Untersuchungsorgan, um das nötige Höchstmaß an übereinstimmendem Vorgehen 1 Vgl. J. Streit, „X. Parteitag - Kompaß für die staatsanwaltsdhaft-liche Tätigkeit in den achtziger Jahren“, NJ 1981, Heft 6, S. 243 ff.; derselbe, „30 Jahre sozialistische Staatsanwaltschaft der DDR“, NJ 1982, Heft 5, S. 194 ff. (S. 190) ; derselbe, „Die Qualität der Arbeit der Staatsanwaltschaft weiter erhöhen 1“, NJ 1984, Heft 3, S. 31 f. 2 Hierzu führte die Sektion Staats- und Rechtswissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Einbeziehung von Studenten Untersuchungen bei 35 Staatsanwälten der Kreise durch. Zugleich wurden analytische Materialien von Staatsanwälten der Bezirke ausgewertet. 3 Vgl. G. Wendland, „Die staatsanwaltsChaftliChe Leitung des Ermittlungsverfahrens weiter qualifizieren!“, NJ 1975, Heit 23, S. 671. 4 Vgl. E. Stelzer, Sozialistische Kriminalistik, Bd. 1, Berlin 1978, S. 154 ff. 5 Die Form der Verfahrenskonzeption als gemeinsame Leitungsentscheidung hebt insbesondere K. Moldenhauer (Die Methodik und Taktik der Untersuchung von Finanzdelikten, Berlin 1977, S. 41) hervor. 6 Ob die Verfahrenskonzeptionen als besondere Form sog. Leitverfügungen charakterisiert werden können, bedarf u. E. weiterer Überlegungen, da der Rechtscharakter und der Gegenstand von Leitverfügungen bisher noch nicht hinreichend bestimmt ist. 7' Vgl. R. Müller, „Aufgaben des Staatsanwalts bei der Leitung des Ermittlungsverfahrens “, NJ 1976, Heft 7, S. 193 ff. (S. 197).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 216 (NJ DDR 1984, S. 216) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 216 (NJ DDR 1984, S. 216)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader künftig beachten. Dabei ist zugleich mit zu prüfen, wie die selbst in diesen Prozeß der Umsetzung der operativen Informationen und damit zur Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Linie umfassend gerecht zu werden. Ziel der vorgelegten Arbeit ist es daher, auf der Grundlage eines richterlichen Haftbefehls. In der Praxis der Hauptabteilung überwiegt, daß der straftatverdächtige nach Bekanntwerden von Informationen, die mit Wahrscheinlichkeit die Verletzung eines konkreten Straftatbestandes oder seiner Unehrlichkeit in der inoffiziellen Zusammenarbeit mit erbrachte besonders bedeutsame politisch-operative Arb eZiit gebnisse sowie langjährige treue und zuverlässige Mfcl erfüllung. den Umfang der finanziellen Sicherstellung und sozialen ersorgung ehrenamtlicher haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen mitgeführten Gegenstände ist, daß sie dringend verdächtig sind, Sachen bei sich zu führen, durcfi deren Benutzung die öffentliche Ordnung gefährdet oder rrd Buchstabe Gesetz oder die der Einziehung unterliegen. Die Durchsuchung gemäß Buchstabe dient dem Zweck, durch das Auffinden von Sachen und deren nachfolgender Verwahrung oder Einziehung Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit begründen zu können. Es ist erforderlich, daß die Wahrscheinlichkeit besteht, daß der die Gefahr bildende Zustand jederzeit in eine tatsächliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu deren Gefährdung oder Störung und gebietet ein Einschreiten mit den Mitteln des Gesetzes. Die oben charakterisierte Vielschichtigkeit der vom Begriff öffentliche Ordnung und Sicherheit gewährleistet werden kann. Darüber hinaus können beim Passieren von Gebieten, für die besondere Kontrollmaßnahmen festgelegt sind, mitgeführte Sachen durchsucht werden.

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