Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 181

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 181 (NJ DDR 1984, S. 181); Neue Justiz 5/84 181 Richters wird wieder ausschließlich für die Art der Bestrafung ausschlaggebend sein Die Urteile des Staatsgerichtshofes zum Schutze der Republik und des Reichsgerichts in den Jahren 1924 bis zur Gegenwart lassen diese Gefahr für das Proletariat auf das deutlichste erkennen. “30 Die deutsche Monopolbourgeoisie unternahm in der Weimarer Republik wiederholt Versuche, das Strafrecht gesetzgeberisch ihren neuen Herrschaftsmethoden anzupassen. Diese Gesetzgebungsvorschläge scheiterten jedoch im Reichstag. In diesem Zusammenhang befaßte sich Felix Halle mit den Möglichkeiten und Grenzen, Institutionen der bürgerlichen Demokratie und verfassungsmäßige Grundrechte auszunutzen, um der Tendenz zur Verschärfung des imperialistischen Strafrechts zu begegnen. Felix Halle verdeutlichte, daß ein Strafgesetz, das den Interessen der Werktätigen entspricht, weder in bürgerlichen Ministerien ausgearbeitet noch in bürgerlichen Parlamenten angenommen werde. Es könne nur von proletarischen Organen geschaffen werden. Dies bedeute jedoch nicht, den Kampf innerhalb und mit den Mitteln der bürgerlichen Republik für eine Veränderung strafrechtlicher Regelungen aufzugeben. Vielmehr müsse ein „zäher Kleinkrieg“ um jede Norm geführt werden, um eigene Ziele sichtbar zu machen, ungünstige Bestimmungen zu beseitigen und Regelungen zium Schutze der Arbeitskraft und Gesundheit einzuarbeiten.31 In seiner Kritik an der Klassenjustiz der Weimarer Republik, speziell am imperialistischen Gesinnungsstrafrecht, erfüllte Felix Halle den Legitimitätsanspruch der Arbeiterklasse, die mit der bürgerlichen Revolution und deren Menschenrechten erkämpfte partielle Emanzipation gegen alle Kriegs- und Faschisierungstendenzen zu verteidigen.32 Proletarische Alternativen zum Sexualstrafrecht Felix Halle beschäftigte sich auch mit Erscheinungen der allgemeinen Kriminalität und der strafrechtlichen Reaktion auf spontanes und anarchisches, gesellschaftlich destruktives Individualverhalten. Vor allem untersuchte er Sexualstraftaten hinsichtlich ihrer sozialen Bedingtheit. Dies geschah nicht zuletzt deshalb, weil die Bourgeoisie und ihre Ideologen bei diesen Delikten lediglich individuelle Ursachen gelten ließen, d. h. nur biologische und „triebstrukturelle“ Voraussetzungen beim einzelnen Täter annahmen. Demgegenüber forderte Felix Halle, neueste Erkenntnisse der Psychologie, der Soziologie und anderer Wissenschaften bei der Beurteilung krimineller Handlungen zu berücksichtigen. Er selbst formulierte als „Aufgabe der revolutionären Theorie“, „den Massen Klarheit über die Ursachen ihrer wirtschaftlichen und sexuellen Notlage au schaffen, d. h. über die sozialen Zusammenhänge zu schaffen und ihnen zugleich einen Ausweg zu zeigen“.33 Beispielsweise unterzog Felix Halle den Tatbestand der Abtreibung einer genauen Analyse: Für ihn gehörte die Abtreibung unlöslich zu den Verelendungsfolgen des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Er wies nach, daß ungefähr eine Million Frauen in Deutschland alljährlich durch die sozialen Verhältnisse zur Abtreibung gezwungen würden. Dabei spielte die Abschreckung durch die Strafandrohung eine völlig untergeordnete Rolle; sie konnte die Abtreibungen nicht verhindern. Felix Halle legte dar, wie gesetzliche Regelungen gerade auch kriminelle Handlungen (hier: die Abtreibung durch Kurpfuscher mit all ihren Nebenerscheinungen) initiieren. Und er nannte die Erhöhung der Geburtenzahl aus militärisch-nationalistischen Gründen, das Aufzwingen der doppelbödigen bürgerlichen Geschlechtsmoral, die Vorherrschaft des Mannes über die Frau (mit den dahinter stehenden ökonomischen Gründen) u. a. m. als Interessen der Bourgeoisie, die der strafrechtlichen Regelung zugrunde liegen. Vom Standpunkt der Kommunisten war das gesetzliche Verbot der Abtreibung ebenso wie das der Homosexualität asozial, was auch in den vielfältigen Gesetzesinitiativen der KPD im Reichstag zum Ausdruck kam.34 Die unvergessene Clara Zetkin hob die Bedeutung des Buches „Geschlechtsleben und Strafrecht“ mit folgenden Worten hervor: „Der Kampf für eine menschen- und kulturwürdige Sexualgesetzgebung ist ein Teil des Emanzipationskampfes der Werktätigen beider Geschlechter. Felix Halles Schrift ist ein wertvolles Rüstzeug für diesen Kampf. Sie gehört den Massen.“35 In ibezug auf die Familien- und Sexualbeziehungen entwickelte Felix Halle ein ganzes System sozialer und rechtlicher Forderungen. Dazu gehörten u. a. die Gleichberechtigung der Frau; die Erleichterung der Eheschließung und -Scheidung; die Beseitigung der Benachteiligung außerehelich geborener Kinder; obligatorische Sexualaufklärung; von der Sozialversicherung bezahlte Unterbrechung der Schwangerschaft; Beseitigung der Prügelstrafe; Schaffung eines Systems sozialer Maßnahmen zur Bekämpfung der Sexualdelikte unter Ausschaltung aller moralisierenden Tendenzen im Strafrecht; besonderer strafrechtlicher Schutz von Kindern und geschlechtsunreifen Jugendlichen; Verzicht auf jeden Zweck der Vergeltung bei der Strafzumessung. Betrachtet man aus heutiger Sicht die Vorschläge Felix Halles, die hier bei weitem nicht vollständig wiedergegeben werden können, so zeigt sich, daß diese revolutionären Forderungen des deutschen Proletariats in der DDR Wirklichkeit geworden sind mehr noch: daß der sozialistische Staat umfassende Förderungsmaßnahmen für Familien, Mütter und Kinder durchführt. Kriminalitätsbekämpfung und proletarische Revolution Felix Halle erkannte in seinen Arbeiten die Zusammenhänge zwischen der proletarischen Revolution und einer erfolgreichen Zurückdrängung der Kriminalität. Eine Reform des Strafrechts, des Strafproizeßrechts und Strafvollzugs, wie sie z. B. von sozialdemokratischer Seite vorgeschlagen wurde, konnte seiner Meinung nach die Rückfallkriminalität nicht verhindern, denn: „aus der Hölle der kapitalistischer) Gefängnisse wandert der Vorbestrafte zurück in die Hölle der kapitalistischen Freiheit, in die Erwerbslosigkeit, mit dem Recht zu verhungern“.33 Felix Halle schrieb: Das Verbrechen ist „ein Erzeugnis des Elends, der wirtschaftlichen Ausbeutung der besitzlosen Klasse“, und „infolge der Ausplünderung ganzer Bevölkerungsschichten rückt zudem ständig eine Reservearmee neu kriminell Gewordener nach“.32 Eine Beseitigung bzw. Zurückdrängung der Kriminalität im Kapitalismus hielt er für aussichtslos, da die Ausbeutung der Mehrheit der Bevölkerung durch eine ökonomisch privilegierte Minderheit ein „integrierender Bestandteil der kapitalistischen Wirtschaftsordnung ist“.38 39 Untersuchungen zu den Ursachenkomplexen der Kriminalität im Kapitalismus sowie zum Wesen und zu den Funktionen des bürgerlichen Rechts brachten Felix Halle zu der Einsicht, daß für eine Zurückdrängung der Kriminalität veränderte ökonomische und politische Machtverhältnisse Voraussetzung sind. Diese können nur im Ergebnis einer proletari-rischen Revolution, der Errichtung der Diktatur des Proletariats sowie der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft entstehen. Felix Halle schrieb: „Je mehr sich unter der Diktatur des Proletariats die Wirtschaft von der kapitalistischen entfernt, wird eine Abnahme des Verbrechens als soziale Massenerscheinung eintreten. Das Strafrecht, wie es von den kapitalistischen Staaten in der Gegenwart als Vergeltung (wenn auch jetzt zum Teil unter dem Namen einer Besserungs- und Zweckstrafe) geübt wird, stellt den Rest von veralteten, primitiven Einrichtungen dar, die überwunden werden müssen. Das Strafrecht ist bestimmt, mit dem Klassenstaat zu verschwinden und nach der Diktatur des Proletariats in der klassenlosen Gesellschaft durch soziale Heilmethoden und Absonderung der Unheilbaren ersetzt zu werden. “33 ' Wenngleich Felix Halle auch noch nicht die Kompliziertheit einer Zurückdrängung der Kriminalität im Sozialismus erkennen konnte, so entwickelte er doch von seiner materialistischen Position aus eine richtige Grundkonzeption und sah die dem Sozialismus innewohnenden großen Möglichkeiten zur Vorbeugung und Bekämpfung von Straftaten richtig voraus. Felix Halle gehört zu den herausragenden Juristen in der Weimarer Republik, die sich mit ganzer Kraft für die Sache der deutschen Arbeiterbewegung eingesetzt haben. Seinen Kampf gegen den Klassenstaat, das Klassenrecht und die Klassenjustiz der Bourgeoisie hat er mit bemerkenswerten Aussagen über ein künftiges proletarisches Recht verbunden. Das Erbe Felix Halles ist in unserem sozialistischen Staat angetreten worden. 30 F. Halle, Das neue Strafgesetzbuch gegen das deutsche und österreichische Proletariat, Berlin 1927, S. 15. 31 Ebenda, S. 31. 32 Vgl. H. Klenner, Marxismus und Menschenrechte, Berlin 1982, S. 146. 33 F. Halle, Geschlechtsleben und Strafrecht, Berlin 1931, S. I. 34 Ebenda, S. 43. 35 Zitiert in: F. Halle, Wie verteidigt sich der Proletarier , 4. Aufl., Berlin 1931, 3. Umschlagseite. 36 F. Halle, Der Proletarier als Schöffe und Geschworener, Berlin 1926, S. 56. 37 Ebenda. 38 F. Halle, Geschlechtsleben und Strafrecht, a. a. O., S. 207. 39 F. Halle, Der Proletarier als Schöffe und Geschworener, a. a. O., S. 57.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 181 (NJ DDR 1984, S. 181) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 181 (NJ DDR 1984, S. 181)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Die Leiter der Abteilungen haben durch entsprechende Festlegungen und Kontrollmaßnahmen die Durchsetzung dieses Befehls zu gewährleisten. Zur Erfüllung dieser Aufgaben haben die Leiter der Abteilungen eng mit den Leitern der medizinischen Einrichtungen die erforderlichen Vereinbarungen für die ambulante und stationäre Behandlung Verhafteter und die durch Staatssicherheit geforderten Bedingungen für die Sicherung der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Referate Transport im Besitz der Punkbetriebsberechtigung sind. Dadurch ist eine hohe Konspiration im Spreehfunkver- kehr gegeben. Die Vorbereitung und Durchführung der Transporte mit Inhaftierten aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft. Zur Durchführung der UnrSÜchungshaft wird folgendes bestimmt: Grundsätze. Die Ordnung über den Vollzug der Untersuchungshaft regelt Ziel und Aufgaben des Vollzuges der Untersuchungshaft, die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei wurden von Name Vorname Geburtsort wohnhaft folgende sich in Verwahrung befindliche Gegenstände eingezogen: Begründung: Gegen die Einziehung kann gemäß bis des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der die erforderliche Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit erfolgt. Die Ergebnisse der Personenkontrolle gemäß Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei bezüglich der Durchführung von Maßnahmen der Personenkontrolle mit dem Ziel der. Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität,.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X