Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 180

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 180 (NJ DDR 1984, S. 180); 180 Neue Justiz 5/84 tes Vorwort zu der Verteidigungsrede von Max Hoelz16 17, der den Prozeß zur Tribüne der Anklage des Proletariats gegen die bürgerliche Klassenjustiz gemacht hatte. Später schrieb Felix Halle: „Für die Führung eines politischen Prozesses kann nicht allein das Ergebnis, das in dem Urteil des bürgerlichen Gerichts liegt, maßgebend sein. Ein Proletarier, der sich einer revolutionären Bewegung angeschlossen hat und nun wegen einer bestimmten Handlung unter Anklage gestellt wird, muß unter Umständen den Kampf mit den bürgerlichen Gerichten mit aller Schärfe durchfechten Es ist für den proletarischen Angeklagten unwürdig, sich die Gunst des Gerichts durch Reuekundgebungen zu erbetteln “17 Im Rahmen der Kampagne der RHD zur Befreiung von Max Hoelz stellte Felix Halle gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Apfel im Februar 1928 beim Reichsgericht einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. In der Begründung des Antrags arbeitete Felix Halle juristisch exakt heraus, daß Max Hoelz allein auf Grund unhaltbarer und zweifelhafter Beweise, von Erpressungstaktiken der Untersuchungsbehörden sowie bewußt falschen Zeugenaussagen verurteilt worden war. Das bürgerliche Gericht hatte revolutionäre Gesinnung kriminalisiert, um führende Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung auszuschalten. Die Verurteilung wegen Hochverrats in Tateinheit mit Totschlag hatte auch verhindert, daß Max Hoelz auf Grund des für die Märzkämpfer erlassenen Reichsamnestiegesetzes vom 21. Juli 1922 aus der Strafhaft entlassen werden mußte. Die Forderung nach Freilassung von Max Hoelz wurde von zahllosen namhaften Persönlichkeiten des In- und Auslands unterstützt.18 Der bürgerlichen Justiz war an einer Wiederaufnahme des Verfahrens nicht gelegen, aber sie mußte sich dem außerparlamentarischen und parlamentarischen Druck beugen. Um das erneute Verfahren zu verhindern, wurde Max Hoelz 1928 amnestiert. Obwohl die juristischen Beweise für seine Unschuld erdrückend waren19, blieb damit der Schuldvorwurf des Totschlags auf ihm ruhen. Nachdem Felix Halle 1934 in die Sowjetunion emigriert war, gehörte er dort der von Bela Kirn geleiteten Kommission der Kommunistischen Internationale an, die sich mit der unmittelbaren Vorbereitung des Thälmann-Prozesses befaßte. „Sie legte fest, daß unter Leitung des bekannten deutschen kommunistischen Juristen Prof. Felix Halle Material zusammenzustellen war, das der Verteidigung Emst Thälmanns dienen und die Absichten der faschistischen Machthaber aufhellen sollte.“20 Die Kun-Kommission arbeitete unter maßgeblicher Mitwirkung Felix Halles im Juni 1935 „Richtlinien zur politischen .und juristischen Verteidigung des Genossen Thälmann“ aus. Auf ihnen basierte der Ende Juli 1935 vorgelegte Entwurf eines Plädoyers für Ernst Thälmann, in dem Felix Halle die voraussichtlichen Hauptanklagepunkte der Nazis politisch offensiv widerlegte. Das Plädoyer trug die Überschrift „Eine Anklage gegen den Hit-lerf aschismus “.21 Analyse der Sonder- und Standgerichte Wiederholt hat sich Felix Halle publizistisch mit den verschiedenen Formen der bürgerlichen Klassenjustiz befaßt. In einer sehr informativen Untersuchung über die Sondergerichtsbarkeit und die Standgerichte stellte er fest, daß die politische Reaktion „die Waffe des summarischen (beschleunigten) Kriminalprozesses in der ihr gemäßen Weise gegen das gesamte Proletariat zur Anwendung bringt“, um Koalitionsfreiheit und andere wirtschaftliche und politische Grundrechte der Arbeiterklasse zu beseitigen.22 Mit den strafprozessualen Vorschriften für Sonder- und Standgerichte, die sich ausschließlich gegen das klassenbewußte Proletariat richten, werden die Arbeiter „des Schutzes des ordentlichen Prozeßverfahrens beraubt“.23 Aus Felix Halles Untersuchung, die ihren Wert besonders dadurch erhielt, daß sie auf unmittelbaren Erfahrungen aus der Praxis beruhte und als Beitrag für eine Strategie und Taktik zur Überwindung der Klassenjustiz konzipiert war, wird ersichtlich: Die Sondergerichtsbarkeit ist die offene Form der Zersetzung bürgerlicher Gesetzlichkeit, was sich u. a. in der Beseitigung des Rechts auf Verteidigung, im Verzicht auf'eine schriftliche Anklage, im Ausschluß von Rechtsmitteln und Wiederaufnahmeverfahren sowie darin zeigte, daß die Todesstrafe oftmals die einzige Alternative zum Freispruch war. Felix Halle wies nach, daß die Monopolbourgeoisie mittels der Sondergerichtsbarkeit gegen Kampfmaßnahmen des Proletariats reagierte, um die ökonomischen Verhältnisse des Imperialismus zu erhalten. Die Sondergerichtsbarkeit der Weimarer Republik befand sich in Kontinuität zum Bismarckschen Sozialistengesetz, wobei sie in ihrer „drakonischen Härte in vielen Punkten weit über das Sozialistengesetz hanausgeht “.24 Sie spiegelte die zugespitzten sozialen und politischen Widersprüche des Imperialismus wider, wobei die bürgerliche Gesetzlichkeit bedenkenlos durchbrochen wurde und sich die Tendenz zu verbrecherischen Normativakten entwickelte. Auch Felix Halles Analyse von Praktiken der Standgerichte der Justizmord an Eugen Levine, dem Vorsitzenden des Vollzugsrates der Bayrischen Räterepublik, die Verurteilung des sowjetrussischen Diplomaten Axelrod, die Exekution beim Wüten des „weißen Terrors“ in Bayern, das Vorgehen gegen die revolutionären Arbeiter Mitteldeutschlands 1921 und gegen diejenigen, die den Kapp-Putsch zum Scheitern brachten führt plastisch vor Augen: Hier entstanden die Keimformen der staatlich sanktionierten Morde unter der faschistischen Terrorherrschaft. Die physische Vernichtung der Träger des gesellschaftlichen Fortschritts, der revolutionären Arbeiter, wurde mittels der Standgerichte staatlichjustitiell organisiert. Zu Recht schrieb Felix Halle, „daß die Standgerichte im März 1920 in zahlreichen Fällen Erschießungen vorgenommen haben, die sich objektiv als Mord charakterisieren“.25 In diesem Zusammenhang verwies Felix Halle auf die zentrale Stellung des Art. 48 der Weimarer Verfassung als verfassungsrechtliche Möglichkeit, verbrecherische Herrschaftsmethoden durchzusetzen, als „legale“ Ermächtigung zum politischen Mord, da in den Maßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit das „Recht zur Verhängung des Ausnahmezustandes und die Einsetzung besonderer Gerichte einbegriffen ist“.26 Über diese Verfassungsbestimmung wurden die Prinzipien der Proportionalität zwischen Tat und Strafe, der individuellen strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der Respektierung der physischen Existenz des Menschen verletzt. Felix Halle bemerkte zutreffend: „Man wollte in den diktatorischen Vollmachten des Präsidenten ein brauchbares Werkzeug im Klassenkampf schaffen, unbekümmert um die dadurch unvermeidliche Entartung des Strafprozeßrechts. “27 Kritik am imperialistischen Gesinnungsstrafrecht Felix Halles Arbeiten über die verstärkte Anwendung des Strafrechts als Instrument des Klassenkampfes gegen das Proletariat erbringen den Nachweis, daß die Justiz der Weimarer Republik die objektiven Kriterien des Strafrechts durch eine extensive Auslegungspraxis aushöhlte und daß es zur immer stärkeren Zurückdrängung des Tatstrafrechts zugunsten eines Täter- bzw. Gesinnungsstrafrechts kam. Im politischen Strafrecht wurde die Formulierung „ehrlose Gesinnung“ im StGB von 1871 dazu ausgenutzt, um gegen Revolutionäre eine drastische Strafverschärfung (Zuchthaus- und Todesstrafe statt Festungshaft) zu erreichen, so z. B. bei der Begründung des Todesurteils gegen Eugen Levine.28 Dagegen wurde in Verfahren gegen politische Reaktionäre wie z. B. gegen Graf Arco (den Mörder Kurt Eisners, des Ministerpräsidenten der Republik Bayern), die Putschisten um Kapp, die Fememörder der Geheimbünde, Hitler und Konsorten ein Handeln „aus höheren Motiven“ bejaht, und es wurden Freisprüche verkündet bzw. Bagatellstrafen verhängt. Die Handlungen von Kommunisten und vielen Sozialdemokraten wurden von den gleichen Richtern fast immer als aus „niederen Beweggründen “ begangen gewertet.29 Felix Halle schrieb dazu: „Nicht die subjektive Überzeugung des Täters, sondern die subjektive Überzeugung des 16 Vgl. F. Halle, Vorwort zur Anklagerede des Max Hoelz gegen die bürgerliche Gesellschaft, Berlin 1921. 17 F. Halle, Wie verteidigt sich der Proletarier , a. a. O., S. XI. 18 Vgl. beispielsweise E. E. Kisch, Sieben Jahre Justizskandal Max Hoelz, Berlin 1928 (Neudruck ln: E. E. KlsCh, Mein Leben für die Zeitung 1926 1947 [Gesammelte Werke, Bd. IX], Berlin 1983, S. 152 fl.); vgl. auch M. Gebhardt, a. a. O., S. 233 ff. 19 Vgl. F. Haffe, Eingabe für den zu lebenslangem Zuchthaus verurteilten Max Hoelz an den Deutschen Reichstag und den Preußischen Landtag, Berlin 1928. 20 Autorenkollektiv, Ernst Thälmann - eine Biographie, Berlin 1982, S. 696. 21 Ebenda, S. 697 fl. 22 F. Halle, Deutsche Sondergerichtsbarkeit 1918 1921, Berlin 1922, S. VIH. 23 Ebenda, S. VII. 24 Ebenda, S. VU 25 Ebenda, S. 47. , 26 Ebenda, S. 26. 27 Ebenda S 39 28 Vgl. H.’Beyer, Die Revolution in Bayern 1918-1919, Berlin 1982, S. 141 f. 29 Vgl. dazu auch E. J. Gumbel, Vier Jahre politischer Mord, Berlin 1922.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 180 (NJ DDR 1984, S. 180) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 180 (NJ DDR 1984, S. 180)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen, zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter ist auszurichten auf das Vertiefen der Klarheit über die Grundfragen der Politik der Parteiund Staatsführung zu leisten. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben ihre Führungs- und Leitungstätigkeit auf die Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge zu konzentrieren und zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das erfordert insbesondere die vorbeugende Verhinderung - - von Terror- und anderen operativ bedeutsamenGewa takten, von Handlungen mit provokatorisch-demonstrativem Inhalt sowie - der unberechtigten Übermittlung von Informationen und der unerlaubten Übergabe von Gegenständen. Bei Vorkommnissen, die die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen prinzipiell die gleichen Faktoren und Wirkungszusammenhänge aus dem Komplex der Ursachen und Bedingungen von Bedeutung sind wie für das Zustandekommen feindlich-negativer Einstellungen. Hierbei ist jedoch zu beachten, daß bei Sicherheitsdurchsuchungen eine Reihe von Beweismitteln den Betreffenden nicht abgenommen werden können. Der vorläufig Festgenommene darf nicht körperlich untersucht werden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X