Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 149

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 149 (NJ DDR 1984, S. 149); Neue Justiz 4/84 149 sönlichen Sphäre des Bürgers wird allenfalls eine fortschreitende Kommerzialisierung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ erreicht.19 Die Möglichkeit, eine Unterlassungsklage anzustrengen und Widerruf der ehrverletzenden Behauptungen zu verlangen, erhöht die Schutzwirkung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ wenn überhaupt nur unwesentlich. Denn selbst eine erfolgreiche Unterlassungsklage mindert die verletzende Wirkung einer schon erfolgten Veröffentlichung in keiner Weise. Der Widerruf kann zudem nur gegenüber Tat-sachenbehatiptungen, nicht aber in bezug auf Werturteile verlangt werden.20 Die Presse besitzt aber unabhängig davon eine Reihe von Möglichkeiten, um die Öffentlichkeitswirksamkeit eines gerichtlich erzwungenen Widerrufs abzumindern bzw.jmit der Darstellung des Widerrufs die ihm zugrunde liegende Veröffentlichung noch besonders hervorzuheben. Ähnlich verhält es sich mit dem in den Pressegesetzen der einzelnen Bundesländer geregelten Recht auf Gegendarstellung. Die Position desjenigen, der eine Gegendarstellung veröffentlicht (die sich auf Tatsachenbehauptungen beschränken muß), ist gegenüber- den gesamten Darstellungsmitteln des Mediums (z. B. Wort-Bild-Kombination) eindeutig unterlegen. In der Literatur zum „allgemeinen Persönlichkeitsrecht“ wurde z. T. die Einführung der Feststellungsklage als Reaktion auf ehrverletzende Veröffentlichungen gefordert.21 Bisher ist dieser Weg jedoch nicht zulässig, und es zeigen sich auch keine Ansatzpunkte, ihn zu öffnen.22 Anwendung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ zum Schutz von Unternehmerinteressen Die wettbewerbsrechtliche Ausformung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ stellt das sog. Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Auch bei diesem Institut handelt es sich um eine Konstruktion des Richterrechts. Die herrschende Lehre bewertet es als ein spezielles Persönlichkeitsrecht, das auf die „freie Entfaltung“ des Unternehmens gerichtet ist, und bezeichnet es deshalb auch als „Recht am Unternehmen“. In der Praxis wird dieses Institut nicht nur zur Kanalisierung konkurrierender Kapitalinteressen, sondern auch zur Abwehr von Aktionen der Arbeiterklasse genutzt. Bezeichnenderweise hatte schon das ehemalige Reichsgericht das Aufstellen von Streikposten als unzulässigen Eingriff in den Bestand des „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes“ bewertet. Auch gegenwärtig wird das „Recht am Unternehmen“ vor allem vom Bundesarbeitsgericht der BRD genutzt, um auf Streiks zu reagieren. In diesem Rahmen sind z. B. alle sog. wilden Streiks also solche, die ohne gewerkschaftlichen Beschluß und ohne Ausschöpfung der tarifvertraglichen Regelungen ausgerufen werden (auch Warnstreiks) rechtswidrig. Ebenso werden als rechtswidrig auch jene gewerkschaftlich, beschlossenen Streiks qualifiziert, die über den unmittelbaren Tarifkonflikt hinausgehen, also z. B. Streiks zuf Unterstützung politischer Ziele. Urteile des Bundesarbeitsgerichts, die das Verhältnis von Streik und „Recht am Unternehmen“ betreffen, weisen nach, daß über die Anwendung des § 823 Abs. 1 BGB die Möglichkeit für Unternehmer eingeräumt wird, aus sog. inadäquaten Streiks Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des „Rechts am Unternehmen“ abzuleiten, um auch über diese Sanktion Kampfaktionen der Arbeiterklasse zu unterdrücken.29 Die gleichen Konsequenzen werden über die Anwendung des § 826 BGB24 erzielt, wobei dann Streiks und ähnliche Aktionen als „vorsätzliche sittenwidrige Schädigung“ qualifiziert werden. In diesen Fällen schöpft die bürgerliche Rechtsprechung alle ihr gegebenen positivrechtlichen Mittel und Kompetenzen der „Rechtsfortbildung“ voll aus.29 Damit wird ein Beitrag zur Existenz und zum Ausbau eines differenzierten und abgestimmten Systems rechtlicher Fesseln des Streikkampfes geleistet. Im Vergleich dazu verhält sich die Rechtsprechung zur Frage der Persönlichkeitsrechte von Arbeitern und Angestellten gegenüber den Unternehmen restriktiv. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts handelt es sich z. B. nicht um eine Verletzung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“, wenn der Unternehmer Rundschreiben mit beleidigenden oder herabsetzenden Äußerungen über seine Arbeiter und Angestellten an seinen Kundenkreis versendet.26 Nach der geltenden Rechtsprechung begründet auch die Nichteinhaltung vertraglich, zugesicherter Qualifizierungschancen im Laufe des beruflichen Einsatzes durch das Unternehmen keinen Anspruch für den Beschäftigten auf Entschädigungszahlung wegen Verletzung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“.27 Ein „Recht auf freie Entwicklung der Arbeitskraft“ ist bekanntlich schon durch das Reichsgericht abgelehnt worden28, und auch die Rechtsprechung in der BRD hat ein solches Recht nicht anerkannt. Zusammenfassend ist festzustellen, daß in den letzten Jahren eine Ausdehnung des sog. Richterrechts in der BRD auch auf dem Gebiet des privatrechtlichen Persönlichkeitsschutzes stattgefunden hat. Dabei geht es jedoch nicht in erster Linie-um eine qualitative Vertiefung des Rechtsschutzes des Bürgers, also um einen echten Beitrag zur Realisierung demokratischer Grundrechte, sondern um die Suche nach neuen Möglichkeiten zur Entschärfung gesellschaftlicher Widersprüche. Dies zwingt wie auch die in jüngster Zeit erfolgte Anwendung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ auf politische Auseinandersetzungen zeigt29 zu einer Erweiterung des privatrechtlichen Instrumentariums und zur Überwindung formaler Grenzen zwischen den Rechtszweigen30, ohne daß damit aber die zugrunde liegenden sozialen Widersprüche beseitigt werden könnten. 19 Diese Kommerzialisierung zeigt sich von Anfang an z. B. darin, daß für die Bemessung der Geldentschädigung mehr oder weniger verschleiert die den Betroffenen bei vertraglicher Abmachung (d. h. beim „Verkauf“ Ihrer Persönllchkeits- oder Intimsphäre) zustehende „Lizenzgebühr“ für die Veröffentlichung zugrunde gelegt wird (vgl. z. B. BGHZ Bd. 26, S. 101). 20 Vgl. BGHZ Bd. 10, S. 104 H. 21 Vgl. P. Schwerdtner, a. a. O., S. 327 fit. 22 Gleichfalls steCkengeblleben sind Versuche, das BGB unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsschutzes zu novellieren und Insbesondere pressereChtliche Bestimmungen einzufügen. Ein erster Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönllchkeits- und Ehrenschutzes aus dem Jahre 1958, der das Ziel hatte, wenigstens den deutlichsten Übergriffen der Medien auf den persönlichen Bereich rechtlich entgegenzutreten, scheiterte am Widerstand führender Kreise der Monopolpresse. Ein zweiter Vorstoß erfolgte durch einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung schadenersatzreChtllcher Vorschriften aus dem Jahre 1967, der die §§ 823 ff. neu formulierte und andere Vorschriften über den Persönlichkeitsschutz enthielt. Auch dieser Vorschlag wurde gesetzgeberisch nicht realisiert. 23 Vgl. Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAGE) Bd. 1, S. 291; BAGE Bd. 2, S. 75. 24 § 826 BGB lautet : „Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Welse einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt. Ist dem anderen zum Ersätze des Schadens verpflichtet.“ 25 Zum Stand vgl. M. Löwisch/E.-F. Krauß, „Der Streik“, in: Arbeitsrecht - Blattei für die Arbeltsrechts-Praxis -, D-Blätter, Arbeitskampf „I A“ bis . „II G“, Stuttgart 1978; F. Auffahrth, „Der gegenwärtige Stand des Arbeitskampfrechts in der Bundesrepublik Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Streikrechts“, Recht der Arbeit (München) 1977, Heft 3, S. 134 f. 26 Vgl. dazu E. Schwenk, „Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers“, Neue Juristische Wochenschrift 1968, Heft 18, S. 822 ff., und H. Büchner, Die Bedeutung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb für den deliktsredht-lidhen Unternehmensschutz, München 1971, S. 125 f., der „keine Ansätze im Persönlichkeitsschutz der Arbeitskraft“ sieht. 27 Vgl. F. Wichmann, „Der Schmerzensgeldanspruch im Arbeitsverhältnis“, Arbeit und Recht (Köln) 1975, Heft 4, S. 1Q5 ff. 28 RGZ Bd. 51, S. 369. 29 Vgl. G. Roellecke, „Meinungskampf und allgemeines Persönlichkeitsrecht“, Juristenzeitung 1980, Heft 21, S. 701 ff.; W. Schmidt, „Der verfassungsrechtliche Grundrechtsschutz Im öffentlichen Meinungskampf“, Neue Juristische Wochenschrift 1980, Heft 38, S. 2066 ff. 30 Deutlich sichtbar wird das z. B. an der Querschnittsfunktion des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“ Im Bereich des Wettbewerbsrechts, des Arbeitsrechts und des Urheberrechts (darauf konnte hier nicht eingegangen werden), aber auch an der pragmatischen Handhabung verfassungsrechtlicher Grundsätze zur Konstituierung des „allgemeinen Persönlichkeitsrechts“, ungeachtet der sehr unterschiedlichen theoretischen Auffassungen zur sog. Drlttwirkung der Grundrechte. Im Staatsverlag der DDR erscheint demnächst: Autorenkollektiv unter Leitung von Prof. Dr. Claus Montag: Reagan-Politik Herausforderung der Menschheit (USA-Außenpolitik in der Gegenwart) 240 Seiten; EVP (DDR): 9,80 M Gestützt auf eine Fülle von Tatsachenmaterial und exakte wissenschaftliche Analysen werden u. a. behandelt: Innere und äußere Existenzbedingungen des USA-imperialismus zir Beginn der 80er Jahre / Grundzüge des außenpolitischen Konzepts der Reagan-Administration / Der militärische Faktor in der außenpolitischen Strategie / Konzepte und Politik -gegenüber den sozialistischen Staaten, den national befreiten Ländern sowie den Rivalitätszentren Westeuropa und Japan.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. Voraussetzung dafür ist, daß im Verlauf des Verfahrens die objektive Wahrheit über die Straftat und den Täter festgestellt wird, und zwar in dem Umfang, der zur Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen. Zur Feststellung der objektiven Wahrheit und anderen, sind für die Untersuchungsabteilungen und die Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Grundsätze ihrer Tätigkeit. Von den allgemeingültigen Bestimmungen ausgehend, sind in dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage eine optimale Unterstützung vor allem der politischen und ökonomischen Strategie der Partei gesichert wird; daß das sozialistische Recht konsequent, einheitlich und flexibel angewandt und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu erreichen ist. Die Diskussion unterstrich auch, daß sowohl über die Notwendigkeit als auch über die grundsätzlichen Wege und das. Wie zur weiteren Qualifizierung der Arbeit mit den eingeleitet, der es überhaupt erst ermöglichte, die Zusammenarbeit mit den auf das Niveau zu heben, welches die Richtlinie heute mit Recht fordert.

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