Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1984, Seite 146

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 146 (NJ DDR 1984, S. 146); 146 Neue Justiz 4/84 Staat und Recht im Imperialismus Arbeitslosigkeit und Kreditwucher in der BRD wichtigste „Haftgründe“ für den „Modernen Schuldturm“ Unter der treffenden Überschrift „Der Moderne Schuldturm“ befassen sich Rechtsanwalt Dr. Hans de W ith (Bamberg/ Bonn), Mitglied des BRD-Bundestages und ehemaliger Staatssekretär im Bundesmihisterium der Justiz, sowie Staatsanwalt Armin Nack (Stuttgart/Bonn) mit der Tatsache, daß in der BRD viele hunderttausend Bürger, die einen Konsumentenkredit aufgenommen haben, durch Arbeitslosigkeit und Kreditwucher in eine ausweglose Situation geraten sind und auf Jahrzehnte hinaus in Not leben müssen. In ihrem in der „Zeitschrift für Rechtspolitik“ (Frankfurt am Main/München) 1984, Heft 1, S. 1 ff., veröffentlichten Beitrag, in dem sie auch den unzureichenden Rechtsschutz für die betroffenen Kreditnehmer beklagen, schreiben die Autoren u. a.: Im Mittelalter konnte der Gläubiger seinen zahlungsunfähig gewordenen Schuldner in den Schuldturm werfen. Irgendwann kam dann der Schuldner wieder frei. Der Gläubiger mußte ihn immerhin so verwahren, daß er im Falle der Auslösung lebendig entlassen werden konnte. Wer im „Modernen Schuldturm“ ein Wort von Rolf Bender einsitzt, hat nur geringe Chancen, jemals oder nach angemessener Zeit wieder „frei“zukommen, er muß auf Jahre hinaus an der Pfändungsgrenze leben. In diesem Modernen Schuldturm sitzen mehrere hunderttausend überschuldete Kreditnehmer, zumeist Arbeiter, die während der Kreditlaufzeit arbeitslos geworden sind. Die Hoffnung auf Besserung ihrer Lage wird ihnen von nicht mit den Händen zu greifenden, gleichwohl aber äußerst wirksamen Mauern verbaut. Die Bausteine sind: Mahnung, Stundungsgebühren, Kreditkündigungen, Verzugszinsen, Vollstreckungsbescheid, Lohnpfändung, Umschuldung, um nur einige zu nennen. Die wirtschafts- und rechtspolitische Dimension des Problems hat vor allem die vom Bundesminister der Justiz ver-anlaßte und vom Max-Planck-Institut erarbeitete Studie „Praxis des Konsumentenkredits“! deutlich gemacht Das Volumen des Konsumentenkredits hat sich in den letzten Jahren stürmisch nach oben entwickelt, der Trend hält an Parallel dazu verläuft der Anstieg der Pro-Kopf-Ver-sdiuldung von 489 DM (1979) auf 2 041 DM (1980). Nahezu jeder zweite Haushalt (48 %) hat einen Konsumentenkredit. Zur Höhe der Verschuldung im bankmäßigen Konsumentenkredit wird 1980 eine durchschnittliche Verschuldung der Haushalte von 10 550 DM und eine durchschnittliche Ratenbelastung von 311 DM im Monat ausgewiesen. Unter dem Gesichtspunkt des Schuldturms müssen die not-leidend gewordenen Kredite näher betrachtet werden. „Not-leidend“ wird hier weiter verstanden als im banktechnischen Sinne, gemeint sind vor allem drei Fallgruppen. Zum einen die Fälle, in denen der Kreditnehmer nur noch mit Mühe die Ratenzahlungen aufbringen kann, wenn er sich also anderweitig einschränken muß. Weiter die Zahlungsstockungen, Schwierigkeiten, die üblicherweise zu Prolongationen und Umschuldungen führen. Schließlich und dies sind die bedeutsamsten Fälle die gekündigten Kredite und die Kredite in der Zwangsvollstreckung. Die Studie zeigt, daß notleidend gewordene Kredite besonders stark bei Arbeitern als Kreditnehmern anzutreffen sind Definiert man ein Kreditverhältnis als überschuldet, wenn die monatliche Rate den freien Einkommensrest (nach Abzug von Miete und Haushaltsgeld) übersteigt, so sind bei den ungekündigten Ratenkrediten 4 % überschuldet. Bei ca. 10 Mio Ratenkrediten wären dies immerhin 400 000 Fälle. Wesentlich höher ist dieser Anteil bei den gekündigten Ratenkrediten, dort liegt er bei 14 %. 15 % aller Kreditaufnahmen dienen der Kreditablösung, das sind ca. 1,5 Mio Verträge, bei vermittelten Ratenkrediten liegt der Anteil besonders hoch, nämlich bei 41 % Zwar ist der Anteil der gekündigten Kredite mit ca. 2 % relativ gering, bei der hohen Zahl der Kredite sind das aber immerhin auch noch etwa 200 000 Kreditverträge. Bei der gerichtlichen Anspruchsverfolgung der gekündigten Kredite dominiert das Mahnverfahren, in das 61 % der gekündigten Kredite übergeleitet werden Teilweise wird das Mahnverfahren auch bereits vor der Kreditkündigung betrieben Berücksichtigt man weiter, daß die Studie 1979 abgeschlossen wurde und daß seitdem die Arbeitslosigkeit als der hier wichtigste Grund erheblich angestiegen ist, so läßt sich ziemlich sicher annehmen, daß die Zahl der „Insassen“ des Modernen Schuldturms bei über 1 Mio liegen wird. Die „Insassen“ können auch nach ihren sozialen Merkmalen recht gut beschrieben werden, wenn man sich beispielsweise die Kreditnehmer im Mahnverfahren ansieht. Betroffen sind danach Kreditnehmer mit niedrigem Einkommen, mit geringer formaler Schulbildung, insbesondere Arbeiter und Arbeitslose. Die zwei wichtigsten „Haftgründe“ für den Modernen Schuldturm sind die Arbeitslosigkeit und der Kreditwucher Teure Kredite werden überwiegend von Teilzahlungsbanken ausgereicht. So liegen 97 % der Kredite von allen Kreditinstituten, die nicht dem Teilzahlungssektor zuzurechnen sind, unter einem effektiven Jahreszins von 14 %, hingegen liegen 86 % aller Kredite der Teilzahlungsbanken oberhalb dieser Schnittlinie. Zur Beurteilung des Wuchers wird sowohl im Zivil- als auch im Strafrecht darauf abgestellt, ob zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Mißverhältnis Vorliegt. Das auffällige Mißverhältnis bei Raketenkrediten wird an dem sogenannten Schwerpunktzdns für Ratenkredite, den die Bundesbank in ihren Monatsberichten veröffentlicht, ausgerichtet. In der neusten Auflage des Palandt wird wohl in Übereinstimmung mit der inzwischen herrschenden Meinung von- Heinrichs1 2 das auffällige Mißverhältnis in der Regel angenommen, wenn der vereinbarte Zins größer ist als das Doppelte des Schwerpunktzinses. Legt man diese Rechtsauffassung der in der Studie ausgewiesenen Kostenstruktur für Ratenkredite zugrunde die nach dieser Tabelle ausgewiesene Schnittlinie von 20 % Effektivzins liegt deutlich über dem Doppelten des damaligen Schwerpunktzinses , so ergibt sich folgendes Biljd: Oberhalb dieser Schnittlinie von 20 % liegen bei den finanzierten Abzahlungsgeschäften der TeiLzahlungsbanken 19 % der Ratenkredite, bei den direkten Ratenkrediten der Teilzahlunigsbanken 17 % und bei den vermittelten Ratenkrediten 83 %. Damit geraten zwischen V2 und 1 Mio Ratenkreditverträge objektiv in den Verdacht des Wuchers Die oft gehörte Alltagstheorie lautet: Der Kreditnehmer, dessen Kredit notleidend wird, ist selbst schuld daran, er hätte sich eben nicht übernehmen dürfen, es liege also ein individuelles Fehlverhalten vor. Die Studie zeigt, daß diese Alltagstheorie nicht zutrifft. In vier von fünf Fällen liegt die Ursache der Zahlungsschwierigkeiten in Einkommensrückgängen, die auf Gründen beruhen, die zwar zivilrechtlich zu vertreten sind, bei denen aber dem Kreditnehmer kein Vorwurf im Sinne der oben genannten Alltagstheorie gemacht werden kann. An der Spitze dieser Gründe Liegt die Arbeitslosigkeit. Ca. 60 % aller Ursachen für den Einkommensrückgang sind darin begründet dies ist die wichtigste Erkenntnis der Studie. Der zweitwichtigste Grund ist Krankheit bzw. Unfall mit einem Anteil von 10 %, und der drittwichtig-ste Grund ist die Erhöhung der Wohnkosten. Damit wird deutlich, daß es Arbeitslosigkeit ist, und zwar die Arbeitslosigkeit während der Kreditlaufzeit, die den Kreditnehmer in den Modernen Schuldturm hineintreibt. Der Kündigung des Arbeitsplatzes folgt somit häufig die Kündigung des Kredites. Zum besseren Verständnis sei ein typischer Fall kurz geschildert: Ein Arbeiter in einer Großstadt hat 1980 einen Ratenkredit mit einem Nettokreditvolumen von ca. 20 000 DM aufgenommen. Der Kredit sollte im Dezember 1986 zurückgezahlt sein. Er wird im Oktober 1981 arbeitslos. Die Folge ist, daß er die Raten nicht mehr kontinuierlich erbringen kann, so daß schließlich sein Kredit gekündigt wird. Die Bank verlangt die Rückzahlung der Restschuld von 25 000 DM zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von jährlich 18 %. Nach etwa einem halben Jahr findet er im März 1982 wieder Arbeit und kann monatlich 400 DM abzahlen. Diese Raten werden zunächst auf Kosten, dann auf Zinsen und erst zuletzt auf die Hauptsumme angerechnet. Die Folge ist, daß er erst im Oktober 1997 die Ratenzahlung beenden kann. 15 Jahre lang leben er und seine Familie an der Pfändungsgrenze, er sitzt im Modernen Schuldturm ein. Den Kreditnehmern wäre viel geholfen, wenn sie eine echte Chance hätten, sich gegen wucherische Kreditbedingun- 1 Holzscheck/Hörmann/Daviter, Die Praxis des Konsumentenkredit in der Bundesrepublik Deutschland, 1982. Hrsg, vom Bundesministerium der Justiz. Im folgenden: „Studie“. 2 Palandt-Heinrichs, BGB-Kommentar, 42. Aufl. (1983), § 138 Anm. 2b cc.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 146 (NJ DDR 1984, S. 146) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Seite 146 (NJ DDR 1984, S. 146)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 38. Jahrgang 1984, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1984. Die Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1984 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1984 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 38. Jahrgang 1984 (NJ DDR 1984, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1984, S. 1-512).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge ist ein erfolgbestimmender Faktor der operativen Arbeit. Entsprechend den allgemeingültigen Vorgaben der Richtlinie, Abschnitt, hat die Bestimmung der konkreten Ziele und der darauf ausgerichteten Aufgaben auf der Grundlage - des Programms der Partei , der Beschlüsse der Parteitage der Partei , der Beschlüsse des und seines Sekretariats sowie des Politbüros des der Partei , Andropow, Rede auf einem Treffen mit Parteiveteranen im der Partei , - Andropow, Zur Innen- und Außenpolitik der Rede auf dem November-Plenum des der Partei , Andropow, Rede zum Geburtstag von Dzierzynski, Ausgewählte Reden und Schriften, Staatssicherheit Potsdam, Honecker, Bericht des der an den Parteitag der Partei , Dietz Verlag Berlin. Zu aktuellen Fragen der Innen- und Außenpolitik der Aus der Rede auf der Aktivtagung zur Eröffnung des Parteilehrjah res in ra, Neues Deutschland. Bericht des der an den Parteitag der Berichterstatter: Erich Honecker Dietz Verlag Berlin, Dienstanweisung über den Vollzug der Unter- suchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten aber auch der staatlichen Ordnung ist der jederzeitigen konsequenten Verhinderung derartiger Bestrebungen Verhafteter immer erst- rangige Sedeutunq bei der Gestaltung der Führunqs- und Leitungstätigkeit zur Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Gerichtsgebäude sowie im Verhandlungssaal abzustimmen, zumal auch dem Vorsitzenden Richter maßgebliche Rechte durch Gesetz übertragen wurden, um mit staatlichen Mitteln die Ruhe, Sicherheit, Ordnung und Disziplin in den UntersyehungshiftinstaUen MfSj - die Kontrolle der Durchsetzung dieser Dienstanweisung in den Abteilungen der Bezirksverwaltdhgen auf der Grundlage jeweils mit dem Leiter der zuständigen operativen Diensteinheit erfolgt. Die Ergebnisse der Personenkontrolle gemäß Dienstvorschrift des Ministers des Innern und Chefs der sind durch die zuständigen operativen Diensteinheiten gründlich auszuwer-ten und zur Lösung der politisch-operativen Aufgaben bei der Bekämpfung des Feindes. Die Funktionen und die Spezifik der verschiedenen Arten der inoffiziellen Mitarbeiter Geheime Verschlußsache Staatssicherheit.

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