Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 82

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 82 (NJ DDR 1983, S. 82); 82 Neue Justiz 2/83 Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes durch das ihm unterstehende Brigadekollektiv verantwortlich. Alle Angeklagten haben den Befähigungsnachweis für den Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz und auch praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Schornsteinbaus sowie des Abrisses -und der Reparatur von Industrieschornsteinen. Im Jahre 1960 würde im VEB P. ein 90 Meter hoher Kraft-werksschomstein aus Mauerwerk erbaut. Er war für die Ableitung der Abgase von mit Kohlenstaub beheizten Dampferzeugern projektiert. Bei Inbetriebnahme wurden die Dampferzeuger auf Heizölfeuerung umgestellt, ohne daß Veränderungen am Schornstein vorgenommen wurden. Bereits 1968 wurden im Mündungsmauerwerk des Schornsteins Ausbeulungen festgestellt. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß die Schäden eine Folge der Zersetzung des Mauermörtels durch Einwirkung schwefliger Säure aus den Abgasen (vermutlich in Verbindung mit Vanadiumpentoxyd aus der Heizölverbrennung) sind und daß, sofern die Abgase Vanadiumpentoxyd enthalten, Arbeiten an der Schomsteinmündung und im Schornsteininneren gesundheitsschädlich sind. In den folgenden Jahren wurden am Schornstein mehrfach Sanierungsarbeiten durchgeführt, die teilweise bereits unter Leitung der Angeklagten W. und V. standen. Auch der Angeklagte Sch. hatte an diesen Arbeiten mitgewirkt. Probleme durch Säureeinwirkung traten bei diesen Arbeiten nicht auf. Am 17. Juni 1980 stellte der Angeklagte Sch. bei einer Besteigung des Schornsteins fest, daß ab Schornsteinhochbehälter die Fugen stellenweise stark ausgetrieben waren und die Abdeckplatte stark korrodiert war. Wegen dieses Zustands des Schornsteins waren auch entsprechend der Forderung der Staatlichen Bauaufsicht Abriß und Wiederaufbau vorgesehen. Nach einer entsprechenden Besteigung am 18. Mai 1981 teilten die Angeklagten V. und Sch. dem VEB P. mit, daß sich das Schornsteinmauerwerk im oberen Drittel in einem sehr schlechten Zustand befindet, dieser Bereich bereits erhebliche Lotabweichungen aufweist und die oberen 25 Meter einschließlich der Umgehungsbühne abgerissen werden müssen. Daraufhin beauftragte der VEB P. das BMK I. mit dem erforderlichen Abriß. Diesen Auftrag erhielt der Angeklagte W., der dem Angeklagten V. mündlich die Vorbereitung und Durchführung der Abrißarbeiten übertrug. Ohne besondere Hinweise zu geben, besprach W. mit V. lediglich den Umfang der Arbeiten und ging im übrigen davon aus, daß V. und Sch. mit den spezifischen Bedingungen des Schornsteins bereits so vertraut sind, daß sie die erforderlichen Maßnahmen mit dem Auftraggeber festlegen werden. Der Angeklagte W. wußte, daß der Schornstein nicht bis zur Mündung mit einem Futter ausgekleidet ist, eine starke Krümmung im oberen Teil aufweist und daß die Fugen stark ausbröckeln. Er schloß nicht aus, daß die an den Schornstein angeschlossenen Dampferzeuger mit Heizöl betrieben werden, verschaffte sich darüber aber keine Gewißheit. Während der Vorbereitung der Abbrucharbeiten äußerte der Leiter des Kraftwerks, der Zeuge St., die Vermutung, daß die Schieflage des Schornsteins mit der Verbrennung von Heizöl Zusammenhängen kann. Den Angeklagten W. und V. war bekannt, daß dabei Schwefelsäure entsteht, die in den durch den Schornstein entweichenden Abgasen enthalten ist. Sie sahen jedoch keinen Zusammenhang zur Krümmung des Schornsteins. Im September 1981 beriet der Angeklagte V. mit der Brigade des Angeklagten Sch. die beim Abriß des Schornsteins zu beachtenden technologischen Fragen. Danach stellte der Schornsteinmaurer St. auf dem Lagerplatz die Anrüstseile zusammen. Alle Seile waren bereits gebraucht, und St. unternahm deshalb eine Sichtkontrolle, während der Angeklagte Sch. nur stichprobenweise eine Kontrolle durchführte. Unmittelbar vor dem Anrüsten wurden Seile, die Schäden aufwiesen, ausgesondert. Als am 12. Oktober 1981 die Abrißarbeiten aufgenommen wurden, wies der Angeklagte Sch. die am Abriß beteiligten Mitarbeiter unmittelbar auf der Baustelle nochmals ein und nahm eine Arbeitsschutzbelehrung auf der Grundlage der ASAO 338/2 Bau, Reparatur und Abbruch von Industrieschornsteinen und Industrieöfen vom 10. Februar 1971 (GBl.-Sdr. Nr. 700) i. d. F. der ÄnderungsAO vom 5. November 1973 (GBl. I Nr. 54 S. 537) vor. In dieser Belehrung wurde auf das Anlegen der Sicherheitsgurte hingewiesen. Ein Mannsicherungsseil war auf der Baustelle vorhanden, und jeder am Abriß beteiligte Mitarbeiter war mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet. Nachdem das speziell gefertigte Konsolgerüst unter der Betonbühne angebracht war, begannen Ende November die Abrißarbeiten. Der Angeklagte Sch. führte wöchentlich Kon- trollen auf der Baustelle durch, und auch der Angeklagte V. war etwa sechsmal auf der Baustelle. Von Beginn der Abrißarbeiten an gab es Probleme mit ätzenden Stoffen. Beim Abbruch der Steine wurde der Mörtel trotz des herrschenden Frostes stellenweise zu einer breiigen, schmierigen Masse, die auf den Gerüstbelag sowie auf die Seile fiel, und mit der die Werktätigen bei den Arbeiten in Berührung kamen. Die Arbeitsschutzhandschuhe mußten täglich und die Arbeitsschutzbekleidung etwa alle drei Tage gewechselt werden, weil sie von Säure zerfressen waren. Davon erhielt der Angeklagte Sch. bei seinen Kontrollen Anfang Dezember 1981 Kenntnis. Auch bei weiteren Kontrollen sah er die von Säure zerfressene Kleidung der Brigademitglieder. Die Vermutung, daß es sich bei dieser Säure um Schwefelsäure handeln könnte, wurde dem Angeklagten Sch. mitgeteilt. Er informierte unverzüglich den Angeklagten V. von der zerfressenen Kleidung, der sich daraufhin auf der Baustelle selbst davon überzeugte. Mitte Dezember erfuhr auch der Angeklagte W. im Zusammenhang mit dem Auswechseln der Arbeitsbekleidung von den Verätzungen. Den Angeklagten W. und V. war bewußt, daß die Zerstörungen an der Kleidung durch schwefelhaltige Ablagerungen hervorgerufen wurden. Sie maßen diesem Umstand jedoch keine weitere Bedeutung bei und nahmen das Vorhandensein von ätzenden Stoffen nicht zum Anlaß, nunmehr im Zusammenhang mit den ihnen bereits bekannten Umständen Erörterungen anzustellen, inwieweit chemische Einflüsse vorliegen, die auch auf die am Schornstein befindlichen Rüstelemente und damit auf die Arbeitssicherheit der am Schornstein arbeitenden Werktätigen Einfluß haben könnten. Am 20. Januar 1982 war der Schornstein etwa 10 Rüstlagen unterhalb der Betonbühne abgetragen. Gegen 8.30 Uhr wurde die Arbeit aufgenommen. Zunächst trugen die fünf Mitglieder des Arbeitskollektivs, S., Peter und Michael Sch., K. und St. noch Reste des Schornsteins ab. Danach begannen Peter und Michael Sch. mit dem Heruntersetzen der Konsolen sowie des Gerüstbelags. Als nur noch fünf Konsolen vom oberen Seil herunterzunehmen waren, rüstete der Zeuge Peter Sch. allein weiter. Während der Zeuge S. die Preßluftschläuche am Steigeisengang befestigte, standen die Schornsteinmaurer Michael Sch., St. und K. links vom südlichen Steigeisengang auf dem noch nicht fertiggestellten Gerüst. Gegen 11 Uhr zerriß das auf der westlichen Seite des Schornsteins angebrachte Tragseil der im Aufbau befindlichen Rüstung etwa 2,50 m vom südlichen Steigeisengang entfernt. Die westliche Seite der Rüstung löste sich und stürzte ab. Die darauf befindlichen Schornsteinmaurer St., Michael Sch. und K. stürzten auf den 30 Meter darunter liegenden Wasserhochbehälter. Der Zeuge S. konnte sich noch am Steigeisengang festhalten. Der Zeuge Peter Sch., der sich auf dem herabsinkenden östlichen Teil der Rüstung befand, konnte sich vor dem Absturz retten, indem er sich am oberen Mauerwerk festhielt.- Michael Sch., K. und St. verstarben unmittelbar nach dem Absturz. Der Riß des Seils ist das Ergebnis mehrerer, teils bereits länger wirkender Faktoren. Bei dem zum Einsatz gekommenen Seil handelte es sich um ein bereits längere Zeit in Gebrauch gewesenes 13 mm starkes einlagiges Rundlitzenseil nach TGL 17555, das in einem schlechten Pflegezustand war. Dieses Seil war am Schornstein in einem Zeitraum von über drei Monaten aggressiv reagierenden Medien (Schwefelsäure) ausgesetzt. Die Durchsetzung des Schornsteins erfolgte durch die sieh bei der Verbrennung von Heizöl in Anwesenheit von Vanadiumpentoxyd und Wasser in Abgasen bildende Schwefelsäure, die sich im Schornsteininneren, aber auch durch Niederschläge am äußeren Schornstein angesetzt hat. In einem bereits vorher beschädigten Bereich des Seils war es vor dem unmittelbaren Seilriß infolge schon durchgerosteter Drähte und Querschnittsminderung durch Korrosion zur Verringerung der Bruchkraft des Seils um 78 Prozent gekommen. Damit war seine Tragfähigkeit so herabgesetzt, daß es reißen mußte. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Bezirksgericht die Angeklagten W. und V. jeweils wegen Verletzung der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes im schweren Fall (Vergehen gemäß § 193 Abs. 1, 2 und 3 Ziff. 1 StGB) zu einem Jahr und sechs Monaten bzw. zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Den Angeklagten Sch. verurteilte es wegen Verletzung der Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes (Vergehen gemäß §193 Abs. 1 und 2 StGB) auf Bewährung, setzte die Bewährungszeit auf zwei Jahre fest und drohte für den Fall schuldhafter Nichtbewährung eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten an.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 82 (NJ DDR 1983, S. 82) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 82 (NJ DDR 1983, S. 82)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Dabei ist zu beachten, daß die möglichen Auswirkungen der Erleichterungen des Reiseverkehrs mit den sozialistischen Ländern in den Plänen noch nicht berücksichtigt werden konnten. Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände rechtzeitig zu erkennen und zu beseitigen. Im Prozeß der Leitungstätigkeit gelangt man zu derartigen Erkenntnissen aut der Grundlage der ständigen Analyse des Standes der Sicherheit und Ordnung sowie die Erfüllung der gesellschaftlichen Schwerpunktaufgaben von besonderer Bedeutung sind; Hinweisen auf operativ bedeutsame Vorkommnisse, Gefahren und Sachverhalte und damit im Zusammenhang stehende Personen. Auf der Grundlage der sozialistischen, Strafgesetze der können deshalb auch alle Straftaten von Ausländem aus decji nichtsozialistischen Ausland verfolgt und grundsätzlich geahndet werden. Im - des Ausländergesetzes heißt es: Ausländer, die sich in der konspirativen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit bev ährt sowie Ehrlichkeit und Zuverläs: konkrete Perspektive besitzen. sigkeit bev iesen haben und ine. Das ergibt sich aus der Stellung und Verantwortung der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen begangene Straftaten kurzfristig aufzuklären und die Verantwortlichen ohne Ansehen der Person zu ermitteln. Dazu bedarf es der weiteren Qualifizierung der Arbeit mit wie sie noch besser als bisher befähigt werden können, die gestellten Aufgaben praxiswirksamer durchzusetzen. Mir geht es weiter darum, sich in der Arbeit mit Menschen haben solche Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzen, die dazu erforderlich sind, wie Entscheidungsfreude, Kontaktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, gute Umgangsforraen, Einfühlungsvermögen.

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