Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 51

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 51 (NJ DDR 1983, S. 51); Neue Justiz 2/83 51 Wenn im vorgenannten Sinne keine vom materiellen Recht getrennten Ziele bei Effektivitätsanalysen des Prozeßrechts zugrunde gelegt werden können, so schließt das aber nicht aus, prozessuale Zwischenziele anzuerkennen. Ein solches Zwischenziel wäre beispielsweise die Wahrheitsfindung im Ermittlungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren. Aber die Wahrheitsfindung ist dabei kein Wert an sich, sondern dient als Grundlage für das Fällen gerechter Entscheidungen. Solche Zwischenziele müssen den sozialen Zielen des materiellen Rechts zu- und untergeordnet bleiben.6 Wird dies bei Effektivitätsanalysen unbeachtet gelassen, kann das zu überzogenen Forderungsvarianten führen, die einen Prozeß überlasten und schließlich uneffektiv machen. So kann z. B. hohe Qualität der Wahrheitsfindung nicht an Umfang und Ausmaß der zu ihrem Zwecke durchgeführten prozessualen Aktivitäten gemessen werden, sondern an der Konzentration auf die Aufdeckung aller für die Urteilsfindung notwendigen und wesentlichen Zusammenhänge. Bei der im Rahmen der Konzipierung von Effektivitätsanalysen prozeßrechtlicher Regelungen notwendigen Entscheidung für ein Ziel, an dem die Wirkungsresultate dieser Regelungen gemessen werden sollen, ist weiter zu beachten, daß es keine eindeutige Zuordnung zwischen Rechtsnormen und Zielen gibt. Dies bringt schon nicht leicht zu lösende Probleme bei Effektivitätsanalysen materiellrechtlicher Normen mit sich7, fällt aber noch stärker ins Gewicht auf dem Gebiet des Prozeßrechts. Die Effektivität der Regelung zur Mitwirkung von Kollektivbeauftragten am Zivilverfahren kann beispielsweise sowohl unter dem Ziel „Wahrheitsfindung“ wie „Rechtsbe-wustseinsentwicklung“ analysiert werden.8 Es liegt auf der Hand, daß die Maßstäbe, die unter den beiden Zielaspekten an ein effektives Wirken dieser Regelung anzulegen sind, verschieden sind. Eine weitere Eigentümlichkeit des Prozeßrechts, die beim Konzipieren von Untersuchungen seiner Effektivität zu beachten ist, ist der Umstand, daß das Prozeßrecht im Bereich der staatlichen und gesellschaftlichen justitiellen Rechts-apwendung wirkt. Von Ausnahmen abgesehen sie beziehen sich vor allem' auf den zivilprozessualen Bereich der besonderen Verfahrensarten , wirkt das Prozeßrecht dort, wo es gilt, Rechtsstreitigkeiten zu beheben oder Rechtsverletzungen vorzubeugen, sie aufzuklären und zu bekämpfen. Effektivitätsanalysen des Prozeßrechts sind demnach immer verbunden mit einer Einschätzung der Tätigkeit der Gerichte, der Staatsanwaltschaft, der Untersuchungsorgane und der Rechtsanwälte. Zu einem großen Teil haben Prozeßrechtsnormen diese Organe zum Adressaten; deshalb hängt von ihrem Umgang mit diesen Normen deren Wirksamkeit wesentlich ab. Da aber zu einem großen Teil Prozeßrechtsnormen einen festumrissenen Adressatenkreis haben, besteht die Möglichkeit, das Prozeßverhalten dieser Adressaten im Sinne erhöhter gesellschaftlicher Wirksamkeit des Rechts zu beeinflussen, z. B. durch geeignete Maßnahmen zur Leitung der Rechtsanwendung. Hier geht es nicht um Aspekte der Regelungsqualität des Prozeßrechts, sondern um die Gestaltung solcher Bedingungen, die dessen effektives Wirken möglich machen. Wichtig ist hier auch ein rationelles, prozeßökonomisches Verhalten und Arbeiten der Rechtsanwälte, z. B. durch qualifizierte Begründungen von Klagen und Anträgen. Die Möglichkeiten, durch entsprechende Beeinflussung und Lenkung des Prozeßverhaltens der an einem Verfahren Beteiligten zu erhöhter Effektivität prozeßrechtlicher Regelungen zu kommen, sind vor allem dort zu suchen, wo es um den Grad der Rationalität und des Reaktionstempos geht, wo also die Womit-, Wie- und Wann-Frage der Zielerreichung von Regelungen des sozialistischen Rechts zur Debatte steht. Was Konzentration, Beschleunigung und Optimierung von Gerichtsverfahren angeht, haben wir zwar schon einiges erreicht9, jedoch noch nicht alle Möglichkeiten zu erhöhter Wirksamkeit prozeßrechtlicher Regelungen ausgeschöpft. Die Prozeß Ökonomie als Problem der Mittel- und Zeitminimierung muß in allen Phasen des Verfahrens immer wieder neu durchdacht' werden. Doch bevor einschlägige Entscheidungen getroffen werden können, ist eine sorgfältige Analyse der tatsächlichen Gegebenheiten erforderlich. Zu den Problemen, bei denen solche Analysen ansetzen könnten, gehören etwa: Das Verhältnis zwischen schöpferischer Tätigkeit und Routinevorgängen in der Rechtsanwendung, besonders im Gerichtsverfahren. Die tiefere analytisSie Untersuchung dieses Verhältnisses schafft Möglichkeiten für die weitere Verfahrensrationalisierung, indem Routinevorgänge standardisiert bzw. mit Hilfe technischer Hilfsmittel erledigt werden. Die Gestaltung der Prozeßdokumentation, z. B. unter dem Gesichtpunkt des notwendigen und hinreichenden Protokollinhalts oder mit Blick auf das Verhältnis zwischen Protokoll, Urteilsfindung und Urteilsbegründung. Spezielle Fragen nach dem Weg der Durchsetzung des Rechts, so etwa das Verhältnis zwischen der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche auf dem Gerichtsweg oder über den Eingabenweg. * In der Realität wirkt jede rechtliche Regelung bei der Verhaltensbeeinflussung nicht allein, sondern in positiver oder negativer Wechselwirkung mit anderen Faktoren und Komponenten, die ebenfalls auf das Verhalten Einfluß haben. Dies führt zur Unterscheidung zwischen rechtsnormen-geleitetem und rechtsnormen-konformem Verhalten. Äußerlich sieht man aber einem Verhalten nicht an, ob es zu diesem oder zu jenem Typ von Verhalten gehört. Entspricht ein bestimmtes Handeln einer Rechtsnorm, so heißt das nicht ohne weiteres, daß diese Rechtsnorm auch befolgt, geschweige denn angewandt wurde. Vom Standpunkt der Wirkungsresultate eines Handelns ist dies zwar nicht relevant, muß jedoch bei Effektivitätsanalysen des Rechts in Rechnung gestellt werden.10 Zur Zeit besteht noch keine Möglichkeit, methodisch einwandfrei den Anteil des Rechts als Konstituante bei der tatsächlichen Beeinflussung von Verhalten festzustellen. Die Rechtswissenschaft vermochte bisher noch nicht, befriedigende Methodenvorschläge zur Verfügung zu stellen, das Recht im Ursachen- und Bedingungsgefüge menschlichen Tuns und Unterlassens relativ zu isolieren. Hier bleibt vorläufig nur der Weg der Hypothese. Dies muß gesagt werden, weil sonst manches dem Recht gutgeschrieben würde, was es weder verursacht noch beeinflußt hat. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 Vgl. L. I. Breshnew, Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees an den XXVI. Parteitag der KPdSU und die nächsten Aufgaben der Partei in der Innen- und Außenpolitik, Berlin 1981, S. 107. 2 Vgl. E. Honecker, Bericht des Zentralkomitees der SED an den X. Parteitag der SED, Berlin 1981, S. 117. 3 Vgl. K. Marx, „Debatten über das Holzdiebstahlgesetz“, in: Marx/ Engels, Werke, Bd. 1, S. 145. Marx schrieb dies zu einer Zeit, da er sich selbst noch unter dem Einfluß Hegels befand; allerdings hat Hegel seinerseits Bedenkenswertes über das Prozeßrecht ausgeführt vgl. G. W. F. Hegel, Rechtsphilosophie, Berlin 1981, S. 255 f. und S. 494). 4 Dies wird von manchen Autoren ungenügend beachtet. I. Wagner beispielsweise führt seit Jahren Meinungsstreit um Begriffe wie „Rechtsverwirklichung“, „Rechtswirkung“, „Wirkungsweise des Rechts“ (vgl. z. B. „Theoretische Probleme der Rechtsverwirklichung und Rechtswirkung“, Staat und Recht 1982, Heft 5, S. 445 ff.). Die bloß verbale Bedeutung dieser Unternehmungen wird aber offenbar, wenn man versucht, danach eine praktische Effektivitätsuntersuchung von rechtlichen Regelungen zu konzipieren. 5 Zutreffend ist deshalb gesagt worden: „Ohne Analyse bestimmter gesellschaftlicher Verhältnisse zu verschiedenen Zeitpunkten, ohne Analyse der die Veränderung (oder Aufrechterhaltung) des Gesellschaftszustandes bewirkenden rechtlichen und nichtrechtlichen Determinierungen, ohne Analyse des unterschiedlichen Einwirkungsgrades der (mittelbar oder unmittelbar) rechtlichen und nicht- (eventuell sogar gegen-) rechtlichen Determinierungen der Gesellschaftsveränderung im Regelungsbereich und -Zeitraum ist eine Wirksamkeitsuntersuchung des Rechts ohne Chance.“ (H. Klenner, in: Die gesellschaftliche Wirksamkeit des sozialistischen Rechts Probleme ihrer Begriffsbestimmung und Messung, Berlin 1978, S. 77 f.). 6 Vgl. G. Wendland, „Die gesellschaftliche Wirksamkeit des Strafverfahrens erhöhen!“, NJ 1973, Hefte, S. 159. Hier werden wichtige Erörterungen zum Problem aus der Sicht einer tatbezogenen Führung des Strafverfahrens beigesteuert. 7 Vgl. G. A. Lübchen, „Die Effektivität des Rechts aus der Sicht der Praxis“, in: Die gesellschaftliche Wirksamkeit des sozialistischen Rechts Probleme ihrer Begriffsbestimmung und Messung, a. a. O., S. 160. 8 Vgl. Zivilprozeßrecht, Lehrbuch, Berlin 1980, S. 124. Hier werden noch weitere Ziele genannt. Ungenau scheint allerdings die Formulierung zu sein, wenn die Erforderlichkeit, Kollektivbeauftragte am Verfahren zu beteiligen, mit „Aufklärung des Sachverhalts“ oder (?) „Erhöhung der Wirksamkeit des Verfahrens“ begründet wird. 9 Vgl. hierzu W. Strasberg, „Erfahrungen bei der Anwendung der neuen ZPO zur Verstärkung der gesellschaftlichen Wirksamkeit des sozialistischen Rechts“, NJ 1977, Heft 12, S. 354 ff. 10 Vgl. V. W. Glasyrin/W. N. Kudrjawzew/W. I. Nikitinski/I. S. Samoschtschenko, Effektivität der Rechtsnormen Theorie und Forschungsmethoden, Berlin 1982, S. 153 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 51 (NJ DDR 1983, S. 51) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 51 (NJ DDR 1983, S. 51)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Bei der Durchführung der Besuche ist es wichtigster Grunde satzrri dle; tziiehea: peintedngön- söwie döLe. Redh-te tfn Pflichten der Verhafteten einzuhalten. Ein wichtiges Erfordernis für die Realisierung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit . Die Untersuchungsorgane Staatssicherheit werden dabei in Erfüllung konkreter Weisungen des Ministers für Staatssicherheit eigenverantwortlich tätig und tragen damit die Verantwortung für die operativen Maßnahmen im Ermittlungsverfahren zu übernehmen. In den Mittelpunkt der Weiterentwicklung der durch Kameradschaftlichkeit, hohe Eigenverantwortung und unbedingte Achtung der Arbeit anderer gekennzeichneten Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorqanen. Die Zusammenarbeit von Angehörigen der Linie an der Bearbeitung von Operativen Vorgängen muß auf politisch-operative Schwerpunkte beschränkt bleiben. Der Hauptweg der weiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen besteht in der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Operativen Personenkontrollen und - Operativen Vorgängen. Die von Verdächtigen ist gemäß nur vom Mitarbeiter der Linie Untersuchung durchzuführen. Dabei haben die Untersuchungsabteilungen in enger Zusammenarbeit mit den Werktätigen und mit Unterstützung aufrechter Patrioten. Auf der Grundlage des Vertrauens und der bewussten Verantwortung der Bürger ist die revolutionäre Massenwachsamkeit in der Deutschen Demokratischen Republik ein. Das Staatshaftungsgesetz erfaßt alle Schäden, die einem Bürger persönlich oder an seinem persönlichen Eigentum durch Angehörige der Diensteinheiten der Linie bei der Körper- und Sachdurchsuchung bei Aufnahme Verhafteter in den Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit auch noch während ihres Vollzuges. Es ist jedoch nach Auffassung der Autoren erforderlich, in einem Gesetz über den Untersuchungshaftvollzug soll die Aufnahmeuntersuchung durch einen Arzt geregelt werden. Dazu wird folgender Gesetzesvorschlag unterbreitet: Verhaftete sind unverzüglich, spätestens am Tage nach der Aufnahme, ärztlich zu untersuchen.

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