Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 455

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 455 (NJ DDR 1983, S. 455); Neue Justiz 11/83 453 Außerdem wax dias kombinierte Auftreten verschiedener Motivqualitäten zum Teil auch in (im zeitlichen Ablauf des strafbaren Handelns) aufeinanderfolgender Weise (Motiv-, wandel) besonders kennzeichnend. Bei den aus Prestige-Motiven handelnden Tätern war häufig ein widerspruchsvolles Verhaltensbild anzutreffen. Während sie in der Arbeit im allgemeinen durch anerkennenswerte Leistungen hervortraten, neigten sie 1m Kollek-tivleben mehr oder weniger zur Zurückhaltung. Insbesondere gab es Hinweise darauf, daß bei der Gestaltung ihrer sozialen Beziehungen in der „Privatsphäre“ egozentrische Zielstellungen und Züge eines kulturell und geistig anspruchslosen Lebens verstärkt hervortraten. Häufig begin-' gen sie die Straftaten in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit, wobei sie sich teilweise die für die Tatdurchführung günstigsten Bedingungen bewußt und planmäßig organisierten. Der berufliche Ehrgeiz dieser Täter war in starkem Maile durch die Haltung diktiert, persönliche Lebensansprüche und Bedürfnisse mit möglichst geringem Einsatz sowie auch auf Kosten anderer zu verwirklichen. In ihrem subjektiven Verhältnis zium sozialistischen Eigentum dominierten ausgeprägte individualistische Tendenzen. Ferner waren bei diesen Tätern wiederholt motivational bedeutsame Konfliktsituationen feststellbar, die aus einer inadäquaten subjektiven Bewertung objektiver Gegebenheiten resultierten. Es traten vor allem Qualifizäerungs- und Leistungsansprüche zutage, die in bezug auf die entsprechenden individuellen Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen als überhöht anzusehen waren. Die Täter entschieden sich bewußt zur strafbaren Handlung, um sich mit den dadurch erlangten materiellen und finanziellen Mitteln bestimmte sozial relevante Vorteile zu sichern. In einigen Fällen zeigten sich neben den Prestige-Motiven noch andere, vor allem Habsucht-Motive. Bei Tätern, bei denen sowohl die übermäßigen Prestigeansprüche als auch eine ausgeprägte Habsucht zur Tatentscheidung drängen, objektivierte sich die Gesellschaftsgefährlichkeit ihres Handelns in besonders hohen Schäden. Als vorherrschende Motive kommen Habsucht-Motive offenbar nur in Ausnahmefällen vor. Sowohl dem Prestige- als auch dem Habsucht-Motiv ist in besonders kennzeichnender Art und Weise die subjektiv bewußt reflektierte Bereicherumgsabsicht gemeinsam; sie bilden die unmittelbaren subjektiven Determinanten der „eigentlichen Bereicheramgsdeliikbe“. Während die Bereicherung mit Geld oder Sachen fremden Eigentums unter der Voraussetzung ndchigesellschaftsgemäßer Prestigeansprüche und habsüchtiger Motive das hauptsächliche Mittel zum Zweck bzw. unmittelbarer Selbstzweck ist, ist sie bei den übrigen Motiven von untergeordneter Bedeutung. Einige Täter (zumeist Frauen) begingen die Straftaten offensichtlich in der Hoffnung, dadurch bestehende soziale Konflikte reduzieren zu können. Bai der Mehrzahl dieser Täter, deren Verhaltensentscheidung auf Kompensations-Motive zurückführbar war, spielten aber gleichzeitig- auch andere (hauptsächlich Prestige-) Gründe eine Rolle. Die sozialen Konflikte bezogen sich vor allem auf gestörte Ehe- und Familienbeziehungen, wobei die betreffenden Frauen an deren Überwindung offenbar stärker interessiert waren als ihre Ehepartner. Häufig stand dahinter auch das Bestreben, den mit dem Lebenspartner erreichten „Lebensstandard“ und „Sozialstatus“ aufrechtzuerhalten. Dabei ging die Initiative für die Straftaten teilweise vom Ehepartner aus; die Frauen beteiligten sich daran, um durch ihr Wohlverhalten den „Ehefrieden“ zu sichern. Teilweise resultierte das Kompensations-Motiv auch aus der Befürchtung des Täters, daß sich sein Partner mehr und mehr von ihm abwendet. Er versuchte dann, 'mit den aus Straftaten erlangten Mitteln seine Attraktivität (zum Beispiel durch den Kauf modischer Kleidung) zu erhöhen. Bei einem Teil der untersuchten schweren Straftaten zum Nachteil sozialistischen Eigentums waren auch Konsum-Motive erkennbar in einigen Fällen in Verbindung mit Kornpen-sations- und Prestige-Motiven. Dabei ging es den Tätern vordergründig weniger um ein „Bereichern“, als vielmehr darum, Mittel zur Befriedigung bestimmter aktueller Lebensbedürfnisse zu erlangen. Sie standen häufig vor dem Problem, ein möglichst hohes materielles Lebensniveau mit den vorhandenen begrenzten Mitteln zu sichern. In einigen Fällen wurde deutlich, daß sich nach den anfangs aus Konsum-Motiven begangenen strafbaren Handlungen insbesondere im Zusammenhang mit zunehmend gewohnheitsmäßigem Handeln bei wiederholter Tatbegehung immer mehr überhöhte Prestigeansprüche in den kriminogenen Motivationsprozessen durchsetzten. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, daß sich an der Begehung schwerer Straftaten gegen das sozialistische Eigentum zuweilen Täter beteiligten, die augenscheinlich zunächst überhaupt nicht in einer spezifischen Weise zu der Tatausübung motiviert waren. Gemeinsame Merkmale dieser Täter und ihrer Handlungen waren: die passive Teilnahme an strafbaren Handlungen, die andere initiiert und geplant haben; die Begehung der strafbaren Handlungen als „Angriffe von innen“. Sie waren so arrangiert, daß sie sich nahtlos in den normalen Ablauf der Arbeitstätigkeit einordneten; den Tätern war offensichtlich zunächst nicht klar bewußt, daß sie sich durch ihr Mittun an strafbaren Handlungen beteiligen. Dabei wirkte ihr mangelhaftes Rechtsbewußtsein (insbesondere auf der Ebene der Rechtskenntnisse) als begünstigende Bedingung. Bei den „inadäquat“ motivierten (oder auch „motivlosen “) Straftaten wurde insgesamt im Vergleich zu den vorher dargestellten Straftaten ein übermäßig starker tatde-terminierendier Einfluß seitens der objektiven Bedingungen in der Handlungssituation sichtbar. Die hier kurz dargestellten empirischen Belege sind m. E. geeignet, das differenzierte Herangehen an die Untersuchung der objektiven und subjektiven Umstände, insbesondere der Persönlichkeit des Täters, bei schweren Straftaten gegen das sozialistische Eigentum zu unterstützen. Indem sie einige Hinweise darauf vermitteln, in welchen inhaltlichen Richtungen sich die Motivlage des Täters bewegen kann, können sie vor allem als Orientierungshilfen bei der Motiverfassung und der sich darauf gründenden Schuldbewertung dienen. 1 Zu Fragen der Wirksamkeit der Strafe und ihrer Bedingungen vgl. insbesondere E. Buchholz/U. Dähn/H. Weber, Strafrechtliche Verantwortlichkeit und Strafe, Berlin 1982, S. 117 ff. 2 Vgl. H. Keil/S. Wittenbeck, „Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Rechtsprechung zum Schutz des sozialistischen Eigentums erhöhen I“, NJ 1979, Heft 7, S. 297. 3 Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts zu Problemen der strafrechtlichen Schuld vom 28. März 1973 (NJ-Bellage 3/73 zu Heft 9, S. 3 f.). 4 Vgl. hierzu Lehrbuch Strafrecht, Allgemeiner Teil, Berlin 1978, S. 280 f. 5 OG-Bericht vom 28. März 1973, a. a. O., S. 4. 6 Vgl. hierzu A. B. SaCharow, „Persönlichkeit und Typologie der Straftäter“, Sozialistitscheskaja sakonnost 1973, Heft 3, S. 23 ff. 7 G. Herzog beispielsweise führte aus: „So qualitativ verschieden ausgeprägt auch die Motive der Eigentumsdelikte sein mögen, ihr gemeinsamer Inhalt besteht in der Aneignung fremder Vermögenswerte ohne entsprechende Äquivalenz, ohne entsprechende Gegenleistung Wenn eine Diebstahlshandlung durchgeführt wird, um mit dem Erfolg vor anderen prahlen zu können, dann ist dieses Motiv für ein Eigentumsdelikt nicht typisch, selbst wenn der Anteil dieses Motivs bei den Eigentumsdelikten relativ hoch sein sollte. Es bestimmt nicht das Wesen des Motivs einer Eigentumsstraftat und damit auch nicht die Klasse dieser Motive.“ (Vgl. G. Herzog, Der Motivationsprozeß bei Straftaten gegen das Eigentum und Möglichkeiten seiner Beeinflussung durch Straf- und Erziehungsmaßnahmen, Diss., Berlin 1969, S. 171.) 8 Die Frage, ob ein und dieselbe Art von Straftaten von Personen begangen wird, die gemeinsame Persönlichkeitseigenschaften kennzeichnen, ist generell noch nicht hinreichend beantwortet (vgl. W. J. Scharikow, „Die kriminologische Bedeutung der Typologie der Persönlichkeit“, Sowjetskoje gossudarstwo i prawo 1978, Heft 8, S. 131 ff.). Andererseits verdichten sich die Hinweise darauf, daß gerade Eigentumsstraftäter kaum psychologische Spezifika einer eigenständigen kriminologischen Gruppe aufweisen (vgl. E. Litt-mann/J. Ott, „Zum Aussagewert psychodiagnostischer Verfahren unter den Aspekten der forensischen Begutachtung, Erforschung und Resozialisierung jugendlicher Straftäter“, in: H. Szewczyk, Der fehlentwickelte Jugendliche und seine Kriminalität, Medizinisch-juristische Grenzfragen, Bd. 15, Jena 1982, S. 179). 9 Vgl. H.-J. Gollnick, Methodische Probleme der Motivfeststellung im Ermittlungsverfahren bei Eigentumsdelikten, Diss. (A), Berlin 1970, S. 44 ff. Fortsetzung von S. 443 Vereinigten Staaten von Amerika, Berlin 1960, S. 123. Es wird hier (ebenda, S. 122 f.) auch auf die Analogie zum Yamashlta-Fall hingewiesen. Vgl. zu diesem Fall z. B. L. Oppenheim/H. Lauterpacht, International Law, Bd. II, 7. Aufl., London u. a. 1956, S. 572 f. 20 Vgl. Europa-Archiv 1982, Heft 21, S. D 554 ff. 21 Vgl. z. B. die Resolution 1983/3 der UN-Menschenrechtskommission, para. 11. 22 Ein Kernsatz des Nürnberger Urteils lautet: „Verbrechen gegen das Völkerrecht werden von Menschen und nicht von abstrakten Wesen begangen, und nur durch Bestrafung jener Einzelpersonen, die solche Verbrechen begehen, kann den Bestimmungen des Völkerrechts Geltung verschafft werden“ (Der Nürnberger Prozeß, a. a. O., S. 176). 23 Vgl. Kahan Report, a. a. O., S. 30 ff. 24 Resolutionen zur Abrüstung und zur Kodifizierung des Völkerrechts (Die Vereinten Nationen und ihre Spezialorganisationen, Dokumente, Bd. 3, Teil I), Berlin 1981, S. 318. Ähnliche grundsätzliche Festlegungen wie in der Resolution 3074 (XXVIH) finden sich u. a. in Art. I, IV und V der Genozid-Konvention sowie in Art. 49 des I., Art: 50 des H„ Art. 129 des HI. und Art. 146 des IV. Genfer Abkommens von 1949. 25 Vgl.: Gutachten und Schlußfolgerungen, a. a. O., S. 4. Vgl. auch die in der Resolution 37/123 B, para. 2, ausgesprochene Forderung der UN-Vollversammlung nach voller Restitution im Hinblick auf die Schädigung von palästinensischem Kulturgut. 26 Vgl. die Resolution 1983/3 der UN-Menschenrechtskommission.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 455 (NJ DDR 1983, S. 455) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 455 (NJ DDR 1983, S. 455)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit im Zusammenhang mit dem Abschluß von Operativen Vorgängen gegen Spionage verdächtiger Personen Vertrauliche Verschlußsache - Lentzsch. Die qualifizierte Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und anderer operativer Diensteinheiten unter dem Aspekt der Sicherung wahrer Zeugenaussagen bedeutsam sind und bei der Festlegung und Durchführung von Zeugenvernehmungen zugrundegelegt werden müssen. Das sind die Regelungen über die staatsbürgerliche Pflicht der Zeuge zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und auch danach, insbesondere während der Körperdurchsuchung und der Durchsuchung der Bekleidung sowie der mitgeführten Gegenstände verhafteter Personen, hohe Anforderungen gestellt.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X