Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 454

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 454 (NJ DDR 1983, S. 454); 454 Neue Justiz 11/83 Zur Diskussion Differenzierte Erfassung der Motive bei Eigentumsstraftaten Dr. sc. ROLF MÜLLER. Sektion Straf-, Zivil-, Arbeits- und Agrarrecht der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR Ein wesentlicher Faktor der Bekämpf ung und Verhütung von Straftaten gegen das sozialistische Eigentum ist die strikte Verwirklichung des Prinzips der Individualisierung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit und Strafe entsprechend der einzelnen konkreten Straftat und der Täterpersönlichkeit.1 Vor allem unter den Gesichtspunkten der Graduierung der Schuld sowie der Erfüllung der erzieherisch-prophylaktischen Zwecke der Strafe kommt der differenzierten Beachtung der Persönlichkeit des Täters ein hoher Stellenwert bei der Strafzumessung und Strafenverwirklichung zu. Das Oberste Gericht hat auf seiner 12. Plenartagung (Juni 1979), die den Aufgaben der Gerichte beim Schutz des sozialistischen Eigentums gewidmet war®, jm Zusammenhang mit der Forderung, die Qualität der Aufklärung und Feststellung des Sachverhalts und der Persönlichkeit des Täters weiter zu verbessern, insbesondere auch darauf hingewiesen, daß die in Ziff. 2.2.1. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 28. März 1973 zu Problemen strafrechtlicher Schuld® gegebene Orientierung stärker zu beachten ist. Danach kommt vor allem den Einstellungen und Motiven eine schuldgraduierende Bedeutung zu, wobei der Grundsatz gilt, daß „die Schuld um so schwerer wiegt, je negativer die Motive waren, die die Verhaltensentscheidung des Täters bestimmten“. Die Tatmotive prägen als subjektive Zwecksetzungen individuellen Handelns dem Charakter der wesentlich auf den habituellen Handlungsdispositionen der Persönlichkeit beruhenden Beziehungen des Täters zur Straftat in differenzierender Weise mit* Als schulderschwerend sind bei Eigentumsdelikten „solche Motive zu berücksichtigen, die ein besonders krasses Vorteilsstreben verkörpern, wie die Begehung der Tat aus Habgier oder ausgeprägter Bereicherungssucht, die gewissenlose Aneignung sozialistischen Eigentums, um Luxusgegenstände oder teure Gebrauchswerte anzuschaffen, ein verschwenderisches Leben zu führen oder einen unmoralischen Lebenswandel zu ermöglichen“.5 Bei schweren Straftaten gegen das sozialistische Eigentum kann zweifellos davon ausgegangen werden, daß solche Motive ausgeprägt eigennützigen Charakters häufiger in Erscheinung treten; jedoch sind durch die Gerichte die tatsächlichen motivationalen Hintergründe der Tat in jedem konkreten Fall exakt zu prüfen. Zur Bestimmung der Motive des Tatverhaltens ylm theoretischen Herangehen an die Motivproblematik ist zum Teil eine mehr oder weniger verabsolutierende Tendenz festzustellen, die sich in einer undifferenzierten Zuordnung des Bereicherungsmotiivs zu den Eigentumsstraftaten äußert. Dem liegen theoretische Auffassungen über deliktsspezifische antisoziale Orientierungen der Täter und speziell über entsprechend „typische“ Motive zugrunde. Nach dem Konzept der spezifischen Gerichtetheit des Täters® wird die strafrechtlich relevante soziale Qualität seiner Persönlichkeit vorzugsweise analog der von ihm gewählten Angriffsrichtung bestimmt. So wird nahegelegt, hinter der Eigentumsstraftat primär einen Täter zu erkennen, dessen Persönlichkeit durch negative Beziehungen zu fremdem Eigentum gekennzeichnet ■ist. Damit verbindet sich die Annahme, daß schweren Straftaten deliktspezifische destruktive Einstellungen und Motive in einem jeweils entsprechenden Ausprägungsgrad zugrunde liegen und Motive andersartigen (d. h. nicht unmittelbar auf das Delikt beziehbaren) Inhalts „untypisch“7 sind. Dieses Herangehen ermöglicht zwar, einige wesentliche Zusammenhänge in den betreffenden Tat-Täter-Relationen darzustellen; es läuft jedoch Gefahr, die Motive a priori vom sozialen Wesen sowie von den vorherrschenden Angriffsrichtungen und Begehungsweisen der Straftaten her zu bestimmen. Dadurch kann der Blick für den realen Charakter der Motive im Rahmen der konkreten Tatdetermination erheblich eingeengt werden.® Es ist m. E. generell davon auszugehen, daß die Motive bei Eigentumsstraftaten sehr unterschiedliche inhaltliche Rich- tungen aufweisen und insgesamt gesehen einen überwiegend „sozialbetonten“ Charakter tragen. Es geht den Tätern primär um eine Veränderung ihrer Stellung und Rolle in den realen sozialen Beziehungen, die sie eingehen. Das trifft auch auf jene zu, die aus sog. Bereicherungsmotiven handeln. Bei ihnen ist oft in starkem Maße eine geltungsetrebige Komponente in den subjektiven Zwecksetzungen erkennbar. Der unmittelbare subjektive Beweggrund für den Angriff auf fremdes Eigentum mit der Absicht, es sich anzueignen kann außerdem aber auch aus dem Wunsch resultieren, bestimmte Sachen zu besitzen, um sie persönlich in autarker Weise zu genießen. Das ist z. B. bei Straftaten aus sich selbst genügender (psychopathologisch auffälliger) Habgier oder aus Alkoholabhängigkeit der Fall. Bei den zuletzt genannten rechtswidrigen Handlungen bestimmen den Täter weniger irgendwelche soziale Ansprüche als vielmehr auf die Bedürfnisbefriedigung ausgerichtete Verhaltensautomatismen. Diese Handlungen kommen jedoch relativ selten vor. Bei der Feststellung der Motive sollte angesichts ihrer breirten Differenziertheit auf die Anwendung vieldeutiger Begriffe verzichtet und statt dessen das motivationale Geschehen konkret beschrieben werden.® Unterscheidung der Motive Es erscheint nützlich, markante Motivrichtungen bei Straftaten gegen das sozialistische Eigentum inhaltlich so zu definieren, daß sie das differenzierte Herangehen an Tat und Täter unterstützen helfen. Sie könnten m. E. wie folgt unterschieden und skizziert werden: Prestige-Motive: Bei Tätern, die danach streben, durch den Besitz bestimmter Sachen sich von anderen abzuheben und in ihrem Lebenskreis das „Niveau“ hinsichtlich modischer Kleidung, luxuriöser Wohnungseinrichtung u. ä. bestimmen bzw. mitzubestimmen. Kompensations-Motive: Bei Tätern, die mittels rechtswidrig erlangter Geldmittel oder Sachen bestimmte soziale Konflikte lösen wollen. Konsum-Motive: Bei Tätern, die sich Geldmittel oder Sachen (Lebensmittel, Ersatzteile und andere Materialien) 'aneignen, um sie persönlich zu verbrauchen bzw. zu nutzen. Habsucht-Motive: Bei Tätern, die Sachen oder Geld „des Habens wegen“ anhäufen (um sich daran zu erfreuen, um sich für die Zukunft materiell abzusichem u. ä.). Zwangs-Motive: Bei psychisch fehlentwickelten Tätern, die ihre strafbaren Handlungen teilweise aus einem zwanghaften, d. h. nicht steuerbaren Drang begehen (z. B. bei Alkoholabhängigkeit, bei Sammlerleidenschaft, Spielleidenschaft usw., aber auch bei abnormer Geltungssucht). Altruistische Motive: Bei Tätern, deren Handeln zumindest zeitweise durch die Absicht bestimmt war, Vorteile für andere (z. B. Brigade, FarnUie) zu erreichen. Die verschiedenen Motive dieser inhaltlichen Richtungen können in unterschiedlichen Aiusprägungsgraden mehr oder weniger antisozial wirken. Bei ihrer kriminologischen und rechtlichen Wertung ist ihre soziale Bedingtheit zu beachten. Bekanntlich läßt die Kenntnis des Motivs allein, isoliert von seiner Umwelt- und Persönlichkeitsabhängigkeit, nur begrenzte Aussagen über den Zusammenhang Motiv Ursachen Schuld zu Für die richtige Einordnung des Motivs im Rahmen der Ursachen- und Verantwortlichkeitsfeststellung ist es m. E. insbesondere wichtig, es zu dem bisherigen gesellschaftlichen Verhalten des Täters in Beziehung zu setzen, um Aufschluß über den Grad der „Persönlichkeitsimmanenz“ des Motivs und damit über sein konkretes Gewicht bei der Schuldfeststellung zu erhalten. Ergebnisse einer Motivanalyse bei schweren Eigentumsstraftaten Im Ergebnis einer Motivanalyse bei schweren Straftaten gegen das sozialistische Eigentum aus mehreren Jahren zeigte sich, daß in den untersuchten Verfahren das strafbare Handeln der Täter am häufigsten von Prestige-Motiven, d. h. von der Absicht bestimmt war, sich Objekte sozialistischen Eigentums anzueignen, um damit zu renommieren und überhöhte Bedürfnisse nach sozialer Geltung zu befriedigen.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 454 (NJ DDR 1983, S. 454) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 454 (NJ DDR 1983, S. 454)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten sind in ihren Verantwortungsbereichen voll verantwortlich Tür die politisch-operative Auswertungsund Informationstätigkeit, vor allem zur Sicherung einer lückenlosen Erfassung, Speicherung und Auswertung unter Nutzung der im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirksverwaltungen zu planen und vorzubereiten. Die materielle Ergänzung. Die materielle Ergänzung beinhaltet die Planung des materiellen Bedarfs Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten sowie er Erfordernissezur nachrichten-technischen Sicherstellung der politisch-operativen Führung zu planen. Maßnahmen des Schutzes vor Massenvernichtungsmittelri. Der Schutz vor Massenvernichtungsmitteln ist mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit der Diensteinheiten der Linie. Die Klärung eines Sachverhaltes und die Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhaltes, wenn dies unumgänglich ist. Die zweite Alternative des Paragraphen Gesetz ist für die Praxis der Staatssicherheit -Arbeit von Bedeutung.

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