Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 400

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 400 (NJ DDR 1983, S. 400); 400 Neue Justiz 10/83 zern nicht in dem geforderten Umfang gefügig waren, sondern z. B. das Attentat auf den Anführer der Okkupanten begrüßten oder in Frankreich als Franzosen ihre Heimat zu verteidigen suchten, wofür in Frankreich wie zuvor in der CSR völlig Unbeteiligte ihr Leben lassen mußten. Art und Maß der Reaktion der deutschen Besatzungsmacht in den fremden Staaten waren für den Angeklagten klar erkennbar Abschreckungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung, die zudem sowohl in der CSR als auch in Frankreich unmenschlich, ungeheuerlich ungleich und damit offenkundig als Verbrechen erkennbar waren, in welcher Form sie auch immer befohlen wurden. Der Angeklagte mußte in der CSR nicht an den schrecklichen Vergeltungsmaßnahmen teilnehmen, von denen er Kenntnis erlangte; er meldete sich freiwillig zum Töten. Für diesen Verbrechenskomplex ist folglich nicht einmal das juristische Problem des Handelns auf Befehl zu erörtern. Auch die Beteiligung des Angeklagten an den Verbrechen in Oradour findet keine Rechtfertigung im Befehlsnotstand. Nach Art. 8 des IMT-Statuts ist bei der nach Art. 6 erwiesenen Teilnahme an Kriegsverbrechen das Handeln auf Befehl kein Strafausschließungsgrund; es kann unter bestimmten Umständen allenfalls Strafmilderungsgrund sein. Letzteres ist hier zu verneinen,' weil sich der Angeklagte in keinerlei innerem Widerspruch zu dem erteilten Vernichtungsbefehl befand, sondern mit diesem absolut übereinstimmte. In abschließender Würdigung aller objektiven und subjektiven Tatsachen sowie rechtlichen Voraussetzungen befindet der Senat den Angeklagten schuldig, vorsätzlich handelnd Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit am tschechischen und französischen Volk während des Krieges begangen zu haben, indem er sich am 9. Juni, 24. Juni und 2. Juli 1942 als Mordschütze sowie am 9. Juli 1942 als Sicherungsposten an der Ermordung von 92 namentlich bekannten Zivilpersonen tschechischer Staatszugehörigkeit sowie als Offizier der Waffen-SS am 10. Juni 1944 an der Vernichtung von Oradour-sur-Glane mit seinen 642 ermordeten Bürgern der Französischen Republik beteiligte. VI VI Die Verbrechen des Angeklagten sind von außerordentlicher Schwere. Sie sind gekennzeichnet von gewissenloser Mißachtung des Lebens und der Würde der Menschen. Diese Haltung hatte ihre Wurzeln im Faschismus. Der Angeklagte war dem Faschismus ein treuer Gefolgsmann und setzte für dessen menschenfeindlichen Ziele seine ganze Person ein. Darin liegen die Motive für seine verbrecherischen Handlungen. Er führte nicht nur Befehle aus und ermordete Menschen, die mit dem Kriegsgeschehen nicht das geringste zu tun hatten, sondern setzte diese Befehle mit großem Einsatz durch, darauf achtend, daß seine Untergebenen diese peinlich genau ausführten. Seine Karriere war ihm jederzeit Ansporn zu noch größerem Bemühen, den Erwartungen seiner Vorgesetzten gerecht zu werden und seine faschistische Haltung jederzeit unter Beweis zu stellen. Beginnend mit seinen freiwilligen Meldungen zu den Exekutionskommandos hat der Angeklagte jeden Mordbefehl bis zur Vernichtung ganzer Ansiedlungen mit ihren Einwohnern ohne Hemmungen ausgeführt. Auge in Auge stand der Angeklagte einer Vielzahl wehrloser Opfer gegenüber, und weder Verzweiflung noch Empörung berührten ihn. Geldscheine nahm er an sich, um sie vor den Flammen zu bewahren, dagegen verhinderte er durch seine Befehle, daß Frauen und Kinder dem Feuer in der Kirche entrinnen konnten. So waren letztlich alle Gesichtspunkte, die die Verteidigung für die Begründung einer geringeren Schuld des Angeklagten anführte, auszuschließen. Die Verheimlichung seiner Vergangenheit ermöglichte dem Angeklagten nach 1945 ein Leben in Freiheit, die er durch seine vorangegangenen Verbrechen verwirkt hatte. Erreicht hat er dies mit falschen und unvollständigen Angaben, sorgfältig ausgearbeitet und ständig wiederholend. Nur unter diesem Gesichtspunkt ist das Vorbringen der Verteidigung zu würdigen, daß der Angeklagte sich in unserer Gesellschaftsordnung den Anforderungen gerecht werdend verhal- ten hat und für die dabei erreichten guten Leistungen mehrfach ausgezeichnet wurde. Diese Tatsache ins Verhältnis zu den verbrecherischen Handlungen des Angeklagten setzend, wiederholt der Senat die bereits in anderen Verfahren mit ähnlich schweren Straftaten getroffene Feststellung, daß Verbrechen solchen Ausmaßes, wie sie diesem Verfahren zugrunde liegen, nicht dadurch gemildert werden, daß sich der Täter später gesellschaftsgerecht verhalten hat. Dabei bezieht der Senat in seine Betrachtung zur Straffindung auch die Bereitschaft des Angeklagten ein, sich nach der Aufdeckung der Verbrechen zu seiner Schuld zu bekennen und zur vollen Aufklärung der Handlungen, ihrer Zusammenhänge und Hintergründe beizutragen. So bleibt festzustellen, daß der Senat keine Gründe erkennt, die geeignet wären, die Schuld des Angeklagten und damit die Tatschwere in einem Maße milder erscheinen zu lassen, daß sie in der Nähe jener Grenze läge, an der die Frage nach einer zeitigen Freiheitsstrafe zulässig wäre. Es war somit in Übereinstimmung mit dem Antrag des Staatsanwalts zu entscheiden und der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen. Außerdem waren ihm die staatsbürgerlichen Rechte für dauernd abzuerkennen. OG, Urteil vom 10. August 1983 - 1 OSB 35/83. I Entgegen dem Berufungsvorbringen hat das Stadtgericht auch die Handlungen des Angeklagten als Angehöriger von Erschießungs- bzw. Sicherungskommandos in der CSR vom 9. Juni bis 9. Juli 1942 zutreffend als Mord an der Zivilbevölkerung während des Krieges nach Art. 6 Buchst, b und c des Statuts des Internationalen Militärgerichtshofs, d. h. als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, beurteilt. Dem Einwand der Berufung, der Angeklagte habe bei der Teilnahme an der Erschießung der 92 tschechischen Bürger nicht mit Mordvorsatz gehandelt, weil er weder erkannt habe noch infolge seiner unkritischen Einstellung dem faschistischen Staat gegenüber habe erkennen können, daß die von den Standgerichten ausgesprochenen Todesurteile Verbrechenscharakter trugen, stehen folgende Feststellungen entgegen: Wie im Urteil des Internationalen Militärgerichtshofs gegen die Hauptkriegsverbrecher vom 1. Oktober 1946 (Der Nürnberger Prozeß, Bd. I, 1. Aufl., Berlin 1957, S. 205) festgestellt, sind die Gebiete Böhmen und Mähren „niemals dem (Deutschen) Reich angegliedert“ worden; „vielmehr wurde lediglich ein Protektorat über sie errichtet“. In einer Vielzahl von auch von dem erkennenden Senat getroffenen Entscheidungen, so auch in dem vom Vordergericht verlesenen Urteil des Obersten Gerichts der DDR gegen Hans Globke (1 Zst [I] 1/63) wurde in der Vergangenheit die Feststellung bestätigt, daß die Aufzwingung der Protektoratsangehörigkeit für die Bevölkerung eine völlige Entrechtung bedeutete und sie der faschistischen Willkür, dem Terror, der Sklavenarbeit und Deportationen aussetzte. Das System der Unterdrückung und des Terrors wurde durch alle Institutionen des faschistischen Staates verwirklicht, wobei die Gestapo, ihre Standgerichte und die faschistische Polizei eine besonders aktive Rolle spielten. So ergibt sich aus dem von dem Sachverständigen Dr. S. in der Hauptverhandlung erster Instanz vorgetragenen Gutachten der Tschechoslowakischen Regierungskommission zur Verfolgung der nazistischen Kriegsverbrecher, daß die nach dem Attentat auf den Stellvertretenden Reichsprotektor, Heydrich, errichteten bzw. erneuerten Standgerichte der Gestapo in dieser Zeit das Hauptkettenglied des terroristischen Systems, Ausdruck erbarmungsloser Willkür und Gewalt waren. Sie fällten Todesurteile nicht nur für aktive antinazistische Widerstandstätigkeit, sondern auch für verbale Äußerungen, insbesondere die sogenannte Billigung des Attentats auf Heydrich, und für die Nichteinhaltung der Meldevorschriften. Die kasernierten und militärisch organisierten faschistischen Polizeieinheiten hatten diese Todesurteile gegen eine Vielzahl tschechischer Patrioten zu vollstrecken. Die Vollstreckung der Standgerichtsurteile war somit ein notwendiger Beitrag zur Verwirklichung der gezielten und staatlich gelenkten Verfol-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und die dazu erlassenen Bestimmungen für den Verteidigungszustand unter besonderer Berücksichtigung der Kennziffer. Das Ziel der spezifisch-operativen Informations- und Auswertungstätigkeit unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei dem Vollzug der Untersuchungshaft und dem Umgang mit den Verhafteten, vor allem zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung ihrer Pflichten, einschließlich der in Zusammenarbeit mit der Linie und den zuständigen operativen Diensteinheiten gewährleistet werden muß, daß Verhaftete keine Kenntnis über Details ihrer politischoperativen Bearbeitung durch Staatssicherheit und den dabei zum Einsatz gelangten Kräften, Mitteln und Methoden und den davon ausgehenden konkreten Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Untersuchungshaft anstalt Staatssicherheit einschließlich der Sicherheit ihres Mitarbeiterbestandes. Den konkreten objektiv vorhandenen Bedingungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten.

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