Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 368

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 368 (NJ DDR 1983, S. 368); 368 Neue Justiz 9/83 Die Bedeutung, die der Rechtsform des Gesetzes in der Rechtsordnung der BRD auch weiterhin zukommt, äußert sich vor allem in dreifacher Hinsicht: Dazu gehört erstens seine Rolle bei der Systematisierung des Rechts nach Regelungskomplexen, die besonders bei den Kodifikationen in Erscheinung tritt. Zweitens sind relativ stabile gesetzliche Grundsatzregelungen erforderlich, um die für eine wirksame rechtliche Regulierung unerläßliche einheitliche Steuerung von Rechtsetzung und Rechtsanwendung zu gewährleisten. Drittens schließlich verwirklicht die Gesetzgebung die Aufgabe, die Rechtsordnung durch die Konservierung von Illusionen über bürgerliche Gesetzlichkeit und Rechtsstaatlichkeit ideologisch abzusichern. Für viele Bürger verbinden sich mit der Rechtsform des Gesetzes Vorstellungen über die Rechtsetzungshoheit des Parlaments, das Bestehen allgemein also insbesondere auch von den Organen des bürgerlichen Staates zu respektierender Rechte sowie einer öffentlichen Kontrolle über das Rechtsetzungsverfahren. Die herrschenden Kräfte brauchen das Gesetz sowohl dazu, um „komplexe ge-gesellschaftliche Steuerungsvorgänge zu ermöglichen“28, als auch zur Befriedigung ihres wachsenden Bedürfnisses nach einer ideologischen Legitimierung der staatsmonopolistischen Machtverhältnisse. Die Gerichte nehmen rechtsetzende Aufgaben vor allem in solchen Bereichen wahr, wo die Normierung gesetzlicher Grundsätze im Interesse einer größeren Manipulierbarkeit des Rechts vermieden werden soll, sowie zum Zwecke einer flexiblen Anpassung gesetzlicher Vorschriften an veränderte politische und ökonomische Interessen des Kapitals. Gerade die gerichtliche Rechtsanpassung ermöglicht es, Gesetzesänderungen ohne die verfahrensmäßigen Schwierigkeiten der Gesetzgebung und weitgehend abgeschirmt vor den Augen der demokratischen Öffentlichkeit zu vollziehen. Die von den Gerichten damit übernommene Rolle bei der rechtlichen Umsetzung kapitalistischer Klasseninteressen sprengt jedoch nicht das bürgerliche Modell von der Teilung der staatlichen Gewalten, da sich das Schwergewicht in der Rechtsetzung des bürgerlichen Staates schon lange zuvor vom Parlament auf die Exekutive verlagert hatte. Die rechtsetzenden Aktivitäten der Gerichte ordnen sich vielmehr in das System der Arbeitsteilung ein, wie es sich im staatsmonopolistischen Kapitalismus zwischen den Einrichtungen der bürgerlichen Staatsmacht herausgebildet hat. Die Gerichte sind auch in der Ausübung ihres rechtsfortbildenden Ermessens keineswegs nur an ihre Überzeugung von bürgerlicher Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit gebunden, sondern unterliegen ebenso wie die Exekutive den vor allem von der Regierung formulierten rechtspolitischen Leitlinien. W. A. Tumanow spricht daher zu Recht davon, daß „die politische Macht des Kapitals nicht jede, sondern eine gelenkte richterliche und administrative Ermessensfreiheit vor (zieht)“.26 In seiner Funktion als flexibles Korrektiv erscheint das Richterrecht vielen Rechtslehrem in der BRD als eine „systemstabilisierende Notwendigkeit“ in der bürgerlichen Rechtsordnung.27 Es fördert zugleich allerdings zahlreiche Momente der Instabilität des bürgerlichen Rechts. So begünstigt die beachtliche Zahl richterrechtlicher Entscheidungen die Zersplitterung des Rechts, erschwert dessen Praktikabilität und leistet der Rechtsfremdheit der Bevölkerung Vorschub. Etwas zugespitzt bemerkt der progressive Frankfurter Richter H. D ü x : „Richterrecht reduziert die Stabilität der Rechtsordnung, es bricht die Gesetzlichkeit und führt schließlich in den Rechtsnihilismus.“28 Die reaktionäre Ausrichtung, die für das Richterrecht der BRD kennzeichnend ist, hat dazu geführt, daß die gerichtliche Rechtsfortbildung von den demokratischen Kräften grundsätzlich bekämpft wird. Diese betrachten die gerichtliche Rechtsfortbildung insbesondere als Ausdruck der Lösung der herrschenden Kräfte vom Prinzip der bürgerlichen Gesetzlichkeit, als Ausdruck der weiteren Einschränkung der Möglichkeiten für eine demokratische Einflußnahme auf die Rechtsetzung. Die DKP, die als Teil ihres Kampfes für eine Wende zu demokratischem und sozialem Fortschritt für- „eine stärkere Einflußnahme der Bürger auf staatliche Entscheidungen“ ein-tritt, fordert in diesem Zusammenhang insbesondere wirksame Einflußmöglichkeiten der arbeitenden Menschen auf die Gesetzgebung. So verlangt sie „eine breite öffentliche Diskussion aller wichtigen Gesetzentwürfe sowie eine Verpflichtung der Parlamente und Regierungen, Vorschläge der Gewerkschaften und anderer demokratischer Organisationen zu berücksichtigen“. Gleichzeitig wendet sie sich gegen die gerichtliche Reglementierung der Betätigungs- und Kampfrechte der Arbeiterklasse und kämpft für die Durchsetzung von gesetzlichen Maßnahmen, durch die das Streikrecht uneingeschränkt gesichert und die Aussperrung verboten wird.29 Damit greift die DKP zahlreiche Forderungen auf, die in der gegenwärtigen Klassenauseinandersetzung in der BRD auch von den Gewerkschaften vertreten werden. Die Arbeiterorganisationen tragen der Realität gerichtlicher Rechtsfortbildung im übrigen insofern Rechnung, als sie Rechtsforderungen der Werktätigen nicht mehr allein gegenüber dem Gesetzgeber, sondern zugleich gegenüber den Gerichten geltend machen. 1 11 1 G. Dahm, Deutsches Recht, Stuttgart 1963, S. 305. 2 A. M. Donner, „Die politische Funktion des Richters“, Archiv des öffentlichen Rechts (Tübingen) 1981, Heft 1, S. 1. Vgl. im einzelnen: Auf dem Wege zum Richterstaat (Hrsg. G.-K. Kaltenbrunner), MUnchep 1979. 3 G. Dahm, a. a. O., S. 141. 4 Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen, Bd. 99, S. 234. 5 Vgl. R. Wank, Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung, Berlin (West) 1978, S. 127. 6 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 1, S. 18. 7 Vgl. z. B. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 34, S. 287; Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, Bd. 49, S. ’209; Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, Bd. 9, S. 89. Eine der bekanntesten Entscheidungen, in der überpositives Recht praktiziert wird, ist das sog. Abtreibungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Februar 1975 (Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 39, S. 67). Das Gericht unterstellt, „daß der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbständigen Wert besitzt“, an den auch der Gesetzgeber bei seinen Entscheidungen gebunden sei. Ein solcher, der christlichen Schöpfungslehre entnommener Wert gelte unabhängig von „staatspolitischen Notwendigkeiten“ und „in der Bevölkerung herrschenden Anschauungen“. Er gebiete, das vom Bundestag ordnungsgemäß beschlossene Gesetz über die Schwangerschaftsunterbrechung für verfassungswidrig zu erklären. 8 M.-L. Hilger, „Richterrecht in der betrieblichen Altersversorgung“, Recht der Arbeit (Köln) 1981, Heft 1, S. 6. 9 W. A. Tumanow, „Die Konzeption vom .Riehterrecht“ und die bürgerliche Gesetzlichkeit“, NJ 1980, Heft 1. S. 32. 10 So beispielsweise K. Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, München 1980, S. 585. 11 R. Wank, a. a. O., S. 240. 12 Vgl. dazu im einzelnen M. Premßler. Arbeiterrechte in der BRD, Berlin 1975, S. 88 ff. Zur weiteren Modifizierung der Aussperrungsrechtsprechung durch die Grundsatzurteile des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Juni 1980 vgl. A. Ondruseh/M. Premßler. „Die Aussperrung im Spiegel der BRD-Rechtsprechung“, NJ 1980, Heft 11, S. 499 ff. 13 So beispielsweise J. Ipsen, Richterrecht und Verfassung, Berlin (West) 1975, S. 91. 14 Vgl. K. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, Berlin (West) Heidelberg/New York 1975, S. 402 ff., insb. S. 419. 15 Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 34, S. 269. 16 Vgl. z. B. das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Februar 1979, Arbeit und Recht (Köln) 1979, Heft 3, S. 90 f. 17 Der ungarische Rechtstheoretiker G. Eörsi (Comparative Civil [Private] Law, Law Types, Law Groups, The Roads of Legal Development, Budapest 1979. S. 481 ff.) bezeichnet eine Rechtsanpassung, die am „offiziellen Recht“ zwar festhält, dieses aber durch eine neu herausgebildete Rechtsschicht überlagert, als „Verdoppelung des Rechts“. 18 W. Flkentscher. „Methoden des Rechts in vergleichender Darstel- lung“, Bd. III: Mitteleuropäischer Rechtskreis, Tübingen 1976, S. 711. 19 W. Paul, „Kritische Rechtsdogmatik und Dogmatikkritik“, in: Rechtstheorie - Ansätze zu einem kritischen Rechtsverständnis (Hrsg. A. Kaufmann), Karlsruhe 1971, S. 61. 20 So beispielsweise J. Ipsen, a. a. O., S. 63. 21 Vgl. M. Premßler, a. a. O., S. 70. 22 So beispielsweise G. Brüggemeier, „Probleme einer Theorie des Wirtschaftsrechts“, in: Wirtschaftsrecht als Kritik des Privatrechts, KönigsteinTs. 1980, S. 72. - 23 Vgl. z. B. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, Bd. 49, S. 126 f. und K. Stern, a. a. O., S. 573 ff. 24 Zeitschrift für Rechtspolitik (München) 1980. Heft 6, S. 155. 25 W. Schupoert, „Richterrecht und Verfassung“, Der Staat (Berlin rWest]) 1976, Heft 1. S. 116. 26 W. A. Tumanow, Bürgerliche Rechtsideologie, Berlin 1975, S. 83. 27 Vgl. K. Stern, a. a. O S. 583. 28 H. Düx, „Rechtsstaat und Zivilgerichtsbarkeit“, in: Der bürgerliche Rechtsstaat (Hrsg. M. Tohidipur), Frankfurt a. M. 1978, Bd. n, S. 609. 29 Vgl. Mannheimer Parteitag der Deutschen Kommunistischen Partei, Programm, Berlin 1979, S. 63 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 368 (NJ DDR 1983, S. 368) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 368 (NJ DDR 1983, S. 368)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegeben ist, sind keine Gefahren im Sinne des Gesetzes. Durch diesen Zustand muß ein oder es müssen mehrere konkret bestimmbare Bereiche des gesellschaftlichen Verhältnisses öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den Grundsätzen, die in den Aufgaben Yerantwortlich-keiten der Linie bestimmt sind, sowie den staatlichen und wirtschaftsleitenden Organen, Betrieben und Einrichtungen im Territorium zur Sicherung eine: wirksamen abgestimmten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und zur Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels zu leisten. Bei der Planung der Aufgaben und der Organisierung der politisch-operativen Arbeit haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirksverwaltungen zu planen und vorzubereiten. Die materielle Ergänzung. Die materielle Ergänzung beinhaltet die Planung des materiellen Bedarfs Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten bestimmt. Grundlage der Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und der Stellvertreter des Ministers zu erfolgen, die für die Organisierung und Gestaltung der Zusammenarbeit und Koordinierung erlassen wurden.

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