Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 323

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 323 (NJ DDR 1983, S. 323); Neue Justiz 8/1983 323 Aus anderen sozialistischen Ländern Rationelle Gestaltung des Strafverfahrens in der Ungarischen Volksrepublik HEINZ PLITZ, wiss. Mitarbeiter im Ministerium der Justiz Durch das Gesetz Nr. 1/1973 vom 6. März 1973 über das Strafverfahren geändert und ergänzt nach der Gesetzesverordnung Nr. 4/1979 vom 14. April 1979* wurde, entsprechend der Differenzierung der Straftaten in Verbrechen und Vergehen2, insbesondere das Verfahren wegen Vergehen in all seinen Stadien in der UVR wesentlich vereinfacht. Wie diese gesetzlichen Möglichkeiten der rationellen Gestaltung des Verfahrens genutzt werden, wie sie sich in der Praxis der ungarischen Gerichte bewährt haben und welche Erfahrungen es bei der differenzierten und. zügigen Durchführung des Strafverfahrens gibt, darüber informierte sich eine Delegation des Ministeriums der Justiz der DDR. Das Studium dieser Erfahrungen bestätigte die Erkenntnis, daß das Wesen des sozialistischen Strafverfahrens von den Grundsätzen der Gesetzlichkeit, der Feststellung der Wahrheit, der Mitwirkung der Bürger am Verfahren und der Wahrung der Rechte der Verfahrensbeteiligten bestimmt wird und daß diese Grundsätze in ihrer dialektischen Einheit mit dem Prinzip der differenzierten Gestaltung und beschleunigten Durchführung des Verfahrens Anwendung finden. Daraus ergeben sich wertvolle Erkenntnisse für eine rationelle Arbeitsweise der Strafrechtspflegeorgane und für die Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens. Vereinfachungen im Ermittlungsverfahren , In Ermittlungsverfahren wegen Straftaten, die im Gesetz als Vergehen klassifiziert sind (z. B. vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 170 Abs. 1 StGB, Hausfriedensbruch gemäß § 176 Abs. 1 StGB, Verleumdung gemäß § 179 StGB und Diebstahl gemäß § 316 Abs. 1 bis 3 StGB), sind folgende Vereinfachungen möglich: Uber Zeugenvernehmungen und andere Ermittlungshandlungen (z. B. über eine Rekonstruktion) kann anstelle eines Protokolls eine zusammenfassende Notiz gefertigt werden, welche Ort und Zeit der Handlung, Name und Anschrift des Vernommenen, die Belehrung des Zeugen sowie das Wesentliche der Aussage bzw. der vorgenommenen Ermittlungshandlung enthalten muß (§§ 149, 150 StPO). Bei Vernehmungen von Verdächtigen und von ausländischen Bürgern muß auch in diesen Fällen ein vollständiges Protokoll gefertigt werden. Beweise aus anderen Verfahren gegen den Beschuldigten (z. B. Aussagen eines Zeugen in einem Disziplinarverfahren) können ohne erneute Ermittlungshandlung (Vernehmung) verwendet werden, wenn ihr Inhalt beweiskräftig ist (§§ 149, 151 StPO). Die Beschuldigtenvernehmung wird jedoch hiervon nicht erfaßt. Der Staatsanwalt erhebt Anklage in Form eines schriftlichen Antrags, der das Wesentliche über die angeklagte Straftat und bestimmte Teile des vorgeschriebenen Inhalts der Anklage gemäß § 146 StPO enthält, so z. B. die Personalien des Beschuldigten, die Qualifizierung der Handlung nach dem Strafgesetz, die Anträge, über die das Gericht entscheiden soll, die Namen der Personen, die zu laden oder zu benachrichtigen sind (§§ 149, 154 StPO). Ferner äußert sich der Staatsanwalt über seine Teilnahme an der Verhandlung. Vereinfachungen im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren bei Vergehen Die Hälfte aller Straftaten, über die in der UVR in einer gerichtlichen Hauptverhandlung entschieden wird, sind Vergehen. Etwa 80 Prozent hiervon werden in der ersten Instanz rechtskräftig. Dies eröffnet dem Gericht die Möglichkeit, unter Beachtung der Grundsatzbestimmungen folgende Vereinfachungen im gerichtlichen Verfahren zu nutzen: Die Teilnahme des Staatsanwalts an der Verhandlung ist vorgesehen, wenn sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet, über eine Zwangsheilbehandlung (§§ 74, 75 StGB) zu entscheiden ist, das Gericht den Staatsanwalt zur Teilnahme verpflichtet oder wenn er selbst mit dem Antrag gemäß § 154 StPO seine Teilnahme mitgeteilt hat (§ 20 StPO). Die Verhandlung kann gemäß § 225 Abs. 2 StPO in Abwe- senheit des geladenen Angeklagten durchgeführt werden, wenn für die angeklagte Handlung ausschließlich Geldstrafe angedroht ist (z. B. Vergehen gegen die Presseordnung gemäß § 213 StGB, Beschädigung von Feldvermessungszeichen gemäß § 215 StGB oder Siegelbruch gemäß § 249 StGB). In Verfahren wegen Vergehen verhandelt und entscheidet der Einzelrichter (§§ 21, 159 StPO). Vereinfachtes Protokoll und Urteil Entsprechend den Bestimmungen über die erstinstanzliche Gerichtsverhandlung kann in allen gerichtlichen Hauptverhandlungen (also auch in Verfahren wegen Verbrechen) von der gesetzlichen Möglichkeit eines verkürzten Protokolls und eines verkürzten Urteils Gebrauch gemacht werden. Das verkürzte Protokoll findet immer dann Anwendung, wenn die abschließende Entscheidung in erster Instanz rechtskräftig wird (§§ 160 Abs. 5, 221 Abs. 2 StPO). Da alle Protokolle innerhalb von acht Tagen nach der Hauptverhandlung anzufertigen sind (§ 161 Abs. 1 StPO), ist bei Verzicht auf ein Rechtsmittel die Fertigung einer verkürzten Fassung möglich. Grundlage hierfür sind die schriftlichen Aufzeichnungen, die der Protokollführer in der Hauptverhandlung gefertigt hat (§ 160 Abs. 2 StPO). Die Aufzeichnungen des Protokollführers werden ein Jahr bei den Akten auf bewahrt und ermöglichen so eine Nachprüfung. Inhalt des verkürzten Protokolls gemäß §§ 160 Abs. 5, 115 Abs. 2 StPO ist die Bezeichnung des Gerichts, der ange-klagten Straftat, des Ortes und der Zeit der Hauptverhandlung sowie der Art der Verhandlung. Es enthält die Feststellung, ob die Verhandlung öffentlich durchgeführt wurde, sowie den Namen des Angeklagten, des Richters bzw. der Mitglieder des Gerichts und anderer am Verfahren beteiligter Personen. Bei der Verkündung eines Urteils ist dessen Formel vorzulesen und das Wesentliche der Begründung bekanntzugeben (§ 164 Abs. 1 StPO). Nach der Verkündung sind die anwesenden Rechtsmittelberechtigten zu befragen, ob sie ein Rechtsmittel einzulegen wünschen (§ 222 Abs. 3 StPO), Die Verhandlung wird erst nach Abgabe der Erklärungen der Rechtsmittelberechtigten geschlossen (§ 223 Abs. 4 StPO). Erklären der Staatsanwalt, der Angeklagte und dessen Verteidiger, daß sie kein Rechtsmittel einlegen werden, kann das Gericht ein verkürztes schriftliches Urteil fertigen. Dieses Urteil enthält das Rubrum, den Urteilstenor (§ 220 Abs. 1 und 2 StPO) und in den Gründen nur eine kurze Sachverhaltsdarstellung sowie die Bezeichnung der angewandten Rechtsnormen. Ergeht ein freisprechendes Urteil, kann in den Urteilsgründen auch auf die Darlegung des Sachverhalts verzichtet werden (§ 221 Abs. 1 StPO). Besondere Verfahrensarten Das „Vor-Gericht-Stellen“ (§§ 345 ff. StPO) ist dem beschleunigten Verfahren in der DDR vergleichbar. Diese Verfahrensart findet nur vor dem Kreis- oder Militärgericht (Einzel-rithter) Anwendung; das sind etwa 5 bis 6 Prozent aller gerichtlichen Verfahren. Diese Verfahrensart setzt voraus: Das verletzte Strafgesetz darf für die Handlung keine höhere Strafe als 5 Jahre Freiheitsstrafe vorsehen (also Verbrechen und Vergehen), die Beurteilung der Sache muß einfach sein, die notwendigen Beweismittel müssen vorliegen, der Täter muß auf frischer Tat ergriffen worden oder geständig sein und das „Vor-Gericht-Stellen“ muß innerhalb von 6 Tagen nach der Tatbegehung erfolgen. Eine angeordnete Inhaftierung dauert bis zum Abschluß der Verhandlungen an (§§ 346, 347 StPO). Die Ermittlungen erfolgen entsprechend den Vorschriften über das Verfahren bei Vergehen. Uber die Absicht des „Vor-Gericht-Stellens“ informiert der Staatsanwalt das Gericht; eines Anklageantrags bedarf es nicht (§ 347 StPO). Die Verteidigung des Angeklagten durch einen Rechtsanwalt ist bei dieser Verfahrensart vom Gesetz vorgeschrieben. Der Staatsanwalt und der Verteidiger haben an der Verhandlung teilzunehmen (§§ 347, 349 StPO). Die Anklage trägt der Staatsanwalt mündlich vor und übergibt danach die Akten mit den Beweisgegenständen dem Gericht. Stellt das Gericht fest, daß seit Begehung der Straftat mehr als 6 Tage vergangen sind, daß eine höhere Freiheitsstrafe als 5 Jahre im verletzten Strafgesetz angedroht ist, oder hält es im Ergebnis der Beweisaufnahme Nachermittlungen für erforderlich,;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 323 (NJ DDR 1983, S. 323) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 323 (NJ DDR 1983, S. 323)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Vorgehens zur Unterwanderung und Ausnutzung sowie zum Mißbrauch abgeschlossener und noch abzuschließender Verträge, Abkommen und Vereinbarungen. Verstärkt sind auch operative Informationen zu erarbeiten über die Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der gegnerischen Zentren, Organe und Einrichtungen sowie der kriminellen Menschenhändlerbanden und anderer subversiver Kräfte zur Organisierung und Durchführung der politisch-ideologischen Diversion, der Kontaktpolitik und Kontakttätigkeit., der Organisierung und Inspirierung politischer Untergrundtätigkeit, der Schaffung einer sogenannten inneren Opposition, der Organisierung und Inspirierung von Bürgern der zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Einsatz der und der Arbeit mit operativen Legenden und Kombinationen den zweckmäßigen Einsatz aller anderen, dem Staatssicherheit zur Verfügung stehenden Kräfte, Mittel und Methoden bearbeitet. Die Funktion der entspricht in bezug auf die einzelnen Banden der Funktion des für die Bandenbekämpfung insgesamt. Mit der Bearbeitung der sind vor allem die aufgabenbezogene Bestimmung, Vorgabe Übermittlung des Informationsbedarfs, insbesondere auf der Grundlage analytischer Arbeit bei der Realisierung operativer Prozesse, die Schaffung, Qualifizierung und der konkrete Einsatz operativer Kräfte, Mittel und Methoden zur Realisierung politisch-operativer Aufgaben unter Beachtring von Ort, Zeit und Bedingungen, um die angestrebten Ziele rationell, effektiv und sioher zu erreichen. Die leitet sich vor allem aus - der politischen Brisanz der zu bearbeitenden Verfahren sowie - aus Konspiration- und Oeheiiahaltungsgsünden So werden von den Uhtersuchvmgsorganen Staatssicherheit vorrangig folgende Straftatkomploxe bearbeitet - erbrechen gegen die Souveränität der den Frieden, die Menschlichkeit und die Menschenrechte sowie in Verbrechen gegen die welche im Besonderen Teil des Strafgesetzbuch Kapitel und beschrieben werden.

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