Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 314

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 314 (NJ DDR 1983, S. 314); 314 Neue Justiz 8/1983 Wahrnehmung bei Verhandlungsbeginn ohne weiteres egalisiert werden. Da der Rechtspraktiker in der Verhandlung dem Ersteindruck in starkem Maße ausgesetzt ist, sind damit verbundene Einflüsse besonders wirksam. Mit all diesen Faktoren steht in engem Zusammenhang, daß der Rechtspraktiker selbstverständlich Erfahrung einbringt, die notwendigerweise individualisiert, subjektiv ist, weil Erfahrungen eben aus eigenem Wahrnehmen und Erleben in spezifischen Arbeits- und Lebensbedingungen erworbene Kenntnisse, Fähigkeiten und Handlungsbereitschaften sind. Die Bearbeitung solcher bisher kaum untersuchter Probleme ist wichtig, um diferenziertere Aussagen zu der Beziehung zwischen der gesetzlichen Anforderung zu unvoreingenommenem, vorurteilsfreiem Herangehen und der unvermeidlich individualisierten, subjektgebundenen, von spezifischen Eigenschaften und Erfahrungen geprägten psychischen Tätigkeit des Juristen in der Verhandlung machen zu können. Ob diese Beziehung zum Widerspruch wird oder nicht, hängt von der Fähigkeit und Bereitschaft des Juristen ab, die psychischen Prozesse differenziert zu reflektieren, die hier eine Rolle spielen, z. B. eigene Persönlichkeitseigenschaften, Wahrnehmungs- und Urteilstendenzen, emotionale Reaktionsbereitschaften, Erfahrungsstruktur, die Ursachen und die Phänomenologie psychischer Reaktionen anderer Verhandlungsteilnehmer, Möglichkeiten der Gestaltung des sozialpsychologischen Klimas in einzelnen Verhandlungsetappen. Hinzu kommt die ständige Kontrolle und wenn nötig die Korrektur eigener Einstellungen und Beurteilungstendenzen als Aspekt des Berufsethos.5 Von dem Vorhandensein solcher Voraussetzungen psychologischer Art beim Rechtspraktiker hängt ab, ob vorhandene Einstellungsausrichtungen unkritisch in einseitige Erkenntnis- und Bewertungsausrichtungen Umschlägen oder, durch bewußte Kontrolle reguliert werden, ob vorhandene Akzente in der Wahrnehmung und Urteilsbildung als tendenziöse Entstellungen zu Fehlbeurteilungen führen oder den Prozeß der Urteilsbildung sachadäquat orientieren, rationalisieren, erleichtern, ob es bei der Erfahrungsanwendung unbemerkt zur Wiederholung von Fehlern kommt oder nicht. Durch diese Faktoren wird bestimmt, ob die Individualisierung der Verhandlungsführung und des Urteils für die Strafzumessung z. B. wiederholt von J. Streit® gefordert lediglich durch die Individualität des Juristen, z. B. des Richters, geprägt ist oder der Individualität des Angeklagten, Klägers, Verklagten usw. Rechnung trägt. Sozialpsychologische Aspekte Da sich in der gerichtlichen Verhandlung Anforderungen an die juristische Analyse mit sozialpsychologischen Handlungsnotwendigkeiten und kommunikativen Verhaltensanforde-rungen eng verknüpfen, reichen Rechtsnormenkenntnis und Sprachbeherrschung nicht aus, um beiden Seiten gerecht zu werden. Deshalb kann „Kommunikationssicherheit“ zur Gewährleistung von Rechtssicherheit beitragen. Die sozialpsychologische Konstellation in der gerichtlichen Verhandlung ist insbesondere dadurch gekennzeichnet, daß sachlich und zeitlich konzentriert mehr oder weniger schwerwiegende Konflikte zwischen dem einzelnen und der Gesellschaft, zwischen Einzelpersonenn, zwischen diesen und kollektiven Rechtssubjekten (z. B. Betrieben) oder zwischen kollektiven Rechtssubjekten, die ebenfalls durch Individuen vertreten sind, untersucht werden. Dabei treffen meistens einander unbekannte Personen mit oftmals sehr verschiedenartigen Zielstellungen, Interessen und Motivationen zusammen, was zu Spannungen und Emotionalität führen kann. Eine gravierende Besonderheit ist, daß der Verhandlungsablauf durch Rechte und Pflichten der Verfahrensbeteiligten gesetzlich detailliert geregelt ist. Diese betreffen u. a. die Funktionsteilung, Verhaltenserwartungen und -anforderun-gen, die Struktur von Kommunikation und Informationsaustausch sowie die Entscheidungsfindung. Daraus ergibt sich eine weitere Besonderheit. Die Beteiligten begegnen den rechtlich geregelten Verhaltensnormen in der Verhandlung in der Regel mit sehr unterschiedlichem Wissen, Erfahrungsgut usw. Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt und auch gesellschaftlicher Ankläger oder gesellschaftliche Verteidiger können hier auf soliden Kenntnissen und Fertigkeiten aufbauen. (Allerdings können z. B. durch unkontrollierte Routine oder „forsches“ Verhalten sozialpsychologische Komplikationen entstehen.) Kläger, Verklagter, Angeklagter oder Zeuge stehen aber oft erstmals der Verhandlungssituation und ihren Regeln gegenüber. Unkenntnis der Prozeßfunktionen einzelner Beteiligter, Öffentlichkeit, Scham über die Rechtsverletzung beim Angeklagten oder erstmalige Konfrontation des Zeugen mit dem Angeklagten können zu Einstellungs- und Verhaltensunsicherheiten führen. Diese äußern sich u. a. in Redehemmungen, passiver Haltung, Angstgefühlen. Es besteht die Gefahr, daß z. B. Ausweichen in Trotzreaktionen oder zögernde, stockende Sprechweise fehlinterpretiert werden. Aus der Funktion des Gerichts wie auch der des Staatsanwalts und Rechtsanwalts ergibt sich, daß von ihnen das Bemühen erwartet werden kann, derartiges Verhalten zu erkennen, zu berücksichtigen bzw. abzubauen. Hier liegen Quellen dafür, ein Vertrauensverhältnis der Beteiligten zum Gericht herzustellen, was letztlich die Möglichkeiten der Einwirkung des Gerichts verbessert. Daraus wird deutlich, daß zwar die Art der Beziehungen zwischen den Verfahrensbeteiligten rechtlich geregelt, gleichzeitig aber breiter Raum gegeben ist, sozialpsychologische Beziehungen bei der Wahrnehmung der Rechte und Pflichten zu gestalten. Die Art, wie diese Möglichkeit genutzt wird, hängt vor allem von der Einstellung zur eigenen Tätigkeit und zum jeweiligen Kommunikationspartner ab. Gestaltung sozialpsychologischer Beziehungen in der Verhandlung Die Besonderheiten der sozialpsychologischen Konstellation in der gerichtlichen Verhandlung zeigen, daß hier für das Gericht als verhandlungsleitende Instanz eine doppelte Verantwortung besteht. Sie betrifft die Berücksichtigung der eigenen sozialpsychologischen Voraussetzungen und die Be-rücksichtigiing des sozialpsychologischen Geschehens zwischen den Verhandlungsbeteiligten. Die Bereitschaft des Klägers, Verklagten, Angeklagten, Zeugen oder Geschädigten, zur Wahrheitsfindung beizutragen oder erzieherische Einwirkung anzunehmen, ist mit davon abhängig, welches sozialpsychologisches Klima in der Verhandlung herrscht, mit welchen sozialen Einstellungen ihnen begegnet wird, welche sozialen Tendenzen und Bedürfnisse sie selbst einbringen und wie diesen Rechnung getragen wird. Hier bestehen eine Reihe von Verhaltensanforderungen. So konkretisiert sich beispielsweise das Prinzip der Achtung der Persönlichkeit in der Kunst des Zuhörenkönnens. Das Zuhören als gezielte sozialpsychische Aktivität verlangt nicht nur eine bestimmte Haltung, sondern auch höchste Konzentration und die Fähigkeit, eigene Redeimpulse zu unterdrük-ken. Es bringt aber zugleich die Möglichkeit, sowohl verbale Informationen zu sammeln als auch nonverbales Verhalten zu beobachten und die Zeit des Zuhörens zu nutzen, um die neuen Informationen zu ordnen und Ansätze zu späteren Fragen zu finden. Nicht zuletzt verschafft es dem Angeklagten oder Zeugen eben das Gefühl des Angehörtwerdens, was die Informationsbereitschaft und Sprechwilligkeit, d. h. die Kooperationsbereitschaft, erhöht. Dabei geht es aber nicht nur um passives Zuhören, sondern auch um aktive Zuwendung. Dazu gehört, den Befangenen zu entkrampfen, den Verschlossenen aufzulockern, dem Überheblichen die Diskrepanz zwischen Selbstbild und Realität zu verdeutlichen, dem Desinteressiert-Oberflächlichen die Folgen seiner Haltunng klarzumachen usw.? Die Bereitschaft, sich den Erwartungen von sozialen Normen anzupassen, wächst um so mehr, je besser die aktive Zuwendung und die Sprachführung des Richters oder des Staatsanwalts die Sichtweite des Angeklagten oder anderer Personen berücksichtigt. Die Fragestellung ist eines der Hauptmittel des Juristen, um den Informationsfluß auszulösen und sozialpsychologisch;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 314 (NJ DDR 1983, S. 314) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 314 (NJ DDR 1983, S. 314)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten zu sichern, daß wir die Grundprozesse der politisch-operativen Arbeit - die die operative Personenaufklärung und -kontrolle, die Vorgangsbearbeitung und damit insgesamt die politisch-operative Arbeit zur Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? voraus, auf welche Personenkreise und Personen wir uns in der politisch-operativen Arbeit zu konzentrieren haben, weil sie im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziales Phänomen neben ihren Ursachen als sozial relevante Erscheinungen auch soziale Bedingungen haben, die als gesellschaftliches Gesamtphänomen auf treten, folgt, daß die vorbeugende Tätigkeit auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der Untersuchungsergebnisse des Quartals folgende Einschätzung treffen: Im Quartal wurden weitere Personen wegen des dringenden Verdachtes der Spionagetätigkeit für imperialistische Geheimdienste festgenommen; damit erhöht sich die Gesamtzahl der in Bearbeitung genommenen Ermittlungsverfahrer ist es erforderlich, die sich aus diesen sowio im Ergebnis der Klärung des Vorkommnisses ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben für die weitere Qualifizierung der Untersuchungsarbeit zur Realisierung eines optimalen Beitrages im Kampf gegen den Feind, bei der Bekämpfung und weiteren Zurückdrängung der Kriminalität und bei der Erhöhung von Sicherheit und Ordnung zu erteilen, die Funktechnik unter Einhaltung der Funkbetriebs Vorschrift Staatssicherheit zu benutzen, gewonnene politisch-operativ bedeutsame Informationen an den Referatsleiter weiterzuleiten.

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