Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 20

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 20 (NJ DDR 1983, S. 20); 20 Neue Justiz 1/83 Aus anderen sozialistischen Ländern Ordnungswidrigkeitsrecht der Ungarischen Volksrepublik im Vergleich mit dem der DDR Dr. HARALD DIEHLMANN, wiss. Assistent an der Hochschule für Ökonomie „Bruno Leuschner“, Berlin Die Funktion des sozialistischen Ordnungswidrigkeitsrechts der Ungarischen Volksrepublik besteht ebenso wie die des Ordnungswidrigkeitsrechts der DDR darin, einen spezifischen Beitrag zur Organisierung und Gestaltung notwendiger staatlicher Maßnahmen, zur Durchsetzung wirtschaftsleitender Maßnahmen, zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, zur Wirksamkeit notwendiger Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen sowie zur reibungslosen Durchführung gesetzlich vorgesehener Kontrollmaßnahmen zu leisten. Dabei wird die freiwillige, bewußte Disziplin der Bürger zur Gewährleistung von Ordnung, Sicherheit und Gesetzlichkeit weiter gefestigt und Straftaten wirksam vorgebeugt. Trotz gleicher Funktion ist die inhaltliche Ausgestaltung des Ordnungswidrigkeitsrechts in beiden Ländern unterschiedlich. Das Hegt in der Entwicklung des Regelungsgegenstandes begründet. In der DDR wurde mit der VO über die Festsetzung von Ordnungsstrafen und die Durchführung des Ordnungsstrafverfahrens vom 3. Februar 1955 (GBl. I Nr. 14 S. 128) ein einheitlicher Rahmen für Ordnungsstraftatbestände geschaffen, die Höhe der Ordnungsstrafe begrenzt und die verfahrensrechtliche Behandlung von Ordnungswidrigkeiten geregelt. Die im alten StGB von 1871 noch enthaltenen Ubertretungs-tatbestände wurden materiell- und verfahrensrechtlich wie Straftaten behandelt, blieben also als besondere Rechtsform bestehen, ohne daß sie die Entwicklung des Ordnungswidrigkeitsrechts beeinflußten.* Mit der Herausarbeitung des materiellen Straftatbegriffs im Verlaufe der 60er Jahre wurde in der DDR auch der materielle Begriff der Ordnungswidrigkeit in seiner Abgrenzung zur Straftat näher bestimmt und der Dualismus zwischen Ordnungswidrigkeit und Übertretung beseitigt. In der UVR wurde dagegen das Übertretungsstrafverfahren zu Beginn der 50er Jahre aus dem Geltungsbereich des Strafprozeßrechts herausgenommen und in das Ordnungswidrigkeitsrecht vollständig eingeordnet. Die spätere Auflösung des Instituts der Übertretung in Form seiner Neufassung als Ordnungswidrigkeit ergab sich in der UVR nicht aus der Bestimmung des materiellen Ordnungswidrigkeitsbegriffs2, sondern aus der Abgrenzung zu anderen, schwerwiegenderen Rechtsverletzungen, die als gerichtlich verfolgungswürdig einzuschätzen sind. Diese unterschiedliche Entwicklung zeigt, daß der Begriff der Ordnungswidrigkeit in der UVR und in der DDR einen voneinander abweichenden materiellen Gehalt hat. In der DDR ist die Ordnungswidrigkeit eine disziplinlose Handlung, die die Interessen der sozialistischen Gesellschaft und einzelner Bürger nicht erheblich verletzt; in der UVR wird sie als eine gesellschaftsgefährliche3 Rechtsverletzung von geringer Schwere angesehen. So kommt es, daß ein bedeutender Teil vom Tatbestand her vergleichbarer rechtswidriger Handlungen in der UVR als Ordnungswidrigkeit betrachtet wird, der in der DDR als Verfehlung oder sogar als Vergehen zu verfolgen wäre.4 Dieser begriffliche Unterschied äußert sich auch im neuen Strafgesetzbuch der UVR von 19795 und in der daraufhin vorgenommenen Anpassung der im ungarischen Gesetz Nr. 1/1968 über OrdnungsWidrigkeiten6 i. d. F. der VO mit Gesetzeskraft Nr. 23/19747 im folgenden als OWG der UVR bezeichnet enthaltenen verfahrensrechtlichen Regelungen und einzelner Ordnungswidrigkeitstatbestände durch die ÄnderungsVO mit Gesetzeskraft Nr. 10/1979.8 Die Unterschiede in der geschichtlichen Entwicklung und in der Begriffsbestimmung der Ordnungswidrigkeit spiegeln sich insbesondere in der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit, in den ordnungsrechtlichen Sanktionen und im Ordnungsstrafverfahren wider. Hierauf soll im folgenden näher eingegangen werden. Ordnungsrechtliche Verantwortlichkeit In der UVR wird die Form der ordnungsrechtlichen Schuld ausgehend von strafrechtlichen Schuldgrundsätzen bestimmt. Danach ist für den Vorsatz wesentlich, daß im Bewußtsein des vorsätzlich Handelnden das Bild der Folge der durch das Strafgesetz verbotenen Handlung erscheint, was ihn allerdings nicht von der Tatbegehung zurückhält, entweder weil er will, daß diese Folgen eintreten, oder weil er sich mit ihrem Eintreten abfindet. Ferner ist für den Vorsatz wesentlich, daß die Handlung im Bewußtsein ihrer Gesellschaftsgefährlichkeit geschieht Bei der Fahrlässigkeit fehlt im Bewußtsein des Handelnden das Bild von den Folgen der Handlung, oder er vertraut darauf, daß die für ihn vorstellbaren schädlichen Folgen nicht eintreten.9 Im Ordnungswidrigkeitsrecht der DDR besteht das Wesen der Schuld in einer Verletzung der in ordnungsrechtlichen Bestimmungen festgelegten Pflichten durch einen Bürger, der diese gesetzlichen Anforderungen bewußt mißachtet oder leichtfertig hzw. wegen mangelnder Aufmerksamkeit außer acht läßt, obwohl er die Möglichkeit zu pfHchtgemäßem Verhalten hatte. Die Bestimmung der fahrlässigen bzw. vorsätz-Hchen Schuld geht hier nicht über die Bestimmung der Position des Rechtsverletzers zur Begehung der Rechtsverletzung hinaus (§ 9 OWG).40 Im Unterschied zur Verantwortlichkeitsregelung im OWG der DDR weist das Ordnungswidrigkeitsrecht der UVR folgende weitere Besonderheiten auf: 1. Nach '§ 6 Abs. 1 OWG der UVR i. d. F. der ÄnderungsVO mit Gesetzeskraft Nr. 10/1979 ist im Fall der Verletzung einer ordnungsrechüichen Pflicht durch eine juristische Person diejenige natürliche Person zur Verantwortung zu ziehen, deren Handlung oder Unterlassung zur Pflichtverletzung geführt hat. Gemeint ist dabei in jedem Fall diejenige Person, die im Namen des Betriebes, der Genossenschaft usw. zu handeln verpflichtet gewesen wäre.1* Auch nach § 9 Abs. 3 OWG der DDR ist zu prüfen, wer für die juristische Person handelte oder nach Maßgabe des Statuts, der Arbeitsordnung oder anderer Festlegungen zu handeln verpflichtet war. Das OWG der UVR fordert aber weiter, daß der Leiter der juristischen Person selbst zur Verantwortung zu ziehen ist, wenn nicht festgestellt werden kann, durch wessen Tun oder Unterlassen die Pflichtverletzung einitrat. In der Begründung der ÄnderungsVO mit Gesetzeskraft Nr. 10/1979 heißt es dazu: „Diese Regelung beruht auf der Verantwortung der Leiter für die Tätigkeit ihrer Organisation. Von jedem Leiter kann nämlich erwartet werden, daß er auf seinem Tätigkeitsgebiet die Organisations- und Kontrollaufgaben in einer Weise erledigt, daß in jedem Falle jene Person feststellbar ist, die die Verantwortlichkeit für eine Ordnungswidrigkeit trifft.“12 2. Das ungarische Recht enthält zur Zeit fünf Tatbestände, für deren Verwirklichung der Rechtsverletzer nur auf Antrag des Geschädigten zur Verantwortung gezogen werden kann, so u. a. den Hausfriedensbruch in einer Privatwohnung und die Ehrenbeleidigung. Wenn der Geschädigte ein Angehöriger des Rechtsverletzers ist, so ist im Falle von Eigentumsordnungswidrigkeiten, von Hehlerei und eigenmächtiger Wegnahme eines Fahrzeugs die Einleitung eines Verfahrens gleichfalls nur auf Antrag des Geschädigten statthaft. Hier handelt es sich also vorwiegend um solche Rechtsverletzungen, die in der DDR als Verfehlungen im StGB geregelt sind, aber vom Ordnungswidrigkeitsrecht nicht erfaßt sind. 3. Während das OWG der DDR bei Jugendlichen zwischen den Altersgruppen 14 bis 16 und 16 bis 18 Jahren hinsichtlich der anwendbaren Maßnahmen unterscheidet, nimmt das OWG der UVR eine altersmäßige Gruppierung von Jugendlichen nur bei Arrest gegen Jugendliche vor, der erst vom 16. Lebensjahr an ausgesprochen werden kann. Alle anderen Strafen und Maßnahmen sind unabhängig vom Alter des Jugendlichen zulässig, wobei das Gesetz die vorwiegende Anwendung disziplinarischer Maßnahmen in den Schulen fordert. Ordnungsrechtliche Sanktionen Mit den vielfältigen Möglichkeiten der Anwendung unterschiedlicher Maßnahmen wird im Ordnungswidrigkeitsrecht beider Staaten die rechtserzieherische und vorbeugende Funktion der ordnungsrechtlichen Sanktion unterstrichen. Während das OWG der DDR grundsätzlich nur von Ordnungsstrafmaßnahmen spricht, unterscheidet das OWG der UVR den Begriffsbestimmungen des StGB folgend zwischen „Strafen“ und „Maßnahmen“. Gemäß § 16 Abs. 1 OWG der UVR sind ordnungsrechtliche Strafen die Geldbuße (im Normalfall zwischen 100 und 5 000;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 20 (NJ DDR 1983, S. 20) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 20 (NJ DDR 1983, S. 20)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit im Zusammenhang mit dem Abschluß von Operativen Vorgängen gegen Spionage verdächtiger Personen Vertrauliche Verschlußsache - Lentzsch. Die qualifizierte Zusammenarbeit zwischen der Abteilung und anderer operativer Diensteinheiten unter dem Aspekt der Sicherung wahrer Zeugenaussagen bedeutsam sind und bei der Festlegung und Durchführung von Zeugenvernehmungen zugrundegelegt werden müssen. Das sind die Regelungen über die staatsbürgerliche Pflicht der Zeuge zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung von Flucht- und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die Gesundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eins hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danach Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und auch danach, insbesondere während der Körperdurchsuchung und der Durchsuchung der Bekleidung sowie der mitgeführten Gegenstände verhafteter Personen, hohe Anforderungen gestellt.

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