Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 196

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 196 (NJ DDR 1983, S. 196); 196 Neue Justiz 5/83 Die massive politische und ökonomische Einflußnahme der EG auf Spanien und Portugal nach dem Sturz der faschistischen Regimes in diesen Ländern verdeutlicht, daß mit einer EG-Grundrechtskodifikation ein zusätzliches Instrument geschaffen werden soll, das in seiner Hauptstoßrichtung gegen jedwede revolutionäre Veränderung in Westeuropa eingesetzt werden kann.13 Charakter und Funktion von EG-Grundrechten Nach vorherrschendem bürgerlichem Verständnis geht es bei der Problematik der EG-Grundrechte a) um den Schutz der Staatsbürger von EG-Mitgliedstaa-ten bei der Schaffung und Anwendung des EG-Rechts sowie b) um den Schutz dieser Bürger gegen grundrechtsverletzende Eingriffe der EG-Mitgliedstaaten in die gemeinschaftsrechtlich verbürgte Rechtsstellung (wobei teilweise weitergehend gefordert wird, jedem Bürger einheitlich im gesamten EG-Raum mindestens den gleichen Grundrechtsschutz zu gewähren, der ihm auch im eigenen Land garantiert ist). Übereinstimmend wird in der bürgerlichen Literatur festgestellt, daß der Grundrechtsschutz in den EG äußerst lückenhaft ist. Unbestritten ist dabei die Existenz „ungeschriebener“ Grundrechte, die vom „Europäischen Gerichtshof“ (EuGH)1 im Wege der „wertenden Rechtsvergleichung“ auf der Grundlage der drei EG-Verträge aus den Verfassungstraditionen der EG-Mitgliedstaaten sowie aus internationalen Abkommen, denen die Mitgliedstaaten beigetreten sind, gewonnen werden13 bzw. die sich aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ergeben. Darüber hinaus geht die überwiegende Mehrheit der bürgerlichen Rechtswissenschaftler davon aus, daß die EG-Verträge keine Grundrechte im klassischen bürgerlichen Sinne enthalten, wohl aber Normen formulieren, die als grundrechtsähnliche bzw. grundrechtsgleiche Rechte charakterisiert werden16 oder als Anknüpfungspunkte für Grundrechtsverbürgungen herangezogen werden können.17 In der Regel werden dazu folgende Bestimmungen des EGKS-Vertrags vom 18. April 1951, des EWG-Vertrags vom 25. März 1957 und des EAG-Vertrags vom gleichen Tage herangezogen r18 das Diskriminierungsverbot (Art. 43, 36, 60, 70 EGKS-Vertrag; Art. 7, 36, 40 Abs. 3 Unterabs. 2, 67 Abs. 1, 68 Abs. 2, 85 Abs. 1 Buchst, a, 86 Abs. 2 EWG-Vertrag; Art. 2 Buchst, d, 52 Abs. 1, 68 Abs. 1 EAG-Vertrag); die Freizügigkeit der Arbeitskräfte (Art. 69 EGKS-Ver-trag; Art. 48 ff. EWG-Vertrag; Art. 96 EAG-Vertrag); die Niederlassungsfreiheit (Art. 52 ff. EWG-Vertrag); die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs (Art. 59 ff. EWG-Vertrag) ; die Freiheit des Kapitalverkehrs (Art. 67 ff. EWG-Vertrag) ; die Freiheit des Zahlungsverkehrs (Art. 106 Abs. 1 EWG-Vertrag) ; der Schutz des Berufs- und Geschäftsgeheimnisses (Art. 47 Abs. 2 u. 4 EGKS-Vertrag; Art. 214 EWG-Vertrag; Art. 194 EAG-Vertrag); die Vereinigungsfreiheit (Art. 48 Abs. 1 EGKS-Vertrag; Art. 118 Abs. 1 EWG-Vertrag); die Lohngleichheit von Mann und Frau (Art. 119 EWG-Vertrag) ; das Petitionsrecht (Art. 48 Abs. 2 EGKS-Vertrag). Ein Blick auf diese Skala von „Grundrechten“ zeigt bereits, daß es sich dabei überwiegend um Rechte der an der Wirtschaftsintegration beteiligten Unternehmer und ihrer Organisationen handelt. Aber auch solche Rechte, die unmittelbar die Interessen der Werktätigen im Bereich der EG berühren (wie z. B. das Recht der Freizügigkeit der Arbeitskräfte), dienen ebenso wie alle anderen Vertragsnormen der Schaffung günstigerer Verwertungsbedingungen für das Kapital. Es handelt sich hier um „Konsequenzen, die ein größer gewordener Markt erfordert, weil er ein größeres Reservoir an Arbeitskräften braucht“.19 Mit anderen Worten: es geht um den effektivsten Einsatz der industriellen Reservearmee im Bereich der EG. Zustimmung verdient daher die folgende Auffassung eines SPD-Politikers: „Eine Rechtspolitik, die zwar das privatwirtschaftliche Marktgeschehen juristisch normiert, aber das existenzielle Recht auf Arbeit nicht begreift, versperrt den sozialen Fortschritt, ist letztlich inhuman. Eine Rechtspolitik, die zwar für multinationale Unternehmen Rechtsbeziehungen definiert, aber in ihrem Lehrgebäude keinen' Platz hat für den Anspruch der Arbeitnehmer auf Mitbestimmung, ist nicht im klassischen Sinne politisch neutral, sondern unsozial.“20 Die Rechtsprechung des EuGH macht ebenfalls deutlich, wessen Interessen vornehmlich durch EG-Grundrechte geschützt werden sollen. Wenn auch in den letzten Jahren verstärkt Entscheidungen zur Lohngleichheit von Mann und Frau, einem in Art. 119 EWG-Vertrag ausdrücklich verbürgten Prinzip, registriert werden können, so bleibt doch als Tatsache zu vermerken, daß sich fast alle den Grundrechtsschutz betreffenden Grundsatzurteile des EuGH auf Tatbestände von Wirtschaftsbeziehungen bezogen, bei denen sich die Unternehmer auf ihre „Grundrechte“ beriefen.21 Darüber hinaus sind bisher noch nicht einmal Ansätze zur Formulierung fundamentaler sozialer und politischer Rechte der Werktätigen in dieser Rechtsprechung zu finden. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Grundrechtsproblematik, wenn selbst ein Richter des EuGH den Ursprung der Grundrechtsdiskussion darin erblickt, daß sich die Unternehmer nur deswegen vor den nationalen Gerichten auf Grundrechte berufen, weil sie ihre durch nationale Verfassungen geschützten (Kapitaleigentümer-) Interessen durch die Bestimmungen des EG-Rechts verletzt oder nicht ausreichend geschützt sehen.22 Hier wird deutlich, daß die EG-Grund-rechtsproblematik wesentlich auch die Kollision zwischen nationalen bourgeoisen Einzelinteressen und supranationalen bourgeoisen Gesamtinteressen widerspiegelt. Varianten für die Gestaltung von EG-Grundrechten Die konkreten Grundrechtsprojekte der EG reichen von verschiedenen Vorschlägen für eine Grundrechtskodifikation bis zur Forderung nach formellem Beitritt der EG zur (West-) Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950.23 Allen diesen Vorschlägen ist gemeinsam, daß mit Hilfe von EG-Grundrechten dazu beigetragen werden soll, die EG-Rechtsordnung als ein in sich geschlossenes System auszubauen und einen einheitlichen „europäischen Rechtsraum“ zu schaffen; ein „europäisches Gemeinschaftsbewußtsein“ zu erzeugen, wobei insbesondere unter Berufung auf die „gemeinsamen Verfassungstraditionen Westeuropas“ eine quasi „natürliche“ und durch die Herstellung der „Rechtsunion“ lediglich noch zu bekräftigende und zu vertiefende „Gemeinschaftlichkeit aller Bürger“ Westeuropas beschworen wird; vor allem die schrittweise Annäherung an die „große politische Lösung“ einer „Verfassung für Europa“ (in Form eines neuen EG-Vertragswerkes oder in Form einer Vertragsänderung) zu unterstützen. 1. Maximalvarianten Zu den Maximalvarianten für die Entwicklung „europäischer“ Grundrechte gehören zweifellos die verschiedenen Kodifizie-rungsmodelle. Zunächst wurde erwogen, einen Grundrechtskatalog in die drei EG-Verträge aufzunehmen eine Lösung, die eine allmähliche Qualifizierung der Verträge zu einem verfassungsähnlichen Dokument bewirken sollte, die aber, weil dazu das Einverständnis aller EG-Mitgliedstaaten nötig war, als kurzfristig nicht erreichbar wieder aufgegeben wurde. Den Stand der derzeitigen Übereinstimmung in den EG zum Problem der Grundrechte zeigte die am 5. April 1977 verabschiedete „Gemeinsame Erklärung von EG-Parlament, Rat und Kommission zum Grundrechtsschutz in der EG“.2 Sie nannte lediglich die Quellen für den Grundrechtsschutz in den EG und wies indirekt dem EuGH die führende Rolle bei der Entwicklung des Grundrechtsschutzes zu. Die eigentliche politische Bedeutung dieses Dokuments liegt in dem allerdings nur vorläufigen Verzicht auf Verabschiedung eines Grundrechtskatalogs. Kurz darauf verabschiedete das „Europäische Parlament“ seine „Entschließung über die ,besonderen* Rechte für EG-Bürger“ vom 16. November 1977.28 Die Entschließung regte ein Abkommen an mit dem Ziel, die (West-)Europäische Menschenrechtskonvention von 1950, die Internationale Konvention über' Bürgerrechte und politische Rechte von 1966 sowie die in der Verfassung oder in Gesetzen der EG-Mit-gliedstaaten verankerten Bürgerrechte und politischen Rechte als integrierenden Bestandteil der EG-Verträge anzusehen. Der zu vereinbarende Rechtstext sollte einen weitreichenden Katalog politischer Rechte enthalten; letztlich ging es um die Gewährung gleicher Rechte für'tiie Bürger aus anderen Mitgliedstaaten in ihren „Gastländern“. Diese relativ weitgehende Forderung scheiterte jedoch ebenfalls. Der Gedanke, eine „Charta der Bürgerrechte“ auszuarbeiten, geht zurück auf eine Entschließung des EG-Parlaments vom 13. April 1978.26 Er wurde insbesondere von der SPD;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer? unter den Strafgefangenen und zur Einleitung der operativen Personenicontrolle bei operati genen. In Realisierung der dargelegten Abwehrau. darauf Einfluß zu nehmen, daß die Forderungen zur Informationsübernittlung durchgesetzt werden. Die der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie die Entwicklung von onswe Jugendlicher und das Entstehen von staatsfeindlichen und anderen kriminellen Handlungen Jugendlicher begünstigende Bedingungen im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der Einschätzung der Wirksamkeit der insgesamt und der einzelnen sowie der Übersicht über den Stand und die erreichten Ergebnisse sind rechtzeitig die erforderlichen Entscheidungen über Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Staatsgrenze der zur und zu Westberlin. Dioer Beschluß ist darauf gerichtet, bei gleichzeitiger Erhöhung der Ordnung und Sicherheit im Grenzgebiet bessere Bedingu ngen für die Erfüllung der politisch-operativen Aufgaben. Erst aus der Kenntnis der von den jeweils zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und wesentlicher Seiten ihrer Persönlichkeit ist eine differenzierte Erziehung und Befähigung der entsprechend ihrer Einsatzrichtung enthalten. Ausgehend von der festgelegten Einsatzrichtung und dem realen Entwicklungstand der sind die Anforderungen an die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befämgüöl der mittleren leitenden Kader und führenden Mitarbeiter hat zieigpigbhg und differenziert vorrangig im Prozeß der täglichen politisch-operativegäEfei zu erfolgen.

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