Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1983, Seite 174

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Seite 174 (NJ DDR 1983, S. 174); 174 Neue Justiz 5/83 Karl Ma rx und d ie Misere der bürgerlichen deutschen Staatsapologetik Prof. Dr. habil. ERNST GOTTSCHLING, Lehrstuhl für Staats- und Rechtstheorie an der Emst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald Im Jahre 1859 schrieb Karl Marx: „Mein Fachstudium war das der Jurisprudenz Im Jahr 1842/43, als Redakteur der Rheinischen Zeitung1, kam ich zuerst in die Verlegenheit, über sogenannte materielle Interessen mitsprechen zu müssen Die erste Arbeit, unternommen zur Lösung der Zweifel, die mich bestürmten, war eine kritische Revision der He-gelschen Rechtsphilosophie Meine Untersuchung mündete in dem Ergebnis, daß Rechtsverhältnisse wie Staatsformen weder aus sich selbst zu begreifen sind noch aus der sogenannten allgemeinen Entwicklung des menschlichen Geistes, sondern vielmehr in den materiellen Lebensverhältnissen wurzeln .“1 Bei den verschiedensten Gelegenheiten haben Marx und Engels die Frage des Staates stets eingebettet in die gesetzmäßige Bewegung der Gesellschaft analysiert und von daher seine wirkliche Bestimmung in ihrem Entwicklungsprozeß den Mystifikationen der geistigen Vertreter herrschender Ausbeuterklassen historisch-materialistisch begründet entgegengestellt Ihre Forschungsergebnisse entsprangen dem Ringen der Hauptklassen ihrer Epoche, den unversöhnlichen Klassengegensätzen zwischen Bourgeoisie und Proletariat. Sie mündeten in praktisch handhabbaren Schlußfolgerungen für das um seine Befreiung von Ausbeutung und Unterdrückung kämpfende Proletariat, gipfelnd in dem Aufruf, dieses müsse „zunächst sich die politische Herrschaft erobern, sich zur nationalen Klasse erheben“, um zu einem späteren Zeitpunkt mit der Aufhebung der „Existenzbedingungen des Klassengegensatzes, der Klassen überhaupt, seine eigene Herrschaft als Klasse auf(zuheben)“2. Marx hat jedoch zugleich davor gewarnt, sich einer detaillierten Vorwegnahme des Problems eines künftigen sozialistischen Staatswesens hinzugeben. Im Jahre 1881 antwortete er auf die Frage, welche gesetzgeberischen Maßnahmen auf politischem und ökonomischem Gebiet die Sozialisten im Falle ihrer Machtergreifung zunächst treffen müßten, um den Sieg des Sozialismus zu sichern: „Was in einem bestimmten, gegebenen Zeitmoment der Zukunft zu tun ist, unmittelbar zu tun ist, hängt natürlich ganz und gar von den gegebnen historischen Umständen ab, worin zu handeln ist Jene Frage aber stellt sich in Nebelland, stellt also in der Tat ein Phantomproblem, worauf die einzige Antwort die Kritik der Frage selbst sein muß. Wir können keine Gleichung losen, die nicht die Elemente ihrer Lösung in ihren Data einschließt Die doktrinäre und notwendig phantastische Antizipation des Aktionsprogramms einer Revolution der Zukunft leitet nur ab vom gegenwärtigen Kampf.“3 Diese beiden Momente aus dem Geschichtsverlauf hergeleiteter revolutionärer Optimismus und kategorische Ablehnung jeglichen Utopismus zusammengenoromen markieren die Differenz zu allen nichtmarxistischen Positionen, die in der Staatsfrage während anderthalb Jahrhunderten eingenommen worden sind. Die Fortschrittsfeindlichkeit der bürgerlichen politischen Ideologie Bei der Charakterisierung bürgerlicher Staatsideologie ist davon auszugehen, daß ihre inhaltlichen Aussagen, ungeachtet der bunten Vielfalt ihrer Erscheinungsformen, der auf- und absteigenden Linie folgen, die die Bourgeoisie als Klasse bis zum heutigen Tag zurückgelegt hat. Nachdem die Bourgeoisie ihren Zenit erreicht hatte, konnte auch ihre Ideologie nicht mehr „höher steigen“, keine umwälzenden Erkenntnisse im Sinne der historischen Aufwärtsbewegung der Menschheit hervorbringen. Im Grunde genommen traten erste Anzeichen einer Krise des bürgerlichen Staatsdenkens bereits um die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf. Für Deutschland mit seiner verspäteten industriellen Entwicklung, verglichen mit England und Frankreich, war von einschneidender Bedeutung, daß die deutsche Bourgeoisie die bürgerlich-demokratische Revolution von 1848 verraten hatte: Aus Furcht vor dem erstarkenden Proletariat, ihrem hauptsächlichen Klassengegner von morgen, verzichtete sie darauf, ihren entscheidenden Klassengegner von heute, den Feudalabsolutismus samt allen Rückständen aus dem Mittelalter, mit Unterstützung der Volksmassen entschieden und endgültig Vergangenheit werden zu lassen. Sie strebte statt dessen ein Bündnis mit dem Junkertum an. Für die politischen Ansichten der Bourgeoisie folgte daraus, daß ganz auf die „positive“ Hinnahme der bestehenden Machtverhältnisse orientierte Konzeptionen Platz griffen, „bevor überhaupt eigentlich ein eigener bürgerlicher Staat vorhanden war“.4 Das preußisch-deutsche Reich war nach der treffenden, knappen Kennzeichnung von Marx „ein mit parlamentarischen Formen verbrämter, mit feudalem Beisatz vermischter und zugleich schon von der Bourgeoisie beeinflußter, bürokratisch gezimmerter, polizeilich gehüteter Militärdespotismus“.5 Dementsprechend war auch die nachrevolutionäre bürgerliche Staatslehre von Anfang an antidemokratisch und antisozialistisch.5 Die Feststellung von Marx, der bürgerlichen politischen Ökonomie seiner Tage ins Stammbuch geschrieben, galt nicht minder für bürgerliche Staatsauffassungein: „An die Stelle uneigennütziger Forschung trat bezahlte Klopffechterei, an die Stelle unbefangner wissenschaftlicher Untersuchung das böse Gewissen und die schlechte Absicht der Apologetik.“7 Mit dem Verlust an substantieller Erkenntnis trat allmählich die Hauptstoßrichtung bürgerlicher politischer Ideologie der Kampf gegen die wissenschaftliche Weltanschauung der Arbeiterklasse immer plastischer hervor. Theoretische Haltlosigkeit, heuchlerisches Wesen und tiefe innere Widersprüchlichkeit blieben da nicht aus. Aus der Fülle der apologetischen Positionen können hier naturgemäß nur wenige Momente skizziert werden, mag es sich dabei im einzelnen um liberale, klerikale, konservative, faschistische, sozialreformistische und andere politisch-ideologische Variationen zu dem einen Thema handeln, um das sich alles dreht: Wie kann die Ausbeutermacht auf „ewig“ zementiert, wie die Eroberung der politischen Macht durch die Arbeiterklasse verhindert, ihre Ausbreitung gebremst oder wieder rückgängig gemacht werden? Juristischer Positivismus zur Verschleierung des Klassenwesens des Staates Die bürgerliche deutsche Staatsapologetik hat ebenso wie das kapitalistische System insgesamt eine Reihe von Stationen durchlaufen. Am krassesten trat die Umorientierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im sog. Rechts-positivisimus zutage. Für ihn ist typisch, daß er den gegebenen Staat vorwiegend unter rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet. Die Fragen nach dem Wesen des Staates, seinem Klassencharakter, seiner historischen Entstehung, seiner politischen Bedeutung, seiner sittlichen Berechtigung eine Frage, die vor 1848 und besonders bei Hegel noch im Vordergrund gestanden hatte8 , alle diese Problemstellungen werden als juristisch irrelevant abgewiesen. So nannte C. F. W. von Gerber, der in Deutschland für diese nach seinen Worten „juristische Betrachtung des Staats“ den Boden bereitete, den Staat „die höchste rechtliche Persönlichkeit“.9 Mit Hilfe der von Gerber begründeten „juristisch-konstruktiven“ Methode wurden die historischen Bezüge der preußisch-deutschen Staatlichkeit aus dem Bewußtsein verdrängt. Die „Konstruktion“ des Staates als einheitliche juri-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 37. Jahrgang 1983, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1983. Die Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1983 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1983 auf Seite 512. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 37. Jahrgang 1983 (NJ DDR 1983, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1983, S. 1-512).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Besucherordnung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Ordnung zur Gewährleistung der Sicherheit und des Schutzes der Dienstobjekte Staatssicherheit - Ordnung Sicherheit Dienstobjekte - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit ooeos Realisierung des sucherve kehr im Besuchergebäude Alfred-straße. Aus den persönlichen Kontakten der Verhafteten ergeben sich erhöhte Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft, insbesondere zur Gewährleistung einer hohen Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, unumgäng- lieh und hat folgende grundsätzliche Zielstellungen zu erfüllen: Vorbeugende Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit Sicherungsmaßnahmen. Die Ordnung und Sicherheit in der Diensteinheit ist jederzeit zu gewährleisten. Die Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte sind durchzusetzen. Erfordert die Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit sowie - Besonderheiten der Täterpersönlichkeit begründen. Die Begründung einer Einzelunterbringung von Verhafteten mit ungenügender Geständnisbereitsc.hfioder hart-nackigem Leugnen ist unzulässig. Die notwendiehffinlcheiöuhgen über die Art der Unterbringung bereits zu Beginn des Untersuchungshaf tvollzuges Akzente gesetzt, die sich sowohl positiv -als auch negativ auf das Verhalten des Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt entgegenwirken sowie von Reaktionen im Ergebnis erzieherischer Einwirkung durch die Sicherungs- und Kontrollkräfte, um die zweckmäßigsten Methoden der individuellen Einflußnahme auf den Verhafteten zu erarbeiten.

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