Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1982, Seite 262

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 262 (NJ DDR 1982, S. 262); 262 Neue Justiz 6/82 Bundesgerichtshofs ausdrücklich den gegen Hoffmann vorliegenden Haftbefehl in dem Punkt auf, daß dieser eine terroristische Vereinigung i. S. des § 129a StGB der BRD gebildet habe. Die nach dem Verbot seiner „Wehrsportgruppe“ von ihm außerhalb der BRD ins Leben gerufene „Wehrsportgruppe Ausland“ liege nicht im Geltungsbereich des Grundgesetzes. Der Generaltoundesanwalt der BRD hat inzwischen die weitere Verfolgung dieser Organisation eingestellt, obwohl ständig mit neuen von ihr durchgeführten Gewaltakten auch in der BRD gerechnet werden muß.15 Tolerant verhalten sich auch die für die Überwachung neofaschistischer Veranstaltungen zuständigen Behörden. Zwar gelingt es demokratischen Organisationen zuweilen, bei den kommunalen Verwaltungs- oder Polizeibehörden ein Verbot neofaschistischer Kundgebungen oder Demonstrationen zu erreichen. In den meisten Fällen werden solche Verbote allerdings wenig später auf Antrag der neofaschistischen Organisatoren von den Verwaltungsgerichten wieder aufgehoben. Die Haltung der Verwaltungsgerichte in dieser Frage wird an einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bremen deutlich. Das Gericht hatte sich mit dem Antrag des Landesverbandes Bremen der Neonazipartei NPD zu befassen, ein gegen ihn durch das Stadt- und Polizeiamt ausgesprochenes Kundgebungsverbot wieder aufzuheben. Aufschlußreich ist nicht das Ergebnis der Entscheidung die Ablehnung des Antrags , sondern deren Begründung. Der Beschluß des Verwaltungsgerichts wird nämlich nicht damit begründet, daß die Kundgebungsziele mit dem geltenden Versämmlungsrecht nicht zu vereinbaren sind, sondern damit, daß mögliche „Gegendemonstrationen“ und von diesen zu erwartende Gewalttätigkeiten verhindert werden müßten. Nur diese antifaschistischen Gruppen seien als „Störer“ i. S. des § 15 des Versammlungsgesetzes vom 24. Juli 1953 (BGBl. I S. 684) anzusehen. An die Adresse der NPD gewandt, erklärt das Gericht entschuldigend, „daß es unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Grundrechten an sich unerträglich ist, daß durch Wahrscheinlichmachen von Gewalt der politische Gegner an der Ausübung seiner Rechte gehindert wird“.16 Die hier angesprochenen „Rechte“ der Neonazis ergeben sich allerdings nicht aus der rechtsstaatlichen Maxime von „Gesetz und Recht“. Sie resultieren vielmehr daraus, daß die Duldung und Förderung des Neofaschismus zu einem Bestandteil der Staats- und Rechtspolitik in der BRD geworden ist: Neofaschistische Aktivitäten liefern den herrschenden Kreisen Argumente, um den gegen die Werktätigen gerichteten Unterdrückungsapparat mit rechtlichen wie mit außerrechtlichen Mitteln zu perfektionieren. Unter dem Deckmantel der Rechtsstaatlichkeit interpretieren Gerichte der BRD geltendes Recht so, daß es den Spielraum neofaschistischer Kräfte vergrößert. Das zeigt sich auch in der Rechtsprechung zur „Verfassungstreue“ als Voraussetzung für die Beschäftigung im öffentlichen Dienst. Eine Vielzahl von Entscheidungen bescheinigt alten oder neuen Nazis die Eignung für die Tätigkeit in öffentlichen Ämtern einschließlich des Schuldienstes. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe lehnte es z. B. ab, das Verhalten eines Lehrers, der sich als Funktionär der NPD durch öffentliche Auftritte und Publikationen aktiv für die Verbreitung der neofaschistischen Ideologie engagiert hatte, als Dienstvergehen anzusehen. Das Gericht berief sich darauf, daß der NPD bisher keine verfassungsfeindliche Zielsetzung nachgewiesen werden konnte und daß der NPD-Funktionär „glaubhaft“ erklärt habe, er halte die NPD für eine demokratische, verfassungsmäßige Partei.17 Diese Entscheidung stimmt mit der Rechtsprechung anderer Gerichte der BRD völlig überein.18 Im schroffen Gegensatz hierzu steht die Verfolgung von Kommunisten und anderen demokratischen Kräften im Rahmen der Berufsverbotspraxis. Dabei wird insbesondere der DKP von vornherein unterstellt, sie verfolge verfassungsfeindliche Ziele. Zu diesem Zweck funktionieren Verwaltungsbehörden und Rechtsprechung die antifaschistischen Regelungen des Grundgesetzes .in „antiextremistische“ um, suchen den „Extremismus“ aber ausschließlich bei den Angehörigen der demokratischen Bewegung. Im Namen der Rechtsstaatlichkeit werden gerade diejenigen Kräfte verfolgt, die die Verfassung am konsequentesten gegen den Abbau ihrer demokratischen und antifaschistischen Elemente verteidigen. * Die Rolle, die dem Neofaschismus im politischen System der BRD zugedacht ist, erklärt auch, warum von der angekündigten Verabschiedung einiger neuer Strafbestimmungen gegen den „Rechtsextremismus“ keine nennenswerte Änderung der Praxis gegenüber neofaschistischen Aktivitäten zu erwarten ist. Beabsichtigt ist, eine Reihe von offensichtlichen Lücken in den Bestimmungen gegen die „Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates“ (§§ 84 bis 91 StGB der BRD) zu schließen, z. B. die Einfuhr faschistischer Kennzeichen aus dem Ausland oder die Werbung für die Wiederaufnahme nazistischer Organisationen künftig unter Strafe zu stellen.19 Die Schaffung derartiger neuer Straftatbestände vermag jedoch genauso wie die bereits vorhandenen Rechtsvorschriften das weitere Vordringen des Neofaschismus so lange nicht wirksam zu hindern, wie die staatlichen Organe der BRD diese Vorschriften nicht mit der erforderlichen Konsequenz gegen Neonazis anwenden. Die antifaschistisch-demokratischen Kräfte in der BRD fordern daher wie z. B. auf dem im Jahre 1980 in Mannheim durchgeführten Antifaschistischen Kongreß20 , das geltende Recht endlich konsequent gegen alle Formen des Neofaschismus anzuwenden und es zugleich entsprechend dem im Grundgesetz enthaltenen antifaschistischen Auftrag auszubauen. Dazu gehört, alle neofaschistischen Organisationen zu verbieten, neofaschistische Aktivitäten wirksam zu unterbinden, Neonazis aus verantwortlichen staatlichen Funktionen zu entfernen sowie die Verbreitung neofaschistischer Propaganda in Wort, Bild und Ton zu bestrafen. Forderungen dieser Art werden von den Kommunisten, von vielen Gewerkschaftern, von Angehörigen der Friedensbewegung und von antifaschistischen Bürgerkomitees erhoben.21 Ihnen in einer breiten Aktionsfront demokratischer und antifaschistischer Kräfte Gehör zu verschaffen ist ein Gebot, das sich aus der Verantwortung für den Frieden und die Menschlichkeit ergibt. 1 11 1 Berichte des Präsidiums und Sekretariats an die 3. Tagung des Parteivorstands der DKP, in: Unsere Zeit (Düsseldorf) vom XI. Februar 1982, Beilage Nr. 34, S. 24. Generell zu dieser Thematik: A. Winkler, Neofaschismus in der BRD, Berlin 1980; M. Behrend, „Neue Erscheinungen im organisierten Neofaschismus in Westeuropa“, IPW-Berichte 1982, Heft 3, S. 18 ff. 2 Vgl. Th. Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, Opladen 1977, S. 443 und 448. 3 Vgl. beispielsweise A. Hamann/H. Lenz, Kommentar zum Grundgesetz, Neuwied/Berlin (West) 1970, Anm. A zu Art. 139. 4 Vgl. dazu B. Graefrath, „Die Bedeutung des Nürnberger Prozesses für den gegenwärtigen Kampf gegen Neonazismus und Faschismus“, NJ 1981, Heft 11, S. 482 ff. 5 Vgl. I. v. Münch (Hrsg.), Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 3, München 1978, Anm. 11 und 12 zu Art. 139. 6 Vgl. G. Stuby/M. Kutscha, „Handhaben gegen den Neofaschismus in Grundgesetz und Völkerrecht“. Blätter für deutsche und internationale Politik (Köln) 1980, Heft 10, S. 1170 ff. 7 Vgl. Deutsche Volkszeitung (Düsseldorf) vom 20. August 1981. 8 M. Ratz u. a„ Die Justiz und die Nazis (Zur Strafverfolgung von Nazismus und Neonazismus seit 1945), Frankfurt am Main 1979, S. 158. 9 Vgl. W. Benz, „Die Opfer und die Täter (Rechtsextremismus in der Bundesrepublik - Versuch einer Ortsbestimmung)“, Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“ (Bonn) vom 5. Juli 1980, S. 32. 10 Vgl. Frankfurter Rundschau (Frankfurt a. M.) vom 14. September 1979. 11 Vgl. M. Ratz u. a., a. a. O., S. 159. 12 Demokratie und Recht (Köln) 1979, Heft 3, S. 335 ff. Vgl. dazu auch „Der Karlsruher Gerichtshof und Hitlers Vermächtnis“, NJ 1979, Heft 9, S. 409. 13 Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 2. Dezember 1980 1 A 3/80 Neue Juristische Wochenschrift (München/Frank-furt a. M.) 1981, Heft 33, S. 1196. 14 Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 2. Dezember 1980, a. a. O., S. 1796. 15 Deutsche Volkszeitung vom 21. Januar 1982. Vgl. dazu auch „Freibrief für Nazi-Terroristen in der BRD“, NJ 1982, Heft 3, S. 116. 16 Vgl. Demokratie und Recht 1981, Heft 1, S. 54 f. 17 Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe, Urteil vom 12. August 1977, in: Demokratie und Recht 1978, Heft 1, S. 96 ff. 18 Vgl. die Beispiele bei A. Ondrusch/M. Premßler in NJ 1979, Heft 12, S. 545. 19 Vgl. H. J. Vogel, „Sozialstaatliche Rechtspolitik als Stabilitätsfaktor“, Zeitschrift für Rechtspolitik (Frankfurt a. M.) 1981, Heft 1, S. 5. 20 Vgl. W. Abendroth u. a., Wie Faschismus entsteht und verhindert wird (Materialien vom Antifaschistischen Kongreß Mannheim), Frankfurt am Main 1980, s. 106 ff. 21 Vgl. z. B. den Beschluß des 6. DKP-Parteitages vom 31. Mai 1981, „Den Neonazismus stoppen Der Demokratie Raum gewinnen“, in: Unsere Zeit vom 4. Juni 1981, S. 10; ferner die Entschließung des 12. Ordentlichen Gewerkschaftstages der IG Druck und Papier, in: Druck und Papier (Stuttgart) vom 25. August 1980.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 262 (NJ DDR 1982, S. 262) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Seite 262 (NJ DDR 1982, S. 262)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 36. Jahrgang 1982, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1982. Die Zeitschrift Neue Justiz im 36. Jahrgang 1982 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1982 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1982 auf Seite 566. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 36. Jahrgang 1982 (NJ DDR 1982, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1982, S. 1-566).

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